Protokoll der Sitzung vom 29.10.2015

Mit einer weiteren Bestimmung schaffen wir Erleichterung für Eltern mit einem pflegebedürftigen Kind. Wenn dieses Kind beispielsweise – das kommt ja häufiger vor – vorüber gehend in eine Rehaklinik muss, können die Eltern dieses Kind dorthin begleiten. Auch dafür gibt es in der Zukunft ent sprechende Pflegezeit.

Das sind nur wenige Beispiele, nur wenige Regelungen, mei ne Damen und Herren, mit denen wir pflegenden Beamtinnen und Beamten die erforderliche Zeit verschaffen.

Aber, meine Damen und Herren – das wissen wir auch –, oft mals nutzt die Zeit wenig, wenn das Einkommen darunter lei det. Man muss sich – ich sage es einmal – diese Zeit auch wirklich leisten können. Deshalb sehen wir in diesen Rege lungen auch einen Gehaltsvorschuss für eine längere Auszeit, für eine längere Pflegezeit vor, sei es in Form der Freistellung oder der Teilzeitbeschäftigung – ganz ähnlich wie bei dem Darlehen, das auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer be kommen können.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, gestat ten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Röhm?

Ja.

Bitte, Herr Abgeordne ter.

Herr Minister, ich wollte nur fragen: Wie wird gegebenenfalls mit der Flexibilisierung der Arbeitszeit umgegangen? Ist auch das denkbar?

Ja, selbstverständlich. Des halb habe ich von Teilzeitbeschäftigung gesprochen. Für mich ist dies eine Form von Flexibilisierung.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Okay!)

Im Übrigen – ich spreche einmal von unserem Haus; da kann ich es relativ gut selbst beurteilen – gewähren wir diese Fle xibilität schon heute. Aber zukünftig gibt es diesen gesetzli chen Anspruch in der erweiterten Form, wie ich es gerade an gedeutet habe.

Meine Damen und Herren, als dritten Punkt möchte ich ab schließend noch nennen: Die Altersgrenze für Beamtinnen und Beamte im Einsatzdienst der Feuerwehr wird auf 60 Jah re zurückgeführt. Wir kommen damit einem Wunsch der Ar beitgeber auf der kommunalen Ebene nach. Das heißt, wir wollen die Pensionsaltersgrenze für die Beamtinnen und Be amten im Einsatzdienst der Feuerwehr wieder auf die Vollen dung des 60. Lebensjahrs zurückführen.

Im Grundsatz war die damalige Anhebung ja richtig. Das will ich gar nicht bestreiten, obwohl ich schon damals eine ande re Auffassung vertreten habe. Aber es war eben nicht richtig, finde ich, alles in dieser Pauschalität zu tun. Gerade eine Ein zelfallbetrachtung wäre schon erforderlich gewesen. Das ha ben wir jetzt gemacht. Deshalb sind wir zu dieser Überlegung und diesem Vorschlag gekommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist nun einmal so, dass gerade diese Einsatzbeamten über ihre komplette Dienst zeit hinweg in einer besonderen Art und Weise fit sein müs sen. Ich erinnere nur an das Thema Atemschutztauglichkeit, an die G-26-Untersuchung, die ja nun wirklich nicht so ein fach zu schaffen ist. Ich jedenfalls habe größte Mühe – ich bin noch nicht ganz 60 –, dies immer wieder hinzubekommen.

(Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Letztendlich weise ich auch darauf hin: Schonbereiche oder die Möglichkeit der rückwärtigen Verwendung gibt es bei der Feuerwehr auf der kommunalen Ebene längst nicht in dem Umfang wie in anderen Bereichen.

Ich will noch erwähnen: Durch den Verzicht auf die mit der Dienstrechtsreform eingeführten Zusatzurlaube lässt sich die Rückführung für die Kommunen auch einigermaßen kosten neutral bewerkstelligen.

Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen: Wir brauchen ein Beamtenrecht, das uns, wenn man so will, die Werkzeuge in die Hand gibt, um flexibel und situationsgerecht reagieren zu können. Der Gesetzentwurf enthält beispielgebende Maß nahmen. Die Attraktivität des öffentlichen Dienstes betonen wir dabei ausdrücklich. Wir punkten noch mehr mit den klas sischen Stärken, die wir haben. Dazu gehört auch, dass wir den Beschäftigten signalisieren, dass wir sie bei der Bewälti gung ihrer Probleme im familiären Umfeld nicht alleinlassen, sondern ihnen Möglichkeiten anbieten, Familie und Berufs ausübung gut zu verbinden.

