Protokoll der Sitzung vom 16.07.2015

Erster Punkt ist: Wir haben die Personalsituation im Land ver bessert. Beispiele sind: 500 neue Stellen in der Steuerverwal tung, das Technikpaket, Ausbau der Lehrerstellen für einen qualitativ guten Unterricht, Stärkung der technischen Bauver waltung bei Vermögen und Bau oder bei der Straßenbauver waltung, Stärkung der Personalvertretung oder Streckung des 1 480-Stellen-Einsparprogramms. Wir haben in diesem Be reich also sehr viel getan.

Zweiter Punkt: Zurzeit wird über ein Jobticket diskutiert. Wir machen damit einen großen Schritt in Richtung Unterstützung des öffentlichen Personennahverkehrs.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Sehr richtig! Ja!)

Dritter Punkt: Die Besoldungsstruktur wird verbessert. Dar an arbeitet die Regierung gerade. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Steuerverwaltung, der Justiz, der Polizei oder den Fachlehrern sind einfach von einem Besoldungseng pass, einem Flaschenhals betroffen. Der wird geöffnet.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Was heißt das konkret?)

Ich glaube, es ist wichtiger, dass man Beamtinnen und Beam ten eine Perspektive auf eine Beförderung gibt und sie nicht zehn oder 15 Jahre warten lässt, als eine Gehaltserhöhung um vier oder acht Monate zeitlich zu verschieben. Das ist die Wertschätzung, die wir den Beamtinnen und Beamten gegen über zum Ausdruck bringen. Das kommt auch schon an.

(Abg. Andreas Deuschle CDU: Ja! – Abg. Dr. Hans- Ulrich Rülke FDP/DVP: Überall Begeisterung bei den Beamten!)

Wir erhalten gute Rückmeldungen von den Gewerkschaften; in der Schmollecke ist lediglich noch der Beamtenbund, aber das werden wir hinbekommen. Wir stimmen diesem Gesetz zu.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Für die FDP/DVP-Frak tion erteile ich das Wort Herrn Abg. Dr. Rülke.

Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Bayern, Rheinland-Pfalz und Sachsen übertragen zeitgleich. Aus unserer Sicht muss es schon sehr gute Gründe dafür geben – die man auch den Be troffenen gegenüber sehr deutlich artikulieren muss –, um als Bundesland Baden-Württemberg bei der wirtschaftlichen La ge und den Steuereinnahmen, die wir aktuell haben, davon ab zuweichen.

Die Landesregierung weicht davon ab: Bis zur Besoldungs gruppe A 9 wird zeit- und inhaltsgleich übertragen, bis A 11 zum 1. Juli und für die übrigen höheren Besoldungsgruppen zum 1. November 2015. Das wird dann als große soziale Tat verkauft. Fakt ist aber, dass der Löwenanteil, rund 80 % der baden-württembergischen Beamten, von der starken Verschie bung betroffen sind, weil die Besoldungsstruktur in BadenWürttemberg entsprechend ist.

Sie haben nun erklärt, dass wir so etwas in der Vergangenheit auch gemacht haben; das ist richtig. Aber es sind zwei Dinge doch auch festzuhalten: Zum einen haben wir dies nur in wirt schaftlich schwierigen Situationen wie bei einbrechenden Steuereinnahmen gemacht, nicht bei derart paradiesischen Zu ständen wie diesen, die Sie momentan vorfinden.

(Zuruf des Abg. Walter Heiler SPD)

Zum anderen waren wir immer auch mit den Berufsverbän den im Gespräch. Beispielsweise in der Regierungszeit des Ministerpräsidenten Oettinger hat es immer eine Gesprächs basis und immer Vereinbarungen mit dem Beamtenbund ge geben. Wir haben im Konsens die Dienstrechtsreform umge setzt. Wir haben im Konsens die Rente bzw. die Pension mit 67 Jahren umgesetzt. Wir haben im Konsens auch über ver zögerte Besoldungsanpassungen verhandelt.

Zu einem solchen Konsens sind Sie entweder nicht bereit oder nicht in der Lage, Herr Ministerpräsident. Sie wurden ja da mit zitiert, dass Sie beim Sommerfest des Beamtenbunds ge sagt hätten: Da hätten wir auch drei Stunden reden können, es wäre nichts anderes dabei herausgekommen. Was heißt denn das? Das heißt, dass Ihnen im Grunde die Argumente egal sind.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Klaus Herrmann CDU: Genau!)

Herr Ministerpräsident, so geht man als Dienstherr nicht mit der Beamtenschaft in Baden-Württemberg um.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Sie berichten immer von angeblichen strukturellen Einsparun gen. Wenn man sich das einmal anschaut, meine Damen und

Herren, stellt man fest, dass diese grün-rote Landesregierung wirklich nur bei den Beamten spart. Beispielsweise bei grü nen Klientelinteressen hingegen schaut es ganz anders aus. Dafür haben Sie Geld, meine Damen und Herren. Offensicht lich ist es so, dass die Beamten Sie möglicherweise irgend wann einmal in der Liederhalle geärgert haben und Sie des halb beschlossen haben: Den Beamten in Baden-Württemberg zahlen wir das heim.

