dazurechne, die Außenstellen dieser Werkrealschulen waren, dann haben wir nicht 400 Hauptschulen geschlossen, sondern wir haben 100 bis 200 Standorte nicht mehr gehabt und an den anderen Schulstandorten nach wie vor ein Haupt- bzw. Werk realschulangebot.
Jetzt sagen Sie mir einmal, Frau Boser: Wie viele Hauptschul standorte werden denn noch eine fünfte und sechste Klasse haben, sobald die regionale Schulentwicklung im Schuljahr 2016/2017 greift? Sind das 100, sind das 200, oder sind das 300? 300 werden Sie nicht erreichen. Wenn Sie 200 noch üb rig lassen, ist das viel. Und dann kommen Sie hierher und sa gen, wir hätten den ländlichen Raum ausgeräumt. Das ist doch nicht von dieser Welt!
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Genau! Bravo! – Abg. Dr. Ste fan Fulst-Blei SPD: Wir haben mit der Gemeinschafts schule eine Perspektive für den ländlichen Raum ge schaffen!)
Wir haben dafür gesorgt – was Sie bisher immer bestritten ha ben –, dass die Standortentwicklung in Gang gekommen ist.
Zwischen 100 und 200 Standorte wurden aufgelöst. Sie sor gen mit einer Übergangsquote von 9 % auf die Hauptschule dafür, dass am Schluss 100 Standorte – wenn es hoch kommt, vielleicht 200 Standorte – übrig bleiben. Das ist das Ergebnis Ihrer Politik.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Ste fan Fulst-Blei SPD: Und die flächendeckende Ge meinschaftsschule! – Glocke der Präsidentin)
Auf eines möchte ich unbedingt noch eingehen. Die äußere Differenzierung, die ich eingefordert hatte, haben Sie heute Morgen infrage gestellt und haben gesagt, das sei doch alles pädagogisch nicht innovativ, nicht modern usw. Heute Mor gen hat der Minister gesagt, er beachte wissenschaftlichen Rat. Wissen Sie, was Herr Bohl, den Sie ja als begleitenden Wis senschaftler für die Gemeinschaftsschule immer wieder her anziehen, in einem Interview am 2. Dezember in der „Schwä bischen Zeitung“ gesagt hat? Er will ab Klasse 8 die Möglich keit für jede Schule als Gemeinschaftsschule haben, auch auf ein Kurssystem umzustellen. Das ist doch nicht etwas, was die CDU allein erzählt. Das ist das, was die Schulträger ha ben wollen. Der Städtetag hat das eingebracht. Das ist das, was die Schulen einfordern. Das ist das, was wissenschaftli cher Rat ist. Sie müssen auch die Möglichkeit zur Differen zierung zulassen.
Sie haben viel von Möglichkeiten gesprochen, Herr Kultus minister. Sie geben mit Ihrer Arbeit keine Möglichkeiten. Sie haben ein ganz klares, strenges Korsett von Vorgaben, in das sich die Gemeinschaftsschule einfügen muss.
(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja, richtig! – Bei fall der Abg. Nicole Razavi und Andreas Deuschle CDU)
Sie lassen keine Freiheit für Schulen mit unterschiedlichen Wegen zu. Lassen Sie diese Freiheit zu! Das wäre das Rich tige für die Kinder in Baden-Württemberg.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Nur Ideolo gie! Bravo!)
Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung der Anträge Drucksachen 15/4895 (Geänderte Fassung) und 15/5065 (Geänderte Fassung). Die beiden Anträge sind reine Berichts anträge und können für erledigt erklärt werden. – Sie stimmen zu.
Antrag der Fraktion der CDU und Stellungnahme des Mi nisteriums für Kultus, Jugend und Sport – Ausgestaltung der Ganztagsschule: Wie können externe Sportangebote finanziert und einbezogen werden? – Drucksache 15/4945 (Geänderte Fassung)
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat folgende Rede zeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.
Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wir haben vor rund einem Jahr bereits das Thema „Ausbau der Ganztagsschulen und Koope ration mit den Sportvereinen in Baden-Württemberg“ disku tiert. Es sind ein paar Monate vergangen. Das Programm ist angelaufen. Wie sieht die Situation heute aus?
Fakt ist: Die Möglichkeit, über die Monetarisierung den Sport in die Ganztagsschulen zu holen, ist eine große Chance. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels haben auf die se Weise die Vereine die Möglichkeit, Kinder und Jugendli che frühzeitig an sich zu binden. Die Frage ist aber: Wie vie le Vereine nutzen diese Möglichkeit?