Lassen Sie uns diese Verbesserungen, die die Dienstrechtsre form von 2011 abrunden, umsetzen, damit die Beamtinnen und Beamten bald von diesen Neuregelungen profitieren kön nen. Deshalb bitte ich um wohlwollende Unterstützung des Gesetzentwurfs im Rahmen des parlamentarischen Verfah rens.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Meine Damen und Her ren, für die Aussprache über den Gesetzentwurf hat das Prä sidium eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Blenke das Wort.

Herr Präsident, werte Kollegin nen und Kollegen! Die Landesregierung legt uns heute einen Gesetzentwurf zur Änderung des Landesbeamtengesetzes vor, von dem sie sich eine Weiterentwicklung und eine Moderni sierung des Dienstrechts verspricht. Herr Minister, ich kann Ihnen sagen: Wir, die CDU-Landtagsfraktion, stehen dem selbstverständlich grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber und sind auch offen dafür, die Weiterentwicklung im Wesent lichen mitzutragen.

Das liegt auch daran – darauf möchte ich verweisen –, dass Baden-Württemberg traditionell ein attraktives öffentliches Dienstrecht hat. So wurden seinerzeit unter Ministerpräsident Günther Oettinger z. B. schon die Lebensarbeitszeitkonten eingeführt. Insofern ist es in Ordnung, wenn man auch das öf fentliche Dienstrecht Stück für Stück weiterentwickelt.

Ich komme gleich auf einige wenige Punkte zu sprechen. Ich möchte zuvor jedoch eines sagen: Wir hätten uns – das ist jetzt

eine formale Sache – ein bisschen mehr Vorbereitungs- und Beratungszeit gewünscht. Zwischen der Kabinettsberatung des Gesetzentwurfs und der heutigen Ersten Beratung im Par lament liegen gerade einmal zwei Wochen. In dieser Zeit hat ten wir schlicht und einfach keine Gelegenheit, auch einmal mit dem einen oder anderen Verband zu sprechen, was wir gern getan hätten.

Das ließe sich besser machen; das hätte man im Zeitablauf et was anders gestalten können. Dieses Gesetz ist nicht eilbe dürftig. Daher formuliere ich einfach die Bitte, den Fraktio nen hier im Haus mehr Vorbereitungs- und Beratungszeit ein zuräumen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ein Kernpunkt dieses Gesetzes – Sie haben es erwähnt, Herr Minister – ist die Möglichkeit der freiwilligen Weiterarbeit bis zum 70. Lebensjahr, wenn dies im Interesse des Dienst herrn liegt. Diese Regelung zur freiwilligen Weiterarbeit geht in die richtige Richtung. Deswegen tragen wir sie im Grund satz auch mit.

Ich möchte allerdings etwas hinterfragen. Das hätten wir eben auch gern etwas ausführlicher vorberaten. Der Beamtenbund weist in seiner schriftlichen Stellungnahme, die in der Druck sache zusammengefasst wiedergegeben wird, zu Recht auf ei ne gewisse Unstimmigkeit, eine gewisse Inkonsequenz hin. Diese Inkonsequenz besteht darin: Mit der Verlängerung der Lebensarbeitszeit bis zum 70. Lebensjahr wird am Ende des Berufslebens eine freiwillige Verlängerung angeboten. Diese Möglichkeit werden diejenigen in Anspruch nehmen und auf greifen, die sich davon am Ende des Berufslebens noch einen individuellen Vorteil erhoffen und versprechen. Das ist auch in Ordnung so.

Gleichzeitig haben Sie aber durch die Absenkung der Ein gangsbesoldung am Anfang des Berufslebens eine Verschlech terung, eine geringere Attraktivität des Einstiegs in das Be rufsleben geschaffen. Das passt nicht zusammen; das möchte ich einfach sagen. Das setzt auch völlig falsche Signale für den qualifizierten Nachwuchs, den der Staat als Arbeitgeber für den öffentlichen Dienst im Wettbewerb um die besten Köpfe braucht. Es zeigt sich hier: Nach hinten verlängern und nach vorn unattraktiver machen, das passt einfach nicht zu sammen. Das ist inkonsequent.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das stimmt!)

