Protokoll der Sitzung vom 29.04.2015

Frau Kollegin Aras, in keinem Jahr, in dem eine Vorgängerlandesregierung verzö gert angepasst hat, gab es Steuereinnahmen in dem Ausmaß wie jetzt. Das ist der Unterschied.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Jetzt zu Ihrem Entschließungsantrag zum Thema Erbschaft steuer: Das ist wirklich ein Beitrag zur Realsatire. Wenn man diesen Entschließungsantrag liest, dann hat man den Eindruck, der Landtag von Baden-Württemberg könnte auch beschlie

ßen, dass man sich einen schönen Sommer wünscht. Von die ser Qualität ist dieser Entschließungsantrag.

Kollege Mack hat es schon gesagt: Die 100 Millionen € muss ten auf Geheiß des Ministerpräsidenten herausgestrichen wer den, weil die grünen Fundamentalisten aus Berlin im Staats ministerium interveniert haben

(Widerspruch von den Grünen)

und erklärt haben: „Lieber Ministerpräsident Kretschmann, wir dürfen den Schäuble nicht rechts überholen. Deshalb dür fen wir nicht mit solchen Zahlen agieren.“ Warum bekennen Sie sich denn nicht zum Konzept des Finanzministers? War um musste der Regierungssprecher erklären, die 100 Millio nen € seien innerhalb der Regierung nicht abgesprochen? Das ist doch ganz eindeutig der Grund: Sie wollen sich nicht kon kret festlegen; Sie, die Regierungskoalition, wollen sich nicht hinter die Position des Finanzministers stellen, der konkrete Zahlen genannt hat. Deshalb kommt jetzt so ein Wischiwa schiaufguss, der überhaupt nicht weiterführt.

Ich sage es in aller Deutlichkeit: Der Vorschlag, den der Bun desfinanzminister auf den Tisch gelegt hat, ist schwierig: 20 Millionen €, allerdings unternehmensbezogen

(Zurufe: Erbenbezogen!)

erbenbezogen –, während im Gegenzug der Landesfinanz minister einen Vorschlag mit 100 Millionen €, unternehmens bezogen, auf den Tisch gelegt hat. Bei fünf Erben kommt es auf dasselbe heraus; ab der Zahl von sechs Erben ist der Schäuble-Vorschlag hingegen der bessere. Das ist die Situa tion.

Nun besteht eben die Gefahr, dass das, was der Bundesfinanz minister vorgeschlagen hat, auch beschlossen wird, weil er ei nen starken Rückhalt bei der Bundes-SPD findet. Deshalb wä re es eine Chance gewesen, sich, um das Schlimmste zu ver hindern, hinter dem Vorschlag des baden-württembergischen Finanzministers zu versammeln. Wir wären dazu bereit gewe sen. Ich habe es in der letzten Landtagssitzung angeboten. Aber es wird deutlich: Der Ministerpräsident ist nicht dazu bereit, und die CDU-Fraktion hat gesagt: „Wir wollen eine möglichst hohe Freigrenze,

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Pro Erben!)

eine hohe Freigrenze, die sich am Erben orientiert.“ Das ist die Position der baden-württembergischen Wirtschaft. Ich sage es in aller Deutlichkeit: Das ist die mittelstandsfreundlichste Po sition, die auf dem Markt ist. Deshalb werden wir das auch unterstützen.

Ich hätte es trotzdem besser gefunden, wir einigten uns auf ei nen gemeinsamen Weg. Nur so hätten wir vielleicht die Chan ce gehabt, in Berlin tatsächlich etwas zu erreichen.

Noch ein Wort zum Verkehrsminister, weil dem Kollegen Mack entgegengehalten wurde, er würde ihn falsch zitieren, wenn er sich gegen das Auto ausspricht. Ich weiß nicht, was bei dieser Veranstaltung, die diskutiert worden ist, gesagt wur de. Aber das, was Sie beim „Reutlinger General-Anzeiger“ im Interview gesagt haben, ist nachzulesen, nämlich dass in Zu kunft kein vernünftiger Mensch mehr ein Auto kaufen müs

se. Das haben Sie gesagt; das steht da drin. Damit wird deut lich: Dieser Verkehrsminister und diese Landesregierung sind gegen die Automobilwirtschaft in Baden-Württemberg, und deshalb müssen sie bei der nächsten Landtagswahl weg, mei ne Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

