Protokoll der Sitzung vom 17.06.2015

(Beifall bei der FDP/DVP)

Man muss sich natürlich die Frage stellen: Was kann man tun? Kollege Wald hat schon einiges angeführt. Zunächst muss man einmal feststellen, dass Bauen in der Bundesrepublik Deutsch land und auch in Baden-Württemberg im überwiegenden Maß Privatsache ist. Nur etwa 7 % der Wohnungen in Deutschland sind staatliche Sozialmietwohnungen. Also brauchen Sie In vestoren. Sie brauchen das Kapital von Investoren, und die ses Kapital der Investoren ist auch erreichbar in Phasen der art niedriger Zinsen, wenn viele sich sagen: Es lohnt sich nicht, das Geld auf die Bank zu legen, da kann man in Beton gold investieren. Aber Sie müssen es attraktiv machen. Miet preisbremsen sind mit Sicherheit kein Beitrag, Investoren an zulocken, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Sie müssen sie also abschaffen, und Sie müssen auch Zweck entfremdungsverbote zurücknehmen, staatliche Leerstands kontrollen von Wohnraum und dergleichen. Das alles sind In vestorenverschreckungsprogramme, die Sie auf der Tageord nung haben. Das wird das Gegenteil dessen bewirken, was Sie sich versprechen. Sie werden mit diesen Maßnahmen nicht mehr und bezahlbareren, sondern Sie werden noch weniger Wohnraum schaffen, und dieser wird zunehmend unbezahl bar werden.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU)

Frau Kollegin Lindlohr, die Knappheit wird steigen, und dann können Sie hier im Landtag von Baden-Württemberg wieder behaupten, der Markt führe zu noch höheren Preisen.

Eine Bundesratsinitiative zum Mietrecht wäre sinnvoll. Wir brauchen mehr Rechte für Eigentümer und Vermieter, um das Vermieten wieder attraktiv zu gestalten. Ich kenne hinreichend Vermieter, die Mietwohnraum zur Verfügung stellen könnten, aber sagen: Aufgrund der Rechtslage tun wir es nicht. Das

Ganze ist ihnen zu schwierig, das Ganze ist ihnen zu aufwen dig, das Ganze ist für sie zu risikohaft; deshalb lassen sie es lieber. Sie brauchen auch eine praxistaugliche Umsetzung des Landeswohnraumförderungsprogramms, das Sie hier auch fei ern. Aber der Kollege Wald hat Ihnen schon unter die Nase gerieben, wie das in der Praxis dann aussieht.

Wenn Sie die Grunderwerbsteuer massiv erhöhen, wie zu Be ginn Ihrer Regierungszeit im Land Baden-Württemberg ge schehen, ist das ganz sicher auch kein Beitrag dazu, neuen Wohnraum zu schaffen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Denn ganz bestimmt werden weder die junge Familie, die überlegt, ein Eigenheim anzuschaffen, noch ein möglicher In vestor, der sich überlegt, sein Kapital in Mietwohnraum zu in vestieren, durch eine so massive Erhöhung der Grunderwerb steuer dazu motiviert.

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Aber die junge Fa milie profitiert!)

Die steuerliche Absetzbarkeit der energetischen Sanierung – bei Ihnen im Bundesrat gescheitert aus fiskalischen Gründen – ist eine wirklich notwendige Maßnahme, die die Wohnungswirt schaft immer wieder fordert, mit der sie bei Ihnen aber immer wieder auf taube Ohren stößt, meine Damen und Herren. Au ßerdem geht es um generelle Abschreibungsmöglichkeiten, wie es sie in der Vergangenheit schon gab – alles Fehlanzei ge bei Ihrer Politik, bei den Anstrengungen, die Sie über den Bundesrat unternehmen. Sie unternehmen über den Bundes rat, wie man gesehen hat, lieber Anstrengungen für Gesetze, die ohnehin im Bundestag nicht beschlossen werden, meine Damen und Herren. Also reiner Aktionismus.

Es ist gut, dass Herr Hermann inzwischen eingetroffen ist, der ja der allergrößte Freund des Bauens ist mit seiner Novelle zur Landesbauordnung mit Zwangsefeu und überdachten Fahr radstellplätzen. Sich vorzustellen, dass solche Gesetze wie Herrn Hermanns Novelle zur Landesbauordnung den Miet wohnraumbau fördern würden, ist einigermaßen absurd, mei ne Damen und Herren. Dieser Minister ist eine Bedrohung für den Mietwohnraumbau in Baden-Württemberg.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Es ist gut, Herr Finanz- und Wirtschaftsminister, dass Sie jetzt gleich das Wort haben. Mich würde interessieren, wie Sie den Bürgern in Baden-Württemberg und vor allem den Mietern in der Region Stuttgart das schlechte Geschäft erklären, das Sie mit PATRIZIA vor wenigen Jahren gemacht haben. Offen sichtlich haben Sie viel zu billig und viel zu günstig verkauft, und andere machen jetzt Kasse. Ihre Erklärung würde uns au ßerordentlich interessieren.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Für die Landesregie rung erteile ich das Wort Herrn Finanz- und Wirtschaftsmi nister Dr. Schmid.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! In der gan zen Welt ist Baden-Württemberg als das Land der Häuslebau er bekannt.

