Herr Staatssekretär, Ihre ausufernde Rede hat eigentlich nur wieder bewiesen: Die Kulturpolitik von Grün-Rot gleicht ei nem Bauchladen. Jetzt, zum Schluss der Legislaturperiode, kurz vor der Wahl, haben Sie auch noch den ländlichen Raum entdeckt.
Sie haben meine Frage nicht zugelassen. Ich will sie jetzt noch aufwerfen: Was ist denn der rote Faden Ihrer Kulturpolitik?
Der Öffentlichkeit und auch uns stellt sich diese Frage. Es ist ja keine Kunst, Kunst zu fördern, wenn richtig Geld da ist.
Aber uns erschließt sich nicht die Systematik, nach der Sie jetzt mit dem Füllhorn über das Land gehen.
Würden Sie das genauso willkürlich machen, wie Sie jetzt das Geld ausgeben? Das ist doch die große Sorge von allen, die jetzt von den Steuereinnahmen profitieren.
(Beifall bei der CDU – Abg. Karl Zimmermann CDU: Die größte Kunst ist, einen solchen Staatssekretär über Jahre zu beschäftigen!)
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte gern noch zu einem Thema zurück kommen, das mich jetzt beschäftigt hat, nachdem Frau Kol legin Kurtz die bürgerliche Auffassung der zweckfreien Kunst hier dargestellt hat.
Ich bin der Meinung, Kunst ist nie zweckfrei. Sie erzeugt näm lich Wirkung, und sie regt Prozesse an, und das aus eigener Kraft, ohne dafür – wie Sie es nannten – instrumentalisiert zu werden.
(Abg. Sabine Kurtz CDU: Schön wäre es! – Abg. Karl Zimmermann CDU: Aber nur mit finanzieller Unterstützung!)
Die Bildungsschicht unseres Landes, die Sie als „bürgerlich“ bezeichnen, hat gar nicht diese Auffassung. Sie ist nämlich der Meinung, dass etwas Zentrales in diesem Bereich die kul turelle Bildung ist.
Sie kennen den Satz, dass man nur auf eine Speise Appetit hat, die man auch kennt. So ist es auch mit den verschiedenen Künsten. Wenn Kinder und Jugendliche als sogenanntes Kul turangebot nur das Internet, eine Laserspielehalle oder ähnli che virtuelle Angebote kennen, dann werden sie sich dort auch überwiegend aufhalten, und dabei werden sie im Übrigen al lein sein. Wenn sie aber im Theater, im Museum, im Konzert Entdeckungen machen, Kontakte knüpfen, die ihnen Freude bereiten und ihren Horizont erweitern, dann werden diese Or te auch gern wieder von diesen Kindern und Jugendlichen auf gesucht.
Ja, meine Damen und Herren, ich rede hier auch von künfti gen Besuchern unserer hoch subventionierten Kultureinrich tungen, und ich rede von Orten und Möglichkeiten, etwas aus zuprobieren, selbst aktiv zu werden oder etwas auf sich wir ken zu lassen und es mit anderen auch zu teilen. Das sind die Gründe, warum die Förderung der musisch-kulturellen Erzie hung an den Schulen so wichtig ist. Denn nicht alle Kinder haben von Haus aus die Gelegenheit, mit Kunst in Kontakt zu kommen.
Dazu hat der Fachbeirat „Kulturelle Bildung“ – darüber wur de schon gesprochen – ein umfassendes Konzept erarbeitet, dessen Umsetzung wir in Angriff genommen haben. Inzwi schen ist Baden-Württemberg eines von fünf Bundesländern mit dem Programm „Kulturagenten für kreative Schulen“. Wir haben dafür allein im laufenden Doppelhaushalt 320 000 € eingestellt, damit Kinder in der Schule und außerhalb der Schule mit Kunst in Kontakt kommen können. Das ist ein ganz wichtiger Einstieg.
Ich erzähle Ihnen sicherlich nichts Neues, wenn ich Ihnen sa ge, dass gemeinsames Musizieren in einer Band neben dem Spaß an der Musik natürlich auch emotionalen Rückhalt, al so soziale Gemeinschaft darstellt. Wie wichtig diese Elemen te in der zukünftigen Zeit sein werden, wenn es gilt, Menschen zu integrieren, ihnen die Sprache, etwa spielerisch beim Rol lenspiel, zu vermitteln, ihnen unsere Kultur und unsere Wer te zu zeigen und umgekehrt ihre Kultur kennenzulernen, das können wir uns noch gar nicht in vollem Umfang vorstellen.
(Abg. Karl Zimmermann CDU: Letzte Woche haben Sie abgelehnt, den Blasmusikverband zu unterstüt zen! Keinerlei finanzielle Unterstützung zugesagt!)
