Protokoll der Sitzung vom 25.03.2015

Zur ersten Frage Ja, zu den zwei weiteren Fragen Nein. Ganz einfach: Wie peinlich ist es, wenn der Fachminister es nicht schafft, mit der oberen Fach behörde Kartellamt zu verhandeln und auf einen Konsens zu kommen?

Jetzt vielleicht noch ein netter Aspekt am Rande:

(Zuruf des Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE)

Im November letzten Jahres traten der Ministerpräsident und Minister Bonde vor die Kameras und sagten: „Alles wird gut. Wir haben eine Interimslösung gefunden.“ Diese Interimslö sung ist bis jetzt nur nebulös.

Und zum Zweiten: Es hat noch nichts funktioniert, es hat sich noch gar nichts dargestellt, und seit Januar schweigt Herr Bon de. Das kann er, aber das ist nicht das, was wir in Baden-Würt temberg brauchen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Nochmals, wie gesagt: Die Bilanz liegt bei null. Wir werden nachher wortreich erklärt bekommen, warum das alles jetzt nicht geklappt hat und dass Baden-Württemberg doch tun lichst auch die Füße stillhalten muss, weil wir ja Betroffene im Verfahren sind. Aber ich glaube, auf dem politischen Weg – das wissen Sie alle, die Sie hier sitzen – gibt es genügend Möglichkeiten und Kanäle auch über die Parteischiene, den einen oder anderen noch anders zu informieren und sich für das Land einzusetzen.

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Nicht öffentlich, Herr Kollege Rapp!)

Wenn Sie das jetzt abstreiten, dann haben Sie Ihren Job so wieso falsch gemacht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich das Wort dem Kollegen Pix.

Sehr geehrter Herr Präsident, guten Morgen, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Rapp, heute schlägt ja die Stunde der Forstwissen schaftler. Ich bin aber, muss ich sagen, sehr enttäuscht von Ih nen. Denn ich habe mir eigentlich erhofft, dass Sie durch Ih ren Vortrag doch zumindest bei der Frage „Was soll eigent lich diese Aktuelle Debatte, vor allem eine Debatte mit die sem Titel?“ etwas Licht ins Dunkel bringen. Aber ich stehe jetzt genauso ratlos hier, wie ich es vorher war, weil ich auch jetzt noch nicht weiterweiß. Meinem Fraktionsvorstand geht es, glaube ich, ähnlich.

(Zuruf von der CDU: Wie immer! – Abg. Dr. Hans- Ulrich Rülke FDP/DVP: Das habe ich mir gedacht! – Heiterkeit bei der CDU und der FDP/DVP)

Was bezwecken Sie denn damit, wenn Sie mit dem Titel der Debatte die Botschaft vermitteln, Bonde unterliege dem Bun deskartellamt, verliere gegen das Bundeskartellamt? Wie soll man das interpretieren? Ich kenne bisher noch keinen Kartell amtsbeschluss, auf dessen Grundlage man von „Verlierer“ oder von „Sieger“ sprechen könnte. Eines weiß ich sicher: Wenn hier jemand verliert oder etwas auf der Strecke bleibt – das war wohl das einzige Gehaltvolle Ihres Beitrags, nämlich festzustellen, was dann auf der Strecke bleibt –, dann ist das der Kern der Nachhaltigkeit schlechthin, das, was sich über Jahrzehnte bewährt hat, und zwar nicht nur in Baden-Würt temberg, sondern auch bei den Kollegen in Hessen, in Rhein land-Pfalz, in Nordrhein-Westfalen und in Thüringen, die jetzt alle miteinander von einem Kartellamtsbeschluss bedroht sind, der wie ein Damoklesschwert über dem Land BadenWürttemberg hängt, und das – das können Sie gar nicht wis sen, Herr Kollege Rapp – nicht erst seit dem Regierungswech sel. Vielmehr haben sich die Säge- und Holzindustrie sowie viele Vertreter von Forstbetriebsgemeinschaften in BadenWürttemberg bereits 2001 gemeinsam aufgemacht, um gegen vermeintlich wettbewerbsverzerrende Maßnahmen vor dem Kartellamt zu klagen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das weiß er sehr wohl! Er war ja dabei!)