Insgesamt gibt es rund 380 Partnerschaften zwischen Schu len und Vereinen bzw. Verbänden. Davon gibt es etwa 140 Ko operationen zwischen Schulen und Sportvereinen bzw. Sport verbänden. Aber nur 104 der 172 Ganztagsschulen nutzen nach dem neuen Schulgesetz diese Möglichkeit der Moneta risierung.
Warum ist das so? Möglicherweise ist es für die Schulleiter einfach zu kompliziert, den Ganztagsbetrieb mit externen An geboten zu organisieren. Von den 5 895 zusätzlichen Lehrer wochenstunden wurden gerade einmal 1 015 umgewandelt. Das, meine Damen und Herren, ist eindeutig zu wenig und geht am eigentlichen Ziel vorbei.
Die Möglichkeit der Sportvereine, mit Ganztagsschulen zu kooperieren, wird so eingeschränkt. In der eigentlichen Pra xis werden die Zuschussprogramme wie z. B. „Kooperation Schule/Verein“ oder das Jugendbegleiterprogramm genutzt. Diese – auch das ist klar – sind für eine angemessene Vergü tung der Vereinsangebote aber nicht geeignet.
Meine Damen und Herren, viele Fragen sind nach wie vor un geklärt: Sind die Trainerinnen und Trainer wirklich ausrei chend qualifiziert, Schulklassen zu unterrichten? Gibt es ge nügend Fortbildungsangebote, und werden diese auch ge nutzt? Wie werden diese Lehrinhalte überprüft? Es genügt eben nicht, einseitigen Vereinssport zu trainieren, sondern es geht um eine motorische Grundlagenausbildung der Kinder und Jugendlichen. Gibt es für den Unterricht bis 16:00 Uhr genügend Übungsleiter? Übungsleiter gehen tagsüber vielfach einer Berufstätigkeit nach und haben deshalb nur wenig Zeit. Wie ist die Aufsichtspflicht geregelt? In Ihrer Stellungnahme zu unserem Antrag steht, die Aufsicht obliege dem Schullei ter. Ich glaube nicht, dass der Schulleiter in die Halle gehen und überprüfen kann, ob alles planmäßig verläuft.
Es ist – wie es möglicherweise auf den ersten Blick erscheint – nach wie vor nicht einfach, den Ganztagsbetrieb durch ex terne Angebote sicherzustellen. Dies gilt im Übrigen für alle externen Angebote, nicht nur für den Sport. Ein sportaffiner Schulleiter wird sicherlich dennoch versuchen, ein Sportan
gebot zu ermöglichen bzw. einen Verein an seine Schule zu holen. Aber wir brauchen solche Angebote flächendeckend. Es muss für alle Schulleiter im Land attraktiv sein.
Lassen Sie uns einen Blick nach Rheinland-Pfalz werfen. Hier wird die „Kooperation für Sport in Schule und Verein“ bereits seit 2001 praktiziert. Das Ergebnis dort: Die Strukturen in den Vereinen verändern sich. Vereine ohne hauptamtliche Struk turen sind personell überfordert. Es gelingt ihnen eben nicht, sich an einem Ganztagsbetrieb der Schulen zu beteiligen. In folge der Überforderung der ehrenamtlichen Kräfte fallen da gegen reguläre Sportangebote weg. Außerdem ist es nicht ge lungen, über den Ganztagsbetrieb mehr Mitglieder für die Ver eine zu gewinnen.
Meine Damen und Herren, in der Zusammenarbeit zwischen Vereinen und Schulen liegt viel Potenzial; das möchte ich noch einmal bestätigen und betonen. Aber der Ausbau der Ganztagsschule ist eine Herausforderung für die Vereine. Sie werden sich verändern, und sie werden sich auch anpassen müssen. Gerade kleine Vereine können schnell unter die Rä der kommen. Hier müssen wir achtgeben und die Vereine in unserem Land unterstützen. Der WLSB hat deshalb sogenann te Koordinierungsstellen eingerichtet; sie stehen bei der Zu sammenarbeit zwischen Schulen und Vereinen beratend zur Seite.
Ich fordere die Landesregierung auf, zu prüfen, ob sie die Möglichkeit sieht, diese Koordinierungsstellen finanziell zu unterstützen bzw. sie landesweit auszubauen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Zahl der Schulen mit offenem oder gebundenem Ganztagsangebot steigt stetig an. Zu den 172 Schulen, die im letzten Schuljahr mit dem neuen Ganz tagskonzept gestartet sind, werden im kommenden Schuljahr weitere 122 Schulen kommen. Wir brauchen im Ganztagsbe trieb gute pädagogische Konzepte mit einer überzeugenden Rhythmisierung. Wir brauchen an den Schulen verlässliche Spiel-, Bewegungs- und Sportangebote im Schulalltag, und wir brauchen gute Kooperationspartner.
