Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Kollege Haußmann, Sie haben uns eingangs unterstellt, eine komische Philosophie zu haben, und die Einlassung ge macht, „Lieber keine Arbeit als schlechte Arbeit“ sei unsere Ansage. Diese Logik kann ich nicht nachvollziehen.
Wer Missbrauch bekämpft, ist doch nicht gegen die Sache als solche. Sie sind ja auch für die Gesundheitspolitik und mei nes Wissens auch für die Suchtpolitik – wie ich auch – zustän dig. Wer den Missbrauch von Alkohol bekämpft, der hat doch nichts gegen einen guten Trollinger oder Lemberger aus Würt temberg oder einen Badener Riesling oder ein Rothaus-Pils im Glas.
Es ist schon ein Unterschied, ob man den Missbrauch oder die Sache an sich bekämpft. Das bitte ich einfach zu unterschei den.
Herr Schreiner, dass wir hier jetzt schon zum zweiten, viel leicht auch schon zum dritten Mal eine ähnliche Debatte füh ren, heißt noch lange nicht, dass es eine Scheindebatte ist. Denn diese Debatte ist notwendig.
Es ist notwendig – der Finanz- und Wirtschaftsminister hat gerade noch einmal darauf hingewiesen –, dass wir die CDU daran erinnern und darauf aufmerksam machen, was im Ko alitionsvertrag steht. Da die SPD im Bund eine Koalition mit der CDU bildet, gilt es halt, an der einen oder anderen Stelle dicke Bretter zu bohren. Insbesondere beim Thema „Gute Ar beit“ ist das der Fall. Die eine Partei steht dabei auf dem Gas pedal – das ist die SPD mit Arbeitsministerin Andrea Nahles –, und die CDU steht auf der Bremse.
(Beifall bei der SPD und des Abg. Nikolaus Tschenk GRÜNE – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: So ist es! – Abg. Felix Schreiner CDU: Schlitterkurs!)
Deshalb brauchen wir auch keinen Appell, sondern eine Bun desratsinitiative. Kollegin Lindlohr hat es gesagt: Es ist eine wohl dosierte Bundesratsinitiative. Es geht um die Höchstüber lassungszeit von 18 Monaten, es geht um die gleiche Bezah lung nach neun Monaten, es geht um das Verbot des Einsat zes von Leiharbeitern als Streikbrecher, und es geht insbeson dere auch um die verbesserte Mitbestimmung bei den Be triebsräten. Das ist für mich ein wichtiges Thema, auf das ich den Blick noch einmal lenken möchte.
Die Betriebsräte in Baden-Württemberg handeln sehr verant wortlich und sind auch daran interessiert, dass die Unterneh men, in denen sie arbeiten, möglichst hohe Gewinne erwirt schaften; denn nur dann kann den Beschäftigten ein guter Lohn gezahlt werden und können diese an den Gewinnen be teiligt werden.
Deshalb haben große Unternehmen einen betrieblichen Frie den zum Einsatz von Werkverträgen geschlossen. BMW in Bayern hat damit übrigens angefangen. Porsche – Nils Schmid hat gerade darauf hingewiesen – hat mitgemacht. Das ist ein Erfolgsmodell. Ich habe nicht den Eindruck, dass es Porsche aufgrund dieser Vereinbarung schlechter geht als allen ande ren großen Firmen in Baden-Württemberg.
Deshalb – nochmals –: Die SPD in Baden-Württemberg steht für einen Arbeitsmarkt, in dem der Unternehmenswettbewerb nicht auf dem Rücken der Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh mer und auch nicht auf dem Rücken der kleinen Selbststän digen ausgetragen wird. Wir stehen für einen Arbeitsmarkt, in dem diejenigen Unternehmer, die alle Beschäftigten, die zum Unternehmenserfolg beitragen, direkt anstellen wollen, nicht gegenüber denjenigen benachteiligt sind, die in ihrer Produk tion in großen Teilen auf Leiharbeit und Werkverträge setzen. Wir stehen für den Grundsatz: gleiches Geld für gleiche Ar beit. Und wir stehen dazu, dass die Betriebsräte im hiesigen Arbeitsmarkt zumindest wissen müssen, wer sich außer den Beschäftigten der Kernbelegschaft wann und zu welchem Zweck an der Produktion beteiligt, um von ihren Rechten bes ser Gebrauch machen zu können.
