Protokoll der Sitzung vom 18.02.2016

Leider sind auch jetzt wieder die Kontrolldichten, die Vor schriften eher geneigt, den Aufwand noch größer zu machen. Das bedaure ich zutiefst; das bringt uns in den Verwaltungen an den Anschlag. Das führt zu Mehrbedarfen, bei denen wir, wie ich auf die Frage des Abg. Hahn gerade ausgeführt habe, mit den Landkreisen versuchen müssen, sie mit entsprechen dem Personal abzudecken.

Insofern: Der Schlüssel für die Entbürokratisierung der Auf wendungen in der Kontrolle, auch der Schlüssel dazu, dieses von Ihnen völlig zu Recht angesprochene Missverhältnis zwi schen tatsächlich anfallenden Geldern für Überschreitungen von Minimalregelungen und dem Geld, das der Aufwand kos tet, liegt, wie gesagt, in Brüssel. Ich glaube, wir alle sind gut beraten, weiter Druck zu machen und zu versuchen, mögli cherweise im Rahmen des Mid-term Reviews, aber spätestens dann mit Beginn der nächsten Förderperiode eine Weichen stellung hinzubekommen und zu einer einfachen Anwendung zu gelangen. Stand heute sind wir gezwungen, die Regelun gen der Europäischen Union so umzusetzen, wie sie sind, mit den Verwaltungsaufwänden, die wir hier zu Recht gemeinsam beklagen.

Herzlichen Dank. – Es liegt eine Frage des Herrn Abg. Frey vor.

Herr Minister, Sie haben vorhin dankenswerterweise die große Anzahl von Anträgen, die Sie

über die verschiedenen Ämter auszahlen durften, dargestellt; auch die Summe haben Sie genannt. Im Vergleich zu den Vor jahren: Wie hat sich denn in etwa die Auszahlungssumme ent wickelt? War das eher weniger oder eher mehr? Hat es des wegen mehr oder weniger Arbeit gegeben, was die Gesamt summe der Anträge und die Auszahlungshöhe betrifft?

Ich habe jetzt leider die genauen Auszah lungsdaten für die letzten Jahre hier vorn nicht dabei, kann Ih nen aber sagen, dass wir bei den Auszahlungsquoten in den letzten Jahren auf einem ähnlichen Niveau lagen. Es hat ge wisse Veränderungen dadurch gegeben, dass bestimmte Pro gramme eine Änderung erfahren haben. Insofern gibt es ge wisse Veränderungen in den genauen Antragszahlen quer durch das unterschiedliche Fördersortiment. Aber wir haben es mit einem im Vergleich zu den letzten Jahren erheblich hö heren Kraftaufwand geschafft, hier doch mit ähnlichen Aus zahlungsquoten auszuzahlen. Wenn Sie jetzt genaue, detail lierte Zahlenvergleiche brauchen, so können wir diese gern nachliefern. Ich habe jetzt leider das Zahlenblatt nicht bei mir.

Herzlichen Dank. – Es liegt eine weitere Frage vor. – Herr Abg. Locherer.

Herr Minister, verehrte Kollegin nen und Kollegen! Es ist eine traurige Tatsache, dass die bäuer lichen Familienbetriebe in Baden-Württemberg, ja in Deutsch land insgesamt derzeit angesichts der Marktpreissituation und der politischen Marktstörung wegen des Russlandembargos unter großen Liquiditätsproblemen leiden. Deshalb haben wir schon im Herbst hier im Parlament eine Anfrage zur Auszah lung der entsprechenden Fördermittel gestellt.

Herr Minister, Sie haben es heute beantwortet: Die Auszah lungsquote beträgt 98 %. Ein herzliches Dankeschön auch von unserer Seite an die Landwirtschaftsverwaltungen, dass das so gut funktioniert hat; denn um die Liquidität zu sichern, ist es besonders notwendig und wichtig, zeitnah auszuzahlen.

Sie haben soeben bei der Beantwortung der Frage des Kolle gen Klaus Burger darauf hingewiesen, dass auch ein früherer Auszahlungszeitpunkt möglich wäre, und haben auch auf die Probleme in diesem Jahr hingewiesen, da die EU-Rechtset zung angesichts der neuen Förderperiode recht spät erfolgt ist. Sehen Sie angesichts der angespannten Situation in den land wirtschaftlichen Betrieben Möglichkeiten, noch früher auszu zahlen?

Im Jahr 2015 war eine noch frühere Aus zahlung nicht möglich. Es hatten sich ja auch alle Länder ge meinsam mit dem Bund darauf verständigt, auf den Dezem bertermin zu gehen. Man hatte sich in Deutschland bewusst nicht auf das Instrument einer vorzeitigen Auszahlung fokus siert, da sonst im Grunde doppelte Kontroll- und Verwaltungs strukturen entstanden wären, sondern darauf konzentriert, rechtzeitig auszuzahlen.

