Protokoll der Sitzung vom 14.12.2011

(Lachen bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Martin Rivoir SPD: Wer hat es erfunden?)

Zweitens: Der Punkt ist, dass wir schon jetzt nach dem EEG 3,5 Cent pro Kilowattstunde für erneuerbare Energien zahlen. Es gibt neue Innovationen: bei der Fotovoltaik, bei der Wind energie und in allen anderen Bereichen. Deswegen ist uns wichtig, dass wir nicht den Lobbyisten hinterherlaufen, sondern dass wir auch an die kleinen Leute denken, dass der Strompreis nicht in den Himmel schießt und dass die Innova tionen genutzt werden, damit wir marktfähige Preise für er neuerbare Energien bekommen. Das sollte auch das Ziel eines SPD-Abgeordneten sein.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

An dieser Stelle kurz zwei Punk te: Wenn ich mich recht entsinne, ist das EEG von der rotgrünen Koalition auf Bundesebene verabschiedet worden.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Es gab Vorläufer, aber der wirkliche Durchbruch erfolgte mit dem Gesetz, das die rot-grüne Koalition auf den Weg ge bracht hat und bei dem die SPD federführend war. Vor allem Hermann Scheer hat es entwickelt. Dieses Gesetz sorgte letzt lich für den Durchbruch. Ich glaube, daran gibt es keinen Zweifel.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Ich glaube, klar ist – Herr Nemeth, darüber gab es nie einen Streit –, dass es auch immer darum gehen muss, die Vergü tungssätze Schritt für Schritt zurückzuführen. Da sind wir uns einig. Über die jeweilige Höhe dieser Sätze kann man sich noch immer streiten.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Vernünftig! Ja wohl!)

Wir haben auch das Ziel, die Vergütung bei der Fotovoltaik ein Stück weit zu senken. Es muss sich auch tragen können; es muss günstiger sein, den durch Fotovoltaikanlagen selbst produzierten Strom auf dem eigenen Dach selbst zu ver brauchen, als den Strom von woanders zuzukaufen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja! Völlig richtig!)

Das ist das wirkliche Ziel. Deswegen wird es mittelfristig auch gelingen, die Fotovoltaik marktfähig zu machen. Daran habe ich gar keinen Zweifel.

Natürlich haben wir den Strompreis im Blick. Aber ich frage mich an dieser Stelle schon, was das für die kleinen Leute be deutet, für die Haushalte, die die Stromrechnung bezahlen müssen. Was soll das, den großen Unternehmen viele Erstat tungsmöglichkeiten einzuräumen mit der Folge, dass auch diese Entgelte wieder auf die Kleinverbraucher umgewälzt werden müssen? Ich glaube, an dieser Stelle müssen wir ran.

Das EEG war notwendig, sonst wären wir nicht da, wo wir heute sind.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Da, wo wir heute sind, ist es auch nicht ideal!)

Aber wir müssen auch schauen, dass die Industrie bzw. die Privatwirtschaft keine Vorteile erhält, für die letztlich der Kleinverbraucher bezahlen muss. Wenn Sie dafür streiten, dann haben Sie uns an Ihrer Seite. Das ist gar keine Frage. Dann möchte ich aber auch sehen, wie die Ausnahmeregelun gen für die Industrie gestaltet werden; bei diesem Thema sind wir kritisch.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Karl Zimmermann CDU: Was sagt Ihr Wirt schaftsminister dazu?)

Für die Regierung spricht Herr Um weltminister Untersteller.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Wir wollen den Wirtschaftsminister hören! – Gegenruf der Abg. Be ate Böhlen GRÜNE: Das müssen Sie schon der Regierung überlassen! – Unruhe)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Glück: „Die Diskussion über den Energiemix der Zu kunft braucht dringend Rückenwind.“ Dieses Zitat stammt von Ihnen. Mir ist in dieser Debatte klar geworden, dass ich den Rückenwind nicht von Ihnen erhalte.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Aber die Energiewende! – Zuruf des Abg. Paul Nemeth CDU)

Aber ich habe auch den Eindruck, dass, wenn jemand Rücken wind braucht, dies die FDP/DVP ist; sie hat den Rückenwind nötiger als wir.

(Vereinzelt Beifall)

Ich habe gelesen, dass Ihr Generalsekretär heute Morgen zurückgetreten ist. Ich glaube, jemand anders – nicht wir – braucht den Rückenwind.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Claus Schmiedel SPD: So ist es!)

Sie haben vorhin angesprochen, wir würden nicht deutlich ma chen, wie wir uns die energiepolitischen Rahmenbedingun gen für die kommenden Jahre hier im Land vorstellen.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: So viel zu Ihrer energiepolitischen Kompetenz! – Unruhe)

Ich will noch einmal versuchen, die wesentlichen Eckpunkte darzustellen. Die wesentlichen Eckpunkte bestehen nicht nur aus dem Ausbau der Windenergie, obwohl der Ausbau der Windenergie für Baden-Württemberg eine sehr wichtige Kom ponente darstellt. Das hängt damit zusammen, dass die Vorgängerlandesregierungen dieses Thema schlicht und er greifend sträflich vernachlässigt haben.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Es ist kein Zufall, dass Baden-Württemberg unter den Flächen ländern bundesweit Schlusslicht ist und der Anteil der Wind kraft an der Bruttostromerzeugung bei uns gerade einmal 0,8 % beträgt,

(Zuruf von der SPD: 1,8 %!)

während ähnliche Länder wie Rheinland-Pfalz einen Wind kraftanteil von 8,5 % haben. Sie haben dafür gesorgt, dass wir das Schlusslicht sind. Das ist einfach ein Fakt.

