Protokoll der Sitzung vom 14.12.2011

hatten Sie das geniale Ziel, zwischen 0,2 % und 0,3 % pro Jahr zuzubauen. Dafür muss die Politik nicht tätig werden. Das geht einfach so. Da erreicht man auch so bereits mehr.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Wo nehmen Sie die verbleibenden 65 % her?)

Nun zu den bestehenden Lücken: Zunächst einmal werden wir in der Übergangsphase weiterhin fossile Energieträger benöti gen.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Was ist mit dem Klima?)

Ich sage gleich noch etwas dazu, auch zu Ihnen, Herr Rül ke. – Derzeit bauen wir in Karlsruhe RDK 8 und in Mannheim GKM 9 zu. Die anderen Kohlekraftwerke bleiben zumindest in der Übergangsphase in Betrieb, da wir sie noch brauchen. Wir wollen – das steht auch im Koalitionsvertrag; hier sind wir übrigens in intensiven Gesprächen mit der EnBW, aber auch mit den Stadtwerken – im Bereich der Gaskraftwerke zubauen. Das ist nicht ganz einfach.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Warum ist das nicht ganz einfach? Es hängt mit der Marktsi tuation zusammen. Die Marktsituation an der Börse ist der zeit nun einmal so, dass es so gut wie keine Anreize für neue Investoren gibt.

(Abg. Paul Nemeth CDU: Alles verstaatlichen!)

Deswegen lautet mein Petitum auch auf Bundesebene – da sind wir übrigens im Gespräch mit Bundeswirtschaftsminis ter Rösler –, dass man darüber nachdenken sollte, in diesem Bereich ökonomische Anreize zu bieten, um Back-up-Kraft werke zu haben. Denn wenn Sie mit erneuerbaren Energien fluktuierende Einspeisungen haben, dann brauchen Sie Backup-Kraftwerke; anders wird es nicht gehen. Wenn Sie jedoch die Back-up-Kraftwerke beispielsweise nur noch für 1 500 oder 2 000 Jahresstunden benötigen, dann scheidet eine rein marktwirtschaftliche Variante aus. In der Übergangsphase von der alten Energiewelt in die neue Energiewelt wird man viel mehr derartiger Mechanismen benötigen.

Drittens, Herr Kollege Rülke: Neben Gaskraftwerken und Kraftwerken für fossile Energieträger in Baden-Württemberg wird hoffentlich im Offshorebereich in den kommenden Jahren noch das eine oder andere gelingen. Das Ziel der Bundesregierung war es, bis zum Jahr 2020 15 000 MWh off shore zu produzieren. Ob dies gelingt, ist aus meiner Sicht eher fraglich. Doch selbst dann, wenn wir 10 000 MWh auf diese Art produzieren und wenn im Norden der Onshorebe reich weiter ausgebaut wird, wird Baden-Württemberg auch einen Teil erhalten.

Die Voraussetzung dafür ist natürlich der Ausbau der Netze. Das ist doch völlig klar. Ich bin Mitglied des Beirats der Bundesnetzagentur; wir haben erst in dieser Woche wieder darüber geredet. Ich habe den Eindruck, dass wir hier nach der Verabschiedung des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes auf Bundesebene im Frühsommer und nach den Planungen, die die vier großen Netzbetreiber bis zum kommenden Som mer vorlegen werden, auf einem guten Weg sind, auch was die Beschleunigung der Verfahren betrifft. Daher: Gehen Sie einfach einmal davon aus, dass wir die Frage der Konzeption im Blick haben.

Jetzt will ich noch etwas zum Thema „Rückenwind und Ge genwind“ sagen. Rückenwind habe ich in den letzten Wochen und Monaten verspürt, wenn ich draußen im Land herumge reist bin und bei Veranstaltungen im Land gewesen bin, übri gens auch bei den vier Regionalkonferenzen, an denen 500 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, Landräte usw. teil genommen haben.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Die den Zeitplan für falsch halten!)

Mit ihnen habe ich über das Thema „Ausbau der Windener gie“ diskutiert. Es gibt zwar durchaus Diskussionen über De tails unseres Landesplanungsgesetzes, aber ich höre überall, dass der Grundsatz, dass wir den Kommunen mehr Kompe tenzen geben wollen, begrüßt wird.

(Abg. Paul Nemeth CDU: Sprechen Sie einmal mit den Regionalverbänden! Das stimmt doch nicht! Das ist doch eine Legende!)

Ich stelle fest, dass die Kommunen hierin natürlich die Chance sehen, neben den Regionalverbänden auch selbst Standorte

auszuweisen, weil sie dadurch eine Möglichkeit haben, einen eigenen Beitrag zur Energiewende zu leisten, und damit auch Wertschöpfung in den Regionen bleibt.

(Zuruf des Abg. Paul Nemeth CDU)

Auch die ganzen Gewerbesteuereinnahmen, die daraus resul tieren,

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Um das geht es!)

stellen eine Riesenchance für die Kommunen dar. Das wird, Herr Kollege Zimmermann, aufseiten der Kommunen gese hen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Paul Nemeth CDU: Das gibt einen Wild wuchs!)

