Weil es im Beitrag von Herrn Blenke angeklungen ist und si cher nachher auch im Beitrag des Abgeordneten der FDP/DVP anklingen wird, ist es mir ein wichtiges Anliegen, im Zusam menhang mit der Weiterentwicklung des Landesbeamtenge setzes zwischen zwei Regelungsbereichen klar zu unterschei den: einerseits der freiwilligen Weiterarbeit von aktiven Be amtinnen und Beamten und andererseits der Öffnung der Hin zuverdienstgrenze für sich bereits im Ruhestand befindliche Beamtinnen und Beamte.
Zum einen soll bei der freiwilligen Weiterarbeit von im akti ven Dienst befindlichen Beamtinnen und Beamten diesen er
möglicht werden, den Eintritt in den Ruhestand bis zur Voll endung des 70. Lebensjahrs auf Antrag hinauszuschieben, wenn dienstliche Interessen dies erfordern. Die Weiterarbeit erfolgt im bisherigen Amt. Beamtinnen und Beamte, die den Höchstruhegehaltssatz von 71,75 % bereits erreicht haben, er halten für die freiwillige Weiterarbeit einen Besoldungszu schlag in Höhe von 10 %.
Zum anderen soll durch die Änderung von § 68 Absatz 6 des Landesbeamtenversorgungsgesetzes – heute geht es ja um das Landesbeamtengesetz und nicht um das Landesbeamtenver sorgungsgesetz – ein finanzieller Anreiz für ehemalige Beam tinnen und Beamte geschaffen werden, die sich bereits im Ru hestand befinden. Es geht also um die Reaktivierung von Pen sionären. Die Neuregelung stellt dabei eine Ausnahmerege lung für Notlagen dar, in denen in der öffentlichen Verwal tung ein akuter Mehrbedarf an qualifiziertem Personal ent steht, derzeit z. B. im Flüchtlingsbereich, und in denen die In itiative für die Arbeitsaufnahme vom Arbeitgeber ausgeht. Die Tätigkeit muss also aufgrund dringender öffentlicher Belan ge oder dringender dienstlicher Interessen erfolgen, wobei die Entscheidungsbefugnis darüber eben nicht in den Händen der einzelnen Dienststelle liegen wird.
Bei der freiwilligen Weiterarbeit bleibt der Beamte in der Re gel unverändert in seiner bisherigen Verwendung. Wer also bisher in der Besoldungsgruppe A 12 z. B. als Betriebsprüfer beim Finanzamt tätig war, wird diese Tätigkeit einfach länger ausüben und erhält dann den entsprechenden Zuschlag, der sich an seiner Besoldungsgruppe – in diesem Fall A 12 – ori entiert, also 10 % mehr.
Bei einem Pensionär, der aufgrund einer Notlage beschäftigt wird, muss dies nicht zwangsläufig der Fall sein. Wenn sich also der pensionierte Betriebsprüfer z. B. entscheidet, bei der Registrierung von Flüchtlingen mitzuhelfen, so orientiert sich seine Entlohnung, die er dafür erhält, an der konkret ausge übten Tätigkeit. Es geht also bei dieser Veränderung des Ver sorgungsgesetzes nur darum, die Beschäftigung für ihn nicht unattraktiv werden zu lassen, indem man ihm Verdienstmög lichkeiten kappt.
Die „Gespensterberechnung“ von Herrn Blenke mit 171,75 % gegenüber den 110 % halte ich für völlig ausgeschlossen.
(Abg. Karl Zimmermann CDU: Es ist aber so! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wie viel ist es denn? Wis sen Sie es?)
