Protokoll der Sitzung vom 30.09.2015

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Lachen des Abg. Thomas Blenke CDU)

Meine Damen und Herren, wir haben noch über drei Ent schließungsanträge abzustimmen.

Ich lasse zunächst abstimmen über den Entschließungsantrag der Fraktion der FDP/DVP, Drucksache 15/7451-6, der for dert, für jede Schulart einen eigenen Bildungsplan zu erarbei ten und zu erlassen. Wer diesem Entschließungsantrag zu stimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Damit ist der Entschließungsantrag mehr heitlich abgelehnt.

Ich lasse jetzt abstimmen über den Entschließungsantrag der Fraktion der CDU, Drucksache 15/7451-7, der fordert, an der Realschule das erweiterte Niveau im Unterricht zu erlauben.

Wer diesem Entschließungsantrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Da mit ist dieser Entschließungsantrag mehrheitlich abgelehnt.

Zum Schluss lasse ich über den Entschließungsantrag der Fraktion der CDU, Drucksache 15/7451-8, abstimmen, der für die durchgängige Schulart Realschule für alle Jahrgänge eine einheitliche Versetzungsordnung begehrt. Wer diesem Ent schließungsantrag zustimmt, den bitte ich um das Handzei chen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist dieser Entschließungsantrag mehrheitlich abgelehnt.

Punkt 3 der Tagesordnung ist erledigt.

Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der FDP/DVP – Gesetz zur Abschaffung der Altersgrenze für Bürgermeister, Beigeordnete, Landräte und Amtsverwe ser nach § 48 Absatz 3 Gemeindeordnung (Gesetz zur Än derung des Landesbeamtengesetzes und anderer Vor schriften) – Drucksache 15/6893

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses – Drucksache 15/7200

Berichterstatter: Abg. Hans-Ulrich Sckerl

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Allge meine Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Frakti on festgelegt.

Das Wort für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Beck.

Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen, meine Damen und Herren! Ein Bürger- oder Oberbürgermeister vereinigt in Baden-Württemberg ein ganz großes Maß an Unabhängigkeit. Das weiß ich aus lang jähriger eigener Erfahrung als Bürgermeister im – ich sage es einfach so – Acht-Sterne-Dorf im Schwarzwald.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Ich bitte um Ruhe.

Kolleginnen und Kollegen, diese Unabhängigkeit ist wirklich ein zentrales Merkmal der soge nannten Süddeutschen Ratsverfassung. Lange Zeit wurden ja nur in Baden-Württemberg und Bayern Bürgermeister und Oberbürgermeister vom Volk direkt gewählt. Sie sind Chef der Verwaltung, stimmberechtigte Vorsitzende des Gemein derats, Rechtsvertreter und Repräsentanten der Gemeinde nach außen.

Eine Altersgrenze sah die Gemeindeordnung bis 1972 nicht vor. Als Regulativ entschloss sich der Landtag dann aber, die auch heute noch geltenden Regelungen zu verabschieden. Heute beraten wir in zweiter Lesung einen Gesetzentwurf der Fraktion der FDP/DVP zur Abschaffung der Altersgrenze für Bürgermeister, Landräte, Beigeordnete und Amtsverweser. Die Bürgerinnen und Bürger sollen also frei entscheiden dür fen, wen – und in welchem Alter – sie zum Oberbürgermeis ter oder Bürgermeister wählen wollen – also ein Gesetzent wurf, der vor Liberalität nur so strotzt.

(Zuruf: Genau!)

Die Regierungsfraktionen hingegen wollen die Wiederwahl grenze auf 67 Jahre anheben, dann aber das Alter von 73 Jah ren für das Ausscheiden aus dem Amt verpflichtend festlegen. Das ist unserer Meinung nach ein ziemlich durchsichtiger und zugleich parteiideologisch geprägter Vorschlag. Warum? Weil sich da die Frage aufdrängt, ob mit einer solchen Neuregelung Wiederwahlen von Oberbürgermeistern – ich denke z. B. an Stuttgart – ermöglicht werden sollen, die ansonsten an der bis herigen Altersgrenze scheitern würden.

1972, als die derzeit gültigen Regelungen hier im Parlament beschlossen wurden, gehörten übrigens die SPD-Parlamenta rier zu den schärfsten Befürwortern der Einführung einer Al tersbegrenzung für Bürgermeister. Ich zitiere aus dem SPIE GEL, der zu der damaligen baden-württembergischen Diskus sion berichtete, „... man wollte“ mit dieser Regelung – so ein SPD-Parlamentarier; das kommt mir wirklich kaum über die Lippen, liebe Kolleginnen und Kollegen –

„alte Säcke wegbekommen, ehe sie senil werden.“

(Vereinzelt Heiterkeit)

So ändern sich also die Zeiten, liebe Kolleginnen und Kolle gen von der SPD.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Unser Vorschlag, den wir heute auch als Änderungsantrag nochmals einbringen, lautet: Ein Bürgermeister, der vor dem 65. Lebensjahr gewählt wird, soll frei bestimmen können, wann er seine Amtszeit beendet. Er soll aber auch bestimmen können, dass er seine Amtszeit zu Ende führt. Dann würde ein Bürgermeister spätestens mit 73 Jahren aus dem Amt schei den. Wir meinen also, zwei Altersgrenzen – eine für die Wie derwahl und eine für die Beendigung der Amtszeit – braucht es nicht. Den Beendigungszeitpunkt bringt ja die achtjährige Amtszeit automatisch mit sich. Damit werden das Wahlrecht und der Personalwunsch der Bürgerinnen und Bürger gestärkt.

