Die Aufzeichnungspflichten dienen nicht dazu, den redlichen Arbeitgeber zu drangsalieren und zu quälen, sondern dazu – das ist durchaus eine staatliche Aufgabe –, die unredlichen Ar beitgeber herauszufischen. Wenn Sie sich das von Ihnen Bü rokratiemonster genannte Papier einmal anschauen, dann stel len Sie fest, dass es sich um ein solches DIN-A-4-Papier han delt.
Oben steht der Name. Außerdem werden das Datum, Arbeits beginn und Arbeitsende festgehalten. Unten werden die Stun den addiert und die Arbeitszeit um die Pausen gekürzt. Wenn mir jetzt irgendjemand erzählen will, dass es sich hierbei um ein Bürokratiemonster handelt, dann muss ich fragen, ob es nicht eine intellektuelle Überforderung erster Güte darstellt, wenn wir Gesetze und Verordnungen beschließen und diese dann umzusetzen sind.
Ich will nicht verhehlen, dass ich natürlich auch mit zahlrei chen Unternehmerinnen und Unternehmern über Aufzeich nungspflichten gesprochen habe.
Ich habe mir die Bürokratiemonsterfrage noch einmal zu Ge müte geführt. Im Ergebnis war das Verständnis groß. In Be zug auf den Aufwand gab es unterschiedliche Einschätzun gen. Eines ist jedoch sehr deutlich geworden: Viele wussten offensichtlich gar nicht, auf welche einfache Art und Weise solche Aufzeichnungen erfolgen können. Ein Schelm, wer Bö ses dabei denkt.
(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Sie hat gerade ge sagt: „Soll mir hier irgendeiner sagen...“! Jetzt lässt sie keine Zwischenfragen zu! Das ist inkonsequent! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Sonst kommt der Redeschwung zum Erliegen!)
Im Übrigen – das sei an dieser Stelle auch gesagt – hat die Bundesregierung mit den Stimmen Ihrer Fraktion, Herr Löff ler, in Berlin inzwischen Erleichterungen beschlossen, und zwar insbesondere in Bezug auf den Schwellenwert beim Mo
natseinkommen, der auf 2 000 € abgesenkt wurde. Dies gilt aber auch für ausschließlich mobile Tätigkeiten und die Be schäftigung von engen Familienangehörigen. Ich denke, dass man dabei den berechtigten Interessen vieler kleiner Betriebe entgegengekommen ist. Sie wissen, dass wir diese Vereinfa chungen auch unterstützen.
Was nun allerdings die Arbeitszeitregelung betrifft, so finde ich es nur angebracht, im Sinne der Klarheit und Wahrheit auch zu sagen, um was es geht, nämlich nicht um den Min destlohn, sondern um das von Schwarz-Gelb im Jahr 1994 eingeführte Arbeitszeitgesetz, das mit der Intention eingeführt wurde, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor gesundheit lichen Belastungen zu schützen, die entstehen, wenn pro Tag mehr als acht Stunden gearbeitet wird.
Anstatt sich heute zu überlegen, wie man ein bestehendes Ar beitszeitgesetz, das die eigenen Leute auf den Weg gebracht haben, umgehen kann, sollte man sich wirklich einmal über legen, was es bedeutet, wenn man sich jetzt über Aufzeich nungspflichten beschwert, die ein Gesetz betreffen, das seit 20 Jahren gültig ist und offenbar in den vergangenen 20 Jah ren durch nicht fixierte Dokumentationspflichten regelmäßig umgangen worden ist. Da muss ich fragen: Was ist das denn bitte für ein Verständnis von unseren Gesetzen und vom Staat, der dahintersteht?
Jetzt zur Frage des Volksfests usw. Im Schaustellergewerbe, im Hotel- und Gaststättengewerbe und in der Landwirtschaft gibt es – das wissen Sie – für einige Betriebe die Möglichkeit, als Saisonbetrieb anerkannt zu werden und dabei auch länge re tägliche Arbeitszeiten genehmigt zu bekommen. Dafür ha be ich mich im Rahmen der Arbeits- und Sozialministerkon ferenz persönlich eingesetzt, damit Flexibilisierungsmöglich keiten des Arbeitszeitgesetzes genutzt werden können.
Wenn man sich allerdings hier hinstellt und sagt, dass die Schausteller auf dem Volksfest nur zehn Stunden am Stück arbeiten können, das ginge ja wohl gar nicht, dann muss ich fragen, welches Verständnis Sie vom Arbeitszeitgesetz und vom Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben.
Lassen Sie mich noch einige Worte zu den Kontrollen durch den Zoll sagen. Dabei wird angeblich der einfache Bäcker wie ein Schwerverbrecher behandelt. Ich meine nicht, dass wir je mals in Baden-Württemberg schon einmal eine solche Situa tion gehabt hätten, abgesehen von einem damals in der Tat kriminellen Bäcker. Aber Spaß beiseite.
Es sind vereinzelt Klagen laut geworden, der Zoll habe durch sein polizeimäßiges Auftreten für Unruhe gesorgt. Der Zoll ist eine Bundesbehörde, die mit polizeilichen Befugnissen ausgestattet ist. Dazu gehört aus Gründen des Schutzes auch eine Dienstwaffe. Das heißt aber nicht, dass der Zoll jedes Mal wie bei der Verbrechensbekämpfung anrückt.