Dann ist Folgendes passiert: Die Stächeles und Hauks und Kö berles haben nichts anderes gemacht,

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

als das Problem auszusitzen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das ist das, was an Ihnen zu kritisieren wäre. Sie sitzen das Problem aus und überlassen es – wie bei so vielen anderen Themen auch – dieser neuen Regierung, wieder einmal einen Karren, der dermaßen tief im Dreck steckt, aus dem Sumpf und aus dem Morast Ihres politischen Handelns oder Nicht handelns herauszuziehen. Genau das ist das Problem, vor dem wir jetzt stehen.

Da muss ich sagen – das wissen Sie genauso gut; denn Sie wa ren immer dabei –, dass unser Minister Alexander Bonde ge nau dieses Thema so offensiv über die Fraktionsgrenzen hin aus behandelt hat, so transparent, wie man es nicht besser ma chen kann, kommunikativer denn je.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Jetzt stellen Sie sich hier hin, sind dermaßen unzufrieden und lenken ab von dem Hauptproblem, das Sie haben, nämlich dass, wie von Ihnen schon gesagt, in der Agrarministerkonfe renz über alle Parteigrenzen hinweg gemeinsam ein Antrag mit dem Ziel auf den Weg gebracht wurde, dass der Bundes gesetzgeber an die Novellierung des Bundeswaldgesetzes he rangeht, damit wir die Axt des Bundeskartellamts vom Wald in Baden-Württemberg, von unserem Einheitsforstamt weg bekommen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Doch was machen Sie, Herr Rapp? Ich muss sagen, ich bin zutiefst empört, dass man die Tatsachen so verdrehen kann.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Das will et was heißen!)

Denn Sie wirken in keiner Weise auf Ihre Kollegen im Bun destag ein und sagen nicht: „Wir in Baden-Württemberg“ – übrigens inzwischen groteskerweise auch die Säge- und Holz industrie – „ziehen hier an einem Strang, und zwar über alle Gebietskörperschaften hinweg.“ Im Landkreistag – die unte ren Forstbehörden sind ja bei den Landratsämtern angesiedelt – sitzen keine Grünen und keine Sozis, sondern dort sind hauptsächlich CDU-Landräte drin.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Echte Grü ne!)

„Wir alle fordern das eine: Ändert dieses Bundeswaldgesetz, damit wir endlich diese Axt vom Baum wegbekommen.“

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Wenn jetzt erwartet wird, dass ein Kartellamtsbeschluss kommt – dieser ist ja noch gar nicht da –, Sie hier eine Aktu elle Debatte initiieren und von „Sieger“ und „Verlierer“ spre chen, dann sind Sie – das muss ich sagen – einfach nicht up to date.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Sehr richtig!)

Wir sind allerbestens vorbereitet. Die Landkreise haben in zwischen Interimslösungen ergriffen, die Säge- und Holzin dustrie wurde entsprechend angewiesen, und es besteht über haupt kein Problem. Wir werden das nicht aussitzen, sondern wir werden hier darauf drängen, dass es beim Oberlandesge richt in Düsseldorf einen Beschluss gibt, um das Einheitsforst amt so, wie es in Baden-Württemberg seit Jahrzehnten erfolg reich praktiziert wird, zu retten. Das ist unsere Verantwortung.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Für die SPD-Fraktion erteile ich das Wort dem Kollegen Storz.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute wieder eine Aktuelle Debatte – Kollege Rapp hat es schon angesprochen –, bei der man sich fragt: Was ist daran aktuell, und was ist daran Debatte?

