Protokoll der Sitzung vom 17.06.2015

(Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Sagen Sie ein mal etwas Positives!)

Das Landeswohnraumförderungsprogramm – Herr Stober, Sie haben es angesprochen – haben Sie so bürokratisiert, dass die Antragszahlen massiv in den Keller gefallen sind.

(Abg. Johannes Stober SPD: Stimmt doch gar nicht!)

Während unter der CDU-geführten Regierung im Jahr 2010 für die Eigentumsförderung 2 192 Anträge bewilligt wurden, waren es unter Grün-Rot im Jahr 2013 lediglich 1 336. Bei der Mietwohnraumförderung sieht die grün-rote Förderbilanz noch schlimmer aus. 2010 wurden unter Schwarz-Gelb 613 Anträge bewilligt und unter Grün-Rot im Jahr 2013 gerade einmal 90 – so die Antwort der Landesregierung auf die Klei ne Anfrage des Kollegen Stober. Eine wahre Förderleistung!

(Vereinzelt Heiterkeit bei der CDU)

Schlecht gemachte Programme, meine Damen und Herren, finden keinen Absatz, auch wenn hierdurch das Fördervolu men steigt.

Nun legen Sie ein sogenanntes zweites wohnungsbaupoliti sches Maßnahmenpaket auf: die Umsetzung der Kappungs grenze und der Mietpreisbremse. Auch dieses Vorhaben wird hier in Baden-Württemberg zum Flop werden. Bereits im Ok tober 2014 habe ich Sie gewarnt, dass die Einführung dieser Instrumente sehr schwierig sein wird, da wir in Baden-Würt temberg einen sehr heterogenen und vielschichtigen Immobi lienmarkt haben. Die Wohnsituation in Iffezheim ist eine an dere als die in Stuttgart.

Nun, bereits vor Einführung der Kappungsgrenze und der Mietpreisbremse, gibt es nur Enttäuschte. So gibt es Städte, welche Sie in die Gebietskulisse aufgenommen haben, die dies gar nicht wollen, weil sie keine Wohnungsknappheit haben,

(Zuruf des Abg. Dieter Hillebrand CDU)

und andere Städte sehen Handlungsbedarf und dürfen nicht mitmachen.

(Zuruf von der CDU: Ettlingen!)

Aber eines vereint diese Kommunen: Alle sind sauer auf Grün-Rot.

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Was?)

Warum? Weil Sie ein unbrauchbares und undurchsichtiges und sehr fragwürdiges Verfahren zur Erstellung der Gebietskulis sen angewandt haben. In Berlin hat ein Gericht bereits die Mietpreisbremse gekippt,

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Sind wir jetzt in Ber lin, oder wie?)

weil der Mietspiegel fehlerhaft war. So wird es auch in Ba den-Württemberg kommen, Herr Schmiedel. Eine Klagewel le wird auf Grün-Rot zukommen. Wenn man etwas macht, dann muss man es richtig machen, und das können Sie nicht.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wann sehen Sie endlich einmal ein, dass dies keine Instrumente für den Wohnungsmarkt in Ba den-Württemberg sind? Diese werden keine neuen Wohnun gen für die Familien in unserem Land schaffen.

Dass Finanz- und Wirtschaftsminister Schmid verantwor tungslos mit Landesbeteiligungen und Mieterrechten umgeht, können wir der aktuellen Berichterstattung u. a. der „Stuttgar ter Nachrichten“ entnehmen. So hat die Deutsche Annington 19 800 Wohnungen von der früheren PATRIZIA Immobili en AG zu einem Kaufpreis von 1,9 Milliarden € erworben. Zur Erinnerung: Im Februar 2012 hat die PATRIZIA Immo bilien AG von der früheren LBBW Immobilien über 21 500 Wohnungen zu einem Preis von 1,435 Milliarden € gekauft. Mit anderen Worten: fast eine halbe Milliarde Euro Gewinn in drei Jahren, und das für ca. 2 000 Wohnungen weniger. Das ist eine durchschnittliche Jahresrendite von nahezu 15 %.

