Protokoll der Sitzung vom 17.02.2016

Diese Rechtsänderung wollen wir auf ihre Wirksamkeit und Zweckmäßigkeit überprüfen. Das ist vernünftig. Schließlich wird in absehbarer Zeit ein Musteringenieurgesetz vorgelegt, auf das wir dann auch reagieren müssen. Wichtiger ist jedoch: Unsere Wirtschafts- und Arbeitswelt wandelt sich immer schnel ler. Auch als Gesetzgeber müssen wir ständig überprüfen, ob unser rechtlicher Rahmen noch den Bedürfnissen entspricht, die die Arbeitnehmer und die Unternehmen haben.

Wir werden dem Gesetzentwurf zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Für die FDP/DVP-Frak tion erteile ich das Wort Herrn Abg. Reith.

Herr Präsident, liebe Kollegin nen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Mit die sem Gesetzesvorhaben, das wir heute in der vorletzten Sit zung der Legislaturperiode beraten, stellt sich die Landesre gierung nochmals eine Visitenkarte aus. Wir beraten ein Ge setz, das übereilt, mangelhaft und unnötig ist und das vollen dete Tatsachen schafft, die nicht lange Bestand haben werden.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Wenn das eine der letzten Handlungen unter Grün-Rot ist, dann sagt das viel über Ihr Verständnis von Politik aus.

Am 21. Januar fand eine Anhörung im zuständigen Finanz- und Wirtschaftsausschuss statt, auf die ich noch etwas näher eingehen möchte. Die Vorredner haben das schon angeschnit ten, aber mir erscheint es schon wichtig, noch einmal auf die einzelnen Aussagen einzugehen. Diese Anhörung kam im Üb rigen auf Initiative der Fraktionen der CDU und der FDP/DVP zustande. Nach Meinung der Landesregierung oder der Grü nen und der SPD war das nicht beabsichtigt und nicht nötig gewesen. Ich kann Ihnen sagen, meine Damen und Herren: Sie wussten, warum.

Wie die Experten bei dieser Anhörung über das Gesetzesvor haben aussagten, offenbart es massive Schwächen. Ich darf das in Erinnerung rufen.

Herr Schäfer vom Verein Deutscher Ingenieure stellte klar, dass für die Anforderungen der europäischen Berufsanerken nungsrichtlinie eine kleine Novelle des geltenden Ingenieur gesetzes völlig ausgereicht hätte. Also: Entgegen Ihrem euro päischen Deckmäntelchen ginge es auch ein paar Nummern kleiner.

Herr Toepfer von der Landesvereinigung Baden-Württember gischer Arbeitgeberverbände warnte vor der Gefahr eines Fli ckenteppichs mit länderspezifischen Regelungen. Er wies da

rauf hin, dass eine baden-württembergische Regelung vor die sem Hintergrund völlig ungeeignet wäre, wenn man nationa le Mobilität, eine vereinfachte Zuwanderung von Ingenieuren und eine erhöhte Transparenz haben möchte. Er plädierte für ein gemeinsames Vorgehen im Rahmen der Bund-LänderGruppe zur Koordinierung der Ingenieurgesetze in Deutsch land, die bis 2017 Regelungen vorschlagen wird.

Herr Professor Dittmann vom Fakultäten- und Fachbereichs tag Wirtschaftsingenieurwesen merkte zu Recht an, dass der Ingenieurkammer im Bereich Wirtschaftsingenieurwesen die fachliche und akademische Expertise fehlt.

Wirtschaftsingenieure sind ein wichtiger Pfeiler der deut schen Wirtschaft. Ihr Erfolg darf nicht durch ein Landes ingenieurgesetz verhindert werden.

Herr Professor Ressel, Rektor der Universität Stuttgart und stellvertretender Vorsitzender der Landesrektorenkonferenz Baden-Württemberg, bedauerte es seitens der Universitäten ebenfalls sehr, dass man nicht eine bundesweite Regelung in der Ingenieurgesetzgebung gefunden hat, sondern in jedem Bundesland jetzt ein eigenes Ingenieurgesetz entsteht.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Diese Aus sagen sind verheerend!)

Dazu kam aus seiner Sicht die beabsichtigte Änderung von § 4 Absatz 2 Nummer 1 des Architektengesetzes: nach seinen Worten ein klares Berufsverbot für all diejenigen, die mit ei nem Bachelorabschluss in Architektur ihr Studium abschlie ßen und in die Berufswelt hinausgehen wollen. Für diese gibt es keine Zulassung durch die Architektenkammer. Er attes tierte einen schleichenden und langfristigen Eingriff in die Hochschulautonomie

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Hört, hört!)

und damit auch in die Wissenschaftsfreiheit, und das darf nicht sein.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Arnulf Frei herr von Eyb CDU)

Herr Professor Franke, Rektor der Hochschule für Technik Stuttgart, bezeichnete für die Rektorenkonferenz der Hoch schulen für Angewandte Wissenschaften Baden-Württemberg die beabsichtigten gesetzlichen Regelungen wörtlich als „fal sches Signal für die heimische ausgezeichnete Ingenieuraus bildung“.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Das ist es!)

Ich fasse zusammen: Die führenden Vertreter der Hochschu len, der Wirtschaftsingenieure, der Arbeitgeber und der Inge nieure attestierten diesem Gesetzentwurf gravierende Män gel.

Aber er ist nicht nur inhaltlich schlecht. Das Gesetz ist unnö tig und setzt in einer Zeit, in der in unserem Hochtechnolo gieland dringend Ingenieure gesucht werden, das falsche Si gnal.