Schauen wir uns einmal die Haushaltssituation und die ver schiedenen Haushaltstitel an, beispielsweise den Titel „Ein nahmen aus Überschüssen der Vorjahre“, die Titel für Entnah men aus Rücklagen oder den Sammeltitel für „Globale Mehr ausgaben für Personalausgaben...“. Es sind überall genügend Reserven in Ihrem Haushalt vorhanden, um eine zeit- und in haltsgleiche Übertragung des Tarifabschlusses finanzieren zu können. In einer solchen Situation wäre das ein Gebot des An stands gewesen, meine Damen und Herren.

Was Sie vorlegen, ist nicht erforderlich, ist unausgewogen und einseitig in seinen Belastungen. Das sagt nicht nur die Oppo sition, sondern ich darf auch aus der Stellungnahme des Städ tetags zitieren:

Die zeitliche Verschiebung wird nachdrücklich abgelehnt. Dem Erfordernis der Haushaltskonsolidierung kann nicht durch einmalige Einsparungen zulasten der Beamten ent sprochen werden. Gesteigerte Lebenshaltungskosten tref fen alle Beamten ungeachtet ihrer Besoldungsgruppe. Es besteht die Gefahr, dass der Einsatzfreude der Leistungs träger in den Verwaltungen nachhaltig geschadet wird. Die Attraktivität des öffentliches Dienstes wird geschmä lert. Im Wettbewerb um die Nachwuchsgewinnung wird ein falsches Signal gesetzt. Andere Bemühungen zur At traktivitätssteigerung des öffentlichen Dienstes werden untergraben...

So weit der Städtetag. Dem kann man sich nur anschließen. Meine Damen und Herren, Sie können nicht erwarten, dass wir als Oppositionsfraktion einer derart verfehlten Finanzpo litik auch noch zustimmen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Für die Landesregie rung erteile ich das Wort Herrn Finanz- und Wirtschaftsmi nister Dr. Schmid.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt Dinge, die man nicht weiter diskutieren muss. Dazu ge hört die Tatsache, dass unsere Beamtinnen und Beamten Tag für Tag hervorragende Arbeit für unser Land abliefern,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Und wie geht ihr mit ihnen um?)

dass sie einen wesentlichen Beitrag zu einem starken Gemein wesen und einem starken Standort leisten und dass sie dafür Dank und Anerkennung von uns allen verdient haben.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Andreas Deuschle CDU)

Aber ebenso wenig muss man darüber diskutieren, dass wir eben nicht nur Verantwortung als Dienstherr tragen; als Lan desregierung und Landtag tragen wir vielmehr auch Verant wortung für alle Bürgerinnen und Bürger. Ferner muss man auch nicht darüber diskutieren, dass Politik immer auch die kommenden Generationen im Kopf haben muss, statt Politik auf ihre Kosten zu machen. Das ist zumindest das Politikver ständnis dieser Landesregierung, meine Damen und Herren.

Genau das spiegelt unser Vorschlag wider. Ja, der vorliegen de Vorschlag ist ein Kompromiss, aber er ist fair, sozial aus gewogen und gut begründet. Gerade weil wir im Gespräch mit den Vertretern der Beamtenschaft waren und sind, gerade weil wir einen neuen Tarifabschluss vorgelegt bekommen haben, haben wir eine erneute Abwägung vorgenommen und auch Anregungen und Bedenken der Beamtenverbände einfließen lassen. Deshalb sind wir zu diesem konkreten Kompromiss gekommen, der eben auch eine Abmilderung gegenüber der vorherigen Beschlussfassung hinsichtlich der Übernahme des Tarifergebnisses darstellt.

Sie sehen also auch an diesem Beispiel: Wir nehmen das, was gerade auch die Beamtenverbände – Beamtenbund und DGB – vorgetragen haben, sehr ernst, und deshalb haben wir dies mal ein anderes Modell der Übertragung gewählt als beim vo rangegangenen Tarifabschluss – übrigens ein Modell, das da zu führt, dass die Beamtinnen und Beamten deutlich schnel ler in den Genuss der Tariferhöhung kommen werden und dass – logischerweise – aus dem Landeshaushalt Hunderte von Millionen Euro zusätzlich gezahlt werden, um dieses Ergeb nis dann zu erreichen.

Natürlich kann ich nachvollziehen, warum man für eine zeit- und inhaltsgleiche Übertragung ist. Wer könnte das nicht? Aber es gibt gerade mit Blick auf den Landeshaushalt eben so gewichtige Argumente für die zeitliche und soziale Staffe lung. Wir sind ja gehalten, bei jeder Tariferhöhung immer wie der neu die gesamtwirtschaftlichen Umstände zu bewerten. Eine solche erneute Bewertung haben wir auch diesmal vor genommen.

