Protokoll der Sitzung vom 17.02.2016

Das hat uns in Baden-Württemberg immer stark gemacht, dass wir nicht nur Politik für die Großstädte, für die Zentren und Metropolregionen gemacht haben, sondern dass wir immer auf diese Balance geachtet haben: Politik für die Großstädte in gleicher Weise wie Politik für die ländlichen Räume. Dar an sollten wir festhalten.

Da hilft es auch wenig, wenn der stellvertretende Ministerprä sident eine Bemerkung gemacht hat, die er wahrscheinlich in zwischen schon mehrfach bereut hat, dass es egal sei, wenn im Schwarzwald einmal ein Tal zuwachse.

(Zurufe von den Grünen und der SPD)

Das ist uns nicht egal. Wir wollen dieses Land in Stadt und Land mit gleichwertigen Lebensverhältnissen ausstatten und weiterentwickeln. Das muss die Marke Baden-Württembergs sein.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns verstärkt über Ge meinsamkeiten reden.

(Lachen des Abg. Alexander Salomon GRÜNE – Zu ruf des Abg. Nikolaus Tschenk GRÜNE)

Lassen Sie uns verstärkt darüber diskutieren, wie wir partei übergreifend Kräfte mobilisieren, um die Schöpfung zu be wahren. Lassen Sie uns bei diesem Thema im Detail streiten. Lassen Sie uns darüber streiten, ob es besser ist, auf Gebote und Verbote einerseits oder auf Anreize andererseits abzustel len. Aber hören wir auf, uns gegenseitig vorwerfen zu wollen, wir hätten es nicht mit der Schöpfung, wir würden nicht in gleicher Weise Vorsorge treffen, dass Nachhaltigkeit in die sem Land spürbar wird, dass auch nachwachsende Generati onen in einer gesunden Welt, in einer gesunden Heimat leben können. Das muss Anliegen aller hier im Landtag vertretenen Parteien sein.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Nach § 82 Absatz 4 der Geschäftsordnung erteile ich das Wort Herrn Fraktionsvorsit zendem Dr. Rülke.

Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Die Regierungskoalition, ins besondere auch der Ministerpräsident, hat bei dieser Debatte den Eindruck erweckt, als ob Grün-Rot in Baden-Württem berg den Naturschutz erfunden hätte.

(Beifall des Abg. Wilhelm Halder GRÜNE – Abg. Wilhelm Halder GRÜNE: Bravo!)

Sie haben aber den Naturschutz nicht erfunden,

(Zuruf von der SPD: Wer hat’s erfunden?)

genauso wenig wie Ihre organisierten Vorfeldorganisationen die Interpretationshoheit über das, was Naturschutz zu sein hat und was nicht, gepachtet haben. Denn Sie haben den Na turschutz in Baden-Württemberg so wenig erfunden, wie Sie dieses Land Baden-Württemberg erfunden haben, meine Da men und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Kollege Wolf hat Ihnen ja schon aufgezählt, was in den zu rückliegenden Jahrzehnten unter CDU-geführten Regierun gen – aber es waren manchmal auch noch andere Partner da bei – in Baden-Württemberg geschafft worden ist: zum einen die Entwicklung des Bodensees, zum anderen Biosphärenge biete, die wesentlich mehr im Einklang mit der Bevölkerung und mit weitaus größerer Akzeptanz vor Ort eingerichtet wer den konnten

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Die Sie zehn Jah re lang bekämpft haben!)

als Ihr Nationalpark, meine Damen und Herren. Das ist eine Realität.

Wir haben auch Gesetze gemacht, die aus unserer Sicht um stritten gewesen sind. Ein Beispiel ist das Erneuerbare-Wär me-Gesetz. Dem haben wir zugestimmt, weil wir uns einen ökologischen Nutzen davon versprochen haben. Ich bin – das sage ich an dieser Stelle – mittlerweile skeptisch, ob es rich

tig war, dieses Gesetz zu machen, wenn ich mir anschaue, wel che Auswirkungen das beispielsweise im Handwerk hat. Aber es war auf jeden Fall aus dem Bewusstsein heraus geboren, dass Naturschutz in diesem Land wichtig ist.

