Protokoll der Sitzung vom 30.09.2015

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Gall das Wort.

Werte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich denke, dass die Diskussio nen in der Vergangenheit und heute ebenso wie die Diskussi on im Innenausschuss nach der ersten Lesung gezeigt haben, dass es bei diesem Thema durchaus einen Grundkonsens zwi schen den Fraktionen gibt, nämlich den, dass wir den kom munalen Wahlbeamten die Möglichkeit eröffnen wollen, län ger zu arbeiten. Das ist ein Grundkonsens, der, denke ich, un strittig ist.

Erfreulicherweise – das will ich deutlich sagen – gibt es eine ganze Reihe von Mandatsträgern, die nicht nur willens, son dern auch in der Lage sind, ihre Fähigkeiten, vor allem auch ihre Erfahrungen, die sie in diesem Amt, in dieser Funktion gewonnen haben, über die momentan geltende Altersgrenze für die Ausübung des Amts des Bürgermeisters, des Landrats, die sogenannte Pensionsaltersgrenze von 68 Jahren, hinaus zum Wohl der Bürgerinnen und Bürger einzusetzen. Darüber gibt es, wie ich denke, keine unterschiedlichen Auffassungen.

Da Baden-Württemberg diesbezüglich die restriktivste Rege lung hat, sind wir uns im Grundsatz einig, dass eine Änderung erfolgen sollte. Das machen wir.

Wir haben nun darüber diskutiert, ob bei der Wählbarkeit überhaupt eine Altersgrenze gesetzt werden sollte oder nicht.

Ich will Ihnen gerade auch als Kommunalminister sagen: Mei ne Meinung ist die, dass ich schon eine gewisse Sympathie für eine Altersgrenze habe.

Diejenigen, die wie Sie, Herr Kollege Beck, da anderer Mei nung sind, bitte ich, mir abzunehmen, dass ich selbstverständ lich davon ausgehe, dass die kommunalen Wahlbeamten ihr Leistungsvermögen und das, was sie in diesem Amt noch ein bringen können, selbst hinreichend einschätzen können. Für mich steht jedenfalls außer Frage, dass dies im Grundsatz so ist und dass sie den für sie richtigen Zeitpunkt zum Aufhören auch wählen.

Dennoch denke ich, dass eine Altersgrenze auch eine gewis se Orientierung bieten kann. Denn die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister – das gilt für die anderen Angesprochenen natürlich auch – sind neben dem Gemeinderat als Hauptorgan ein selbstständiges Verwaltungsorgan der Gemeinde, das ge genüber dem Gemeinderat unabhängig ist. Hauptamtliche Bürgermeister nehmen nicht nur ein kommunalpolitisches Amt wahr. Vielmehr haben sie, wie Ihnen bekannt ist, auch eine zunehmend anspruchsvollere Verwaltungstätigkeit aus zuüben.

Sie tragen also Verantwortung nicht nur gegenüber ihrer Ge meinde, sondern, wenn man so will, auch gegenüber dem Staat per se. Der Staat bedient sich in nicht wenigen Fällen auch der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister. Deshalb hat er auch auf einen eigenen Verwaltungsaufbau auf der kommu nalen Ebene verzichtet, wenn es darum geht, öffentliche Auf gaben – weisungsgebunden oder als Pflichtaufgaben – wahr zunehmen.

Deshalb bleibe ich zuversichtlich, dass wir uns, wenn wir im Ausschuss noch einmal intensiv über die Änderungsanträge, die im Geleitzug zum Gesetz zur Änderung kommunalverfas sungsrechtlicher Vorschriften eingebracht werden, diskutie ren, weitestgehend einig sind. Ich bin mir wirklich sicher: An der einen oder anderen Stelle wird dieser Grundkonsens noch verbreitert werden können, wenn die entsprechenden Rege lungen geschaffen werden, so auch, wenn es darum geht – was ich für richtig und sinnvoll halte –, einen Gleichklang zwi schen Bürgermeistern, Landräten und Beigeordneten ebenso wie ehrenamtlichen Bürgermeistern herzustellen, und wenn wir dann auch über die dafür erforderlichen Übergangsrege lungen sprechen.

In diesem Sinn bitte ich um eine konstruktive Diskussion, so dass wir dann die von uns im Grundsatz befürworteten Ver änderungen auch in breiter Gemeinsamkeit umsetzen können.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD sowie des Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP)

Meine Damen und Her ren, in der Allgemeinen Aussprache liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen daher in der Zweiten Beratung zur A b s t i m m u n g über den Gesetzentwurf Drucksache 15/6893. Der Innenausschuss empfiehlt Ihnen in der Beschlussempfehlung Drucksache 15/7200, den Gesetzentwurf abzulehnen.

(Der Feueralarm ertönt. – Abg. Dr. Friedrich Bullin ger FDP/DVP: Brandalarm! Mittagspause! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Das ist ein höheres Si gnal, richtig abzustimmen! – Weitere Zurufe – Glo cke der Präsidentin)

Ich unterbreche die Sitzung, bis die Ursache für diesen Feu eralarm geklärt ist. Ich bitte die Abgeordneten, den Saal zu verlassen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Mittagspause, oder was?)