Da hilft es auch nichts, wenn es jetzt erst einmal beschlossen und dann nach einiger Zeit wieder draufgeschaut wird. Wir

brauchen eine bundeseinheitliche Regelung. Was die Landes regierung reitet, jetzt kurz vor Toresschluss noch eine man gelhafte Regelung durchzudrücken, kann mir wirklich nie mand erklären. Sie stehen größtenteils im Wahlkampf, und ich wünsche allen schon jetzt viel Vergnügen, diese unnötigen und mangelhaften Regelungen den Ingenieuren vor Ort zu erklä ren.

(Zuruf des Staatssekretärs Jürgen Walter)

Meine Damen und Herren, ein Appell an Ihre Vernunft: Las sen Sie uns das Thema im nächsten Landtag nochmals disku tieren. Nehmen wir uns die Zeit, die es braucht, die Mängel zu berücksichtigen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Zurückzie hen!)

Nehmen wir uns die Zeit, darüber nachzudenken, ob die Be ratungen auf Bundesebene nicht eine Lösung bringen werden, die dem wichtigen Bereich der Ingenieure würdig ist. Es kann nur besser werden, besser als diese überhastete Aktion der „Heiligen der letzten Tage“ in diesem Haus.

(Heiterkeit des Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU)

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Für die Landesregie rung erteile ich das Wort Herrn Staatssekretär Hofelich.

(Zuruf von der Regierungsbank: Peter, auf! Gib Gas! – Zuruf: Jetzt redet der Staatssekretär zu einem un nötigen Gesetz!)

Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Herr Reith, ich zitiere Ihren Kollegen Goll aus der vorhergehenden De batte: Finden Sie das nicht etwas übertrieben?

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Nein, gar nicht!)

Ich würde einfach sagen: Wir reden einmal ein bisschen über das, worum es heute in der Sache wirklich geht. Es geht um keine Kampagne, die man draußen entfachen muss, sondern es geht um eine Frage, die wir hier im Hause regeln, und zwar zeitig, und das tun wir heute.

Wir beraten die Novelle des Bauberufsrechts und anderer Ge setze heute im Landtag abschließend. Im Vorfeld der heutigen Beratung gab es einen mitunter kontroversen Meinungsaus tausch zu einzelnen Regelungen des Gesetzentwurfs, Rege lungen, mit denen aber verpflichtendes EU-Recht umgesetzt und bestehende berufsrechtliche Vorschriften im Architekten- und im Ingenieurgesetz überarbeitet werden sollen.

Ich glaube, dass uns eine vernünftige Lösung geglückt ist, nicht zuletzt durch den intensiven Austausch mit den beiden betroffenen Kammern sowie Vertreterinnen und Vertretern von Berufsverbänden und Hochschulen. Es war ein Austausch, und Ihre Schilderung war da gerade doch ein bisschen einsei tig.

Ich darf mich auch an dieser Stelle bei allen, die dazu beige tragen haben, für ihre Expertise und ihren Einsatz sehr herz lich bedanken. Es war eine Politik des Dialogs, auch wenn nicht alle das Ergebnis am Ende schätzen mögen. Aber ich denke, es ist richtig im Prozess gewesen.

Deswegen will ich nur noch einmal kurz aufführen, was ich jetzt gerade von den beiden Oppositionsfraktionen gehört ha be. Ich habe – sehr sympathisch für mich – vom Kollegen Löffler gehört: Die CDU geht in wesentlichen Teilen mit.

(Staatssekretär Jürgen Walter: Das ist auch seine Ab schiedsrede gewesen!)

Sie wirft uns ein Zögern vor.

(Zuruf des Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU)

Die FDP/DVP geht in wesentlichen Teilen nicht mit. Sie wirft uns übereiltes Handeln vor. Ich kann nur sagen: Wenn Sie bei de noch zusammen regieren würden, was sich in diesem Land niemand mehr recht vorstellen kann, dann hätten Sie jetzt ge rade wieder eine Koalitionskrise. Irgendwie hätten Sie – was Sie sicherlich ganz gut können – bei einem relativ einfachen Sachverhalt das Ding auch an die Wand gefahren. Ich weiß, es gibt keine Koalition in der Opposition. Aber Sie müssen sich vielleicht einmal darüber im Klaren sein, wie weit Sie da gerade auseinanderliegen. Aber gut.

Ich bedanke mich nochmals bei allen, die einen Beitrag ge leistet haben, und will wesentliche Punkte der Novelle des Bauberufsrechts nochmals kurz aufgreifen.

Im Ingenieurrecht belassen wir es dabei, dass eine hoheitliche Anerkennung von Berufsqualifikationen nur bei ausländischen Abschlüssen erforderlich ist. Dies ist mit Blick auf das hohe Qualifikationsniveau inländischer Ingenieure und den Ver braucherschutz auch erforderlich. Denn nur Personen mit den entsprechenden fachlichen Qualifikationen soll eine Berufs ausübung unter der geschützten Berufsbezeichnung „Ingeni eur“ möglich sein.

Bei Ingenieuren, die im Inland studiert haben, erfolgt diese Qualitätskontrolle bereits in unseren Hochschulen. Eine wei tere Anerkennung ist daher nicht zielführend.

Auch eine verpflichtende Mitgliedschaft in der Ingenieurkam mer ist – um das nochmals deutlich zu sagen – mit Ausnah me der Beratenden Ingenieure nicht erforderlich.