Protokoll der Sitzung vom 08.02.2012

Der Einzelplan 03, den wir heute Mittag beraten und bespre chen,

(Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Jetzt kommen wir zum Punkt!)

setzt eigentlich genau das fort, was in den Kapiteln, die noch im Einzelplan 03 ausgewiesen werden, schon bisher enthal ten war. Von einer strukturellen Veränderung oder von Kon solidierung ist auch da keine Spur. Wir haben zwar einen re duzierten Planansatz, ein Haushaltsvolumen, das nicht mehr 4 Milliarden €, sondern nur noch 2,5 Milliarden € beträgt, je doch ist das der Umressortierung geschuldet. Früher waren die Bereiche Verkehr, Datenschutz, Ausländer und Asylbewer ber im Einzelplan 03 ausgewiesen, doch diese sind zum größ ten Teil verlagert worden.

Vom Bereich Ausländer ist noch ein Teil im Einzelplan 03 aus gewiesen. Da frage ich mich schon: Wenn man schon ein neu es Ministerium gründet, das sich speziell mit diesen Themen zu befassen hat, warum lässt man dann einen mit 23 Millio nen € ausgestatteten Restbereich im Einzelplan 03? Ich habe aber das Gefühl, dort muss die Pflicht erfüllt werden, und die Kür darf dann das andere Ministerium machen, damit man mit diesem Thema entsprechend glänzen kann.

(Beifall bei der CDU – Abg. Thomas Blenke CDU: Die unangenehmen Sachen bleiben beim Innenminis terium!)

Da wird sicher, wie der Kollege sagt, das Unangenehme beim Innenministerium belassen, und die angenehmen Dinge werden im anderen Ressort geregelt.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Der arme Herr Gall!)

Man muss attestieren und zugestehen, dass das Innenministe rium mit dem, was jetzt im Einzelplan 03 verblieben ist, mit den Finanzmitteln ausgestattet ist, die notwendig sind, um sei ne Aufgaben zu erfüllen. Warum dort keine Konsolidierung vorgenommen wurde, ist auch klar. Das haben die früheren Regierungen ebenfalls versucht. Aber wenn ein Einzelplan 83,5 % Personalkosten ausweist

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja, klar!)

und von der Aufgabenstellung her mehr als 55 % dieser Aus gaben für die Polizei benötigt werden, dann lässt der Hand

lungsspielraum gewaltig nach. Der Rest sind allgemeine Be willigungen, Pensionen, die zu bezahlen sind, und Mittel für Verwaltungsaufgaben. Nur 19,6 % des gesamten Einzelplans sind für allgemeine Verwaltungstätigkeiten vorgesehen, und das ist bescheiden genug.

Daran merkt man auch, dass das Thema, das in den letzten Ta gen als Anhängsel der Polizeireform, die begonnen wurde, in die Öffentlichkeit gekommen ist, nämlich die Frage, ob man die Regierungspräsidien auflösen soll, keine so große finanz politische Bedeutung haben wird. Unter verwaltungsstruktu rellen Gesichtspunkten kann man vielleicht darüber nachden ken, aber aus rein fiskalischen Gründen macht es wenig Sinn. Die vier Regierungspräsidien beanspruchen momentan ein Fi nanzvolumen von 370 Millionen €. Auch da haben wir fast 90 % Personalkosten. Ich bin der Meinung, die Leute sitzen nicht dort, um Däumchen zu drehen, sondern sie haben eine Aufgabe zu erfüllen. Auch wenn die Aufgabenerfüllung aus den Regierungspräsidien herausverlagert wird, sind die Auf gaben nach wie vor zu finanzieren und es bleibt nichts zum Sparen übrig. Konsolidierung also Fehlanzeige.

Auch ein weiterer Begriff, der in der Vergangenheit bei den Diskussionen immer wieder eine Rolle gespielt hat, scheint hier keinen Niederschlag gefunden zu haben. Der Finanzmi nister hat in seiner von mir schon genannten Regierungserklä rung am 29. Juni 2011 zum Thema Kassensturz – ich darf mit Erlaubnis des Präsidenten aus dem Landtagsprotokoll zitie ren – gesagt:

Auch die Höhe der vorhandenen globalen Minderausga ben zeigt, dass der alten Landesregierung der Mut gefehlt hat, die notwendigen Entscheidungen zur Haushaltskon solidierung herbeizuführen, indem die entsprechenden Maßnahmen konkretisiert, benannt und durchgeführt wor den wären.

Da hat er recht. Es war ein Betrag in Höhe von immerhin 7 Millionen € an globalen Minderausgaben ausgewiesen. Aber siehe da: Im Haushaltsplan 2012, den der jetzige Finanzmi nister – den ich allerdings nicht sehe – zu vertreten hat, ste hen 10 Millionen € globale Minderausgaben. Ich frage mich: Wo ist der Mut des Finanzministers, diese Ausgabenkürzun gen zu benennen? Auch da scheint kein Mut vorhanden zu sein.

