Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen: Wenn Sie meinen, uns kritisieren zu können, dass beispielsweise das eine oder andere noch nicht so läuft, wie es denn tatsächlich zu 100 % laufen könnte, dann kritisieren Sie – jedenfalls bei den Bei spielen, die Sie heute angeführt haben – überwiegend die Bun desregierung, vor allem den Minister, der in der Bundesregie rung dafür Sorge zu tragen hat, dass der Bund seinen Ver pflichtungen und Aufgaben dort, wo es um die Schnittstellen der Zusammenarbeit zwischen Bund und Land geht, nach kommt. Das ist Ihr Innenminister, nämlich Thomas de Maizière.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Das hat er bis heute nicht begriffen!)
Ich erwähne das nicht gern, weil ich zutiefst davon überzeugt bin, dass diese Form der Diskussion und der gegenseitigen Vorhaltungen uns keinen Schritt weiterbringt. Wir, die Lan desregierung, sind an einem gemeinsamen Gelingen der Um setzung des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes interes siert. Gemeinsam sind wir daran interessiert.
Fordern Sie daher die Verantwortlichen, die bisher nicht da für Sorge getragen haben, dass wir beispielsweise im Bereich der Information, der EDV-Ausstattung kompatible Systeme haben, auf zu handeln. An uns, der Landesregierung von Ba den-Württemberg, liegt dies jedenfalls nicht.
Meine Damen und Herren, ich will schon einmal fragen: Was hat denn in diesen drei Monaten stattgefunden? Nahezu im Tagesrhythmus haben wir – ich will dies gar nicht als Vor schläge bezeichnen – Meinungsäußerungen gehört, Forderun gen nach einem Plan B, zwischenzeitlich auch nach einem Plan A2 – eine tolle Erfindung –, Forderungen nach Tages obergrenzen und nach Transitzonen.
Teile der Koalition wollen die eigene Regierung verklagen. 44 Abgeordnete schreiben einen Brief an die Kanzlerin – ei ne große Tat, wie ich finde. Der Kreisverband von Herrn Rüeck beschwert sich über seinen Abgeordneten. Das sind im Prinzip Dinge, bei denen ich wirklich sagen muss: Kauder hat recht. Kauder hat nämlich gestern aufgrund dieser ganzen Vor kommnisse gesagt: „Schluss mit dem Kasperletheater.“ Er hat Sie gemeint.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Dr. Ste fan Fulst-Blei SPD: Jawohl! – Abg. Jörg Fritz GRÜ NE: Karnevalsverein! – Weitere Zurufe – Glocke des Präsidenten)
Herr Minister, Sie haben gerade davon gesprochen, dass die Kooperation beim Datenaustausch unter den Behörden nicht an der Landesregierung scheitern würde. Im Mai vergangenen Jahres gab es einen Antrag von CDU-Abgeordneten, der genau das zum Gegenstand hatte. Dieser wurde damals abgelehnt, u. a. unter Hinweis auf den Datenschutz.
Von uns gab es auch den Vorschlag, dass es so etwas wie ei nen Flüchtlingsausweis geben sollte. Vor wenigen Wochen ha be ich die Integrationsministerin noch einmal darauf ange sprochen. Sie sagte, da hätte die Landesregierung dazugelernt.
Wo liegt jetzt das Problem? Hätten Sie damals einen Vorschlag von uns aufgegriffen, dann hätten wir eine sehr viel bessere Situation als die, die Sie jetzt beschrieben haben.
(Beifall bei der CDU – Abg. Muhterem Aras GRÜ NE: Frage! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Nein, das ist der Bund!)
Herr Müller, dem will ich wi dersprechen. Übrigens gibt es hier zwischen Bund und Län dern – insbesondere zwischen dem Bund und unserem Bun desland – nun wirklich keinen Dissens. Der Bund war damals technisch gar nicht in der Lage, dies umzusetzen. Da helfen politische Forderungen und Anträge gar nichts.
Herr Weise, der federführend für den Bund diese Verantwor tung übernommen hat, ist jetzt in der Lage, mit Menschen, die er aus seinem Verantwortungsbereich mitgebracht hat, die technischen Komponenten des Bundes zur Verfügung zu stel len. Da sind wir, übrigens in enger Zusammenarbeit mit dem CIO des Landes Baden-Württemberg, auf einem guten Weg, um Schritt für Schritt besser zu werden. Wir sind schon rich tig gut, wie ich finde. Aber auch in diesem Bereich kann es noch ein bisschen besser werden.
