Protokoll der Sitzung vom 09.11.2011

Wer in diesen Tagen nach Europa schaut und trotzdem mit Steuergeldern Wahlkampf machen will, anstatt die Verschul dung zu senken, hat gar nichts, aber wirklich gar nichts ver standen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Volker Schebesta CDU: Was haben Sie denn in Ihrem ersten Nachtragshaushalt gemacht?)

Wer in Sonntagsreden das Hohelied der Subsidiarität anstimmt, der sollte sich auch am Montag, wenn er Steuersenkungen zu lasten der Kommunen verspricht, daran erinnern. Denn in Zei ten des Aufschwungs, in guten Zeiten, werden die Haushalte ruiniert, nicht in der Krise. Gerade deshalb kommt es jetzt auf solides und seriöses Handwerk an.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Deshalb habt ihr die Verschuldung nicht sofort auf null reduziert!)

Nach dem Ergebnis der November-Steuerschätzung können die Kommunen im Jahr 2011 Mehreinnahmen in Höhe von 1,2 Milliarden € erwarten. Das verdanken wir vor allem dem hohen Zuwachs bei der Gewerbesteuer, also genau bei der

Steuer, die Sie, Schwarz-Gelb, vor kurzer Zeit noch abschaf fen wollten, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: So ist es! – Abg. Manfred Groh CDU: Dafür erhöht ihr die Steuern!)

Für das Land werden die Mehreinnahmen gegenüber dem Vierten Nachtrag auf rund 1 Milliarde € geschätzt. Auch in den nächsten Jahren soll dieser Trend anhalten. Gegenüber der Mai-Steuerschätzung können die Kommunen mit einem Plus von rund 850 Millionen € für das Jahr 2012 und von rund 700 Millionen € für 2013 rechnen. Das klingt gut, und das ist auch gut. Aber gerade jetzt ist nicht die Zeit für Geldgeschen ke. Jetzt ist die Zeit, dafür zu sorgen, dass die Kommunen ih ren Aufgaben nachkommen können.

(Abg. Manfred Groh CDU: Grunderwerbsteuer!)

Deshalb wollen wir gemeinsam mit den Kommunen erreichen, dass die Kürzung des kommunalen Finanzausgleichs ab 2012 um 40 Millionen € reduziert wird. Diese Zusage halten wir ein. Außerdem – das ist schon angesprochen worden – wol len wir die Zusage einhalten, Land- und Stadtkreisen 20 Mil lionen € mehr für die Schülerbeförderung zu geben. Schließ lich werden wir, wie angekündigt, mit den Kommunen einen Pakt für Familien mit Kindern schließen. Denn wir haben ver sprochen, dass wir die Kleinkindbetreuung verbessern. Genau das setzen wir nun auch um.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Dafür werden wir die Zuweisungen des Landes massiv aus weiten, damit die Kommunen auch finanziell in der Lage sind, ein hochwertiges Betreuungsangebot gerade auch für die ganz Kleinen bereitzustellen, und die Familien im Land gut ver sorgt sind. Die Verhandlungen mit den kommunalen Landes verbänden sind noch nicht abgeschlossen. Es ist aber klar, dass diese Landesregierung mit der vor Kurzem vom Landtag be schlossenen Erhöhung des Grunderwerbsteuersatzes ihre Be reitschaft erklärt hat, diesen Bereich mit Mitteln in dreistelli ger Millionenhöhe zu stärken. Das ist deutlich mehr frisches Geld, als eine der vorherigen Landesregierungen je in diesen Bereich gesteckt hat.

Deshalb ist es umso absurder, dass sich die schwarz-gelbe Bundesregierung jetzt daranmacht, mit Steuergeldern ausge rechnet etwas zu subventionieren, was dazu führt, dass Kin der eben nicht an guter frühkindlicher Bildung teilhaben, eben nicht in Kinderbetreuungseinrichtungen gehen. Das ist genau der falsche Weg.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Volker Schebesta CDU: Es gibt auch Kinder, die daheim gut betreut werden!)