(Beifall bei der CDU)

Ich darf vielleicht noch einen weiteren Begriff in Erinnerung rufen, der auch immer wieder genannt wurde, nämlich „Haus haltswahrheit und Haushaltsklarheit“. Das sind Lehrsätze, die jeder, der sich im Studium mit diesen Themen befasst, immer wieder mitbekommt. In einer Position fehlt mir diese Wahr heit und Klarheit, und zwar bei den Aufwendungen für die Po lizei.

Wir alle wissen, und wir verfolgen es jeden Tag: Die Polizei ist bei dem Großprojekt Stuttgart 21 gefordert. Das kostet Geld. Das wissen wir. Das hat in der Vergangenheit Geld ge kostet und kostet auch jetzt Geld. Aber im Haushaltsplan fin den Sie dazu keine Finanzmittel. Auf Rückfrage hat der In nenminister erklärt, dass schon im Januar Aufwendungen von 3,5 bis 4 Millionen € notwendig waren, um die Polizeieinsät ze zu finanzieren. Es kommen ganz bestimmt – ich bin sicher

kein Prophet, aber da liege ich nicht verkehrt – nochmals Po lizeieinsätze, und auch die werden Geld kosten. Aber man hat sich hier einer Methode bedient, damit die Zahlen nicht so of fenkundig werden: Man hat einen Deckungsvermerk in den Haushaltsplan aufgenommen und wird diese Aufwendungen vom Verkehrsministerium finanzieren lassen. Ich kann nur sa gen: Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. „Wahrheit und Klar heit“ sieht bei mir etwas anders aus.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Sehr gut!)

Aber ansonsten muss ich zugestehen: Die im Einzelplan 03 ausgewiesenen Ansätze sind nicht spektakulär. Sie passen sich dem an, was in der Vergangenheit war. Wenn Sie so wollen: Es wird nur das fortgeschrieben, was die frühere Regierung in den Haushaltsplan geschrieben hat und sicher auch dieses Mal wieder in den Haushaltsplan geschrieben hätte, wenn sie dazu nochmals die Möglichkeit gehabt hätte.

Ich will damit sagen: Im Vorfeld wurde vieles angekündigt. Aber die Realität ist weit davon entfernt. Auch das ist ein Stück Wahrheit und Klarheit.

In diesem Sinn ist der Haushaltsplan, meine ich, durchaus so lide und ordnungsgemäß aufgestellt, aber ihm fehlt die eigent liche Wahrheit und Klarheit.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Ich erteile Herrn Abg. Sckerl für die Fraktion GRÜNE das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir reden über den Einzelplan 03. Die darin ausgebrachten Mittel stehen zu 60 % für die Wahrneh mung der Aufgaben im Bereich der inneren Sicherheit zur Ver fügung.

(Abg. Peter Hauk CDU: Der sind Sie besonders gut verbunden!)

In der inneren Sicherheit sind wir besonders gut bewandert. Machen Sie sich keine Sorgen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sie! – Zuruf von der CDU: Er hat jahrelange Erfahrung!)

Sie werden das in den nächsten Wochen ganz sicher noch bei spielhaft

(Abg. Winfried Mack CDU: Sicherheitsexperte!)

vorgeführt bekommen. Das verspreche ich Ihnen.

(Heiterkeit des Abg. Manfred Lucha GRÜNE)

Jetzt haben wir uns mit einer Kritik auseinanderzusetzen, die in Wirklichkeit keine Kritik ist. Wie ist der Istzustand bei der Regierungsübernahme im Bereich der inneren Sicherheit ge wesen?

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Hervorragend! – Abg. Peter Hauk CDU: Jetzt haben wir aber gerade einen neuen Haushalt!)

Wir haben einen Investitionsstau in den Bereichen Technolo gie, Ausstattung der Polizei, Informations- und Kommunika tionstechnologien. Wir müssen dringend ein Modernisierungs programm auflegen.

(Zuruf von der CDU: Wo ist das?)

Wir haben bei der Istausstattung völlig unterfinanzierte Haus halte. Im Oktober eines jeden Jahres schreien die Direktoren der Polizeidirektionen Alarm:

(Abg. Peter Hauk CDU: Deshalb lösen Sie sie auf! – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Es fehle an Benzingeld, es könnten keine originären Polizei aufgaben mehr durchgeführt werden.

(Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, Ergebnis Ihrer Regierungszeit ist die chronische Unterfinanzierung der Polizei. Damit kann die innere Sicherheit in diesem Land nicht mehr gewährleistet werden. Das ist das Problem.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zurufe von der CDU)

Innere Sicherheit findet im Alltag der Bürgerinnen und Bür ger statt.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Heute Morgen ist zu Recht gesagt worden: Wer 1 000 Stellen im Vollzugs- und im Nichtvollzugsbereich abgebaut hat, oh ne dass dafür irgendeine Kompensation an Strukturen oder Sonstigem erfolgt wäre, wer über 200 Posten dichtgemacht hat, ist nicht dazu berufen, über die moderne Organisation von innerer Sicherheit und Polizei zu reden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zurufe von der CDU)

Deshalb müssen wir jetzt Maßnahmen ergreifen, die Sie vie le Jahre lang unterlassen haben.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Ja hör auf!)

Wir müssen den Investitionsstau beseitigen.