Protokoll der Sitzung vom 17.02.2016

Wir sind also keine Fundamentalopposition; Sie hingegen sind eine Fundamentalregierung. Das gehört an dieser Stelle ganz deutlich gesagt, sehr geehrte Damen und Herren.

(Beifall des Abg. Konrad Epple CDU – Unruhe)

Das ist das eine.

Selbst was den Ausschuss, den Umweltausschuss, betrifft, ist jetzt die Frage, ob während der gesamten fünf Jahre auch nur ein einziger Antrag mit Beschlussteil vonseiten der Oppositi on Ihre Zustimmung erfahren hat.

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Na und? – Zuruf des Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE)

Da hat der Vorsitzende Müller gesagt: Keinem einzigen ha ben Sie zugestimmt. – Herr Kollege Stober, Sie rechnen her um. Vielleicht war es einer – aber das in fünf Jahren. Ich sa ge Ihnen ganz ehrlich: Das kann eigentlich überhaupt nicht sein.

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Das ist eine Frage der Qualität!)

Und sich dann hier hinzustellen und zu sagen, wir hätten ja einen Gesetzentwurf einbringen können, das ist leider nicht gut; das ist überhaupt nicht gut.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Eine Fundamental regierung!)

Worum geht es heute? Heute geht es um die Unabhängigkeit der Landesregulierungsbehörde. Diese ist für Strom- und Gas netzanbieter zuständig, die weniger als 100 000 Kunden ha ben, im Gegensatz zur Bundesnetzagentur, die für die größe ren Unternehmen mit mehr als 100 000 Kundenanschlüssen zuständig ist. Die Tatsache, dass die Landesregulierungsbe hörde unabhängig ist, ist also gerade für die kleinen Unter nehmen wie z. B. für Stadtwerke wichtig. Ebendiese Stadt werke waren nun lange genug schlechtergestellt – ein Beispiel nenne ich später noch.

Bereits seit dem Jahr 2012, seit dem Bestehen des Energie wirtschaftsgesetzes, war klar, dass gesetzgeberischer Hand lungsbedarf besteht, und zwar auch in Baden-Württemberg. Und jetzt bringt man in den letzten Wochen noch ein Gesetz nach vorn. Der Minister hat gesagt, ihm sei gar nicht richtig klar gewesen, dass auch in Baden-Württemberg gesetzgebe rischer Handlungsbedarf bestanden habe. Da stelle ich an die ser Stelle aber folgende Frage: Das Land Sachsen hat bereits im Jahr 2012 ein entsprechendes Gesetz auf den Weg ge bracht. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ist die Gro ße Koalition in Sachsen wirklich so viel cleverer als die grünrote Koalition hier in Baden-Württemberg? Ich möchte dies nur einmal als Frage in den Raum stellen.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Von Sachsen ler nen!)

Auffällig war aber noch etwas anderes: Im Rahmen des An hörungsverfahrens kam zum Ausdruck, dass es bei der Lan desregulierungsbehörde teilweise erhebliche Bearbeitungs rückstände gibt. Demnach müssen Unternehmen zum Teil zwei bis drei Jahre auf ihre Obergrenzenbescheide warten; das bedeutet, dass sie zunächst mit vorläufigen Erlösobergrenzen arbeiten müssen, was einen unglaublich hohen Aufwand dar stellt.

Ein weiterer Punkt ist die Transparenz. Grün-Rot hat immer wieder formuliert, dass Sie auch in diesem Bereich eine hohe Transparenz gewährleisten möchten. Ich stelle in diesem Zu sammenhang schon die Frage: Warum hat man dann keinen Beirat vorgesehen? Im Gesetz steht davon überhaupt nichts. Herr Minister, Sie haben gesagt, Sie persönlich hätten kein Problem damit, wenn hier ein Beirat installiert würde. Aber dass dazu überhaupt nichts im Gesetz steht und dass nichts Verbindliches enthalten ist, lässt uns an dieser Stelle doch noch einmal aufhorchen.

Für uns als Liberale ist klar: Die Stärkung der Landesregulie rungsbehörde und deren Unabhängigkeit sind wichtig. Wir glauben, dass ein Kammermodell, wie es in Bayern besteht, gut ist. Deswegen werden wir den Änderungsantrag der CDU mittragen.