(Abg. Paul Nemeth CDU: Aber wir sind führend bei der Wasserkraft!)

Das werden wir ändern. Die notwendigen Änderungen, die das Landesplanungsgesetz betreffen, haben wir vorgelegt. Ich sage gleich noch etwas dazu. Weitere Komponenten werden hinzukommen. In den nächsten Tagen werden wir einen Ent wurf für den Windenergieerlass vorlegen und darüber disku tieren. Es geht dann darum, dass wir den Genehmigungsbe hörden in Baden-Württemberg klare Vorgaben dazu machen, wie die Genehmigungsverfahren zukünftig ablaufen. Wir werden an den Regierungspräsidien Kompetenzzentren ein richten, um dieses Thema entsprechend zu begleiten. An der LUBW in Karlsruhe werden wir ein landesweites Kompetenz zentrum errichten, das die Genehmigungsbehörden bei der Abwicklung der Genehmigungsverfahren unterstützen wird. So viel zum Thema Wind.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Zum zukünftigen Energiemix: Herr Kollege Glück, ich will Ihnen ein paar Zahlen nennen. Wir gehen davon aus, dass wir in Baden-Württemberg im Jahr 2020 eine Bruttostromerzeu gung von etwa 64 TWh haben werden. Heute beträgt die Brut tostromerzeugung 66 TWh. Das heißt, es gäbe einen leichten Rückgang. Dieser leichte Rückgang hängt natürlich damit zusammen, dass wir in Baden-Württemberg dann drei Kern kraftwerke abgeschaltet haben werden; zwei Kernkraftwerke haben wir bereits abgeschaltet, und ein weiteres Kernkraft werk werden wir bis dahin abgeschaltet haben.

Ich möchte Sie an Folgendes erinnern: Bisher bin ich immer davon ausgegangen, dass wir uns zwischen CDU, FDP/DVP, Grünen und SPD in diesem Punkt einig waren. Das war die große Errungenschaft im Frühjahr dieses Jahres, dass wir uns diesbezüglich einig waren.

(Abg. Paul Nemeth CDU: Wollen Sie uns jetzt wie der auseinandernehmen? – Zuruf von der SPD: Einig keit drei Tage vor der Wahl!)

Nein, keine Angst, Herr Kollege Nemeth.

(Zuruf: Na also! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Er hat vor gar nichts Angst!)

Wenn man von 64 TWh im Jahr 2020 ausgeht, dann können Sie folgende Rechnung aufstellen – dafür muss man in Mathe nicht so gut sein; ich war es auch nicht.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Machen Sie aber einmal langsam! Dann komme ich auch mit! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Holen Sie den Taschenrechner von Schmiedel! – Unruhe)

Stellen wir einmal folgende Rechnung auf:

(Abg. Martin Rivoir SPD: Dreisatz! – Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Wenn man für 2020 bei der Windenergie ein Volumen von 6,4 TWh annimmt, also einen Anteil der Windenergie von 10 % an den insgesamt 64 TWh zugrunde legt, die Fotovol taik – heute sind wir etwa bei 3 bis 4 % – bis 2020 mit 7 TWh hinzunimmt – ich gehe nachher noch darauf ein, was die Voraussetzung dafür ist –, bei der Wasserkraft, bei der wir schon heute mit einem Volumen von 5,5 TWh eine relativ starke Position einnehmen, weitere 0,5 TWh hinzunimmt – so viel sollte durch die Kleine Wasserkraft möglich sein; ob mehr Große Wasserkraft möglich ist, ist momentan noch offen – und schließlich bei der Biomasse noch ein Energievolumen von 5 TWh hinzunimmt – Herr Kollege Glück, ich mache es Ihnen einfach –, dann kommen wir auf rund 24 TWh.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Langsam, sonst komme ich nicht mit!)

Machen wir jetzt einen Dreisatz, dann stellen wir fest, dass ein Anteil von 24 TWh bei insgesamt 64 TWh ungefähr 36 % ausmacht, die wir im Jahr 2020 durch erneuerbare Energien abdecken wollen.

Ich darf daran erinnern, dass die ehemalige Koalition das Ziel verfolgte, bis 2020 gerade einmal 20 % des Energiebedarfs über erneuerbare Energien abzudecken. Angesichts dessen, dass wir heute bereits bei 17 % sind,

(Zuruf des Abg. Paul Nemeth CDU)

hatten Sie das geniale Ziel, zwischen 0,2 % und 0,3 % pro Jahr zuzubauen. Dafür muss die Politik nicht tätig werden. Das geht einfach so. Da erreicht man auch so bereits mehr.