Der Sport als außerschulischer Kooperationspartner in der Ganztagsschule hat einen hohen Stellenwert. Dies geht auch aus den Ergebnissen einer Umfrage der Jugendstiftung Ba den-Württemberg unter Schulleitern hervor.
Als sportpolitische Sprecherin meiner Fraktion sehe ich für die Sportvereine d i e große Chance, sich über die Präsenz in den Schulen neue Mitglieder zu erschließen. Ich weiß, die Sportbünde und Sportfachverbände sehen diese Chance eben so und wollen sie auch nutzen. Viele bieten ihren Vereinen vor Ort hierzu schon gute Hilfestellungen wie interne Schulungen und Beratungen an. So entwickelt beispielsweise der STB der zeit zusammen mit anderen Sportfachverbänden ein sportfach liches Rahmenkonzept für ein gemeinsames Bildungsange bot. Das Kinderturnen soll dabei die motorische Grundlagen ausbildung für alle weiterführenden Sportarten sein.
Bei den Kooperationen stehen – das ist klar – beide Seiten noch am Anfang und machen ihre Erfahrungen. Ich sehe da bei drei große Herausforderungen:
Die Schulen brauchen verlässliche Partner. Im Krankheitsfall ist der Anbieter, also der Sportverein, in der Verantwortung, für Ersatz zu sorgen. Diese für die Schule wichtige Frage muss meines Erachtens unbedingt im Vorfeld geklärt werden.
Bei der Suche nach außerschulischen Kooperationspartnern müssen traditionelle Denkmuster überwunden werden. Verei ne haben die Aufgabe, Übungsleiter und Übungsleiterinnen zu finden bzw. auszubilden, die zu Unterrichtszeiten in die Schulen gehen können.
Die dritte große Herausforderung: Die Angebote sollten gut organisiert und koordiniert werden. Unter Umständen be kommt ein Verein Anfragen von mehreren Schulen. Kleinere Vereine mit ehrenamtlichen Vorständen – das haben Sie auch angesprochen, Frau Schmid – fühlen sich häufig organisato risch überfordert. Eine Möglichkeit ist, dass sie sich mit an deren Vereinen zusammenschließen. So kann die Kooperati onsarbeit professionalisiert und kann das Angebot abgestimmt werden.
Ich bin überzeugt, dass in diesen Herausforderungen auch Chancen liegen, und diese gilt es zu nutzen.
Eine große Sicherheit für Vereine ist dabei die vorgesehene Monetarisierung. So haben Schulen Handlungsspielraum, sich Leistung einzukaufen und die Rhythmisierung in ihrem Sinn zu gestalten. Die Vereine wiederum haben eine verlässliche Regelung und eine finanzielle Basis für das Auffinden von qualifizierten und gut ausgebildeten Übungsleiterinnen und -leitern.
Obwohl dieser Wunsch vonseiten des Sports verständlich ist, sehe ich jedoch im Moment keinen Bedarf, eine Quote für die Monetarisierung einzuführen. Ich bin zuversichtlich: Wenn Konzeptionen stimmen und Verlässlichkeit gegeben ist, grei fen Pädagogen sicher gern auf die Bewegungs- und Sportan gebote zurück.
Mit den vom WLSB in den Sportkreisen eingerichteten 14 Koordinierungsstellen wurde hier ein richtiger Weg einge schlagen. Diesen Weg gilt es fortzusetzen und weiter auszu bauen. Dabei spielt das persönliche Engagement von Schul leitungen und Verantwortlichen der Vereine eine große Rolle.
Noch sind die Kooperationen keine Selbstläufer. Will ein Ver ein als kompetenter Anbieter vor Ort wahrgenommen werden, muss er in der Lebenswelt Ganztagsschule präsent sein und muss frühzeitig mit der Schule Kontakt aufnehmen. So kön nen passende Angebote entwickelt werden, auch in Ergänzung zum schulischen Sportunterricht. Dieses Engagement wird sich für die Vereine auszahlen; da bin ich mir sicher.
Insgesamt werden die bislang bestehenden Kooperationen po sitiv bewertet. Ich nenne einige Zahlen aus der Evaluation: Von 104 Schulen zeigten sich 48 sehr positiv, 44 positiv, und bei zwölf Schulen hielt es sich die Waage.
Das Ganztagsangebot in unseren Schulen ist also auf einem guten Weg. Sicher hat sich noch nicht alles eingespielt. Ins gesamt bieten der Ganztag und die außerschulischen Bil dungsangebote den Kindern jedoch eine große Bereicherung in ihrem Schulalltag und viele neue, spannende Erfahrungen.