Bisher war es möglich, dass dieses Recht beschnitten wurde, weil das Stadtoberhaupt oder auch der Landrat mitten in der Wahlperiode aufhören musste.

Im Übrigen plädieren wir aber dafür, die bisherigen Regelun gen beizubehalten. Sie haben sich bewährt und haben auch Schutzfunktion. Mir ist auch nicht bekannt, dass Bürgerinnen oder Bürger oder die kommunalen Landesverbände die For derung erhoben hätten, die bestehenden guten Regelungen zu ändern.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Thomas Blenke CDU: Sehr gut!)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich das Wort Herrn Abg. Schwarz.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Ich habe es in der ersten Lesung schon gesagt: Meine Fraktion steht der Lockerung der Altersgrenze aufgeschlossen gegenüber. Es gibt eine Vielzahl von Argu

menten, die dafür sprechen. Die Lebenserwartung der Men schen nimmt zu, das Pensionseintrittsalter steigt, Beamtinnen und Beamte können freiwillig länger arbeiten. Wir wollen den Menschen vor Ort mehr Möglichkeiten geben, wir wollen, dass die Menschen vor Ort entscheiden können, ob sie einem älteren Bewerber oder einem jüngeren Bewerber, einer jün geren Kandidatin oder einem älteren Kandidaten die Stimme geben. An diesem Grundsatz, dass die Bürger entscheiden sol len, wollen wir bei der Altersgrenze gern festhalten, liebe Kol leginnen und Kollegen.

Jetzt muss man aber in Bezug auf den Gesetzentwurf der Frak tion der FDP/DVP sehen: Das Amt eines Bürgermeisters, ei nes Oberbürgermeisters, einer Bürgermeisterin, einer Ober bürgermeisterin in Baden-Württemberg ist ein sehr verantwor tungsvolles Amt. Die Bürgermeisterin/der Bürgermeister ist oberste Repräsentantin bzw. oberster Repräsentant ihrer/sei ner Kommune; er/sie ist Chef/Chefin der Verwaltung, Vorsit zender bzw. Vorsitzende des Gemeinderats. In diesem Verant wortungsbewusstsein, das das Amt des Bürgermeisters mit sich bringt, muss man sagen: Es muss ein maximales Ende der Amtszeit geben. Das maximale Ende der Amtszeit muss klar definiert werden. Daher halten wir Altersobergrenzen für sinnvoll und notwendig.

Ich habe in der ersten Lesung gesagt: Wir sind in Gesprächen mit den kommunalen Landesverbänden. Wir sind fast am En de dieser Abstimmungsgespräche mit den kommunalen Lan desverbänden zu unseren Überlegungen, die Wahlaltersgren ze auf das 68. Lebensjahr anzuheben und die Altersobergren ze auf das vollendete 73. Lebensjahr festzusetzen. Sobald wir diese Gespräche abgeschlossen haben, wird die Koalition ei nen eigenen Gesetzentwurf zur Änderung des Kommunalver fassungsrechts hier einbringen, und damit wird dann auch die Altersgrenze für Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, Land räte und Amtsverweser gelockert.

Bis dahin bitte ich um etwas Geduld. Dann geht die Alters grenze nach oben.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen)

Für die SPD-Fraktion er teile ich Herrn Abg. Heiler das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Ich gehe davon aus, dass dieses Thema, über das wir uns heute unterhalten, den Wahlausgang im März 2016 nicht entscheidend beeinflussen wird.

(Abg. Guido Wolf CDU: Ist das sicher?)

Ich denke, dass wir uns deshalb frei von irgendwelchen par teipolitischen Zwängen und relativ entspannt dem Thema wid men können.

Wenn ich mich in meiner Eigenschaft als kommunalpolitisch Tätiger mit Kolleginnen und Kollegen Bürgermeistern und Oberbürgermeistern unterhalte, höre ich das gesamte Spekt rum. Ich höre die Aussagen „Gebt doch alles frei im Land tag!“, „Lasst doch alles, wie es ist; das hat sich bewährt!“ und dazwischen relativ viele Varianten. Jeder und jede hat zu die sem Thema seine und ihre ganz eigene Meinung – wie gesagt – frei von allen parteipolitischen Zugehörigkeiten.

Aber – ich darf es vorwegnehmen, habe es auch schon in ers ter Lesung gesagt – wir werden den Gesetzentwurf der Frak tion der FDP/DVP ablehnen, weil wir denken, dass eine völ lige Abschaffung der Altersgrenzen angesichts der rechtlichen Ansprüche an das Bürgermeisteramt in Baden-Württemberg nicht angemessen ist. Kollege Schwarz hat die Aufgaben er wähnt. Zusätzlich darf ich mitteilen: Der Bürgermeister – das ist eine ganz wesentliche Aufgabe – vollzieht auch die Be schlüsse des Gemeinderats.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Richtig! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Meistens!)

Er muss rechtswidrigen Beschlüssen widersprechen, er ist Dienstvorgesetzter, er ist oberste Dienstbehörde aller Gemein demitarbeiter. Deshalb ist das eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe.

Die Geschichte hat nun einmal in den Fünfziger- und Sechzi gerjahren gezeigt, dass dies durchaus manchmal mit Proble men zu tun hatte. Keine Angst, ich zitiere nicht.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Herr Rülke, Sie schauen etwas erwartungsvoll zu mir. Aber das mache ich heute nicht, weil ich es in erster Lesung er wähnt habe.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Ich habe nicht Sie gemeint!)