In guten Zeiten werden Haushalte ruiniert. Dieser Satz wird nicht nur durch Ihre gesamte Haushaltspolitik belegt, sondern auch durch diesen Nachtragshaushalt. Deshalb kann jeder Ab geordnete in diesem Haus, der auch nur einen Rest an Verant wortung für das Land und dessen Landeshaushalt übernimmt, diesen Nachtragshaushalt nur ablehnen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Für die Landesregierung erteile ich das Wort Herrn Minister Dr. Schmid.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! BadenWürttemberg steht gut da. Unser Land weist mit Bayern die niedrigste Arbeitslosigkeit auf. Es waren noch nie so viele Menschen in Arbeit wie zurzeit. Baden-Württemberg ver zeichnet die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit in ganz Deutsch land. Wir haben in dieser Legislaturperiode finanzpolitisch drei Mal die Nullneuverschuldung erreicht.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Bisher nur zwei Mal!)

Und – heute veröffentlicht – Baden-Württemberg hat im Jahr 2014 mit 2,4 % das höchste Wirtschaftswachstum aller Bun desländer erreicht. Gratulation an die Unternehmen und die Beschäftigten in Baden-Württemberg für diese tolle Leistung.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Trotz die ser Regierung!)

Vor diesem Hintergrund haben wir jetzt in mehreren Runden im Plenum und im Ausschuss den Nachtragshaushalt debat tiert. Sie wissen ja, ich bin als genügsamer Mensch bekannt, aber irgendwie hätte ich mir doch mehr erwartet, liebe Kolle ginnen und Kollegen von der Opposition.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Wir uns auch!)

Schon zur Einbringung gab es markige Worte, damals noch von Herrn Wolf, der dann in der weiteren Debatte unterge taucht ist. Ich habe dann gehofft, dass zumindest in den Aus schussberatungen die großen Vorschläge kommen, dass Sie nicht nur fordern, sondern endlich auch liefern, aber alles bleibt beim Alten.

Sie fordern eine Absenkung der Nettokreditaufnahme, eine seriöse Gegenfinanzierung bringen Sie aber nicht zustande. Eine globale Minderausgabe zu fordern ist leicht. Aber wo wollen Sie denn sparen? Die Risikorücklagen wollen Sie ein fach auflösen. Wo bleibt denn da die von Ihnen so lautstark geforderte Nachhaltigkeit in der Haushaltspolitik?

Dann beklagen Sie sich über einen angeblich aufgeblähten Haushalt. Da frage ich Sie: Wo wollen Sie denn streichen? Ich

warte seit vier Jahren auf Aussagen von Ihnen, wo Sie strei chen wollen, wenn der Haushalt angeblich so aufgebläht ist. Doch nicht beim Länderfinanzausgleich, doch nicht bei den Leistungen für die Kommunen oder bei den Sanierungsaus gaben oder beim Personal und bei den Pensionen – da wollen Sie eher noch etwas drauflegen. Wo wollen Sie streichen? Mit Ausnahme des Dauerbrenners „Wiedereinführung der Studi engebühren“ haben Sie keinen haushaltspolitisch wirklich re levanten Einsparungsvorschlag oder einen Vorschlag zur Ent blähung dieses angeblich aufgeblähten Haushalts gemacht. Sie haben seit vier Jahren ein Schauspiel geboten, das einer parlamentarischen Arbeitsverweigerung geglichen hat, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Zum Thema „Tarifabschluss und Übertragung auf die Beam ten“. Wir haben doch einen guten und sozial verträglichen Vorschlag gemacht. Wir würdigen damit die hervorragende Arbeit unserer Beamtinnen und Beamten, ohne die Nachhal tigkeit finanzpolitisch aus den Augen zu verlieren. Jetzt for dern Sie die zeit- und inhaltsgleiche Übertragung; das bedeu tet Mehrausgaben von über 1 Milliarde € für die Jahre 2015 und 2016. Davon können wir einen Teil mit vorsorglich ein geplanten Mitteln gegenfinanzieren, es bleibt aber immer noch der stattliche Betrag von 435 Millionen €, der zu finanzieren wäre. Wo sollen denn die Ihrer Meinung nach herkommen? Das passt doch alles hinten und vorn nicht zusammen. Das ist Voodoo-Haushaltspolitik. Damit können Sie vielleicht bei Morgan Stanley Karriere machen, aber sicher nicht im soli den Land Baden-Württemberg.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Zu Ihrem ständig wiederholten Ammenmärchen von der ver meintlich einseitigen Belastung der Beamten will ich doch einmal eines klarstellen: Wir haben in dieser Legislaturperio de strukturell wirkende Konsolidierungsmaßnahmen mit Wir kung für 2020 in der Größenordnung von 1,6 Milliarden € be schlossen und damit das strukturelle Defizit abgebaut.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Auf den Bereich der Personalausgaben entfallen 440 Millio nen € von diesen 1,6 Milliarden €. Das macht 27 % der struk turellen Einsparungen aus, und das bei einem Anteil der Per sonalausgaben von über 40 %. Wo da die einseitige Belastung der Beamtinnen und Beamten liegen soll, das müssen Sie dann schon noch erläutern, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Weil das die einzigen wirklichen Einsparungen sind! Alles an dere sind Taschenspielertricks!)

