Was hier formuliert wird, ist eine Art Weltmarktführerschaft der grün-roten Landesregierung mit ihrem Vorstandsvorsit zenden Winfried Kretschmann an der Spitze. Liebe Kollegin nen und Kollegen, ich glaube, es ist ganz gut, dass wir diese gefühlte Weltmarktführerschaft heute Morgen einmal einem Realitätscheck unterziehen können
Ich habe mich auch gefragt: Was ist der aktuelle Grund für diese sogenannte Aktuelle Debatte? Ich bin dann, glaube ich, heute Morgen etwas schlauer geworden, als ich dpa gelesen habe. Sie haben ja auf Ihrer Homepage dieses Bündnis von Regionen, die sich im Vorfeld des Klimagipfels in Paris ein bringen wollen, sehr stark beworben und in den Vordergrund gerückt. Ich will das gar nicht schlechtreden. Es ist sicherlich sinnvoll, wenn sich auch Regionen im Vorfeld eines solchen Gipfels aktiv einbringen. Auffällig ist allerdings, wenn ich jetzt deren Mitinitiator Kalifornien nehme: Da finden Sie den Staat Kalifornien, Sie finden aber auch Los Angeles und San Francisco. Wenn Sie jetzt einmal schauen, welche baden-würt tembergischen Städte dabei sind – Thema „Baden-Württem berg, die Grünen gehen voran“ –, dann finden Sie leider we der Stuttgart noch Freiburg noch Tübingen. Insofern stellt sich die Frage: Gehen die nicht gern mit Ihnen voran, oder woran liegt es?
Der Kollege Renkonen hat es bereits angesprochen: Die ent scheidende – wenn Sie so wollen – Veranstaltung, eine wirk lich elementar wichtige Veranstaltung, ist der anstehende Kli magipfel in Paris. Sie haben völlig zu Recht darauf hingewie
sen: Baden-Württemberg ist vom Klimawandel betroffen, die Region, aus der ich komme, der Oberrhein, im Besonderen. Schlechtwettertage, Hitzetage, Starkregen, Veränderungen von Flora und Fauna, das ist ein baden-württembergisches Prob lem. Aber richtig ist auch, wenn Sie den Emissionshandel wie der ansprechen: Die entscheidenden Weichenstellungen wer den von der internationalen Gemeinschaft, von den National staaten, von den großen Industriestaaten zu treffen sein. Inso fern sollten wir hier nicht den Eindruck erwecken, als ob Ba den-Württemberg jetzt den Pariser Klimagipfel gestalten wür de.
Das ist aber natürlich kein Freibrief fürs Nichtstun, sondern selbstverständlich müssen auch wir unsere Hausaufgaben ma chen. Dazu habe ich an dieser Stelle schon oft genug gesagt – und tue das immer wieder gern –: Das Gute ist, dass Sie hier nicht bei null anfangen mussten. Der Klimaschutz hat nicht mit dieser Landesregierung begonnen, sondern es sind her vorragende Vorarbeiten durch die Vorgängerregierungen ge leistet worden. Der Klimaschutz begann nicht mit Grün-Rot.
Ich will an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich betonen: Wir haben dem Klimaschutzgesetz zugestimmt, trotz dieser oder jener Bedenken im Einzelnen, und dazu stehen wir auch. Wo wir aber nicht so ganz dabei sind, das sind die verschie denen Maßnahmen in Ihrem IEKK. Sie haben da einen Mo nitoring-Bericht vorgelegt. Ich nenne jetzt einfach einmal nur die Zahlen: Von den 108 Maßnahmen sind 25 % überhaupt noch nicht begonnen. Dazu steht dann im Bericht: soll in die ser Legislaturperiode begonnen werden. Ich frage mich: Wann wollen Sie damit eigentlich anfangen?
Das Weitere ist: Es gibt Maßnahmen, die als nicht möglich bezeichnet werden. Vermutlich ist das so etwas wie die her mannsche Taskforce für die Dieselfahrzeuge.
Bei den begonnenen Maßnahmen haben wir aber auch wie der ein leicht gespaltenes Bild. Zum einen sind das Maßnah men wie diese einfach unsinnige Vorgabe mit den Fahrradab stellplätzen, die viel Ärger, Kosten und Aufwand verursachen, deren Klimanutzen aber äußerst überschaubar ist,
Man schaut dann in den Bericht hinein und findet z. B. Effi zienztische. Jawohl, diese Maßnahme ist begonnen worden – im Jahr 2007, unter Tanja Gönner, unter der vormaligen Lan desregierung. Hier wird also der Eindruck erweckt, das sei al les von Grün-Rot begonnen worden. Dem ist aber natürlich nicht so.
Ich komme aus Zeitgründen zum Ende meines Beitrags in der ersten Runde der einleitenden Er klärungen.
Baden-Württemberg hat Gott sei Dank eine Menge Welt marktführer. Die grün-rote Landesregierung gehört für uns aber jedenfalls nicht dazu.
In der zweiten Runde, in dem zentralen Bereich der Energie politik, wird Ihnen der Kollege Nemeth auch noch anhand ei niger weiterer Beispiele vorführen,
Herr Präsident, liebe Kollegin nen und Kollegen! In der Aktuellen Debatte heute behandeln wir das wichtige Thema Klimaschutz. Vorneweg gesagt, Herr Lusche: Ich denke, es geht nicht darum, welche Partei oder welche Regierung Weltmarktführer ist, sondern es geht um ei ne ganz wichtige Aufgabe, bei der wir – alle im Landtag ver tretenen Fraktionen – uns engagieren und vorankommen müs sen.