Wir sollten in diesem Saal bitte nicht den Eindruck erwecken, als wäre eine zeitliche Verzögerung etwas Außergewöhnliches oder gar das Alleinstellungsmerkmal einer bestimmten Koa lition. Gerade der Blick auf die Zeit vor 2011 in diesem Bun desland, aber auch der Blick auf die Jahre vor 1998 in der Zu ständigkeit der Bundesregierung – als in der Tat der Bund al lein für die Beamtenbesoldung zuständig war –

(Abg. Winfried Mack CDU: 2006 war das!)

zeigt an, dass es zum Instrumentarium vorausschauender Haushaltspolitik in Deutschland gehört, dass es immer einmal wieder zeitliche Verzögerungen gibt. Auch zu Zeiten der schwarz-gelben Bundesregierung unter Herrn Kohl gab es mehrfach entsprechende zeitliche Verzögerungen.

Der Änderungsantrag der CDU hat die Argumente der Lan desregierung nicht erschüttern können. Denn Sie, liebe Kol leginnen und Kollegen von der CDU, argumentieren genau so, wie Sie es auch sonst oft tun, ohne einen einzigen Gedan ken daran zu verschwenden, welche Konsequenzen Ihre heu tigen Vorschläge für kommende Generationen haben würden.

Hinzu kommt, dass Ihre Argumente in der Begründung zu die sem Änderungsantrag nicht fundiert sind. Sie finden, es gäbe genügend Spielraum im Haushalt für die zeit- und inhaltsglei che Übertragung. Aber um zu einer solchen Einschätzung zu kommen, reicht ein reiner Soll-Ist-Vergleich der Personalaus gaben, wie Sie ihn vornehmen, leider nicht aus. Zum einen gibt es Nachholeffekte aus der Tarif-, Besoldungs- und Ver sorgungsanpassung 2013/2014, die sich erst im Ist 2015 wi derspiegeln werden. Das wissen wir. So wird das immer ver anschlagt; so wurde es auch in den vergangenen Jahren ver anschlagt.

Ferner kommt hinzu, dass Ihre Gegenfinanzierung, wie Sie selbst eingeräumt haben, auf reinen Vermutungen basiert. Ich sage aber eines: Auch von einer Opposition kann man, wenn es um Haushaltspolitik geht, Klarheit und Wahrheit verlan gen; dies muss auch die Leitlinie für Ihre Änderungsanträge sein. Sie müssen schon Ross und Reiter nennen und müssen sagen, woher Sie das Geld, diese Hunderte von Millionen Eu ro, die Sie mit Ihrem Änderungsantrag in die Landschaft stel len, nehmen wollen.

Sie, die Opposition, müssen bei der Haushaltspolitik Farbe bekennen und dürfen nicht weiter die Arbeit verweigern, wenn es um solide Haushaltspolitik geht.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Schließlich lässt Ihre Betrachtungsweise alle sonstigen haus haltspolitischen Überlegungen außen vor.

Was die von Ihnen mit 5 % bezifferte Differenz zwischen der Besoldungsentwicklung und der Nominallohnentwicklung an geht, will ich Sie noch auf eines verweisen: Zum einen beträgt dieser Wert richtig gerechnet 3,87 %. Zum anderen ergibt sich diese Differenz zweifelsohne nicht aus der zeitlichen Verschie bung von Besoldungsanpassungen. Das hat also mit dem, was wir heute beraten, überhaupt nichts zu tun.

Ich kann es nur noch einmal wiederholen, liebe Kolleginnen und Kollegen: Es kommt eben nicht zu einer dauerhaften Ab kopplung der Besoldung und Versorgung von der allgemei nen wirtschaftlichen Entwicklung; es kommt vielmehr zu ei ner Verschiebung, und das ist genau das, was auch bei der ak tuellen Tariferhöhung von der großen Mehrheit der Länder getan wird. Es gibt genau vier Länder, die die Anpassung oh ne Verzögerung vornehmen. Dazu gehört auch RheinlandPfalz, das in den Jahren zuvor die Beamten mächtig, wenn man es so sagen darf, geschröpft hat, nämlich indem eine in haltsgleiche Übertragung verweigert und die Steigerung auf 1 % gedeckelt wurde.

Ich kann Ihnen also nur noch einmal sagen: Auch im Vergleich der Bundesländer ist das, was wir machen, eine vertretbare Maßnahme, und zwar auch mit Blick auf die Besoldungsta bellen, die in Baden-Württemberg gelten. Kollege Maier hat darauf hingewiesen, dass wir einen hohen Anteil höherer Be soldungsgruppen und damit eine vergleichsweise hohe Besol dung haben.

Der Pauschalkritik, wir würden an den Beamten sparen, will ich folgende Zahlen entgegenhalten: Die von uns geplante An passung führt in diesem Jahr zu Mehrkosten gegenüber den

Personalausgaben des Jahres 2014 in Höhe von rund 71,5 Mil lionen €. 2017 werden es unter Einbeziehung der vorherigen Jahre schon über 543 Millionen € sein. Wer da noch davon spricht, wir würden an den Beamten sparen, der ist wirklich auf der falschen Fährte. Sie bekommen mächtig und ordent lich Geld dazu, und das ist Geld, das sie auch verdient haben.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Karl Zimmermann CDU: Wie stellen Sie sich zu meiner Frage?)