Ich bitte Sie also: Wenn Sie die Schuldenbremse ernst neh men, wenn Sie solide Haushaltspolitik machen wollen, dann müssen Sie einmal ein ausgearbeitetes Gesamtkonzept vorle gen. Es reicht nicht, nur „Nein, nein“ zu sagen und die Wie dereinführung der Studiengebühren zu fordern. Sie müssen Ross und Reiter nennen. Sie müssen auf den Euro genau und unter Benennung des Haushaltstitels sagen, wo Sie denn spa ren wollen. Bei dieser Debatte zum Nachtrag kam nichts von der FDP/DVP und kamen nur Luftbuchungen von der CDU.

Damit ist klar: Es ist gut, dass dieses Land nicht Ihnen anver traut ist, sondern uns.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zurufe der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch und Winfried Mack CDU)

Dann gibt es noch diesen eilig zusammengeschusterten Ent schließungsantrag von CDU und FDP/DVP zur Erbschaftsteu erreform. Mir geht es jetzt gar nicht um die Details, mir geht es eher um den Zeitpunkt. Eine solche Bundesratsinitiative macht zur jetzigen Zeit einfach keinen Sinn. Die Debatte zur Erbschaftsteuer ist im vollen Gang. Am 7. Mai ist die nächs te Gesprächsrunde im Bundesfinanzministerium.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Eine Bundesratsinitiative wird das Verfahren nicht beschleu nigen, ganz im Gegenteil. Was Sie beantragen, hilft den Fa milienunternehmen und dem Mittelstand in Baden-Württem berg keinen Meter weiter.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Es ist doch ganz offenkundig, worum es Ihnen eigentlich geht. Sie, Herr Wolf, wollen mit Ihren Kollegen hier im Landtag richten, was Sie in den letzten Monaten vergeigt haben. Fakt ist doch, Herr Wolf: Auf Sie hört in Berlin niemand.

(Lachen des Abg. Guido Wolf CDU)

Der CDU-Bundesfinanzminister aus Baden-Württemberg ver prellt nicht nur den baden-württembergischen Mittelstand, er pfeift auf Sie, Herr Wolf. Sie geben ja so gern den Wolf, aber ein Wolf ohne Zähne und Klauen funktioniert einfach nicht.

(Heiterkeit des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

Sie sind nicht der Wolf Baden-Württembergs, Sie sind Schäub les Pudel. Machen Sie endlich Ihren Job, wir machen unse ren.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Fried linde Gurr-Hirsch CDU: Ein Pudel ist auch nicht schlecht! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Pudel sind intelligente Tiere!)

Wissen Sie, Herr Wolf: Mein Job ist es nicht, Ihre innerpar teilichen Beziehungen zu kitten. Diese ganze Debatte wäre viel einfacher gewesen, wenn Sie auch nur einmal im Vorfeld mit Herrn Schäuble ernsthaft darüber gesprochen hätten, wel chen Vorschlag er bringt, genauso wie es insgesamt Ihr Job in der Opposition wäre, mehr dafür zu sein, als einfach nur zu sagen, wogegen man ist. Ich glaube, meine sehr verehrten Da men und Herren, mit diesem Nachtrag halten wir ganz klar unseren haushaltspolitischen Kurs.