Auf der einen Seite gibt es puren Aktionismus wie die Miet preisbremse, auf der anderen Seite entsteht für alle Bürger der Eindruck, dass die grün-rote Landesregierung sich von einem großen Immobilienkonzern hat über den Tisch ziehen lassen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: So ein Blöd sinn! – Abg. Muhterem Aras GRÜNE: So ein Witz!)

Des Weiteren haben Sie die Rechte der Mieter mit Füßen ge treten. 2012 haben Sie der Presse gegenüber vollmundig er läutert, dass eine umfangreiche Sozialcharta verhandelt wor den sei. Diese Sozialcharta, sehr geehrter Herr Minister, läuft nun 2016 aus, der Schutz vor Mieterhöhungen fällt weg. Die ca. 30 000 Mieter in Stuttgart und Tübingen fühlen sich von der grün-roten Landesregierung verraten und verkauft, eben so wie auch der Mieterbund, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Der aktuelle Fall zeigt: Grün-Rot ist auch beim Thema „Be zahlbarer Wohnraum für unsere Bürger“ konzeptlos und geht fehlerhaft vor. Baden-Württemberg, bisher das stolze Land der Häuslebauer und Wohneigentümer, entwickelt sich unter Grün-Rot zum Entwicklungsland für Wohnungsbau. Die Mie ter werden zum Spielball schlechter Verkaufsverhandlungen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Zuruf von der CDU: Jawohl!)

Gern erläutere ich Ihnen noch einmal,

(Lachen der Abg. Edith Sitzmann GRÜNE)

wie man mehr Wohnungen schafft für junge Familien, für Se nioren, aber auch für die Flüchtlinge in unserem Land. Nicht einzelne Maßnahmen, sondern Baupolitik aus einem Guss – das ist die Lösung für bezahlbare Wohnungen. Mehr Ziegelstei ne, weniger Bürokratie, das schafft Wohnungen. Das schafft zufriedene und glückliche Mitmenschen in Baden-Württem berg. Um dieses große Ziel zu erreichen, brauchen wir posi tive Rahmenbedingungen und keinen Fluchtplan für den Hüh nerstall, wie ihn die Landesbauordnung will.

Des Weiteren brauchen wir Anreize, damit sanierungsbedürf tige Wohngebäude umfassend saniert werden. Das hilft dem Klimaschutz und schützt vor allem den Mieter vor steigenden Mieten durch höhere Nebenkosten. Wir brauchen einen woh nungsbaupolitischen Dialog, wie ihn auch die Wohnungswirt schaft angeregt hat, eine wohnungsbaupolitische Allianz mit allen Beteiligten: Politik, Regierung und Fraktionen, Woh nungswirtschaft, Mieterverbände, kommunale Landesverbän de und baden-württembergisches Handwerk. Diese Allianz muss es auch schaffen, dass wir durch Bürokratieabbau und vor allem vereinfachte Verfahren im Bebauungsbereich das Bauen wieder preiswerter machen.

Durch Bürokratie und durch Verknappung der Grundstücke ist das Bauen in den vergangenen zehn Jahren um 28 % teu rer geworden; deshalb entstanden auch massive Mietsteige rungen. Wenn wir es schaffen, die Baukosten zu senken, dann hat das sicher auch positive Auswirkungen auf die Miete.

Nur gemeinsam können wir der drohenden Wohnungsknapp heit begegnen, indem wir den Wohnungsmarkt ankurbeln, ver einfachte, zielgerichtete Landesprogramme schaffen, ausrei chend Bauland ausweisen. Denn Wohnraum kann nur dort ent stehen, wo genügend preiswertes Bauland vorhanden ist. Die Attraktivität im ländlichen Raum stärken, verbesserte Infra struktur, die Nahversorgung sichern durch genossenschaftli che Dorfläden, gute Bildung im ländlichen Raum – das schafft Wohnraum, und die Attraktivität im ländlichen Raum entlas tet auch unsere Ballungsräume. Zielgerichtete Förderprogram me zur Schaffung von Wohnraumflächen in den Konversions städten – von Grün-Rot seit vier Jahren nichts, keine neuen Programme.

