Kurz nach der Landtagswahl hat Minister Hermann, der im Moment nicht anwesend ist, in einem Interview mit der „Neu en Zürcher Zeitung“ Raum für Spekulationen gelassen. Der Herr Minister hat das Fehlen von konkreten Zahlen im Koa litionsvertrag damit erklärt – ich zitiere, Herr Präsident –, dass Sie „keinen Zahlensalat anrichten und sich eine gewisse Fle xibilität bewahren“ wollen.
Ich habe mich gefragt: Was wollte uns der Herr Minister da mit eigentlich sagen? Na gut, es ist vielleicht normal, dass man sich diese Frage stellt. Aber eines ist auch klar: Diese Haltung ist eben keine, die den Interessen Baden-Württembergs und der Bevölkerung in Südbaden dient, sehr geehrte Damen und Herren.
Als CDU-Fraktion stehen wir für eine vernünftige Verteilung der Lasten durch den Flughafen Zürich. Natürlich sind wir be reit, Lasten zu übernehmen, aber bitte vernünftig und ausge wogen.
Daher stellen für uns u. a. die maximal 75 000 Flugbewegun gen über Süddeutschland pro Jahr und die Einhaltung der Sperrzeiten nach der aktuellen DVO zentrale Forderungen dar, hinter die Deutschland nicht zurückfallen darf. Es muss auch weiterhin die schon bisher von Region, Land und Bund ver folgte Linie gelten, dass eben nur Flugbewegungen als einzi ges sinnvolles Planungs-, Steuerungs- und vor allem Kont rollkriterium zu akzeptieren sind.
Die Schweiz selbst hat übrigens zum Schutz der eigenen Bür gerinnen und Bürger im Süden des Flughafens Basel seit 2006 nur die Zahl der Flugbewegungen zur Festlegung einer Belas tungsobergrenze akzeptiert und arbeitet in Zürich mit dem ZFI zusammen. Darin ist die Zahl der Bewegungen als Entschei dungskriterium zum Ergreifen von Maßnahmen festgelegt und wird diese zur Grundlage machen.
Dies muss auch für die deutsche Bevölkerung gelten. Messen mit zweierlei Maß in der gleichen Streitfrage ist nicht akzep tabel. Auch das EuGH-Urteil gibt uns an dieser Stelle recht und stellt fest, dass die Anflüge auf den Flughafen sehr wohl Lärm verursachen, der rechtlich relevant ist.
Ein ebenso klares Nein erteilen wir sämtlichen Paketlösun gen, die immer wieder in den Raum gestellt werden. Ich bin
der Meinung, Pakete aus miteinander nicht zusammenhängen den Problemen bewirken keine Lösung eines einzelnen Pro blems. Deshalb bitte ich Sie, dies heute noch einmal klar zum Ausdruck zu bringen.
Meine Damen und Herren, die Schweiz befindet sich derzeit im Wahlkampf. Das haben Herr Kollege Winkler und ich in den letzten Monaten immer wieder zu spüren bekommen. In der Sommerpause haben wir es sogar deutlich zu spüren be kommen.
Ich möchte heute auch kein weiteres Öl ins Feuer gießen. Aber gestatten Sie mir trotzdem, als zuständiger Wahlkreisabgeord neter und als Kenner der Situation vor Ort eine persönliche Einschätzung abzugeben: Aus verschiedenen Gesprächen mit Schweizer Politikern und aus dem Verhandlungsverfahren in der AG Zürich wird deutlich, dass nicht zu erwarten ist, dass auf die deutsche Position eingegangen wird. Vielleicht kann dies von der Schweiz aus politischen Gründen auch gar nicht erwartet werden. Deshalb ist es richtig, dass die CDU-geführ te Bundesregierung derzeit eine Anpassung der DVO als Ul tima Ratio vorbereitet, die dann greifen muss, wenn kein Kompromiss gefunden werden kann.
Hier ist die Landesregierung genauso gefragt. Es reicht nicht, sich hinter der Ankündigung von Bundesverkehrsminister Ramsauer zu verstecken und zu meinen, er werde es schon richten.
Deshalb danke ich dem Fraktionsvorsitzenden der CDU, Herrn Peter Hauk, dass er das Ganze vor wenigen Wochen auch noch einmal dem Bundesverkehrsminister mitgeteilt hat. Aber wir werden nicht akzeptieren, dass der Verkehrs minister des Landes, Herr Hermann, die Verantwortung auf den Bund schiebt und sich hinter Berlin versteckt, meine Da men und Herren.