Jetzt würde ich gern noch eine Bemerkung an Herrn Hofelich richten – ich weiß nicht, ob er noch da ist; er ist, glaube ich, nicht da; er ist offenbar auch ein Teilzeitparlamentarier. Herr Hofelich hat vorhin in Bezug auf einen anderen Gesetzent

wurf gesagt, die CDU behaupte, die Landesregierung habe zu schnell gearbeitet, und wir, die FDP/DVP, hätten gesagt, es sei verzögert worden. Ich sage Ihnen an dieser Stelle ganz klar: Das eine schließt das andere nicht aus. Es widerspricht sich nicht. Man kann schwach anfangen, und man kann dann auch noch stark nachlassen. Dieser Ausspruch erinnert mich leider sehr an Ihre Regierungszeit.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Für die Landesregie rung erteile ich das Wort dem Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft, Herrn Untersteller.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kol legen! Vor gut einem Jahrzehnt haben wir uns dafür entschie den, dass wir eine eigene, operativ tätige Landesregulierungs behörde in Baden-Württemberg aufbauen. Das war kein Muss; man hätte diese Aufgaben auch dem Bund überlassen können. Wir haben das damals aus guten Gründen anders entschieden. Heute ist im Umweltministerium eine eigene Landesregulie rungsbehörde für Baden-Württemberg angesiedelt. Diese kon trolliert die Netzentgelte von aktuell 113 Strom- und 100 Gas netzbetreibern hier im Land und überprüft ihr Verhalten an hand der rechtlichen Vorgaben. Ich glaube, das hat sich auch bewährt.

Warum hat es sich bewährt? Erstens ist es ein klarer Vorteil, dass vor allem kommunale Unternehmen eine solche Behör de als Ansprechpartner in ihrer Nähe haben und dass sie nicht jedes Mal nach Berlin müssen, wenn es um sie betreffende Verfahren geht. Herr Kollege Glück, man muss sehen: Klar haben wir manchmal längere Verfahren, aber das hängt in al ler Regel auch damit zusammen, dass die Unterlagen nicht vollständig vorgelegt werden. Man muss dann nicht immer auf die Behörde zeigen, sondern auch einen Blick auf dieje nigen werfen, die verpflichtet sind, die entsprechenden Unter lagen vorzulegen.

Kollege Lusche hat es bereits gesagt: Es geht um europarecht liche Vorgaben, die wir umzusetzen haben. Wir haben lange gezögert, einen Gesetzentwurf vorzulegen, weil wir der Auf fassung waren, dies auch unterhalb eines Gesetzgebungsver fahrens regeln zu können. Ich habe es im Ausschuss einge hend vorgetragen. Wir sind dann aber zu der Entscheidung ge kommen: Um auch hier Rechtssicherheit zu haben, machen wir einen Gesetzentwurf. Er liegt Ihnen heute vor. Ich glau be, dass wir mit dem geplanten Gesetz eine gute Grundlage schaffen.

Eine Bemerkung, Herr Kollege Lusche, zu Ihrem Änderungs antrag: Sie haben gesagt, Sie hätten sich an dem bayerischen Gesetz orientiert. Das war vornehm ausgedrückt; tatsächlich haben Sie den bayerischen Gesetzentwurf an einzelnen Stel len 1 : 1 kopiert. Das fällt natürlich auf, wenn man da hinein schaut.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Von Bayern ler nen!)

Von wegen, von Bayern lernen. – Worum ging es uns? Es ging uns darum, mit diesem Gesetzentwurf zusätzliche Büro kratie und auch zusätzliche Kosten zu vermeiden. Deswegen haben wir uns gegen diese Kammerlösung entschieden, die in Bayern gewählt wurde. Man kann das durchaus so machen,

aber – noch einmal – es war für uns das Entscheidende, kei ne zusätzliche Bürokratie und keine zusätzlichen Kosten mit diesem Gesetzentwurf für Baden-Württemberg zu produzie ren.

