Protokoll der Sitzung vom 29.10.2015

Aber die Grünen haben ein Abschiebeproblem.

(Zuruf von der CDU: Genau!)

Das traut den Grünen niemand zu. Denn die Grünen sind es, die jahrelang für unkontrollierte Zuwanderung standen

(Oh-Rufe – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es! – Weitere Zurufe)

und die heute vielfach an der völlig verfehlten Einwande rungspolitik ohne Regeln festhalten. Die Grünen stehen für Rabatz bei Abschiebungen. Die Grünen stehen dafür, dass das Boot nie voll ist. Deshalb vertrauen Ihnen die Menschen in dieser Frage auch nicht, Herr Ministerpräsident.

(Beifall bei der CDU)

Während Sie die Grüne Jugend abkanzeln, gestatten Sie es Ih rer Staatsrätin, Leitfäden mit einer Willkommenskultur in die Welt zu setzen, die das eigene Handeln infrage stellen,

(Zurufe von den Grünen und der SPD)

die sich gegen rechtsstaatliches Handeln richten. Diese Bro schüre gehört zurückgenommen; sie gehört eingezogen, Herr Ministerpräsident. Sie ist das falsche Signal in dieser Situati on.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Glocke des Präsidenten)

Kollege Wolf, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Lehmann?

Nein. – Es war bemerkenswert, dass die zuständige Ministerin in der gestrigen Regierungsbefra gung auf die Frage nach der täglichen Erstaufnahmekapazität im Land keine Antwort geben konnte. Diese Regierung ist nicht in der Lage, darzustellen, wie groß die Erstaufnahme kapazität im Land ist, Herr Ministerpräsident.

Das ist das Organisationsversagen, von dem Salomon in Frei burg spricht. Daran müssen Sie arbeiten. Das müssen Sie ab stellen. Geordnete Verhältnisse, so wie sie die Kanzlerin an gekündigt hat, das wollen wir von Ihnen sehen.

(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Das war ein Eigentor! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Warum kommt Herr de Maizière nach Hei delberg und lobt das System? Warum kommen sie al le nach Heidelberg und schauen sich das an? Das müssen Sie mal erklären! – Weitere Zurufe)

Herr Sckerl, ganz ruhig bleiben. Moment einmal.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte um etwas Ruhe.

Herr Sckerl, hören Sie doch zu. Sie können vielleicht auch noch etwas dazulernen.

(Zurufe)

Herr Ministerpräsident, Sie haben in Berlin dem Paket der Großen Koalition zugestimmt,

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Er hat entschei dend dazu beigetragen! Das ist der Unterschied zu Ihnen!)

haben sich im Landtag von Baden-Württemberg für diesen großen, staatstragenden Konsens feiern lassen. Bis zum heu tigen Tag ist es Ihnen nicht gelungen, das, was dort geregelt worden ist, auch nur annähernd in die Tat umzusetzen.

(Abg. Sandra Boser GRÜNE: Die anderen Länder haben es gemacht, oder wie?)

Bis zum heutigen Tag weigern Sie sich aus Gründen des Ver waltungsaufwands, Geldleistungen in Sachleistungen umzu widmen. Sie geben in Berlin den Kanzlerversteher und sind in Baden-Württemberg der grüne Ideologe. Das lassen wir Ih nen nicht durchgehen, Herr Ministerpräsident.

