Protokoll der Sitzung vom 14.10.2015

um ihnen neue Spielräume zu geben, neue Handlungsspiel räume, um sich strategisch weiterzuentwickeln, damit sie nicht immer von Antrag zu Antrag rennen und immer wieder neu unter Beweis stellen müssen, dass man etwas mit einem neu en Konzept noch schöner machen kann, obwohl man in den letzten zehn Jahren bereits bewiesen hat, dass man es kann.

Deswegen werbe ich dafür, in der Nachfolge der Exzellenz initiative auf der einen Seite eine Wettbewerbskomponente – wie sie Frau Rolland schön skizziert hat – aufzusetzen und auf der anderen Seite über ein Element nachzudenken, das ich Ex zellenzbonus nenne. Das bedeutet, für nachgewiesene For schungsstärke schlicht und einfach einen zusätzlichen Bonus zu geben, der der entsprechenden Universität den Freiraum gibt, sich in strategischen Kooperationen, auch in riskanten, mutigen Großprojekten – was auch immer – weiterzuentwi ckeln.

In diesem Sinn möchte ich mich für Ihr Interesse, für Ihr Be kenntnis zum Standort bedanken. Ich möchte Sie aber auch sehr herzlich darum bitten, nicht zu sicher zu sein, dass die bloße Tatsache, dass die Exzellenzinitiative fortgeführt wird, schon ein Erfolg für unser Land ist. Wir müssen schon sehr genau darauf achten, dass das Land Baden-Württemberg nicht über falsche Setzungen, über falsche Zuspitzung am Ende der exzellenten Verlierer ist. Unsere Universitäten in Baden-Würt temberg haben das Zeug dazu, in Zukunft ganz vorn mitzu spielen; sie haben es belegt.

Ich wünsche mir von Ihnen allen, dass Sie mit den Kollegen in den Bundestagsfraktionen, auch mit den Kollegen in den anderen Ländern sehr deutlich darüber sprechen, was wirk lich wissenschaftsgeleitete – wie Sie es auch sagten, Frau Kurtz – und gemessene Exzellenz ausmacht, damit wir dies auch in Zukunft fördern und nicht Setzungen, die mehr oder weniger in die politische und föderale Landschaft gestreut sind, vorziehen, was für die Wissenschaft ein klarer Rück schritt im Vergleich zu dem wäre, was wir in den bisherigen Jahren hatten.

Im Moment läuft die Diskussion. Wir werden hoffentlich bis März nächsten Jahres einen großen Schritt weiter sein. Jetzt ist das Zeitfenster, sich einzumischen.

Bevor ich abschließe, bekommt Herr Bullinger noch Gelegen heit, eine Frage zu stellen, wenn es in Ordnung ist.

Kollege Dr. Bullinger, bitte.

Ich glaube, spätes tens seit heute wissen wir, dass wir auch Spitzenforschung können. Wir können also alles, auch das.

Frau Ministerin, mir ist einfach wichtig, diesen Appell, den Sie gerade an uns gerichtet haben, zu erweitern. Sie haben im mer gesagt: „Universität, Universität, ganz klar ganz vorn dran.“ Aber vergessen Sie nicht, die hervorragenden Leistun gen der angewandten Wissenschaften – gerade für diesen Standort – im Verbund mitzunehmen und zu berücksichtigen.

Jetzt kommt die Frage. Die Grünen regieren ja in vielen Bun desländern – ich sage: in viel zu vielen Bundesländern – mit.

(Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Nur kein Neid! – Wei tere Zurufe)

Deshalb möchte ich wissen: Bekommen Sie für die positiven und richtigen Ansätze, die Sie heute hier genannt haben, in den Ländern, in denen die Grünen mitregieren, auch diese Zu stimmung, diese Unterstützung? Ich denke hier z. B. an NRW, an Rheinland-Pfalz, an Niedersachsen – um drei Länder zu nennen, in denen sich auch bedeutende Universitäten und For schungseinrichtungen befinden. Bekommen Sie diese Unter stützung? Davon höre ich leider nichts.