Deshalb sind Sie aufgefordert, Ihren Beitrag zur Anpassung der DVO durch den Bund zu leisten und sowohl für die Bei behaltung der aktuellen Sperrzeiten als auch für den Wegfall des Warteraums RILAX zu sorgen. Denn wenn wir wirklich alle der Meinung sind, dass Menschen einen Anspruch auf Ru he haben, dann schauen Sie sich bitte die Anflüge an. Es ist doch überhaupt nicht einzusehen, dass Maschinen, die aus dem Süden kommen, z. B. aus Portugal oder aus Italien, beim Anflug auf Zürich zunächst an Zürich vorbeifliegen, 90 km weiter eine Schleife drehen und wieder über die deutschschweizerische Grenze fliegen, um dann im Grenzgebiet zu landen. Das kann man nicht akzeptieren. Übrigens ist das tech nisch auch gar nicht notwendig, weil die Schweiz selbst vier Warteräume hat, die auch direkter anzufliegen sind.
Am 28. August, meine Damen und Herren, besuchte Minis terpräsident Kretschmann die Schweiz, den Kanton Aargau. Er hat dort seinen Antrittsbesuch gemacht. Als ich Folgendes in der Presse gelesen haben, war ich wirklich entsetzt:
Herr Ministerpräsident, ich frage Sie hierzu – er ist gerade nicht da –: Wo sehen Sie eigentlich Bewegungsmöglichkei ten bei den Maximalforderungen auf deutscher Seite? Selbst wenn die DVO verschärft wird, trägt Südbaden mit 80 000 Anflügen noch immer 75 % der Belastungen. Da sehe ich per sönlich keinen Spielraum. Ich hätte mir von unserem Minis terpräsidenten auch im Kanton Aargau ein klares Bekenntnis für die Bevölkerung in Baden-Württemberg gewünscht.
Stattdessen verunsichert er die Bürger am Hochrhein und in Südbaden. Er fällt hinter die Position der CDU zurück.
Aber es hat sich in der Vergangenheit auch gezeigt, dass wir nur durch eine enge und vertrauensvolle Kooperation aller deutschen Verantwortlichen vorankommen. Daher sollten wir an einem Strang ziehen. Deshalb sage ich Ihnen, Frau Dr. Splett, als Vertreterin der Landesregierung zu: Wir, die CDU, kämpfen gemeinsam mit Ihnen. Wir setzen auf einen gemein samen Dialog mit unseren Schweizer Nachbarn und Freun den. Wir setzen aber vor allem auch auf eine politische Klä rung der Dinge durch die Anpassung der DVO, die dringend notwendig ist. Vergessen wir nicht, wieso wir ins Parlament gewählt wurden, nämlich um die Interessen unserer Bevölke rung zu vertreten. Diese fordert zu Recht eine schnelle Lö sung in dieser Frage.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin etwas überrascht von diesem Ap pell an uns. Denn ich dachte, die Stellungnahme zum vorlie genden Antrag habe ganz deutlich gezeigt, dass wir alle ei gentlich das gleiche Ziel verfolgen, nämlich das Ziel, die süd badische Bevölkerung vor dem Fluglärm und auch vor Schad stoffen zu bewahren.
Ich glaube, die Eindeutigkeit der Stellungnahme des Ministe riums zeigt uns, dass wir dieses Ziel gemeinsam verfolgen und es möglichst schnell umsetzen wollen.
Deswegen war ich etwas überrascht, dass jetzt so ein Angriff kam, den ich nicht ganz verstehen konnte, weil wir tatsäch lich alle, auch in der Fraktion GRÜNE, die genannten Ziele weiterverfolgen.
Die Paketlösungen – das ist eindeutig – zuungunsten der deut schen Bevölkerung werden abgelehnt. Ich denke, das ist ganz deutlich herausgekommen. Die „Staatsministerin für Lärm“ wird für Transparenz im Fluglärmbeirat sorgen. Ich denke, das ist auch noch einmal ein deutlicher Punkt, den wir herausar beiten möchten. Auch der Tourismus – er wurde heute gar nicht angesprochen –, der eine ganz wichtige Rolle spielt, ist in der Stellungnahme noch einmal herausgestrichen worden.
Lassen Sie mich noch eines erwähnen: Ich denke, es ist ganz wichtig, den Blick auch auf die Bundesebene zu werfen. Da bereitet es mir schon ein bisschen Sorge, dass eine Petition, die beim Bundestag gestellt worden ist und auch von allen Fraktionen getragen wird – die Petition hat zum Ziel, dass sich die Bundesregierung mit der Schweizer Regierung noch ein mal darauf verständigen sollte, wie sie das Flugverbot, wie sie bestimmte Einschränkungen des Flughafens Zürich durchset zen wollen –, noch nicht umgesetzt worden ist. Jetzt wurde mitgeteilt, dass bis zum Januar nächsten Jahres noch einmal eine Verhandlungsrunde stattfinden soll und bis dahin eine Entscheidung getroffen werden sollte. Es wäre gut, wenn die erwähnte Petition, die auch von der CDU-Fraktion unterstützt wird und im Mai dieses Jahres noch einmal bekräftigt worden ist, letztendlich auch umgesetzt wird. Ich denke, das ist auch die Verantwortung der Bundesregierung gegenüber unserem Bundesland bzw. hinsichtlich der Zusammenarbeit mit dem Kanton Zürich.