Das ist ein Feueralarm und keine Mittagspause. Ich bitte Sie alle, den Saal zu verlassen.

(Unterbrechung der Sitzung: 13:05 Uhr)

(Wiederaufnahme der Sitzung: 14:31 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir setzen die unterbrochene Sitzung fort.

Ich darf berichten, dass es einen Feueralarm gab, der über Kochdämpfe in der Cateringküche des Künstlerbunds ausge löst worden ist. Aber dort ist keine Person zu Schaden gekom men, und es hat auch nichts gebrannt. Es wurde nur zu heftig gebraten.

Die Fraktionen sind übereingekommen, nach der Mittagspau se mit dem Tagesordnungspunkt „Regierungsbefragung“ zu beginnen und anschließend den vor der Mittagspause unter brochenen Tagesordnungspunkt 4 noch einmal aufzurufen.

Wir kommen jetzt also zu Punkt 5 der Tagesordnung:

Regierungsbefragung

Ich rufe das erste Thema mit der Frage der Fraktion GRÜNE auf:

C h a n c e n g l e i c h h e i t s g e s e t z

Bitte schön, Frau Abg. Schneidewind-Hartnagel.

(Abg. Charlotte Schneidewind-Hartnagel GRÜNE: Ich stelle die Fragen?)

Zuerst gibt man normalerweise immer einer Vertreterin oder einem Vertreter der Fraktion, die das Thema beantragt hat, das Wort, damit vom Rednerpult aus in die Frage eingeführt wer den kann. Die Landesregierung antwortet dann.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Das war ohnehin eher als Vorlage für das Ministerium gedacht!)

Das ist also z. B. die Frage, wie der Entwurf der Novelle des Chancengleichheitsgesetzes aussieht oder welche Punkte jetzt geklärt worden sind.

(Zuruf von der CDU: Nur, um die Form zu wahren! – Unruhe)

Das macht man normalerweise hier vom Rednerpult aus. – Bitte, Frau Schneidewind-Hartnagel.

Wir, die grün-rote Regierungskoalition, freuen uns sehr, dass das Chan cengleichheitsgesetz nun endlich die Novellierung erfahren soll, die schon lange überfällig ist. Wir glauben, dass damit ein wichtiger Schritt für die Chancengleichheit von Frauen und Männern in Baden-Württemberg getan werden kann. Wir sind sicher, dass das, was jetzt in Bezug auf die Novellierung vereinbart worden ist, auch das ist, was Frauen und Männer erwarten – nicht nur von uns, sondern von allen Regierenden im jeweiligen Bundesland.

Deshalb meine Frage an die Ministerin: Was bedeutet die ge setzliche Vorgabe, die jetzt für die Chancengleichheitsbeauf tragten in den Kommunen ab 50 000 Einwohnerinnen und Einwohner verankert worden ist, tatsächlich, auch für die Kommunen, die bereits Chancengleichheitsbeauftragte ha ben?

Kann ich noch zwei Fragen stellen?

Normalerweise stellt man zunächst eine Frage. Anschließend hat man die Möglichkeit, nachzufragen.

Kann ich hier gleich stehen bleiben?

Nein, die Fragestellerin geht dann wieder an ihren Platz.

(Heiterkeit)

Ich bitte die Frau Ministerin, die Antwort zu geben.

Vielen Dank. – Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Namens der Lan desregierung beantworte ich die Frage wie folgt.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Das ist eine Formulie rung, wie man sie normalerweise bei den Mündlichen Anfragen wählt, wenn man vorbereitete Fragen ge stellt bekommt! – Glocke der Präsidentin)

Herr Abg. Schebesta, ha ben Sie eine Zwischenfrage?

(Abg. Volker Schebesta CDU: Nein, ich wundere mich nur! – Heiterkeit bei der CDU)

Gut. – Frau Ministerin Altpeter hat das Wort.

Das neue Chancengleich heitsgesetz war gestern Thema im Kabinett, und der Entwurf kann nun in die Anhörung gehen. Das geplante Gesetz soll helfen, Frauen und Männer im öffentlichen Dienst tatsächlich gleichzustellen und mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen. Mit diesem neuen Gesetz haben wir natürlich auch ein Instrument zur gezielten beruflichen Förderung von Frau en im öffentlichen Dienst.

Zukünftig – das sieht das Gesetz im Unterschied zur bisheri gen Regelung vor – gibt es Gleichstellungsbeauftragte in Stadt- und Landkreisen ab 50 000 Einwohnern. Das heißt, in Städten ab 50 000 Einwohnern müssen künftig hauptamtliche

Chancengleichheitsbeauftragte bestellt werden. Nach dem bis herigen Gesetz ist es Gemeinden und Landkreisen freigestellt, wie sie sicherstellen, dass die Aufgaben der Chancengleich heit wahrgenommen werden. Danach war es bisher so, dass die Stadt- und Landkreise lediglich eine Organisationseinheit oder Person benennen mussten, die diese Aufgabe wahrnimmt. Zukünftig ist dies Pflicht bei Gemeinden, Stadt- und Land kreisen ab 50 000 Einwohnern.