Für das Jahr 2016 sind mir noch keine Gespräche zwischen Bund und Ländern bekannt. Ich will allerdings dazusagen, dass wir in der Vergangenheit auch immer wieder den Turnus hatten, im Dezember die erste Säule und einzelne Teile der zweiten Säule auszuzahlen. Eine Reihe von Programmen – auch das war bei unserer letzten Diskussion hier im Herbst

schon Thema – können sowieso erst im Frühjahr ausgezahlt werden, weil wir immer den Jahresabschluss mit entsprechen den Kontrollen – hier insbesondere die Maßnahmen, die auf Jahresverträgen basieren – abwarten müssen. Insofern gibt es bei einem Teil ohnedies die Zwangsläufigkeit, erst nachschüs sig, also nach Ablauf des Jahres, bezahlen zu können.

Die Frage, ob es Möglichkeiten eines Auszahlungszeitpunkts vor dem Dezember gibt, wird sicherlich noch einmal im Ge spräch der Agrarminister mit dem Bund eine Rolle spielen. Aber ich will darauf hinweisen, dass der Termin aus logischen Gründen bisher immer im Dezember lag.

Herzlichen Dank. – Ei ne weitere Zusatzfrage von Herrn Abg. Burger.

Herr Minister, warum möchte die Landesregierung die Bauern dazu verpflichten, zukünftig ih re Flächenangabe über ein digitales Verfahren vorzunehmen? Ist das überhaupt möglich angesichts der Breitbandversorgung im ländlichen Raum? Nun sind die Flächenangaben vier Stel len hinter dem Komma bereits aufgenommen. Sind mit dem neuen Verfahren nicht schon wieder marginale Abweichun gen und ein höherer Kontrollaufwand vorgezeichnet?

Einen höheren Kontrollaufwand durch di gitale Antragstellung sehe ich nicht, eher im Gegenteil. Ich will dazusagen, dass die digitale Antragstellung in einem sehr hohen Maß gelungen ist. Das sehen wir zum Teil durch die Landwirte selbst, zum Teil aber – – Hier einen herzlichen Dank an den Bauernverband und seine Gliederungen und auch an andere Dienstleister, die in einem erheblichen Maß dazu beigetragen haben, dass eine so hohe Umsetzung der digita len Antragstellung bereits in diesem Jahr erfolgen konnte.

Insgesamt ist die Umstellung auf eine digitale Antragstellung natürlich Teil der Strategie der EU auch im Zusammenhang mit den Auszahlungen, und das trägt dazu bei, die Auszahlun gen zu verbessern und dies auch mit entsprechender Reduzie rung des Verwaltungsaufwands in den nächsten Jahren hinzu bekommen.

Dass wir alle ein gemeinsames Interesse haben, Breitband in die Fläche zu bekommen, wissen Sie. Insofern dient auch die massiv verbesserte Breitbandoffensive der Landesregierung genau dem, die Gemeinden und Kreise zu unterstützen, dort, wo es weiße Flecken gibt, zu handeln und dies voranzubrin gen. Ich habe erst in dieser Woche wieder vier Bewilligungs bescheide überreichen können. Ich bin froh, dass wir auch in dieser Geschwindigkeit vorankommen.

Ihr Hinweis ist richtig. Er macht deutlich, dass die Digitali sierung inzwischen alle Bereiche des Landes betrifft. Insofern liegen wir insbesondere im ländlichen Raum richtig mit den massiven Anstrengungen, die wir zusätzlich unternommen ha ben.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und des Abg. Klaus Maier SPD)

Herzlichen Dank. – Es liegt eine weitere Zusatzfrage vor. – Herr Abg. Schwarz.

Herr Minister, der Kolle ge Burger hat die digitale Antragstellung angesprochen. Sie haben das Thema jetzt auch noch einmal erwähnt. Wie viele Mittel stehen denn in den nächsten Jahren für den Ausbau der Breitbandversorgung zur Verfügung? Mich würden dazu noch einmal die Zahlen interessieren, Herr Minister.

Herzlichen Dank für diese Frage. – Wir haben für die Breitbandoffensive 4.0 der Landesregierung ak tuell 250 Millionen € zur Verfügung. Das geht zum einen auf eine Verdreifachung der Mittel zurück, die Sie, der Landtag von Baden-Württemberg, in den Haushaltsberatungen dan kenswerterweise ermöglicht haben. Hinzu kommen 40 Milli onen € aus dem Fonds für finanzschwache Kommunen sowie die kompletten ca. 82 Millionen €, die dem Land Baden-Würt temberg aus der letzten Frequenzversteigerung – Stichwort „Digitale Dividende“ – zustehen. Das sind die Mittel, die wir zur Verfügung haben.

