Protokoll der Sitzung vom 30.09.2015

Für die Aussprache hat das Präsidium eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort Frau Abg. Razavi.

Herr Präsident, meine sehr geehr ten Damen und Herren! Das Landesgemeindeverkehrsfinan zierungsgesetz war in der Vergangenheit eine verlässliche Grundlage zur Förderung der kommunalen Verkehrsinfra struktur im Land. Mit der Änderung des LGVFG bringt die Landesregierung heute eine Gesetzesvorlage ein, die nach Auffassung der CDU-Fraktion nicht nur ungeeignet ist, wich tige Investitionen im kommunalen Straßenbau und ÖPNV im Land auch in Zukunft zu sichern; wir halten sie sogar für kom munal- und für zukunftsfeindlich.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Ach Gott! Ein Investi tionsprogramm von Hunderten von Millionen!)

Bereits im April hatten wir nach der Verabschiedung im Ka binett über die zentralen kritischen Punkte diskutiert. Erstens: Absenkung der Förderquote auf 50 % und damit Verdopplung des Eigenanteils der Kommunen. Zweitens: Festbetragsför derung und Ausschluss von Erhöhungsanträgen, volles Kos tenrisiko bei den Kommunen. Und drittens – diesen Punkt ha ben Sie leider vorhin vergessen, aber das ist eigentlich einer der wichtigsten –: Ausweitung der Fördertatbestände, ohne dass Sie mehr Geld zur Verfügung stellen.

Sie selbst sagen dazu – da zitiere ich Sie –: „Und das ist gut so.“

Städtetag, Gemeindetag, Landkreistag und Verkehrsunterneh men haben Ihre Novelle bereits 2013 entschieden abgelehnt. Sie haben all denen ins Stammbuch geschrieben, dass sie kei ne Ahnung hätten, auch nicht davon, was in ihren Kommunen gedacht wird.

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Ja!)

Sie hätten Zeit gehabt, das Gesetz entsprechend zu korrigie ren. Leider ist aber nichts geschehen. Im Gegenteil: Sie be haupten in Ihrer Pressemitteilung – ich habe sie heute Mor gen schon zitiert, mache es aber noch einmal –:

Die betroffenen Verbände und Institutionen haben die ge planten Änderungen mehrheitlich begrüßt und weitere An regungen gegeben. Diese wurden sorgfältig geprüft, insge samt gab es jedoch keinen wesentlichen Änderungsbedarf.

Sie beziehen sich also in Ihrer Pressemitteilung auf die Ver bände, denen Sie gerade ins Stammbuch geschrieben haben, sie hätten keine Ahnung.

(Vereinzelt Heiterkeit bei der CDU)

Diese Feststellung, Herr Minister, es gebe keinen Änderungs bedarf, ist nachweislich falsch. Lassen Sie mich nur aus we nigen Stellungnahmen zitieren.

Der Gemeindetag sieht in der Novelle eine erhebliche Belas tung für den kommunalen Haushalt

(Zuruf von der CDU: Sehr richtig!)

und schreibt,

... dass die Aufnahme neuer Fördertatbestände und die Reduzierung des Fördersatzes auf 50 % bei gleichzeiti ger Beibehaltung des bisherigen Fördervolumens eine nicht vertretbare Handlungsweise darstellt.

Ähnliches sagt der Landkreistag:

Die finanzielle Ausstattung ist nicht auskömmlich.

Der Städtetag stellt zudem fest,

... dass dies insbesondere bei größeren verkehrlichen und wichtigen Projekten die finanzielle Leistungsfähigkeit der Kommunen übersteigt und das Aus für die Projekte be deuten wird.

Er schreibt Ihnen insbesondere ins Stammbuch, dass der bar rierefreie Ausbau nicht aus dem Finanzierungs- und Förder topf bezahlt werden kann.

Die IHK fürchtet die Benachteiligung des Straßenbaus, des ländlichen Raums und finanzschwacher Kommunen.

Sogar die AG Fahrradfreundlicher Kommunen kritisiert die Reduzierung der Förderhöhe und die Verknappung der Mit tel.

Ob Industrie, Regionalverbände, Bauwirtschaft – es zieht sich wie ein roter Faden durch alle Stellungnahmen; ich habe sie gelesen. Sie können hier also nicht sagen: „Alles Augenwi scherei“.

Da sagen Sie: „Kein wesentlicher Änderungsbedarf“. Herr Minister, niemand stimmt Ihnen in den entscheidenden Punk ten zu. Städtetag und VDV meinen zudem, sie seien bei einer anderen Veranstaltung gewesen.

(Vereinzelt Heiterkeit bei der CDU)

Wenn Sie jetzt wieder dem Bund die Verantwortung zuschie ben, die Bereitstellung der Mittel für das Entflechtungsgesetz weiter fortzuführen, darf ich Sie nur daran erinnern: Wir sind schon alle dafür, dass der Bund dies tut. Nur: Die Länder ha ben in der Föko zugestimmt, dass die Mittel des Entflech tungsgesetzes auslaufen.

(Abg. Martin Rivoir SPD: Sie haben damals zuge stimmt!)

Zunächst sind Sie als Landesverkehrsminister zuständig, hier für Absicherung zu sorgen.

(Minister Winfried Hermann und Abg. Martin Rivoir SPD: Wer hat damals regiert?)

Sie haben auch zugestimmt, Herr Rivoir; Sie auch.

(Abg. Martin Rivoir SPD: Nicht wir!)

Hinter mir sitzt jemand, der auch in der Föko war. Also soll ten Sie einmal ganz vorsichtig sein.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Der hat aber auch nicht allem zugestimmt!)

Apropos Absicherung des Kostenrisikos – hören Sie jetzt ein mal geschwind zu; vielleicht kennen Sie das Gesetz nicht so genau –: Während Sie den Eigenanteil und das Risiko den Kommunen voll zuschieben und verdoppeln, hält sich das Land schadlos. Sie haben in § 4 eine 75-%-Förderung für die Härtefälle eingebaut. Diese bezieht sich aber nur auf die Län der als ÖPNV-Aufgabenträger. Das heißt: Ist das Land Auf gabenträger, sind die 75 % möglich. Das halten wir für eine unzulässige Ungleichbehandlung.

(Beifall bei der CDU)

Die Novelle, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist völ lig untauglich und praxisfremd. Sie wird das Aus für viele Pro jekte im ÖPNV und im Straßenbau bedeuten,

(Zuruf des Abg. Andreas Schwarz GRÜNE)

weil sie für die Kommunen und Unternehmen nicht finanzier bar sind. Dass die Grünen das mitmachen, Herr Schwarz, ha be ich erwartet, aber dass sich sogar die SPD vor diesen Kar ren spannen lässt, wundert mich schon sehr. Sie machen lei der denselben Fehler wie bei der ÖPNV-Finanzierungsreform: Statt mit den Betroffenen einen guten Weg zu finden,

(Zuruf des Abg. Martin Rivoir SPD)

peitschen Sie dieses Gesetz gegen alle begründeten Einwän de durch und kündigen die bislang wertvolle Partnerschaft zwischen Land und Kommunen vollends auf. Sie verweigern sogar eine öffentliche Anhörung im Verkehrsausschuss. So weit ist es mit Ihrer Politik des Gehörtwerdens gekommen bzw. so weit sind Sie gesunken. Wir, die CDU-Fraktion, wer den deshalb eine eigene Anhörung durchführen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU – Glocke des Präsidenten)

Frau Kollegin Razavi, gestatten Sie noch eine – – Nein. Gut.

(Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Gestattet sie nicht!)

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich das Wort Herrn Abg. Rau felder.

(Abg. Wolfgang Raufelder GRÜNE begibt sich zum Rednerpult. – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Sie humpeln sich alle zur Rede! – Abg. Nicole Razavi CDU: Barrierefreier Fußgängerverkehr!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin wieder völlig überrascht über die Kritik, die Sie jetzt angebracht haben. Denn wenn Sie einmal auf kommunaler Ebene tätig gewesen sind, wissen Sie, dass dieses Gesetz gerade angesichts der neuen Mobilitätsvorstel lungen wichtig ist.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Völlig weltfremd!)