(Abg. Gabi Rolland SPD: Das ist auch nicht partei politisch zu regeln!)

Jetzt sind Sie im Wahlkampfmodus, glaube ich.

(Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE: Schon die ganze Zeit! – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Ich will Sie im Wahlkampf nicht alleinlassen!)

Ich wollte die heutige Debatte eigentlich dazu nutzen, zu ap pellieren: Lassen Sie uns einmal miteinander als Baden-Würt temberger schauen, wo unsere Stärken sind und wie wir auch in Zukunft unsere Stärken stärken können. Aber lassen Sie es mich einmal so sagen: Wo der grüne Einfluss wächst, geht es dem Land jeweils besser.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Lachen bei der CDU)

Zu Ihrem Appell, die Hochschulen für angewandte Wissen schaften nicht zu vergessen: In der Tat sind sie forschungs stärker geworden.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: NRW!)

Wir arbeiten auch mit ihnen daran, diese Stärke in der ange wandten Forschung weiter auszuspielen. Aber ich möchte noch einmal darum bitten: Die Exzellenzinitiative hat mit gu tem Grund die universitäre Spitzenforschung als Kern. Ich verteidige auch, dass man mit dem Instrument der Exzellen zinitiative nicht versucht, alle Probleme zu bearbeiten. Wir

haben ein Instrument, das „Innovative Hochschule“ heißt. Das ist besonders an die Hochschulen für angewandte Wissen schaften adressiert. Das ist richtig und wird von uns unter stützt. Aber bitte nicht unter dem Label „Exzellenzinitiative“ die HAWs stärken, die Duale Hochschule gleich mit und die exzellente Lehre auch noch.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Es gibt Bei spiele, wo es zusammengehört!)

Das Profil wird darunter leiden, wenn wir mit einer Förderku lisse alles fördern wollen. Deswegen sollten wir den Univer sitäten den Freiraum geben, sich strategisch Kooperations partner in der Wirtschaft, in der außeruniversitären Forschung zu suchen, auch mit HAWs.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So!)

Die Konzepte müssen diese Freiräume lassen. Aber der Kern muss die Stärkung der universitären Spitzenforschung blei ben. Davon bin ich fest überzeugt und hoffe, ich habe Sie an meiner Seite.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Ich wollte nur hören, dass Sie das nicht vergessen!)

In der zweiten Runde erteile ich das Wort für die Fraktion GRÜNE Herrn Abg. Dr. SchmidtEisenlohr.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte noch kurz zwei Ergänzungen machen.

Herr Bullinger, Sie hatten vorhin von Eigenlob gesprochen. Selbstverständlich weiß ich, dass ich selbst keine Steine in die Hochschulen trage oder Geldkoffer hinbringe, sondern ich ha be unseren exzellenten Hochschulstandort hervorgehoben. Ich glaube, wir können darauf stolz sein, was sich in den letzten Jahren im Rahmen der gesamten Exzellenzinitiative – egal, wer regiert hat – entwickelt hat.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Ich stelle fest, dass wir beim Thema Dezentralität, also bei der Frage, ob wir nur einen oder ein paar exzellente Standorte mehr im Land haben wollen, gemeinsamer Meinung sind.

Was ich aber an dieser Stelle einfach einmal klarstellen will: Unter Grün-Rot haben sich die HAWs in den letzten Jahren hervorragend entwickeln können. Wir waren die Ersten, die ein eigenes Forschungsprogramm für die HAWs aufgesetzt haben. Das gab es vorher nicht. An dieser Stelle stelle ich ein fach fest: Wir haben die Universitäten und alle anderen Hoch schularten im Blick, haben aber die HAWs in den letzten Jah ren in besonderer Weise gefördert; sie blühen unter Grün-Rot auf wie nie zuvor.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Aber nicht mit der Finanzierungsverteilung!)

Das will ich an dieser Stelle einfach einmal festhalten.