Diese Vergleiche hinken. Insofern handelt es sich bei der frei willigen Weiterarbeit bis 70 und der Öffnung der Hinzuver dienstgrenze nicht um nebeneinanderstehende, gleichwertige Alternativen. Deshalb müssen sie im vorliegenden Gesetzent wurf auch nicht gegeneinander abgewogen werden. Keines falls werden diese Maßnahmen die Chancen junger Beamtin nen und Beamten schmälern, aber wir sichern uns die Erfah rung und das Know-how von erfahrenen Praktikern, die von der Möglichkeit einer freiwilligen Weiterarbeit Gebrauch ma chen werden.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Thomas Blenke CDU: Es geht um das nega tive Signal! Das Signal ist negativ!)
Frau Präsidentin! Vielleicht darf ich mir hier einen Stuhl hinstellen, dann muss ich nicht immer hin- und herlaufen.
Ich glaube, das ist wirklich Rekord, was wir im Moment an Gesetzentwürfen serviert bekommen. Man muss ja immer überlegen, ob man tatsächlich zum richtigen spricht. Das ist schon eine erstaunliche Torschlusspanik, die da ausgebrochen ist.
(Abg. Thomas Blenke CDU: Bleiben Sie doch gleich vorn! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Nein! Kreative Gestaltungsoffensive!)
steckt vieles, dem wir zustimmen würden, z. B. der Gedanke der freiwilligen Weiterarbeit, aber auch der Gedanke der Ver längerung bis 70. Dagegen ist aus unserer Sicht eigentlich nichts zu sagen, auch nicht gegen die Absenkung der Alters grenzen bei der Feuerwehr, gegen die Regeln zur Vereinfa chung der Vereinbarung von Familie und Beruf. Das kann man eigentlich alles billigen.
Aber Sie wissen, dass an bestimmten Punkten die Meinungs verschiedenheiten anfangen. Sie schreiben in Ihren Gesetz entwurf, dass freiwillig weitergearbeitet werden darf, wenn dies im dienstlichen Interesse liegt. Auch wir wollen das dienstliche Interesse berücksichtigen, aber wir finden diese Konstruktion unfreundlich gegenüber jenen, die freiwillig weiterarbeiten möchten, wenn mehr oder weniger begrün dungslos gesagt werden kann: Dich wollen wir nicht. Man braucht nur kein dienstliches Interesse zu begründen, dann ist schon Ende der Fahnenstange.
Wir würden das dienstliche Interesse gern berücksichtigen, aber in der Konstruktion gerade umgekehrt: dass der Betref fende freiwillig weiterarbeiten kann, wenn dem keine dienst lichen Interessen entgegenstehen. Wir bleiben auch dabei, dass es für den Dienstherrn zumutbar ist, zu sagen, wenn dienstli che Interessen entgegenstehen.
Nicht umsonst hat das Dienstrechtsreformgesetz von 2010, wenn auch befristet bis 2028, um mehr Menschen zu veran lassen, länger zu arbeiten, diese für die Betroffenen freundli chere Regelung aufgenommen. Die kassieren Sie nun ganz. Damit sind wir nicht einverstanden, und darauf bezieht sich auch der erste Teil unseres Änderungsantrags. Wie gesagt: Wir wollen, dass dienstliche Interessen Berücksichtigung finden; aber wir wollen auch, dass dem Beamten dann gesagt wird, welche dienstlichen Interessen einer Weiterarbeit entgegen stehen. Das ist nicht zu viel verlangt und unserer Meinung nach die richtige Konstruktion.
Der zweite Punkt befasst sich auch bei uns, was den Ände rungsantrag betrifft, mit der Absenkung der Eingangsbesol dung. Wenn man einen Zusammenhang herstellt, wie es der
Kollege Blenke mit der Maßnahme am Ende getan hat und wie es übrigens auch der Beamtenbund tut, hat das schon sei ne Plausibilität. Aber wir sagen vor allem: Auch diese Ab schaffung der Absenkung der Eingangsbesoldung, die angeb lich von allen gewollt wird – angeblich! –, kann man eigent lich an jedes dieser zahllosen Gesetze, die kommen, irgend wo anhängen.