Denn es geht im Moment erst noch um Unterbringung, um Registrierung, um Anerkennung usw. Aber, meine Damen und Herren, es wird einen enormen Unterschied machen, ob und wie wir gemeinsam Fremdheit überwinden können.
Die SPD hat in der Vergangenheit immer von wichtigen kul turellen Bausteinen für Integration, Gemeinschaftsbildung so wie ästhetische Erziehung und Bildung gesprochen. Wir ha ben immer betont, dass Investitionen in die Qualität und Viel falt der kulturellen Strukturen gesamtgesellschaftlich und auch wirtschaftlich sinnvoll und zugleich Investitionen in die Zu kunft sind. Die Zukunft ist schneller gekommen, als wir es ah nen konnten, meine Damen und Herren.
bei dem nicht darauf hingewiesen wurde, dass die Zukunft der Kultur interkulturell ist. Wir warnten und sagten, soziale und kulturelle Ausgrenzung gehen Hand in Hand. Wir forderten mit konkreten Beispielen die aktive Teilhabe an der demokra tischen Gesellschaft durch Kultur. Darauf muss jede Kultur politik reagieren. Das ist auch der rote Faden. Das hat die Lan desregierung gezeigt.
Wir sind überzeugt, dass ein Denken, das Kultur angemessen fördert und pflegt, auch volkswirtschaftlich gesehen ökono misch ist. Kunst und Kultur sind nicht nur Basis unseres in tellektuellen Potenzials, nicht nur Grundlage von Wissensver mittlung, sondern auch eine gesellschaftliche Klammer, die immer notwendiger wird. Sie sind eine integrierende Kraft, und sie sind neben dem Sport oft der einzige Weg, um die Bil dung von Parallelgesellschaften zu verhindern.
Deshalb haben wir uns angestrengt, der Kultur in unserem Land die Förderung zu geben, die sie braucht, und ihr zu er möglichen, die Kraft zu entfalten, die unsere sich verändern de Gesellschaft braucht. Wir werden uns in diesem Sinn wei ter anstrengen, meine Damen und Herren.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte, weil mir vorhin die Zeit dazu gefehlt hat, noch auf ein Anliegen hinweisen.
Frau Ministerin, Sie wissen, dass durch das in Vorbereitung befindliche Kulturgutschutzgesetz des Bundes die Unterstüt zung durch private Kunstmäzene und Kunsthändler in Gefahr ist. Diese geplante gesetzliche Regelung ist mit viel zusätzli cher Bürokratie für den Export von Kunst und vor allem mit der Gefahr des Wertverlusts von Kunstgegenständen verbun den. Dies kann nicht in unserem Sinn sein.
Ich bitte Sie, das Gesetzgebungsverfahren – vor allem über den Bundesrat – entsprechend zu begleiten, damit das Enga gement der Privaten, insbesondere das wertvolle Engagement in diesem Land, nicht in Gefahr gebracht wird. Meine Bitte an Sie, dieses Thema zu begleiten, ist, denke ich, im Interes se aller in diesem Haus. Denn die beschriebenen negativen Folgen können wir uns nicht leisten. Das ist wie in der For schung. Da übersteigen die Mittel der Privaten die Möglich keiten, die wir im öffentlichen Bereich haben.
Dies gilt vor allem dann, wenn es um Hochpreisiges geht. Ich darf nur darauf hinweisen: Ein Staat könnte es sich nicht leis ten, mit 53 Millionen € ein Werk von Hans Holbein dem Jün geren ins Land zu holen und allen Bürgern zur Verfügung zu stellen. Das dürfen wir nicht gefährden.
Deshalb bitte ich Sie einfach, das im Auge zu behalten. Das ist ein kleines Weihnachtsgeschenk, das, glaube ich, wir alle uns von Ihnen wünschen.
(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP wischt mit einem Tuch über das Rednerpult. – Zurufe)
Meine Damen und Herren, es lie gen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aktu elle Debatte beendet und Punkt 1 der Tagesordnung erledigt.
Aktuelle Debatte – Der Solidarpakt Sport III – ein kräfti ger Aufschlag und bessere Planbarkeit für die Sportverei ne und -verbände im Land – beantragt von der Fraktion der SPD
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Aktuel le Debatte eine Gesamtredezeit von 40 Minuten festgelegt. Darauf wird die Redezeit der Regierung nicht angerechnet. Für die einleitenden Erklärungen der Fraktionen und für die Rednerinnen und Redner in der zweiten Runde gilt jeweils ei ne Redezeit von fünf Minuten. Ich darf die Mitglieder der Landesregierung bitten, sich ebenfalls an den vorgegebenen Redezeitrahmen zu halten.