Im Übrigen gehöre auch ich zu denen – das will ich auch aus drücklich sagen –, die es für sehr sinnvoll und gut halten, wenn man in der Politik gelegentlich auch einmal etwas da zulernt. Nur: Wie Sie diese Debatte angelegt haben, macht deutlich, dass Sie nicht dazugehören.
Nein, im Moment nicht. – Zu Ihren Bemerkungen zur Residenzpflicht und Wohnpflicht will ich ausdrücklich sagen: Es wäre wahrscheinlich sinnvoller ge wesen, gestern in die Fraktion Fachleute einzuladen, die Ih nen Sachkunde geben, was in diesen Bereichen der Unter schied ist, statt Uschi Glas einzuladen. Dann würden Sie näm lich solche Aussagen nicht treffen.
Ich weiß, mit in den Raum gestellten Zahlen kann man insbe sondere bei Wahlkampfveranstaltungen schon Stimmung ma chen. Ich habe aber einfach die Bitte: Nehmen Sie die Zah len, die auch stimmen.
Sie haben jetzt beispielsweise auf die Zahl Bezug genommen, die in der Antwort auf die Große Anfrage zu der Frage steht, wie viele Nichtregistrierte es in Baden-Württemberg zum 6. Dezember gab. Dieser Zeitpunkt lag noch in der Anfangs phase, als der Zustrom an Flüchtlingen nun wirklich nicht in geordneten Verhältnissen hat abgearbeitet werden können. Für den damaligen Zeitpunkt stimmt die Zahl 15 000. Stand heu te bewegen wir uns aber etwa in einer Größenordnung von 2 500 Nichtregistrierten. Wir sind also auch in diesem Bereich wesentliche Schritte vorangekommen. Aber auch bei 2 500 Nichtregistrierten liegt in der Tat nicht immer alles in unse rem Ermessen.
Denn zugegebenermaßen verhalten sich die Menschen nicht immer so, wie wir es für richtig halten und wie wir es erwar ten.
Dass beispielsweise die Zahl der Geduldeten steigt, liegt schlicht und ergreifend auch in der Natur der Sache, weil Ab schiebehindernisse, die vor dem September bestanden haben, im Moment natürlich auch noch bestehen. Das wissen Sie doch auch. Da will ich ausdrücklich noch einmal an die Ver antwortung des Bundes erinnern – ich stelle es nur fest; ich kritisiere es gar nicht, weil ich weiß, dass es unheimlich schwer ist –,
das umzusetzen, was wir seinerzeit vereinbart haben, nämlich beispielsweise eine bundesweite Stelle zu schaffen, die es er möglicht, Passersatzpapiere auszustellen. Sie wissen ganz ge nau: Wenn diese Passersatzpapiere nicht vorhanden sind,
Nein. – Wir haben es inner halb von zwei Monaten – ich spreche von dem Zeitkorridor November, Dezember – geschafft, organisatorisch in der La ge zu sein, schneller, zügiger zu handeln. Wir haben es bei spielsweise durch zusätzliches Personal geschafft, dass die Stellen, die damit beauftragt sind, auch handlungsfähig sind. Wir haben innerhalb von zwei Monaten die Zahl der klassi schen Abschiebungen um nahezu 100 % und die Zahl der frei willigen Rückführungen um 150 % erhöht. Dies ist, wie ich jedenfalls finde, eine beachtliche Leistung derer, die dies vor Ort
in den Regierungspräsidien machen. Dafür sollten wir sie und unsere Polizei einmal loben und nicht kritisieren.
Zum Stichwort Wohnsitzpflicht: Es war der Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg, der sich auf der Ministerprä sidentenkonferenz im September des zurückliegenden Jahres klar zum Thema Wohnsitzpflicht geäußert hat; nur damit hier keine Märchen verbreitet werden.
Orientieren wir uns an den Fakten, an den richtigen Zahlen. Lassen Sie es einfach bleiben, hier Stimmung zu machen. Herr Wolf, ich will Ihnen sagen: Ich bin zutiefst überzeugt davon: Auf dem Spielfeld der AfD werden Sie nichts gewinnen.
Für das Schlusswort der die Gro ße Anfrage stellenden Fraktion erteile ich Herrn Fraktionsvor sitzendem Wolf das Wort.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Innenminister, ich finde es bemerkens wert, aus dem Munde eines sozialdemokratischen Innenmi nisters Kritik an die Adresse einer CDU-Fraktion zu hören, die sich in diesen Tagen und Wochen nicht nur ausschließlich mit Fragen der Flüchtlingspolitik befasst, sondern auch damit, dass immer mehr Kinder ohne Frühstück oder mit falscher und schlechter Ernährung in die Schule kommen.