Dass die Bevölkerung des Kantons Zürich – Sie haben es selbst erwähnt – am 27. November noch einmal darüber ab stimmt, ob eine Landebahnerweiterung des Flughafens erfol gen soll bzw. andere Dinge am Flughafen verbessert werden sollen, zeigt aber auch, dass nicht die Schweizer Bevölkerung, sondern die deutsche Bevölkerung belastet werden soll. Vor dieser Volksabstimmung muss man noch einmal die Position der Bundesregierung deutlich machen. Da ist jetzt die Bun desregierung gefordert.
Es wäre sehr schön, wenn heute das Zeichen nach außen sicht bar würde, dass wir gemeinsam dieses Ziel verfolgen und die ganze Sichtweise nicht in irgendwelchem Lagerdenken ver engen. Das sollten wir der Bevölkerung vor Ort sowie auch den Kommunalpolitikern und den Landtags- und Bundestags abgeordneten, die sich vor Ort für diese Belange starkmachen, sagen. Sie wissen ja, dass diese Belange letztendlich von al len Parteien vertreten werden. Wir müssen uns heute nur über legen – ich denke, das ist auch eine Aufgabe dieses Landtags –, wie wir gemeinsam Strategien entwickeln, um dies umzuset zen.
Die nach meinem Dafürhalten im Koalitionsvertrag relativ gut geregelte Umsetzung durch die Landesregierung soll – gemäß dem, wie ich das jetzt verfolgen kann – sehr stringent und klar erfolgen. Dieses Ziel, das uns alle eint, kann man nur unter Mithilfe von Ihnen, der CDU und auch von der FDP/DVP, al so letztlich zusammen erreichen. Ich denke, es ist in diesem Fall vertretbar, die Belastung der südbadischen Bevölkerung zurückzudrängen. Wenn Sie sich die Anzahl von 80 000 Flug bewegungen vorstellen, denke ich, dass das gerade für diesen Bereich noch zu viele sind.
Deswegen ist natürlich eine bundesweite Lösung in den Blick zu nehmen: Wie ordne ich den Flugverkehr in der Bundesre publik Deutschland? Ich erinnere an die ganzen Diskussionen jetzt auch in Frankfurt – Wiesbaden führt eine Klage gegen Frankfurt – und auch an die Probleme in Düsseldorf. Deshalb ist in dieser Frage tatsächlich der Bund gefragt. Ich hoffe, dass wir uns zusammen für die Südbadenerinnen und Südbadener einsetzen. Ich hoffe auf Sie, dass wir das zusammen schaffen werden. Das wäre eine tolle Sache.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Antrag des Kollegen Wolf von der CDU mit dem Titel „Flugverkehrsbelastung durch den Flughafen Zürich“ und der Redebeitrag des Kollegen Schreiner kommen mir so vor, als wenn richtig bärenstarke Männer mit großen Baum stämmen versuchten, ein Tor einzurennen, das schon lange of fensteht, das gar nicht geschlossen ist.
Das ist eigentlich schade; denn es wäre gar nicht nötig, sich bei einem Thema zu profilieren und Presseerklärungen mit Behauptungen herauszugeben, die weit weg von der Realität sind. Sie beide haben eine Presseerklärung herausgegeben, wonach es der CDU-Fraktion gelungen sei, die Landesregie rung zu konkreten Aussagen zu zwingen,
Meine Damen und Herren, im Koalitionsvertrag ist die Stutt garter Erklärung enthalten. Diese ist klipp und klar. Es gibt überhaupt keinen Grund, dieser Regierung vorzuwerfen, dass sie nicht aktuell wäre.
(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Felix Schreiner CDU: Kennen Sie die Äußerungen des Mi nisterpräsidenten im Aargau? Er kennt die Äußerun gen nicht!)
Schlimmer noch: Wenn Sie schon wissen, dass diese Stuttgar ter Erklärung im Koalitionsvertrag erwähnt ist – diese ist de tailliert –, dann dürfen Sie in Ihrer eigenen Presseerklärung nicht schreiben, dass diese Positionen von der Union angesto ßen worden seien und die Grundsätze zum Schutz der Anwoh ner von ihr stammten. Sie stammen von der Bürgerinitiative und nicht von euch.
Sie schreiben, Sie als direkt gewählter Abgeordneter sähen sich gerade in der Opposition in der Pflicht usw. Lieber Kol lege, in der Pflicht müssen Sie sich sehen, wenn Sie nach Ber lin schauen. Dort sind Sie – ist die CDU – nicht in der Oppo sition, dort sind Sie in der Regierung.