Ich weiß, dass es gegenwärtig eine politische Auseinanderset zung über die Höhe dieser Fördermittel gibt. Ich will dazu sa gen: Der entscheidende Punkt ist für uns im Moment gar nicht die Höhe der zur Verfügung stehenden Landesmittel, sondern ist, dass wir, das Land, nicht selbst bauen. Vielmehr sind hier bei nach EU-Recht die Kommunikationsunternehmen in der Verantwortung.

Dabei erleben wir in der Fläche, dass der Markt es eben nicht richtet, dass der Markt insbesondere im ländlichen Raum viel fach versagt. Insofern haben die Kommunen die Möglichkeit, diese Infrastruktur im Rahmen der kommunalen Daseinsvor sorge auszubauen. Anders als bei Post, bei Telefon wurde ja in Deutschland eine Anschlusspflicht immer verhindert. Inso fern sind es wieder die Kommunen, die dieses Manko ausglei chen können. Wir stehen ihnen mit einem sehr attraktiven För derangebot, mit sehr hohen Fördersätzen zur Verfügung.

Der entscheidende Punkt ist hier, dass kommunal gehandelt wird. Ich bin froh, dass inzwischen zwei Drittel der Landkrei se in Baden-Württemberg die von uns neu eingerichtete Mög lichkeit – Backbone, also sagen wir einmal, die Rückgratnet ze für schnelles Internet – mit einer Landesförderung nutzen, aber vielfach auch Gemeinden bereits bauen. Insofern haben wir hier eine Bewegung.

Unser Ziel als Landesregierung ist: Wir haben bisher jeden rechtlich förderfähigen Antrag einer Kommune mit hohen För dersätzen unterlegt und wollen dies auch weiter tun. Mit den 250 Millionen € sind wir sehr gut aufgestellt. Das reicht für das, was im Moment an Anträgen kommt. Aber für uns ist klar, dass, wenn in Zukunft mehr Geld gebraucht wird, das Land Baden-Württemberg auch mehr Geld in die Hand nehmen wird. Das ist eine ganz zentrale Zukunftsinvestition, die wir tätigen.

Wir sind froh, dass mit der Breitbandoffensive, den neuen För dersätzen, eine Orientierung an modernen Übertragungsraten möglich ist – nicht die 1 Mbit/s, die noch im Jahr 2011 das Förderziel des Landes waren. Die Modernisierung der För derprogramme kommt in der Fläche also an, und wir glauben, dass wir hier auf einem guten Weg sind. Wir investieren üb rigens direkt in Glasfaser, nicht in Kupfertechnologie, nicht

in Übergangstechnologie, wie es beispielsweise Nachbarlän der mit großen Summen, aber wenig Erfolg tun.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und des Abg. Klaus Maier SPD)

Herzlichen Dank. – Be vor ich jetzt Herrn Kollegen Hahn für eine weitere Zusatzfra ge das Wort erteile, darf ich noch darauf hinweisen, Kollege Burger: Jeder Fragesteller darf bis zu zwei Zusatzfragen stel len. Die haben Sie schon gestellt. Vielleicht geben Sie Ihren Zettel einfach der Kollegin Dr. Engeser weiter. Dann kann sie ja die Zusatzfrage für Sie stellen.

(Abg. Klaus Burger CDU: Die Fragen sind gestellt, aber falsch beantwortet!)

Kollege Hahn, bitte.

Herr Minister, Sie hatten jetzt sehr ausführlich und deutlich geantwortet, dass Sie und Ihr Haus alles getan haben, um die Auszahlungen vorzuziehen. Das Vorziehen dieser Auszahlungen – die erste Säule – ist des wegen so wichtig, weil die bäuerlichen Betriebe in BadenWürttemberg und in ganz Deutschland aufgrund von Krisen auf den Märkten für fast alle Produkte ökonomisch in einer sehr, sehr schwierigen Situation sind. Nur deshalb macht das Sinn. Das heißt, wir helfen damit – das ist eine richtige Maß nahme zu diesem Zeitpunkt, sozusagen dieses Trostpflaster –, dass diese Hilfen früher ausgezahlt werden.

Aber entscheidend ist die Frage: Wie schaffen wir es, diese Agrarmärkte in der von uns angestrebten Regionalisierung vo ranzubringen? Haben Sie das Gefühl, dass sich da etwas be wegt, nachdem wir jetzt aus einer Zeit der Liberalisierung kommen, die mit zu dieser Misere geführt hat?

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Das hat mit der Frage nichts mehr zu tun!)

Herr Abg. Hahn, das ist ein großes Feld. Wir sehen im Moment bei den massiven Preisstürzen auf den Rohstoffmärkten eine massive Betroffenheit von großen Tei len der Landwirtschaft durch Preiskrisen.

Bei den Schweinepreisen ist die Situation schon lange schwie rig. Jetzt kommt eine massive Krise bei der Milch hinzu. Da bei muss man sagen: Es gab ja lange sehr intensive Ausein andersetzungen über die Frage: Bedarf es Mechanismen, um das Auslaufen der Quote abzufedern? Ich fürchte, dass wir ge nau das erlebt haben, was skeptisch Positionierte, wie wir das waren, immer angemahnt haben. Wir sehen durch diese euro päische Entscheidung und das Fehlen funktionierender euro päischer Sicherheitsnetze im Moment ganz schmerzhafte Aus wirkungen für die Milchbäuerinnen und Milchbauern in un serem Land. Bei der Milch erleben wir es gerade massiv.

Ich glaube, es spricht viel dafür, hier auch noch einmal auf Bundesebene Initiativen zu ergreifen. Ich bin gemeinsam mit anderen Kolleginnen und Kollegen der Auffassung, dass wir auf Bundesebene, zentral, beispielsweise Initiativen unterstüt zen sollten, wie sie bei einzelnen Molkereien im Moment ge macht werden, um etwa über einen Anreiz zur Mengenredu zierung bei den Landwirten eine Stabilisierung des Milch

markts herbeizuführen. Ich finde, dass die Bundesregierung dringend handeln müsste, um gemeinsam mit der Molkerei branche einen solchen Mechanismus zu nutzen.

Sie wissen, die Milchpolitik war in den letzten fünf Jahren auf jeder Fachministerkonferenz ein intensiv diskutiertes Thema. Sie kennen auch die Situation, dass die Agrarministerkonfe renz immer nur einheitlich beschließen und entscheiden kann und dass es immer insbesondere die B-Länder waren, die hier Mechanismen verhindert haben – auch in der Forderung an den Bund oder an die europäische Ebene.

Ich glaube, dass wir angesichts der jetzigen Situation noch einmal massiv Druck auf die europäische Ebene wie auf den Bund ausüben müssen. Es ist auch unter den Ländern bereits besprochen, dass der runde Tisch „Milch“ der Agrarminister konferenz von Bund und Ländern demnächst zu einer weite ren Sitzung zusammenkommen soll. Es laufen auch intensi ve Gespräche zwischen den Bundesländern, um bei diesem Thema noch einmal den Bund, aber insbesondere auch die eu ropäische Ebene zu Aktivitäten zu veranlassen.

Insgesamt zeigt die Situation auch, welches Risiko in einer exportorientierten Agrarpolitik steckt. Wir sehen insgesamt, dass hier die Weltmarktabhängigkeit groß ist.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Das hat mit der Originalfrage nichts mehr zu tun!)

Auch ist die Frage, ob auf die Krise im Export eine Forderung nach mehr Export tatsächlich eine Lösung sein kann. Ich ha be da, wie Sie wissen, Zweifel.

Ich glaube deshalb, dass wir gut beraten sind, insbesondere Fragen regionaler Kreisläufe weiter voranzubringen. Auch da rauf müssen wir setzen, da ein Großteil der Betriebe in unse rem Land keine Chance hat, nicht über die Voraussetzungen verfügt, um sich über die Preisführerschaft am Markt zu po sitionieren, und daher für die meisten Betriebe die Qualitäts führerschaft, die Frage der fortschreitenden regionalen Wirt schaftsketten eine Rolle spielt.

Insofern haben die Auszahlungen, über die wir heute spre chen, schon eine wichtige Weichenstellung eingeleitet. Insbe sondere die Stärkung der Agrarumweltmaßnahmen ist genau auf diese Strategie ausgerichtet, setzt genau an dieser Stelle an, um unter dem Motto „Öffentliches Geld für öffentliche Leistungen“ auch diese Weichenstellung zu unterstützen, ins besondere den kleineren Betrieben – Betrieben, die auf regi onale Wirtschaftsketten setzen und ihre Standbeine entspre chend stärken – die Möglichkeit zu geben, sich für diese Mehrleistung im gesellschaftlichen Bereich auch über gesell schaftliche Förderung weiterzuentwickeln.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Herzlichen Dank. – Mit dieser ausführlichen Begründung des Ministers ist die Zeit der Fragestunde auch abgelaufen.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Das hatte im Üb rigen nichts mehr mit der Frage zu tun!)