Bei Besuchen im Wahlkreis, im Sportverein oder bei Freun den gibt es derzeit nur noch das Gesprächsthema Flüchtlinge. Da könnte man sich fragen – Kollege Renkonen ist darauf schon eingegangen –: Ist das Thema Klimaschutz ein Luxus problem, ein kleineres Problem? Ich meine, nein. Gerade beim Thema „Flüchtlinge auf der Welt“ ist auch das Thema Klima schutz hochaktuell. Wenn es uns nicht gelingt, die von Men schen gemachte Klimaerwärmung zu begrenzen, werden Was sermangel und Naturkatastrophen vielleicht noch gewaltige re Flüchtlingsströme auslösen als die, die uns derzeit zu schaf fen machen.
Das zeigt: Die Probleme der Welt sind auch unsere Probleme. Auch hier gilt: Wir brauchen einen Grundkonsens aller De mokraten, um diese wichtige Aufgabe verantwortungsvoll an gehen zu können, ich denke, mit Herz und Hirn anzugehen.
Bevor ich das eine oder andere zur Klimaschutzpolitik im Land und im Bund sage, möchte ich auf das Thema „Rohstof fe, Energie und Klima“ zurückblicken. Das Thema ist ja nicht neu. 1972 gab es den Bericht des Club of Rome – „Die Gren zen des Wachstums“ von Dennis L. Meadows –, der wichtige
Impulse gesetzt hat; es gab den Kongress der IG Metall mit dem wichtigen Begriff „Qualitatives Wachstum“, oder es gab „Ende oder Wende: von der Machbarkeit des Notwendigen“, ein wichtiges Buch, das 1976 von Dr. Erhard Eppler geschrie ben wurde. Dazu passt auch Epplers Landtagswahlplakat von 1980 mit dem Slogan: „Entscheiden, was wachsen soll.“
Sie sagen: „Oh Gott!“ Herr Mack, wären Sie vielleicht lie ber einmal in die Kirche zu Dr. Eppler gegangen und hätten ihm zugehört.
(Vereinzelt Beifall – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Was haben Schmidt und Schröder daraus gemacht?)
Es geht darum – wenn wir bei dem Thema „Entscheiden, was wachsen soll“ sind –: Wir müssen durch effizientere Technik und durch regenerative Energien bei Strom und Wärme wach sen, und wir müssen beim Ausstoß klimaschädlicher Gase oder beim Ausstoß von Kohlendioxid schrumpfen.
1980 verbanden viele mit dem Bericht „Global 2000“, dem Bericht an den amerikanischen Präsidenten, auch Hoffnungen auf einen vernünftigeren Umgang mit wertvollen Rohstoffen. Diese Hoffnungen wurden leider teilweise oder sogar über wiegend enttäuscht.
1997 fand dann die Weltklimakonferenz statt mit dem Ziel, 5,7 % an CO2 in den Industrieländern einzusparen. Dazu der Blick auf Deutschland und Baden-Württemberg: Wir haben es geschafft, bis 2013 immerhin gut 20 % an CO2, an Kohlen dioxid, einzusparen. Das ist die gute Nachricht. Um aber bis zum Jahr 2020 auf deutlich über 30 % und bis zum Jahr 2050 auf rund 90 % Einsparung des CO2-Ausstoßes zu kommen, sind noch gewaltige Anstrengungen von uns allen notwendig.
Vielleicht mögen Sie einwenden: Deutschland ist ja gar nicht so der relevante Spieler – Herr Lusche hat darauf hingewie sen, dass andere große Nationen noch viel wichtiger seien. Wenn man einmal auf den CO2-Ausstoß schaut, kann man schon sagen: Auf Baden-Württemberg entfällt nur ein Anteil von 0,22 % am weltweiten CO2-Ausstoß. Wenn man auf Deutschland schaut, sind es immerhin schon 2,75 %.
Aber vielleicht noch viel wichtiger ist: Wenn wir es hier in un serem wohlhabenden Land, im Land der Tüftler und Denker nicht schaffen, die Energiewende und die Klimaschutzwende herbeizuführen und ein Vorbild für andere zu sein, wenn wir hier nicht zeigen können, dass man gut leben kann, ohne dau erhaft auf Kosten der Natur, der Umwelt und künftiger Gene rationen zu leben, dann haben wir unseren wichtigen Beitrag in der Welt nicht geleistet.
Der von der Labour-Regierung beauftragte ehemalige Welt bank-Chef Stern hat ja eines klargemacht – das ist vielleicht auch in konservativen Kreisen akzeptabel, weil er ein Öko nom ist –: Wenn wir jetzt nichts tun und jetzt nicht beispiels weise 1 % vom Bruttosozialprodukt in den Klimaschutz in vestieren, wird es uns später mit Ausgaben in Höhe von 15 bis 20 % des Bruttosozialprodukts noch viel, viel teurer kommen.
Auch deshalb ist es wichtig, nicht nur aus Idealismus. Es ist auch eine Frage der ökonomischen Vernunft, rechtzeitig die nötigen Mittel für den Klimaschutz bereitzustellen.