Protokoll der Sitzung vom 08.12.2011

Wir haben doch absichtlich und in vollem Bewusstsein diese Volksabstimmung herbeigeführt, und zwar nicht, um ihr Er gebnis anschließend zu ignorieren. Wir haben – anders als Sie – selbstverständlich schon vorher gesagt: Wir akzeptieren das Ergebnis.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Das haben Ministerpräsident Kretschmann und viele andere Vertreter der Landtagsfraktion vielfach gesagt, zuletzt in der Debatte vor der Volksabstimmung. Ich selbst habe das auf je der öffentlichen Veranstaltung, in jedem Interview gesagt – ganz eindeutig.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Sie wollten doch die Verantwortung für Stuttgart 21 in ein anderes Ressort geben! – Abg. Peter Hauk CDU: Wir wissen nicht, was gerade bei Ihnen gilt!)

Meine Damen und Herren, wir und ich persönlich haben im mer gesagt: Wer die Mehrheit der Bevölkerung sucht, muss auch wissen, dass er sie vielleicht nicht bekommt und dass es in einer direkten Demokratie selbstverständlich ist, dass man das Verfahren auch akzeptieren muss, wenn ein anderes Er gebnis herauskommt. Wir haben immer gesagt, dass man das selbstverständlich akzeptieren muss.

Das, was Sie hier heute aufziehen, steht ein bisschen unter dem Motto: Erstens stellt sich die Frage, ob der Minister es

akzeptiert – „wahrscheinlich tut er es nicht“ –, und zweitens ist er, wenn er es akzeptiert, ein Wendehals. Da kann ich Ih nen sagen: Das ist natürlich eine Pseudofalle, die Sie mir da stellen.

(Zuruf von der CDU)

Ich sage Ihnen ganz klar: Erstens akzeptiere ich das Ergebnis, und zweitens ist es in einer direkten Demokratie selbstver ständlich, dass man in der Regierung Mehrheitspositionen ak zeptieren muss. Deswegen haben wir doch die Entscheidung gesucht.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Wir haben übrigens in dieser Frage immer eine aktive Rolle gespielt und haben auch keine Angst gehabt.

(Abg. Peter Hauk CDU: Das stimmt! Das ist richtig! – Abg. Nicole Razavi CDU: Das ist richtig!)

Gleichwohl haben wir immer gesagt: Wir suchen einen kriti schen Weg und eine kritische Begleitung dieses Projekts. Das haben wir bisher gemacht, und das werden wir auch weiter so tun.

(Abg. Peter Hauk CDU: Das verheißt nichts Gutes!)

Wir haben dafür in meinem Haus ein gutes Team, das diese Arbeit auch immer gut geleistet hat. Wenn ich es einmal so nebenbei etwas süffisant sagen darf: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die unsere Vorgängerregierungen eingestellt ha ben, haben heute in mein Manuskript den Vermerk geschrie ben, dass sie Wert darauf legen, dass sie nicht als Befürwor ter oder Gegner an diesem Projekt gearbeitet haben, sondern als loyale Mitarbeiter und Beamte, die die Interessen des Lan des wahrnehmen

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Das haben wir nie infrage gestellt!)

und kompetent ausführen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Ich will das ausdrücklich loben und betonen.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Ja, ja! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Peinlich!)

In den vergangenen sechs Monaten sind wir so verfahren, und wir werden es auch weiterhin tun.

Zur Begleitung des Projekts Stuttgart 21 gehört selbstver ständlich auch, dass wir weiterhin sehr auf die Kosten achten; dazu nachher mehr.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP meldet sich. – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Eine Wort meldung! – Glocke des Präsidenten)

Ich möchte an dieser Stelle einmal ein persönliches Wort, et was zu meiner persönlichen Situation sagen.

(Oh-Rufe von Abgeordneten der CDU und der SPD)

Sie greifen mich ständig persönlich an.

(Abg. Peter Hauk CDU: Was?)

Dann darf ich doch auch einmal persönlich antworten.