Alle diese Maßnahmen würden dazu führen, dass sich der Woh nungsmarkt entspannt, würden zur Entlastung der Wohnungs suchenden und der Mieter beitragen. Auch für die Flüchtlin ge bekämen wir dann guten, bezahlbaren Wohnraum.

So viel in der ersten Runde.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich das Wort Frau Abg. Lindlohr.

Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Baden-Württemberg ist ein erfolgrei ches Land. Wir haben letztes Jahr ein Wirtschaftswachstum von 2,4 % gehabt, den Spitzenwert unter den Bundesländern, weit vor Bayern.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Grün-Rot kann’s halt!)

Die Arbeitslosigkeit lag im Mai bei 3,8 %; da sind wir die Zweiten nach Bayern.

Baden-Württemberg ist ein Land, das wächst. Es hat Zuzug. Wir müssen uns einmal klarmachen, dass das eine ganz be sondere Situation ist. Denn Deutschland schrumpft bereits und viele andere Regionen in Europa auch. Deswegen braucht eine wirtschaftlich erfolgreiche Region, so, wie Baden-Württem berg es ist, immer eine sozial wirkende Wohnungspolitik. Dies gehört zusammen, und dafür stehen wir, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Wir haben eine große Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt. Der Markt reagiert auch: Die Zahl der Neubauten nimmt zu, und es gibt auch Modernisierungen. Der Markt produziert aber auch steigende Preise. Lieber Kollege Wald, einfach nur mehr Wohnungen zu bauen löst die soziale Frage auf dem Woh nungsmarkt nicht. Mehr Wohnungen sind gut, aber mehr Woh nungen bedeuten noch nicht, dass es günstigen Wohnraum für Familien gibt. Denn was passiert auf dem Markt?

(Zuruf des Abg. Matthias Pröfrock CDU)

Wenn es für mich als Investor so aussieht, dass ich mit dem Bau vieler Zweizimmerwohnungen mehr Ertrag erziele, als wenn ich für Familien baue, dass ich auf dem Grundstück, das ich bekomme, eine hochwertig ausgestattete, ganz schicke Wohnung mit hohem Ertrag auf den Markt bringen kann, dann stellt sich die Frage, wieso ich günstige Wohnungen für Fa milien bauen sollte. Das ist sehr schwierig in solch nachge fragten Märkten, weil es einen Anreiz gibt, in die kleinen und in die ganz schicken Wohnungen zu investieren.

(Abg. Tobias Wald CDU: Da kann man den Bebau ungsplan ändern!)

Deswegen brauchen wir hier einen Ausgleich. Das muss man einmal erkennen, lieber Kollege Wald.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Tobias Wald CDU: Den Bebauungsplan än dern! – Gegenruf: Wer macht den Bebauungsplan?)

Denn sonst gehen unserem wirtschaftsstarken Land die Ar beitskräfte aus, und in wirtschaftlich erfolgreichen Regionen geht die soziale Durchmischung verloren. Das bleibt ein wich tiges Ziel grüner und grün-roter Wohnungs- und Städtebau politik: In den Städten und Gemeinden in unserem Land sollen auch weiterhin Menschen aller Einkommensgruppen, aller Al tersgruppen und sozialen Schichten zusammen wohnen. Da für steht die „europäische Stadt“, die wir hier vertreten.

Deswegen müssen wir das Ganze anschieben, um modernen Wohnraum zu bekommen. Denn wenn wir jetzt nicht in Ener gieeffizienz und in altersgerechten Wohnungsbau investieren,

kommt uns das später teuer zu stehen. Wenn Sie das auch wol len, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU oder von der FDP/DVP, dann gehen Sie mit uns, dann gehen Sie mit Grün-Rot auf den Weg der sozial orientierten Wohnungspoli tik.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)