Wenn schon so viele Gesetze im Beamtenbereich kommen, dann kann man das in irgendeinem Gesetz erledigen, und ich sage ganz deutlich: Wenn Sie diese zahllosen Gelegenheiten im Rest dieser Legislaturperiode nicht nutzen, das umzuset zen, dann glaube ich Ihnen Ihre Sirenengesänge nicht, die Sie jetzt in reichlich durchsichtiger Weise auf der Zielgeraden der Legislaturperiode gegenüber den Beamten aussenden. Dann ist da nicht viel dran. Dann werden Sie das nämlich in der nächsten Legislaturperiode, wenn Sie noch die Mehrheit ha ben, auch nicht tun, sonst würden Sie es jetzt tun. So einfach ist das.
Übrigens noch ein Wort dazu: Wir haben nie verschwiegen, lieber Herr Sckerl, dass wir vor Jahren einmal aufgrund eines Haushaltserfordernisses 4 % eingespart haben. Sie machen aber 8 % daraus, ohne dass es ein Haushaltserfordernis gäbe. Das ist der Unterschied.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: 4 % stam men von Ihnen!)
Denn von einem Haushaltserfordernis kann man gar nicht re den. Sie geben ja in allen Bereichen Geld aus. Das ist das, was Sie nicht wahrhaben wollen: Dass auch bei den Beamten ein Stückchen gespart wurde, die damals, wenn auch nicht gern, akzeptiert haben, dass überall gespart werden musste, das war irgendwo nachvollziehbar. Aber für die Beamten ist nicht nachvollziehbar, dass, wenn nirgendwo gespart wird, sondern überall mehr Geld ausgegeben wird, aus den 4 % auch noch 8 % werden. Das können Sie niemandem vermitteln.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es! – Zuruf: Sehr richtig!)
Ich würde auch dem schlechten Rat von Herrn Sckerl nicht folgen, abzuwarten, bis wir niemanden mehr bekommen. Sei ne Einschätzung stimmt auch gar nicht; denn im Justizbereich haben wir die ersten Fälle, und ich kann mich – seit dem Stu dium, seitdem ich das beobachte – überhaupt nicht daran er innern, dass es das schon einmal gab, dass Stellen nicht be setzt werden konnten.
Jetzt ist es so weit: Die ersten Stellen konnten – zumindest auf Anhieb – nicht besetzt werden, nachdem sie ausgeschrieben waren.
Die andere Geschichte, die angesprochen worden ist, die Rück kehr der Pensionäre, können wir besprechen, wenn dieses Ge
setz kommt. Dass darin ein Widerspruch liegt, ist eklatant. Wenn ich die normale Altersgrenze erreiche und es um frei willige Weiterarbeit geht, dann würde ich jetzt eigentlich nachfragen: Braucht ihr mich dringend? Und wenn ich das Gefühl habe, ich werde dringend gebraucht, dann arbeite ich doch nicht freiwillig weiter, sondern dann nehme ich die 171,75 %; das ist übrigens eine sehr einfache Rechnung, das Gehalt und die Höchstpension zusammengerechnet. Darüber sprechen wir dann beim zweiten Gesetzentwurf. Wir halten diese Regelung übrigens beim besten Willen für übertrieben.
Frau Präsidentin, werte Kol leginnen, werte Kollegen! Ich will mich in aller Ernsthaftig keit zu Beginn dafür bedanken, dass es offensichtlich zu wei ten Bereichen unseres Gesetzentwurfs Konsens gibt. Es gibt die Bereitschaft, anzuerkennen, dass wir dort etwas verändern müssen, dass wir den Rahmen der Arbeit im öffentlichen Dienst insgesamt verändern, das heißt, verbessern müssen, dass wir das öffentliche Dienstrecht u. a. auch der demogra fischen Entwicklung und dem dortigen Wandel anpassen.