(Abg. Tobias Wald CDU: Noch!)

Diese Regierung sorgt dafür, dass es sich auch als Mieter bei uns im Land gut leben lässt.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Baden-Württemberg noch lebenswerter zu machen heißt für uns auch: Wohnen darf eben kein Luxus für wenige sein. Stei gende Mieten treffen diejenigen besonders hart, die es ohne hin schon schwer haben, finanziell über die Runden zu kom men. Es trifft die jungen Familien, es trifft die älteren Men schen, es trifft die Kleinverdiener, es trifft die Rentnerinnen und Rentner. Wenn die Mieten steigen, wenn Geringverdie ner sich immer weniger leisten können und ihnen als Letztes nur noch übrig bleibt, wegzuziehen, dann verlieren Stadtvier tel ihren Charme, dann nehmen Vielfalt und sozialer Zusam menhalt in unserer Gesellschaft Schritt für Schritt ab. Das können und das wollen wir nicht dulden. Deswegen ist das er klärte Ziel unserer Wohnungspolitik: Wohnen muss bezahlbar werden.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Da hilft es mir dann nicht, wenn es kluge Ratschläge gibt, man solle doch im ländlichen Raum mehr Wohnraum schaffen.

(Abg. Tobias Wald CDU: Die Täler wollen Sie doch zuwachsen lassen! – Zuruf des Abg. Dieter Hillebrand CDU)

Die Wohnungsnot ist in den Hochschulstädten, den Großstäd ten, den Ballungsräumen groß. Ich will, dass in unseren Städ ten – ob das Stuttgart oder Ulm, ob das Konstanz oder Frei burg ist – auch die Krankenschwester und der Polizist bezahl baren Wohnraum finden.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Zuruf des Abg. Tobias Wald CDU)

Ich will, dass diejenigen, die als Familie oder als Rentner sich schon vor Jahrzehnten in einem Stadtviertel in Freiburg oder in Mannheim eingefunden haben, eine Heimat gefunden ha ben, dort auch bleiben können, wenn die Mittel knapper wer den und wenn die Kinder aus dem Haus sind.

Das ist für mich lebenswertes Stadtleben, das ist lebenswer tes Gemeindeleben in Baden-Württemberg. Da kann man die Leute nicht quasi aufs Land verschicken und sagen: „Schaut doch dort. Dort ist der Wohnraum bezahlbar.“ Das ist mit Le bensqualität in Baden-Württemberg nicht vereinbar.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Zuruf des Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU)

Sie müssen sich schon einmal entscheiden – das gilt vor al lem für Sie von der CDU –: Bekennen Sie sich zur sozialen Marktwirtschaft,

(Abg. Tobias Wald CDU: Wir ja! Im Gegensatz zu Ihnen!)

oder soll das Thema Wohnen – so, wie es die FDP/DVP hier vorgetragen hat – rein marktwirtschaftlich gelöst werden?

(Zuruf des Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU)

Ich sage Ihnen ganz deutlich, meine sehr verehrten Damen und Herren: Soziale Marktwirtschaft heißt eben auch, das Grundbedürfnis der Menschen nach Wohnen nicht zum Spe kulationsobjekt zu machen

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU: Genau! – Zuruf des Abg. Tobias Wald CDU)

und nicht diejenigen zu belohnen, die mit Wohnungen speku lieren, die sie leer stehen lassen und sie eben nicht vermieten.

Deshalb sage ich ganz deutlich: Gerade weil wir zur sozialen Marktwirtschaft stehen, ist es immer wieder notwendig – die Union hat das im Bund immer wieder anerkannt –, dass wir regulierend eingreifen. Genau das haben wir im Bund und im Land getan. Die CDU muss sich entscheiden, ob sie an der Seite der Mieterinnen und Mieter in Baden-Württemberg ist

(Abg. Tobias Wald CDU: Wir ja! Im Gegensatz zu Ihnen!)

oder ob Sie sie im Stich lassen, wie Sie es in der Vergangen heit getan haben.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Deshalb ist doch die wohnungspolitische Leitlinie dieser Lan desregierung völlig klar: Wir brauchen erstens mehr bezahl baren Wohnraum, wir müssen zweitens bestehenden Wohn raum sichern,

(Abg. Winfried Mack CDU: Was haben Sie bisher er reicht?)

und wir müssen drittens Mieten so weit, wie es geht, bezahl bar halten. Das sind die Linien, die wir auch politisch umset zen wollen

(Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU: Just do it!)

und die nicht einfach nur dem freien Spiel der Marktkräfte überlassen werden können.

Um mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, haben wir den Schwerpunkt innerhalb der Landeswohnraumförderung auf den Mietwohnraum gelegt. Diese Entscheidung war richtig und wichtig. Vor allem zeigt sie bereits erste Wirkung.

(Abg. Tobias Wald CDU: 90 Anträge 2013!)

Zweitens haben wir das Volumen der Landeswohnraumförde rung deutlich ausgebaut: 150 Millionen € im Landeshaushalt. Die Prognosen der L-Bank gehen davon aus, dass dieses Vo lumen in diesem und im kommenden Jahr voll ausgeschöpft wird, weil wir es in der Tat geschafft haben, die eine oder an dere Anpassung vorzunehmen, damit die Mittel auch abflie ßen können.