(Beifall der Abg. Edith Sitzmann GRÜNE)

Als letzten Punkt noch einmal zu Frau Kurtz. Ich glaube, es war wichtig, heute einfach noch einmal mitzugeben: Es geht um einen wachsamen Blick. Wir sind uns vollkommen einig, dass es um wissenschaftsgeleitete Kriterien gehen muss. Aber wir stellen fest, dass die Debatte, die geführt wird, eben nicht allein wissenschaftsgeleitet ist. Deswegen ist es wichtig, dass Sie sich als Vertreterin einer Partei, die da auf Bundesebene großen Einfluss hat, entsprechend einsetzen. Denn diejenigen, die letztlich ausgewählt werden, fallen nicht vom Himmel. Da ist es nicht damit getan, einmal einen Antrag zu schreiben, sondern es geht um Forschungseinrichtungen, die sich über Jahre und Jahrzehnte etabliert haben, in denen gestandene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler tätig sind, und als Ergebnis kann man dann eben erfolgreich sein.

Wir kennen Rankings, wir wissen, wie die Hochschulen und Universitäten aus unserem Land im gesamten Bundesgebiet aufgestellt sind, wie sie auch im internationalen Vergleich auf gestellt sind. Da reicht es nicht, einfach nur einen Antrag ab zugeben, sondern da reden wir von langen, langen Prozessen, die dann irgendwann zu einem Ergebnis führen. Deswegen ist es wichtig, im politischen Raum frühzeitig darauf einzuwir ken, dass hier keine unnötige Verengung stattfindet, sondern dass wir diesem wissenschaftlichen Kontext den nötigen Raum geben, damit Baden-Württemberg seine starken Strukturen, die entstanden sind, auch in Zukunft zum Nutzen unseres Lan des einbringen kann.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Meine Damen und Herren, es lie gen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aktu elle Debatte beendet und Punkt 2 der Tagesordnung erledigt.

Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Änderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften – Drucksache 15/7265

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses – Drucksache 15/7480

Berichterstatter: Abg. Manfred Hollenbach

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Allge meine Aussprache eine Redezeit von zehn Minuten je Frakti on festgelegt.

In der Allgemeinen Aussprache erteile ich für die CDU-Frak tion dem Kollegen Klein das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Fast zwei Jahre nach der zwischen allen Fraktio nen des Landtags erarbeiteten Vereinbarung zur Änderung der Landes- und der Kommunalverfassung legt die grün-rote Lan desregierung heute mit dem Gesetzentwurf zur Änderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften ein Maßnah menbündel vor, das weit über die interfraktionelle Vereinba rung vom 19. Dezember 2013 hinausgeht und zugleich in wei ten Teilen gegen den erklärten Willen der kommunalen Lan desverbände, der Landräte, der Oberbürgermeister und Bür germeister, der Gemeinderäte und der Ortschaftsräte in unse rem Land ist.

Dies hat auch die öffentliche Anhörung der kommunalen Lan desverbände im Innenausschuss des Landtags in der letzten Woche ergeben. Tenor war dort, dass die Absenkung der Quo ren für Bürgerbegehren und Bürgerentscheide mitgetragen, aber alle weiteren Änderungen abgelehnt und in weiten Tei len als völlig unnötig und als ein massiver Eingriff in die kom munale Selbstverwaltung bewertet werden. Dies ist auch die Auffassung der CDU-Landtagsfraktion.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Dieser Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung entgegen dem Willen der Kommunen in diesem Land ist bisher einma lig und zeigt ein ausgesprochenes Misstrauen gegenüber den kommunalen Entscheidungsträgern. Sie stoßen heute die Kom munen vor den Kopf, auf die Sie in den nächsten Wochen mehr denn je angewiesen sind, um die Anschlussunterbrin gung für Flüchtlinge und den sozialen Wohnungsbau in die sem Land zu meistern. Das ist eine große Herausforderung, eine große Aufgabe für jede einzelne Kommune, für jeden Oberbürgermeister, für jeden Bürgermeister, für jeden Ge meinderat und jeden Ortschaftsrat. Dabei sollten wir die Kom munen eigentlich unterstützen und ihre Arbeit nicht zusätz lich belasten und behindern.