Zweitens: Rückenwind erfahre und verspüre ich auch, wenn ich sehe, welches Engagement es im ganzen Land in Bezug auf die Energiewende gibt. Ich nenne die Bürgerenergiegenos senschaften, die im ganzen Land entstanden sind bzw. am Ent stehen sind. Ich nenne die Bürgerwindkraftprojekte, die bereits entstanden sind oder in den nächsten Jahren entstehen werden.

(Abg. Paul Nemeth CDU: Das kommt von unseren Energieagenturen!)

Überall, wo ich hinkomme, werde ich darauf angesprochen, dass es hier ein großes Engagement und eine hohe Bereitwil ligkeit gibt, Bürgerwindkraftprojekte und Bürgersolaranlagen voranzubringen.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Großes Interesse und Rückenwind erfahre ich auch, wenn ich mit den Stadtwerken, den regionalen Energieversorgern und auch der EnBW rede. Wenn ich höre, was von denen an zusätzlichen Kapazitäten im Bereich der erneuerbaren Ener gien hier in Baden-Württemberg geplant ist, dann verstehe ich das als Rückenwind für uns.

Und drittens: Rückenwind, Herr Kollege Glück, verspüre ich auch, wenn ich sehe, wie die Bürgerinnen und Bürger in Baden-Württemberg auf die Energiewende reagieren, wenn ich sehe, dass sich bei Bürgerentscheiden im Glottertal und im Münstertal – das sind Tourismusregionen, Herr Kollege Zimmermann –,

(Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Genau!)

bei denen es um Windkraftprojekte geht, die Mehrheit der Bevölkerung für den Ausbau der Windenergie an diesen Standorten ausgesprochen hat.

Rückenwind verspüre ich auch, wenn ich sehe, dass sich am vergangenen Wochenende die Bürgerschaft in Gaildorf

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Richtig!)

Kollege Bullinger weiß es – mehrheitlich für das dortige Speicherkonzept ausgesprochen hat. Das ist Rückenwind für unsere Energiepolitik, und dafür sind wir sehr dankbar.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Paul Ne meth CDU: Sagen Sie das einmal Ihren Parteifreun den in Atdorf!)

Rückenwind haben wir auch aus der Wirtschaft, Herr Kollege Nemeth, und zwar in mehrfacher Hinsicht. Ich will Ihnen ein mal erzählen, warum.

(Abg. Paul Nemeth CDU: Für Speicher! Genau!)

41 Unternehmen haben sich in dem Windcluster Baden-Würt temberg zusammengeschlossen – 41 Unternehmen!

(Glocke der Präsidentin)

Das Ganze erfolgt unter Leitung eines Herrn, den Sie von der FDP/DVP auch kennen, nämlich des früheren Wirtschaftsmi nisters Walter Döring. Das ist übrigens zufälligerweise derje nige, der im Jahr 2003 das Landesplanungsgesetz in die der zeitige Fassung gebracht hat; das sei nur nebenbei gesagt.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Aber jetzt freut er sich aufs neue!)

Eine gewisse Wandlungsfähigkeit gestehe ich ihm durchaus zu und bin eigentlich froh darüber.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Zimmermann?

Erst am Ende meiner Rede, Herr Zimmermann.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Zimmermann ist immer ein guter Stichwortgeber!)

Rückenwind, und zwar erheblichen Rückenwind, verspüren wir auch nach der Runde in der vergangenen Woche, zu der der Ministerpräsident eingeladen hatte. Die Spitzen der badenwürttembergischen Wirtschaft – Vertreter des LVI, der IHKs, des Handwerkstags, aber auch der Umweltverbände und der Wissenschaft – waren im Staatsministerium. Man hat dabei, Herr Kollege Nemeth,

(Abg. Paul Nemeth CDU: Ich war ja nicht eingela den! Was soll ich machen?)

über die Strompreisentwicklung und über die Frage der Ver sorgungssicherheit gesprochen. Sie werden der Presse ent nommen haben, dass die Wirtschaft mit uns, der Landesregie rung, einig ist, dass die Versorgungssicherheit gewährleistet ist.

(Abg. Paul Nemeth CDU: Das haben Sie der EnBW zu verdanken!)

Angenommen, wir hätten in diesem Winter kalte Wintertage und es gäbe keine Windkrafteinspeisung und einen Ausfall konventioneller Kraftwerksleistung: Selbst für solche Situa tionen haben wir Vorsorge getroffen. Auch in diesen Fällen ist die Versorgungssicherheit gewährleistet.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Paul Nemeth CDU: Das wäre ja noch schöner, wenn es anders wäre! Wo sind wir eigentlich? In Viet nam?)

Gegenwind hat jemand anders, Herr Kollege Nemeth. Ich will Ihnen einmal eine Überschrift zitieren: