Herr Präsident, werte Kol leginnen und Kollegen! Heute ist es also wieder einmal so weit: Die Grünen beantragen eine Aktuelle Debatte und wol len sich loben lassen als Vorreiter – so haben wir Frau Sitz mann vorher gehört – des Asylpakets. Lob ist aber an dieser Stelle nicht angebracht.
Die erste Aussage ist: Das Asylpaket hat sehr, sehr lange ge dauert. Das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz hätte ge wissermaßen schon von Anfang an beschleunigt auf den Weg gebracht werden müssen. Aber während Grüne im Land und im Bund darüber noch diskutierten, ob es eine Gesundheits karte geben soll, ob es eine Gesundheitskarte mit voller Ver sichertenleistung geben soll oder mit einer Leistung, die nur einer Akutversorgung entspricht, sind immer noch sehr, sehr viele Flüchtlinge aus Albanien, dem Kosovo und aus Monte negro gekommen, obwohl zu dem Zeitpunkt schon klar war, dass diese aus sicheren Herkunftsländern kommen.
(Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Das stimmt doch über haupt nicht! – Zuruf von den Grünen: Schlichtweg falsch!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir stehen für ein echtes Asylrecht für diejenigen, die einen Asylgrund haben. Aber das Ganze hätte damals einfach schneller gehen müssen.
Denn die Situation ist jetzt folgende: Von den 20 000 Flücht lingen in Baden-Württemberg, die eigentlich ausreisepflich tig wären, die aber nicht auffindbar sind oder bei denen nicht klar ist, wo sie gerade sind, kamen viele damals aus den si cheren Herkunftsländern.
Wenn sich dann Innenminister Gall immer wieder lobt, die Rückführungen hätten sich zahlenmäßig verzweieinhalbfacht, so muss uns das doch zu denken geben; denn im gleichen Zeit raum sind 20-mal so viele Flüchtlinge zu uns gekommen.
Herr Gall betont immer wieder, er würde auf die freiwillige Rückkehr setzen. Allerdings gibt es hierzu keine belastbare Statistik, die den Erfolg dieser freiwilligen Rückkehr irgend wie belegen könnte. Da wird dann irgendwie von Erfahrun
gen, Beobachtungen gesprochen, wonach es doppelt so viele freiwillige Rückkehrer seien. Aber, meine sehr geehrten Da men und Herren, es muss doch Mechanismen geben, die eine Ausreise kontrollieren. Es wird ja wohl kaum so sein, dass man einem Ausreisewilligen Geld in die Hand drückt und dann nicht kontrolliert, ob er auch tatsächlich ausreist. Das kann doch bitte nicht wahr sein, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Zum Thema Gesundheits karte: Der Bund hat nun den Weg für die von Ihnen geforder te Gesundheitskarte frei gemacht. Nach einiger Zeit haben ja wohl auch die Grünen festgestellt, dass diese Gesundheitskar te nur mit eingeschränkten Leistungen einhergehen kann. Al les andere wäre ein zu starker Pull-Faktor.
Im Gegensatz zu Ihnen weiß ich das. Jetzt reden Sie einfach einmal weiterhin über Verkehr und solche Geschichten, und hören Sie bei diesem Thema doch einfach einmal zu und la bern hier nicht immer wieder hinein.
Aber noch immer ist unklar, wie diese Gesundheitskarte denn eigentlich aussehen soll. Denn es ist einfach problematisch und schwierig, auf einer Gesundheitskarte zu vermerken, dass davon nur ein Teil der Leistungen abgedeckt wird.
Frau Ministerin Öney, das Integrationsministerium hatte die se Woche ein Gespräch mit der KV. Wir wären natürlich bren nend daran interessiert, zu diesem Punkt zu erfahren, ob Sie da möglicherweise gemeinsam mit der Kassenärztlichen Ver einigung schon etwas erreichen konnten.
Wir Liberalen fordern, dass wir eine Gesundheitskarte – die können wir von mir aus einführen – mit dem gerade beschrie benen Leistungsumfang einführen, aber nicht in der Landes erstaufnahme, denn auch das würde als starker Pull-Faktor verstanden werden.
(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Es ist stark irritie rend, was Sie vortragen, Herr Kollege! Ihre Wortwahl irritiert mich!)