Wenn Sie aber schon das bayerische Verfahren übernehmen wollen, Herr Kollege Lusche, dann müssen Sie sich wenigs tens auch die Mühe machen, das, was Sie vorlegen, an BadenWürttemberg anzupassen. Ich will Ihnen einmal ein Beispiel nennen: Sie bringen einen § 5, und in diesem § 5 ist die Rede von einem Begriff, der zwar im bayerischen Laufbahnrecht enthalten ist – ich zitiere: „die vierte Qualifikationsebene“ –, den es aber in Baden-Württemberg gar nicht gibt.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Wir haben hier in Baden-Württemberg den höheren Dienst. Das bisschen Mühe müssen Sie sich dann schon machen: Wenn Sie ein Gesetz aus Bayern kopieren, müssen Sie auch handwerklich sauber arbeiten und die Punkte den Gegeben heiten in Baden-Württemberg anpassen.

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: So ist es!)

Das Parlament darf erwarten, dass Sie nicht nur „copy and paste“ machen.

(Zuruf des Abg. Ulrich Lusche CDU – Weitere Zu rufe)

Wenn Sie dann noch eine Geschäftsstelle einrichten wollen, so wie Bayern sie hat, wenn Sie, Herr Kollege Lusche, mit § 8 eine Geschäftsstelle einrichten wollen, dann kann man das al les machen; man muss nur wissen, dass in Bayern die Sach bearbeiter in den sogenannten Regierungen in den Regionen sitzen, z. B. in der Regierung Schwaben oder in den anderen Regierungen. Die machen die Sacharbeit, und die Geschäfts stelle in Bayern ist lediglich das Organ – –

(Abg. Ulrich Lusche CDU: Ach, du lieber Himmel! Um das geht es doch gar nicht!)

Es ist so. – Wenn Sie schon Bayern kopieren, dann müssen Sie vollständig kopieren und natürlich auch sagen, wo die Sacharbeit in Baden-Württemberg stattfinden soll. Sie legen uns hier einen Änderungsantrag vor, der zur Folge hätte, dass wir nur noch sozusagen ein Organ oben haben, aber nichts mehr darunter, wo die Arbeit stattfindet.

Daher rate ich Ihnen, Herr Kollege Lusche:

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Ziehen Sie den Änderungsantrag zurück, stimmen Sie unse rem schlanken Gesetzentwurf zu.

(Zuruf: Genau!)

Es ist ein Gesetz, das gewährleistet, dass die Landesregulie rungsbehörde weiterhin transparent arbeitet, dass sie kosten günstig arbeitet. Das hat sich bisher bewährt, und ich wüsste nicht, warum das künftig anders sein sollte.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Ulrich Lusche CDU: Ich habe noch Redezeit!)

Das Wort für die CDUFraktion erteile ich Herrn Abg. Lusche.

(Zurufe: Oh nein! – Lebhafte Unruhe)

Lieber Herr Kollege Untersteller, damit habe ich schon gerechnet. Sie weichen der eigentlichen Frage aus – Kollegialmodell, ja oder nein? – und kommen mir jetzt mit Kleinigkeiten und Einzelheiten. Ihr habt seit Tagen diesen Vorschlag auf dem Tisch. Wenn es euch um die Sache gegangen wäre, wäre es ein Leichtes gewesen, den Begriff „vierte Qualifikationsebene“ durch „höherer Dienst“ zu erset zen.

(Zurufe von den Grünen und der SPD, u. a. Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Wir sollen euren Ände rungsantrag abändern? – Glocke des Präsidenten)

Das Wort hat Herr Abg. Lusche.

Ich sage Ihnen an dieser Stelle nur eines: Wer mit einem kompletten Ministerium hintendran sol che Glanzleistungen wie das Vorkaufsrecht beim Gewässer randstreifen zustande gebracht hat, der sollte sich hier mit et was mehr Demut ans Rednerpult stellen, wenn es um hand werkliche Fragen geht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Für die Qualität eurer Anträge seid ihr selbst verantwortlich!)

In der Aussprache lie gen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen in der Zweiten Beratung zur A b s t i m m u n g über den Gesetzentwurf Drucksache 15/7932. Ab stimmungsgrundlage ist die Beschlussempfehlung des Aus schusses für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft. Der Aus schuss empfiehlt Ihnen, dem Gesetzentwurf zuzustimmen.