Wir möchten, dass auch in Zukunft möglichst viele Beschäf tigte bzw. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in unserem Land stolz darauf sind, ordentlich bei Daimler, bei Porsche, bei Audi, bei Mahle, bei ZF
oder bei einem der anderen großen Unternehmen – Bosch – direkt beschäftigt zu sein. Die Beschäftigten sollen nicht nur ein T-Shirt tragen, auf dessen Kragen das entsprechende Em blem zu sehen ist, aber bei einer Leiharbeitsfirma angestellt sein. Das ist unser Ziel, und dafür stehen wir: für gute Arbeit in Baden-Württemberg.
Ich verstehe ja, dass Sie im Wahl kampf Ihre Themen setzen. Aber es steht doch außer Frage – das kann man einmal feststellen –, dass wir uns alle mitein ander gegen den Missbrauch von Leiharbeitnehmern und Werkverträgen einsetzen.
Da besteht zwischen uns überhaupt kein Dissens. Sie führen hier eine Scheindebatte, weil auf Ihren Wahlplakaten an den Straßen gerade Sprüche stehen wie „WERT.ARBEIT.“, die der Wähler so vielleicht nicht versteht.
Aber ich will Ihnen eines sagen, Herr Minister: Dagegen, dass Sie von einer strukturellen Beschäftigung in Leiharbeit in un serem Land sprechen, möchte ich mich schon ein bisschen wehren. Ich habe vorhin die Zahlen genannt, von wie vielen Personen wir da wirklich sprechen.
Die Mehrheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ha ben anständige Beschäftigungsverhältnisse; dafür sorgen die Unternehmer.
Equal Pay nach neun Monaten, Bezahlung wie bei der Stamm belegschaft: Auch das steht im Koalitionsvertrag. Da gibt es überhaupt keinen Dissens.
Jetzt gibt es aus dem von der SPD geführten Bundesarbeits ministerium einen Entwurf, dem die Sozialpartner nicht zu gestimmt haben, weil sie Gesprächsbedarf haben. Jetzt geht der Entwurf in die Ressortabstimmung. Das ist doch alles in Ordnung und kein Grund, heute hier eine Debatte vom Zaun zu brechen, die die Bezeichnung „Aktuelle Debatte“ gar nicht verdient hat.
Liebe Kolleginnen und Kol legen! Am wenigsten schlau geworden bin ich in dieser De batte aus den Beiträgen des Kollegen Schreiner von der CDU.
(Abg. Felix Schreiner CDU: Das liegt aber nicht an mir! – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Das muss aber nicht an ihm liegen, sondern am Empfän ger!)
Denn in der ersten Runde hatte er den Eindruck vermittelt, ei gentlich gar nichts ändern zu wollen. Da wollte ich, wenn Sie das ideelle Ziel angeblich teilen, jetzt fragen, was denn Ihre Maßnahmen sein sollen.
In der zweiten Runde haben Sie Ihre Zustimmung zum Kern der Bundesratsinitiative der Landesregierung zum Ausdruck gebracht. Sie haben daran einen Haken gemacht und sagen: „Das ist in Ordnung.“
Vielen Dank. Wir nehmen gern mit, dass Sie die Bundesrats initiative der grün-roten Landesregierung in diesem Punkt un terstützen. Wenn dem so ist, dann soll Sie nichts daran hin dern, auch entsprechend tätig zu werden.
Für uns ist klar: Die Unternehmen in Baden-Württemberg wollen keinen unfairen Wettbewerb durch die wenigen Be triebe, die mit einer missbräuchlichen Verwendung dieser Fle xibilitätsinstrumente Sozialversicherungsbeiträge hinterzie hen. Deswegen: Unterstützen Sie uns.