In Baden-Württemberg gab es im ersten Halbjahr 55 Ord nungswidrigkeitsverfahren in diesem Bereich, die meisten Verfahren im Hotel- und Gaststättenbereich. Ich bin mir si
Insofern – das ist ein Vorwurf, den Sie sich gefallen lassen müssen – ist es eine Frechheit, wenn Herr Strobl nun offen ankündigt, dass es in den kommenden Monaten keine Kont rollen mehr durch den Zoll geben werde.
Zudem unterläuft der gute Herr auch noch das, was er auf Bundesebene gemeinsam mit den Sozialdemokraten selbst be schlossen hat. Ich finde, es ist manchmal etwas Reflexion der eigenen Handlung angesagt.
Zusammenfassend können wir heute sagen: Das Mindestlohn gesetz funktioniert insgesamt gut. Viele Menschen, vor allem in prekären Beschäftigungsverhältnissen im Niedriglohnbe reich, erhalten eine faire Bezahlung für ihre Arbeit. Die Spi rale der Dumpinglöhne ist durchbrochen. Wichtig ist an die ser Stelle auch, dass sich der ehrliche Arbeitgeber in BadenWürttemberg freut, weil er keine Billigheimerkonkurrenz mehr fürchten muss. Einen Arbeitsplatzabbau hat es auch nicht gegeben.
Meine Damen und Herren, kurzum: Wo ist eigentlich das Pro blem? Ich sehe kein Problem. Auch die allermeisten Betriebe sehen kein Problem.
Es ist schlicht und ergreifend nun einmal eine Selbstverständ lichkeit, dass man sich an bestehende Gesetze hält. Das er warten wir von allen Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land. Das kann man auch von den Betrieben und Unterneh men erwarten.
Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der CDU, der Fraktion GRÜNE, der Fraktion der SPD und der Fraktion der FDP/DVP – Gesetz zur Änderung des Volks abstimmungsgesetzes – Drucksache 15/7330
Meine Damen und Herren, für die Aussprache hat das Präsi dium eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Gesetzent wurf zur Änderung des Volksabstimmungsgesetzes steht in direktem Zusammenhang mit der Änderung der Verfassung des Landes Baden-Württemberg. Die nähere Ausgestaltung soll im vorliegenden Volksabstimmungsgesetz geregelt wer den und behandelt folgerichtig die entsprechenden und erfor derlichen Verfahrensregelungen.
Die Änderung der Landesverfassung erleichtert es der Bür gerschaft in unserem Land, sich auch auf Landesebene aktiv und direkt in das politische Leben einzubringen. Unsere re präsentative Demokratie hat sich bewährt. Sie wird aber jetzt durch Elemente der direkten Demokratie ergänzt.
Ein Volksantrag wird eingeführt, der eine Befassungspflicht des Landtags mit dem Gegenstand des Volksantrags dann aus löst, wenn 0,5 % der Wahlberechtigten einen solchen Antrag stellen. Das sind etwa 38 000 Stimmen.
Das bestehende Quorum für das Zustandekommen eines Volksbegehrens, das Unterstützerquorum, wird von einem Sechstel auf ein Zehntel der Wahlberechtigten gesenkt, und bei einer Volksabstimmung über einfache Gesetze erfolgt ei ne Senkung des Zustimmungsquorums von einem Drittel auf ein Fünftel der Stimmberechtigten. Damit werden die Voraus setzungen für eine Mitwirkung der Bürgerschaft an der poli tischen Willensbildung und den staatlichen Entscheidungen erleichtert.
Mit der Änderung des Volksabstimmungsgesetzes werden flankierend für den neuen Volksantrag Regelungen des Ver fahrens – etwa der Antragstellung, der Zulassungsvorausset zungen, des Rechtswegs sowie der Frist und der Art der Sammlung – getroffen.
Antragsunterschriften einschließlich der von den Gemeinden auszustellenden Wahlrechtsbescheinigungen sind hierbei in freier Sammlung innerhalb von zwölf Monaten einzuholen.
Ergänzende Regelungen sind für das Volksbegehren vorgese hen, um dessen Durchführung zu erleichtern.
Neben der Senkung des Unterstützerquorums in der Landes verfassung ist als weitere Erleichterung vorgesehen, dass Un terstützungsunterschriften in amtlicher Sammlung über drei Monate und in freier Sammlung über sechs Monate eingeholt werden können. Deshalb müssen nun auch weitere Verfah rensregelungen angepasst werden.
Mit den Anforderungen an die Höhe der Quoren sowie den Zeitraum und die Art der Sammlung ist sowohl für den Volks antrag mit einem Antragsquorum von 0,5 % der Wahlberech tigten und einer freien Sammlung über zwölf Monate als auch für das Volksbegehren mit einem Unterstützerquorum von 10 % der Wahlberechtigten, einer amtlichen Sammlung über drei Monate bzw. einer freien Sammlung über sechs Monate und einem Zustimmungsquorum von 20 % der Stimmberech tigten bei einer Volksabstimmung eine hinreichende Legiti mation durch das Volk gewährleistet.