Aktuell ist das Thema deswegen nicht, weil es keine neuen Sachstände gibt, und in der Regierungsbefragung vom 4. Fe bruar hatte Minister Bonde alle Einzelheiten des Verfahrens recht deutlich gemacht. Bei einer Debatte geht es eigentlich um Inhalte, über die man sich auseinandersetzen kann. Der Titel „Minister Bonde unterliegt im Kartellverfahren um das Einheitsforstamt“, den die CDU für diese heutige Debatte ge wählt hat, verrät aber: Sie wollen eigentlich keine Debatte über die richtige Forstpolitik im Land führen, sondern Sie wollen nur dem zuständigen Mitglied der Landesregierung das Etikett eines Verlierers anheften.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Sinnvoll wäre es gewesen, meine Damen und Herren von der CDU, hier gemeinsam für das Land Argumente gegen das Kartellamt zu sammeln, so, wie wir alle es als Vertreter der verschiedenen Fraktionen beim Parlamentarischen Abend der Forstkammer am 4. November 2014 gemacht haben. Damals haben wir uns gemeinsam gegen den Vertreter des Kartellamts positioniert, haben Argumente gesammelt und standen für das Land da wie eine Wand. Jetzt verlassen Sie den gemeinsamen Weg. Mit einer sachbezogenen Oppositionsarbeit, die nicht nur kritisiert, sondern auch ernsthaft Alternativen aufzeigt, hat Ihr Auftreten heute nichts zu tun.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Ich denke, man merkt: Wir machen in der Regierung eine so gute Arbeit, dass Ihnen gar keine anderen Themen mehr ein fallen. Ihre Oppositionsstrategie, mit der Sie versuchen, Punk te zu machen, macht den Bürgern eher deutlich, dass sie mit der jetzigen Regierung, die das Land voranbringen will, einen verlässlichen Partner haben, und wie richtig es war, Sie abzu wählen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Das Thema ist aber zu wichtig, um nur kurz Profit daraus zu ziehen. Im Kern führen wir nämlich eine Debatte über das Spannungsverhältnis zwischen verschiedenen Ordnungsprin zipien der Marktwirtschaft. Das Kartellamt hat die Aufgabe, über den freien Wettbewerb in unserem Land zu wachen und Wettbewerbsverzerrungen zu bekämpfen. In der bisherigen Struktur des Einheitsforstamts sieht es eine Form der Verzer rung und will deswegen die Zerschlagung des Einheitsforst amts. Es hat die Sichtweise, dass der Wald aus rein wirtschaft lichen Gesichtspunkten zu beurteilen ist: Wald, das sind Bäu me, die sich verkaufen lassen, und das gibt Geld.

Der Wald hat aber nicht nur einen wirtschaftlichen Wert, er besteht eben nicht nur aus Bäumen, die für das Sägewerk ge fällt werden können. Der Wald ist Erholungsraum für Men schen, Schutz- und Rückzugsgebiet für Tiere. Der Wald ist öf fentlich zugänglich. Er steht Spaziergängern und Sportlern un entgeltlich zur Verfügung. Wald ist Daseinsvorsorge und Hei mat.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Waldwirtschaft unterscheidet sich grundlegend von anderen Branchen. Nirgendwo ist das Produkt gleichzeitig Produkti onsmittel. Nirgendwo sind die Produktionszyklen so lang wie in der Waldwirtschaft. Es ist keine Seltenheit, dass bis zur Ver marktung von Holz über 100 Jahre vergehen.

Wegen dieser wirtschaftlichen Besonderheiten, wegen der öf fentlichen Güter, wegen des Gemeinwohls wehrt sich BadenWürttemberg gegen die Vorgaben des Kartellamts. Dabei geht es nicht nur um die Vermarktung des Holzes, sondern es geht um den Charakter der forstwirtschaftlichen Tätigkeiten, den Revierdienst, das Auszeichnen des zu schlagenden Holzes. Das Kartellamt bezeichnet das als rein wirtschaftliche Tätig keiten. Weil es aber beim Wald, wie gerade erwähnt, nicht nur um das Holz geht, aus dem Balken und Bretter gemacht wer den, sagen wir im Land: Es ist eine hoheitliche Aufgabe.

In dieser Einschätzung haben wir Konsens mit dem Land und mit den betroffenen Landesverbänden. Wir haben auch Kon sens mit anderen Ländern. Daher haben sich alle Länder in der Agrarministerkonferenz – wir haben es schon gehört – ge gen das Kartellamt zusammengeschlossen und sich für eine Novellierung des Bundeswaldgesetzes ausgesprochen. Ge meinsam fordern die Länder, dass die Revierleitung und die Tätigkeiten, die dem Holzverkauf vorgelagert sind, als hoheit liche Tätigkeiten ausgewiesen und der Daseinsvorsorge zuge rechnet werden. Damit wäre einem großen Teil der Kritik des Kartellamts der Boden entzogen.

Es gibt also kein Duell Grün-Rot gegen das Kartellamt, das ein Minister verlieren kann. Sie sehen: Wir sind nicht allein, sondern kämpfen mit anderen.