(Abg. Peter Hauk CDU: Werden Sie jetzt empfind lich? – Gegenruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜ NE: Etwas anderes habt ihr nicht zu bieten!)

Für mich ist es natürlich nicht leicht gewesen, die Entschei dung der Volksabstimmung anzuerkennen. Das ist doch völ lig klar. Wenn man jahrelang kritisch gegen ein Projekt argu mentiert, wenn man eine Alternative entwickelt hat, die man für kostengünstiger hält, und wenn man das Gesamtprojekt des Schienenausbaus in Deutschland im Blick hat, ist klar, dass man schon schlucken muss, wenn die Volksabstimmung so ausgeht. Als ich mir überlegt habe, ob ich mich mit diesem Projekt auf das Amt des zuständigen Ministers einlasse, muss te ich mir auch bewusst machen, dass es anders kommen könnte, als ich es gern hätte.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Sie wollten doch alles abgeben! – Gegenruf der Abg. Bärbl Mielich GRÜ NE: Hört doch einmal zu!)

Ich habe mich dafür entschieden, dass ich mich auf dieses Amt einlassen kann und das Amt wahrnehme. Genau dazu stehe ich.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Klatschen jetzt von der SPD nur zwei Leute?)

Seit 30 Jahren kämpfe ich für direktdemokratische Elemente. Wenn gegen mich und diese Position argumentiert wurde, wurde immer gesagt: „Dann musst du aber auch akzeptieren, wenn eine Entscheidung anders fällt, als du es dir erhoffst.“ Ja, so ist es. Zum Wesen einer Demokratie gehört, dass eine Mehrheit auch eine andere Entscheidung treffen kann als das, was man selbst wünscht. Es ist selbstverständlich, dass man mit einer solchen Entscheidung respektvoll umgeht und sie umsetzt.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Im Übrigen bin ich als Verkehrsminister praktisch täglich in der Situation, dass ich Dinge umsetzen muss, die ich nicht selbst entschieden habe. Manchmal hat man das Glück, dass man Straßen einweiht, über die ganz andere entschieden ha ben.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Zum Glück haben sich einige dafür entschieden!)

Daneben gibt es unglaublich viele Straßenbauprojekte, über die Sie bereits vor Jahren für Jahre im Voraus entschieden ha ben, über die ich gar nicht mehr entscheiden kann; das Geld wurde für Jahre im Voraus fest eingeplant.

(Zuruf des Abg. Andreas Schwarz GRÜNE)

Das alles gehört zur Realität in der Politik.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Was haben Sie denn alles in Berlin mitbekommen?)

Wenn man sich in einem Rechtsstaat, in einer Demokratie be findet und die Verfahren funktionieren, dann ist völlig klar, dass man gegebenenfalls mit Entscheidungen leben muss, die

andere getroffen haben und die man selbst vielleicht so nicht getroffen hätte. Das gehört zum Wesen eines demokratischen Rechtsstaats. Auch dessen bin ich mir täglich bewusst; dies ist ebenfalls selbstverständlich.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Was für eine Erkennt nis! – Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Herr Haußmann hat vorgeschlagen, dass ich mich für einen Wettbewerb bewerben sollte und Sie mich bei der Entschei dung für die Kategorie „Übermorgen“ vorschlagen würden.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Das wür den wir unterstützen!)

Ich fühle mich sehr geehrt; da wäre ich gut aufgehoben. Ich sage Ihnen aber ganz offen: Mir ist es lieber, man wird als Mann von übermorgen bezeichnet als als Mann von vorges tern.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Charlotte Schneidewind-Hartnagel GRÜNE: Sehr gut! – Unruhe)

Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie zweifeln daran, dass ich den richtigen Ton beim Umgang mit Vertre tern der Bahn finde. Aber ich kenne die meisten verantwort lichen Manager und führe mit Vertretern der Deutschen Bahn wahrscheinlich schon sehr viel länger Gespräche als Sie.

(Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Ich habe mit diesen Personen bereits sehr lange auf Bundes ebene kooperiert und auch sehr kritisch zusammengearbeitet.