Das wird oft gerade die Kinder treffen, die besonders darauf angewiesen sind,

(Abg. Volker Schebesta CDU: Das ist die Frage!)

in solchen Einrichtungen betreut zu werden, die Kinder, die es am nötigsten hätten. Christian Ude hat recht mit dem, was er zum Betreuungsgeld gesagt hat: „Wir zahlen ja auch keine Opernprämie für Leute, die nicht in die Oper gehen.“

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Sehr gut! – Weitere Zu rufe)

Wir schlagen in Baden-Württemberg einen anderen Weg ein. Das wenige Geld, das Land und Kommunen zur Verfügung haben, muss dafür verwendet werden, qualitativ hochwertige Bildungsangebote – von Kinderkrippen bis hin zu Kindergär ten – zu schaffen, damit die Vereinbarkeit von Familie und Beruf vorankommt und damit die Kleinsten die beste Förde rung erhalten können.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Deshalb wollen wir im Haushalt 2012 auch die Mittel für die Sprachförderung erhöhen. Wir – das Land – werden uns auch an den Kosten für die Schulsozialarbeit beteiligen. Der Ein stieg in die Drittelfinanzierung wird vorbereitet.

All das macht deutlich: Wir sind ein verlässlicher Partner der Kommunen. Denn nur gemeinsam mit den Kommunen kann Baden-Württemberg ein Familienland werden. Dafür muss Si syphus, dafür müssen wir alle den Stein noch weit den Berg hinaufrollen. Aber ich wäre dankbar, wenn uns CDU und FDP/DVP das Leben dabei zumindest nicht noch zusätzlich erschweren würden.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Bis jetzt rollt er allein den Buckel hoch, bei diesen Mehreinnahmen!)

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Mir liegen keine weiteren Wortmel dungen vor.

Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung des Antrags Drucksache 15/157. Abschnitt I des Antrags ist ein Berichtsteil und kann für erledigt erklärt werden.

Es wurde beantragt, Abschnitt II des Antrags,

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: In den Aus schuss!)

den Beschlussteil, an den Ausschuss für Finanzen und Wirt schaft überweisen. – Ich vernehme Zustimmung.

Meine Damen und Herren, damit ist Punkt 5 der Tagesord nung erledigt.

Bevor wir jetzt in die Mittagspause eintreten, möchte ich Sie, meine Damen und Herren, ganz herzlich zu einem Empfang der Liga der freien Wohlfahrtspflege im Foyer des Landtags einladen. In der Aktuellen Debatte wurde heute ein hohes Maß an Wertschätzung für die Liga zum Ausdruck gebracht. Es wä re ein schönes Signal dieser Wertschätzung und Würdigung, wenn Sie mit einer breiten Beteiligung dieses Interesse und diese Anerkennung beim Empfang zum Ausdruck brächten. Ich möchte Sie ganz herzlich dazu einladen.

Wir treten nun in die Mittagspause ein. Sie dauert bis 14:30 Uhr.

Herzlichen Dank.

(Unterbrechung der Sitzung: 12:53 Uhr)

(Wiederaufnahme der Sitzung: 14:29 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die unterbrochene Sitzung wird fortgesetzt.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 6 auf: Regierungserklä rung.

(Zurufe: Regierungsbefragung!)

Regierungsbefragung. Was habe ich gesagt?

(Zurufe: Regierungserklärung!)

Das wäre als Alternative auch nicht schlecht gewesen.

(Heiterkeit)

Also rufe ich auf:

Regierungsbefragung

(Zuruf von der CDU: Sie merken, wir passen auf!)

Am Anfang ist das immer gut. – Zur Vorbereitung der Re gierungsbefragung wurde von der Landesregierung mitgeteilt, dass es in der letzten Kabinettssitzung zwei zentrale Themen gab:

1. Eckpunkte zur Weiterentwicklung der Förderung des Breit

bandausbaus im Rahmen der Breitbandinitiative BadenWürttemberg

2. Erster Glücksspielstaatsvertrag

Zum erstgenannten Thema wird der zuständige Minister, Herr Wirtschaftsminister Bonde, eine Erklärung für die Landesre gierung abgeben.