Asylbewerber sollen – das ist auch Gegenstand des Pakets – nun in der Erstaufnahme nur noch Sachleistungen bekommen, denn Geld ist auch ein Pull-Faktor. Grüne bezweifeln aber, ob das mit einem vertretbaren Aufwand einhergehen würde.
Das hat mich schon bei unserer letzten Debatte mit großer Sor ge erfüllt, dass wir über Sachleistungen sprechen, über eine Geldkarte sprechen, und im gleichen Augenblick hört man dann schon: Oh, ist das bei dem Aufwand überhaupt mach bar?
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich hoffe, dass die Umsetzung der Wertkarte jetzt nicht so kompliziert ist, dass die Grünen nachher behaupten können, für die Umsetzung ei ner Wertkarte wäre der Aufwand zu groß.
Wir Liberalen stehen für ein strenges Asylrecht, bei dem rein die Frage gestellt wird, ob ein Asylgrund gegeben ist. Wir for dern vielleicht noch ein Gastrecht ein, dass man also bei uns unsere Regeln einhält. Ich glaube, das dürfen wir auch.
Wir Liberalen fordern darüber hinaus, dass für Kriegsflücht linge ein temporärer Schutz gewährleistet wird. Das würde auch dazu führen, Herr Kollege Schmiedel, dass das Bundes amt für Migration und Flüchtlinge eben nicht überfordert wä re, wenn man die Kriegsflüchtlinge aus dem normalen Asyl verfahren herausnimmt und ihnen temporären Schutz anbie tet.
Es fällt mir als Familienvater nicht leicht – das habe ich bei der letzten Aktuellen Debatte auch schon gesagt –, das Gan ze zu fordern,
aber wir müssen uns Gedanken darüber machen, ob wir das nicht mit einer temporären Einschränkung des Familiennach zugs verbinden wollen, meine sehr geehrten Damen und Her ren. Denn die Menschen in diesem Land haben Angst, dass aus einer Million Flüchtlinge ganz schnell fünf Millionen Flüchtlinge werden können.
Aber wir wollen auch hier eine Lösung für die Betroffenen haben. Wir fordern ein Zuwanderungsgesetz. Wer in Lohn und Brot steht und seine Familie versorgen kann, für den kann na türlich jederzeit ein Familiennachzug stattfinden. Es muss ei ne Möglichkeit geben, aus dem temporären Schutz über das Asylrecht heraus in einen Status nach dem Einwanderungs gesetz zu kommen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren der Regierungsfrak tionen, zum Abschluss: Manchmal stelle ich mir die Frage: Wo leben Sie eigentlich? Bekommen Sie eigentlich mit, wie der Kittel brennt im Land, wie die Stimmung jetzt gerade ist?
Hand aufs Herz: Irgendwann wird es zu einer Begrenzung des Zugangs für Flüchtlinge kommen, egal, ob wir das wollen oder nicht.
Herr Ministerpräsident, Sie haben gesagt: Das Boot ist nie mals voll. Ich sage an dieser Stelle aber auch noch einmal: Das Boot ist spätestens dann voll, wenn es in der Bevölkerung in unserem Land keine Bereitschaft mehr gibt, weitere Flücht linge aufzunehmen.
Aus diesem Grund sage ich: Lassen Sie uns den Bogen nicht überspannen. Lassen Sie uns ein strenges, aber gerechtes Asyl recht, einen temporären Schutz für Kriegsflüchtlinge haben, und lassen Sie uns dann lieber im Gegenzug an einem sinn vollen Zuwanderungsgesetz arbeiten, das sich nach der Ar beitsmarktintegration, nach dem Spracherwerb und auch nach dem Bekenntnis zu unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung richtet.
(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. An dreas Schwarz GRÜNE: Ja, von der haben Sie sich verabschiedet, Herr Kollege!)
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Wir erleben aktuell eine Zeitenwende, eine globale Krise. 60 Millionen Menschen sind auf der Flucht. Staaten im ara bischen Raum implodieren. Der IS treibt in Syrien und im Irak sowie auch anderswo schon sein Unwesen und greift jetzt auch nach Europa. Jeden Tag kommen Tausende Flüchtlinge nach Deutschland. Allein im Oktober kamen mehr Flüchtlin ge zu uns nach Baden-Württemberg als im ganzen Jahr zuvor. Das fordert uns alle enorm heraus und bringt uns immer wie der an die Grenzen der Belastbarkeit und manchmal auch da rüber hinaus.