Ziel des Ihnen vorliegenden Entwurfs ist es, im öffentlichen Dienst in Fortführung der Dienstrechtsreform aus dem Jahr 2010 diejenigen Instrumente bereitzustellen, die wir benöti gen, um auf die Herausforderungen in der Zukunft, aber auch auf die gegenwärtigen Herausforderungen flexibel und sach gerecht reagieren zu können.
Da geht es zum einen darum, dass wir als Arbeitgeber – das ist unbestritten – für junge Menschen attraktiv bleiben wollen und attraktiv bleiben müssen. Ich denke aber, wir sind uns auch darin einig, dass dies nicht nur – auch, aber nicht nur – an der Bezahlung festgemacht wird. Ich jedenfalls nehme wahr: Wenn wir mit jungen Menschen sprechen, die sich in unterschiedlichen Bereichen für eine Arbeitsmöglichkeit im öffentlichen Dienst interessieren, wird häufig die Frage nach flexiblen Arbeitszeiten formuliert, ebenso nach einer Bereit stellung von Kinderbetreuungseinrichtungen an den einzel nen Dienststellen, nach Telearbeitsplätzen usw. usf. Solche Fragen spielen beileibe keine untergeordnete Rolle, sondern sind wichtig, wenn die Vereinbarkeit von Familie und Beruf angestrebt wird.
Aber, wie gesagt, wir stehen im Wettbewerb mit anderen Be hörden, zum Teil auch mit Behörden des Bundes. Wir stehen aber auch mit der Wirtschaft im Wettbewerb – die Stichwor te lauten Fachkräftemangel und Wettbewerb um die besten Köpfe. Es geht aber auch darum, deutlich zu machen, dass bei uns im öffentlichen Dienst ein gewichtiges Augenmerk auch auf das Thema „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ gelegt werden muss. Auch das Thema Pflege wird immer wichtiger
werden; es geht um die Frage, welche Möglichkeiten und Op tionen das Land als Arbeitgeber in diesem Bereich eröffnet.
Deshalb ist es schön, dass der Deutsche Gewerkschaftsbund und der Beamtenbund insbesondere die Regelungen zur bes seren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf in der öf fentlichen Anhörung im Innenausschuss ausdrücklich begrüßt haben. Das verwundert allerdings nicht; denn dies wurde be reits seit Jahren gefordert.
Hiermit unterstützen wir pflegende Angehörige in ihrem Le bensalltag. Denn jeder, der bereits solche Erfordernisse im fa miliären Umfeld erlebt hat, weiß, wie schwierig es ist, diese Aufgaben zu bewältigen und gleichzeitig im Beruf nach wie vor seinen Mann bzw. „seine Frau“ zu stehen.
Es geht aber auch darum, meine Damen und Herren, dass wir auf die Altersstruktur der Belegschaft im öffentlichen Dienst des Landes reagieren. Denn wir werden in den nächsten zehn Jahren außerordentlich gute, verlässliche, vor allem aber auch erfahrene Menschen verlieren, weil diese die entsprechende Altersgrenze erreichen. Dies sind oftmals – wer würde dies bestreiten? – unsere Leistungsträger mit einem enormen Fach wissen, das nicht immer ganz einfach zu ersetzen ist. Diese Lücken wollen wir schließen, indem wir das Erfolgsmodell – es ist unseres Erachtens ein Erfolgsmodell – „Offensive für freiwillige Weiterarbeit“ jetzt konsequent fortführen, also über die reguläre Pensionsaltersgrenze hinaus bis zur Vollendung des 70. Lebensjahrs.
Die Rückführung der Sonderaltersgrenze für die Beamtinnen und Beamten des Einsatzdienstes in den Feuerwehren in un serem Land – auch das haben nach meiner Wahrnehmung heu te alle angesprochen – möchte ich an dieser Stelle ebenfalls nicht unerwähnt lassen. Sie ist infolge der besonderen Belas tung in diesem Bereich – eine solche Belastung ist mit der in anderen Bereichen nicht vergleichbar – geboten.