Wir behalten uns diesbezüglich für die Zweite Beratung aus drücklich einen Änderungsantrag oder einen Ergänzungsan trag vor.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Ich möchte noch kurz etwas zu der geplanten Wiederabsen kung der Altersgrenze für die Einsatzbeamten bei der Berufs feuerwehr sagen. Bei der damaligen Dienstrechtsreform hat te der Gesetzgeber zu Recht Wert darauf gelegt, alle Beam tengruppen gleichartig zu behandeln. Das war konsequent.

Wir akzeptieren aber auch: Bei Angehörigen der Berufsfeu erwehr besteht eben die Besonderheit in ihrem Berufsleben, dass sie mit zunehmendem Alter nicht wie andere Berufsgrup

pen auch anders eingesetzt werden können. Ein Angehöriger der Berufsfeuerwehr muss auch zum Ende seines Berufsle bens exakt den gleichen körperlichen Anforderungen entspre chen – ich sage jetzt einmal: mit Atemschutz in einen Brand ort gehen, was körperlich sehr belastend ist –, die ein junger, fitter Feuerwehrbeamter erfüllen muss.

(Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Das akzeptieren wir. Darauf muss man Rücksicht nehmen, das muss man berücksichtigen. Deswegen werden wir diese Re gelung auch mittragen.

Zu den anderen Änderungen, die Sie vorgestellt haben, Herr Minister, wollen wir uns auch intern noch beraten.

Ich kündige an, dass wir für die Innenausschussberatung gern eine Anhörung Betroffener – nicht aller, aber einiger betrof fener Verbände, der kommunalen Landesverbände, auch des Beamtenbunds und des DGB – beantragen wollen und wer den. Nachdem jetzt die Beratungszeit so kurz war, möchten wir schon die Möglichkeit haben, uns auch mit den betroffe nen Organisationen über die grundlegenden Änderungen aus zutauschen.

Ganz herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Herrn Abg. Sckerl das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Blenke, es spricht nichts gegen eine Anhörung. Das können wir vielleicht auch gern schon heute am Rande des Plenums konkret ver einbaren, damit sie bei der nächsten Sitzung des Innenaus schusses stattfinden kann. Ich finde es richtig, die kommuna len Landesverbände und die beiden Beamtenorganisationen noch einmal anzuhören, und dass Sie mehr Zeit zur Beratung haben wollen, kann ich auch verstehen. Es muss immer das Bestreben sein, die Beratungsgrundlage frühestmöglich zur Verfügung zu stellen. Das ist in Ordnung.

Die Intentionen des Gesetzes sind bereits dargelegt worden. Wir nehmen die Gesetzesänderung vor, weil wir auf neue He rausforderungen neue Antworten geben wollen und müssen. Die Entwicklung im öffentlichen Dienst ist bekannt. Auch die Altersentwicklung ist bekannt, und die Breite neuer und alter Aufgaben ist ebenfalls hinreichend bekannt.

Es ist eine richtige Entscheidung, die Möglichkeiten zur frei willigen Verlängerung der Lebensarbeitszeit zu erweitern. Das ist natürlich schon eine Zahl, die vor zehn, 15 Jahren in der Debatte unvorstellbar gewesen wäre, aber jetzt ist die freiwil lige Verlängerung bis zum 70. Lebensjahr aktuell. Wir glau ben – unter Abwägung aller Gesichtspunkte –, dies auch um setzen und vertreten zu können.

Wir haben nun einmal gerade jetzt eine sehr große Bugwelle von Pensionierungen – der Minister sagte es – eines Viertels der Beschäftigten bis zum Jahr 2020 folgende vor uns. Wir sehen, dass uns damit unglaublich viel an Lebens- und Ar beitserfahrung sowie Know-how wegbrechen würde, von dem wir gern noch ein bisschen hätten, auch mit dem Blick auf die

demografische Entwicklung. Deshalb dieses Angebot. Wir se hen gerade aktuell die Bewältigung der Herausforderungen hinsichtlich der Flüchtlinge. Es gibt eine Vielzahl sehr fitter und rüstiger Pensionärinnen und Pensionäre, die gern zurück kehren, wobei das Geldmotiv gar nicht immer ausschlagge bend ist. Es muss natürlich in Ordnung sein.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Die wollen be schäftigt sein!)

Es muss steuerrechtlich alles sauber geregelt sein. Sie wollen beschäftigt sein, und sie sehen auch einen gesellschaftlichen Sinn in einer solchen Beschäftigung. Sich ein solches Poten zial zu erschließen finde ich, finden wir sehr, sehr richtig. Da gehen wir mit.