(Beifall bei der CDU)

Offen gesagt: Bei der Umstellung von Geld- auf Sachleistun gen entwickeln Sie plötzlich eine Leidenschaft für Entbüro kratisierung. Ich würde mir wünschen, dass Sie und Ihre Lan desregierung diese Leidenschaft für Entbürokratisierung dort finden, wo es darum geht, den Wohnungsmarkt in BadenWürttemberg anzukurbeln, unsinnige Vorschriften aus der Landesbauordnung herauszunehmen. Da wäre Entbürokrati sierung gefragt, nicht aber beim konsequenten Umstieg von Geld- auf Sachleistungen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Ministerpräsident, dieses Paket aus Berlin muss in Ba den-Württemberg mit Leben erfüllt werden, und da sind Sie in der Pflicht: Verfahrensbeschleunigung, Umstieg von Geld- auf Sachleistungen, Zusammenführung von Zuständigkeiten, damit die Verwaltungsabläufe schneller sind. Deshalb sage ich für die CDU-Fraktion: Es geht darum, die Kommunen zu ent lasten, indem Menschen aus sicheren Herkunftsstaaten in den Erstaufnahmestellen verbleiben.

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Genau!)

Wir würden die Residenzpflicht für Flüchtlinge wieder ein führen, um die Verfahren deutlich zu beschleunigen.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Genau!)

Wir würden das BAMF im Land mit eigenem Personal erheb lich verstärken. Wir würden abgelehnte Asylbewerber zügig und unangekündigt abschieben und dafür jede Unterstützung annehmen. Wir würden den Bund bei allen Maßnahmen un terstützen, die Zuwanderung begrenzen, die Einrichtung von Transitzonen unterstützen, statt Geld- nur Sachleistungen ge währen und die Begrenzung des Familiennachzugs vorantrei

ben. Herr Ministerpräsident, da warten wir auf konsequentes Handeln der Landesregierung.

Lassen Sie mich ein Letztes sagen: Es ist eine fatale Botschaft, die Sie bei der Hauptversammlung des Gemeindetags unter die Menschen gebracht haben,

(Abg. Karl Klein CDU: Rückschritt!)

indem Sie dort ausdrücklich den Kommunen aus Sicht der Landesregierung und des Ministerpräsidenten die Kommuni kation und die Kooperation auf Augenhöhe abgesprochen ha ben.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Das stimmt doch überhaupt nicht!)

Das war ein Schlag ins Gesicht der Kommunen, die wir in die ser Zeit mehr denn je brauchen, um die große Herausforde rung der Unterbringung von Asylbewerbern in Baden-Würt temberg überhaupt meistern zu können. Es braucht ein posi tives Signal an die Kommunen. Dazu fordern wir Sie auf.

(Anhaltender Beifall bei der CDU – Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Oje!)

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich Herrn Kollegen Lede Abal das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie von der CDU haben als Titel der heutigen Aktuellen Debatte gewählt: „Umsetzung des Asylkompromis ses – Landesregierung muss nun endlich handeln“.

Das, was Sie jetzt hier gemacht haben, hat mich allerdings eher an etwas anderes erinnert. Horst Seehofer hat angekün digt, die CSU-Kabinettsmitglieder zurückzuziehen. Was Sie hier gemacht haben, war eigentlich eine Bewerbungsrede für das Kabinett von Horst Seehofer.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Ganz neue Pers pektiven!)

Es war eine Rede, die eigentlich besser in ein bayerisches Bierzelt als in den Landtag von Baden-Württemberg gepasst hätte.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf der Abg. Nicole Razavi CDU)

Sie haben uns Grünen verfehlte Einwanderungspolitik und ei ne völlig ungeregelte Zuwanderungspolitik vorgeworfen.

(Zuruf des Abg. Peter Hauk CDU)

Rechnen wir einmal zurück, wie viele Jahre wir regiert haben.

(Abg. Peter Hauk CDU: Viel zu lange!)

Zuwanderung nach Deutschland gibt es seit 1945. Ich bin ein Produkt dieser Zuwanderung; mein Vater ist 1964 nach Deutschland gekommen. Sie sprechen von ungeregelter Zu wanderung. Es gab in Deutschland nie ungeregelte Zuwande rung, außer in den Phasen, in denen man so getan hat, als gä

be es keine. Aber es gab eben doch eine, beispielsweise über den Familiennachzug. Man hat allerdings nicht den Mut be sessen, sie auch so zu nennen.