Ich habe gesagt, Sie haben den Naturschutz in Baden-Würt temberg so wenig erfunden wie dieses Land. Es war schön an zuhören, wie Sie in Ihre Rede eingestiegen sind, Herr Minis terpräsident. Man hat sich fast in die Lektüre von kleinen no vellistischen Formen von Eduard Mörike zurückversetzt ge fühlt. Sie haben von den romantischen Wasserfällen und der Bärenhöhle geschwärmt. Fast habe ich noch auf die Aussage gewartet: Wir haben das alles erschaffen. Was haben Sie denn erschaffen? Offensichtlich nicht die Michelin-Sterne.

(Heiterkeit bei der FDP/DVP)

Die haben Sie dann auch noch für sich vereinnahmt.

(Abg. Helen Heberer SPD: Meine Güte!)

Ich weiß nicht, ob diejenigen, die diese Restaurants betreiben, angesichts von Ideen wie dem Veggie Day vornehmlich an die Grünen denken, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Vereinzelt Heiterkeit)

Das ist, glaube ich, zumindest zweifelhaft.

Dann haben Sie erklärt, Herr Ministerpräsident, das Land Ba den-Württemberg sei wirtschaftlich bärenstark, und haben da bei den Eindruck vermittelt, das sei auf Ihre Politik zurück zuführen.

(Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Auf was denn sonst?)

Wir haben am Anfang vermutet, das sei die falsche Rede, es passe zum ersten Tagesordnungspunkt. Wir haben uns ja un ter dem ersten Tagesordnungspunkt schon darüber ausge tauscht. Dass das Land „wirtschaftlich bärenstark“ ist, ist auch kein Naturgesetz, und Sie tun reichlich wenig dafür, dass es so bleibt.

(Oh-Rufe von der SPD)

Ja, Sie tun reichlich wenig dafür, dass es so bleibt.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das ist ja irre! – Zuruf des Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE)

Gehen Sie einmal in den Mittelstand, und reden Sie mit den Unternehmerinnen und Unternehmern.

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Das machen wir stän dig! Wir sind immer unterwegs, Herr Kollege Rülke!)

Ja, das machen Sie schon. Sie kriegen es ja nicht einmal mit dem Datum auf die Reihe, Frau Kollegin Sitzmann. Also wird auch der Austausch mit dem Mittelstand überschaubar sein.

(Abg. Rosa Grünstein SPD: Das ist jetzt aber pein lich! – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Peinlich!)

Denn was wir hören, ist, dass Sie mit Ihrer Politik im Land Baden-Württemberg austesten, was die Wirtschaft aushält. Sie

lassen sich jeden Tag neue Ideen einfallen: Was kann man jetzt tun, um die Belastungsfähigkeit der Wirtschaft zu testen? Da rüber hinaus fordern Sie immer wieder neue Belastungen, und diese Belastungen sind halt falsch, meine Damen und Herren. Im Moment sind wir wirtschaftlich bärenstark. Das hat aber nichts mit Ihrer Politik zu tun, sondern das hat mit der Kon junktur und mit wirtschaftspolitischen Weichenstellungen zu tun, für die Sie herzlich wenig können. Das ist die Realität.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Bei den Weichenstellungen, die Sie vornehmen, wird irgend wann das böse Erwachen kommen. Irgendwann wird die Wirt schaft für das zu büßen haben, was Sie beschlossen haben. Das wird dann eben nicht nur die Unternehmerinnen und Un ternehmer treffen, sondern auch die Beschäftigten.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr rich tig!)

Das ist der Punkt, und das sollten Sie sich vielleicht einmal vor Augen halten.

Dann haben Sie, Herr Ministerpräsident, gesagt, Sie hätten zwei wesentliche Ziele angestrebt und auch erreicht bzw. mehr oder weniger erreicht. Das eine Ziel war, das Wachstum vom Ressourcenverbrauch zu entkoppeln. Beispielhaft haben Sie da die Energiewende genannt. Schauen wir uns doch einmal an, was Sie im Bereich der Energiewende geschafft haben; wir haben es in der zurückliegenden Debatte bereits erwähnt. Bei den paar Windrädern, die in Baden-Württemberg in Ihrer Regierungszeit entstanden sind, muss Kollegin Sitzmann von „Genehmigungen“ und „im Bau“ reden,

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

um eine Erfolgsbilanz aufzuzeigen. Das ist eben keine Er folgsbilanz

(Minister Franz Untersteller: Was denn dann? – Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Das Ranking ist bundes weit!)

ja, bundesweit –, und es funktioniert auch nicht, weil Sie jetzt – insbesondere, wenn die Subventionen abgeschmolzen werden – Investitionsruinen produzieren.

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Zum Thema, bitte!)