Protokoll der Sitzung vom 09.02.2012

Deshalb haben wir bereits im vergangenen Jahr durch den Vierten Nachtragshaushalt 2011 die Mittel für den Kranken hausbau aufgestockt. Wir schreiben die Erhöhung auch im Jahr 2012 fort und halten somit an der dualen Krankenhaus finanzierung fest,

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

auch mit der Folge, dass die Krankenhäuser weiterhin mit der Förderung ihrer Investitionskosten auf entsprechend hohem Niveau durch das Land rechnen können. Denn – das sei jetzt auch gesagt – ohne Landeszuschuss für die Krankenhausin vestitionen gäbe es in Baden-Württemberg wohl kaum größe re Krankenhausprojekte, und gerade diese sind bei der Wei terentwicklung der Versorgungsstrukturen sehr wichtig. Wer in andere Bundesländer schaut, die die duale Finanzierung und Förderung aufgegeben haben, der sieht, welche Erfahrun gen dort gemacht werden. Deshalb sind die insgesamt 370 Millionen €, die wir für die Krankenhäuser in kommunaler, in freigemeinnütziger und in privater Trägerschaft ausgeben, gut angelegtes Geld.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Ich kann durchaus nachvollziehen, dass aus der Sicht der Krankenhäuser eine weitere Erhöhung der Investitionsmittel wünschenswert gewesen wäre. Allerdings möchte ich hier auch sagen, dass die Probleme in der Krankenhausfinanzie rung insgesamt nicht nur daran liegen, dass möglicherweise die Investitionsmittel noch nicht völlig ausreichend sind, son dern vor allem auch durch bundespolitische Maßnahmen und Gesetzgebungen, die die von Ihren Parteien getragene Bun desregierung zu verantworten hat, begründet sind.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Manfred Lucha GRÜNE: Bravo!)

Wenn Sie jetzt beklagen, dass wir die Mittel für das Haushalts jahr 2012 aus dem KIF nehmen, dann halte ich das aus der Sicht der Krankenhäuser, vielleicht auch noch aus der Sicht der Kommunen, für teilweise nachvollziehbar; wenn Sie dies aber beklagen, dann, würde ich sagen, verschließen Sie die Augen vor Ihren eigenen Taten in der Vergangenheit. Denn Sie haben es während Ihrer Regierungszeit nie – in keinem einzigem Jahr – anders gemacht. Sie haben die Mittel immer aus dem KIF genommen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Klaus Herrmann CDU: Sie haben es aber anders verspro chen!)

Meine Damen und Herren, mit diesen drei eben angesproche nen Schwerpunkten – dem Programm „Gute und sichere Ar beit“, dem Einstieg in die Schulsozialarbeit und der Erhöhung der Krankenhausförderung – ist ein Finanzvolumen von zu sätzlich 70 Millionen € verbunden. Wir machen mit dieser Schwerpunktsetzung deutlich, dass soziale Gerechtigkeit ei nes unserer Kernanliegen ist.

Unser Ziel ist es, soziale Sicherheit und soziale Teilhabe für alle Menschen möglich zu machen. Da muss ich Ihnen schon sagen, dass Sie, die Vorgängerregierung, dieses Ziel jahrelang vernachlässigt haben. Es gab jahrelang Kürzungen, die die Chancen benachteiligter Menschen auf soziale Teilhabe in un serem Land noch weiter verschlechtert haben.

Ich darf einige Beispiele nennen: Im Jahr 2002 erfolgte die komplette Streichung der Arbeitsmarktprogramme. Wir sat teln jetzt 10 Millionen € drauf.

(Zuruf der Abg. Tanja Gönner CDU)

Wir setzen weitere neue Schwerpunkte in anderen Bereichen. Wir führen die Förderung der Schulsozialarbeit wieder ein; Sie haben sie im Jahr 2005/2006 gänzlich gestrichen. Sie ha ben mit dem Nachtrag im Jahr 2003 auch die Mittel für die Sozialpsychiatrischen Dienste zusammengestrichen.

Jetzt noch ein Wort zum Landeserziehungsgeld. Ich meine, es ist schon eine Ironie der Geschichte, wenn Sie sich heute hier hinstellen und sagen: „Wir wollen das Landeserziehungsgeld in der alten Form weiterführen.“ Ich erinnere mich an zehn Jahre parlamentarische Tätigkeit, in denen kein Jahr vergan gen ist, in dem nicht von irgendeiner Seite, oft auch von Ihrer Fraktion, Herr Haußmann, der Wunsch kam, das Landeserzie hungsgeld zu streichen, weil es immer Begehrlichkeiten gab, die entsprechenden Mittel in anderen Bereichen einzusetzen.

(Abg. Rita Haller-Haid SPD: Vor allem von der FDP!)

Wir waren und sind gezwungen, beim Landeserziehungsgeld Änderungen vorzunehmen, weil es Beziehern von SGB-IILeistungen durch die Anrechenbarkeit auf sogenannte HartzIV-Leistungen, die die schwarz-gelbe Bundesregierung be schlossen hat, nicht mehr möglich ist, das Bundeselterngeld zu beziehen.

Deshalb war es notwendig, das Landeserziehungsgeld umzu bauen, denn wir meinen: Wenn es Hilfen gibt, die wir diesen bedürftigen Eltern zur Verfügung stellen, dann müssen diese Hilfen im ersten Jahr greifen, dann, wenn die größten Inves titionen für ein Kind zu tätigen sind, und nicht erst im zwei ten Jahr.

Wir verlängern die Dauer des Bezugs des Landeserziehungs gelds von zehn auf zwölf Monate. Ich denke, bei allem ist es doch ein Umbau, der denen gerecht wird, die dieses Geld am nötigsten brauchen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Manfred Lucha GRÜNE: Bedarfsgerecht!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich noch einige Worte zur Pflegepolitik sagen. Ich denke, ich brauche auf die demografische Entwicklung und auf die Zunahme der Pflegebedürftigkeit in den kommenden Jahren nicht mehr be sonders einzugehen. Das alles ist uns in diesem Haus klar. Umso bedauerlicher ist es, dass auf die Ankündigung des Bun desgesundheitsministers, 2011 zum „Jahr der Pflege“ auf Bun desebene zu machen, nahezu nichts passiert ist außer einem kleinen „Reförmchen“, das damit endet, dass es künftig etwas über 2 € für Demenzkranke gibt.

Dem, was uns in der Zukunft bevorsteht, wird dies in keiner Weise gerecht. Denn wir wissen, dass wir, wenn wir an die Pflege der Zukunft denken, noch viel stärker mit dem Grund satz „ambulant vor stationär“ rechnen müssen, den Grundsatz „ambulant vor stationär“ noch viel stärker ausbauen müssen und Maßnahmen im Vor- und Umfeld von Pflege weiter aus bauen müssen. Um das alles zu erreichen, gewinnen die Maß nahmen im Vor- und Umfeld von Pflegebedürftigkeit immer mehr an Bedeutung.

Es freut mich daher, dass es uns gelungen ist, die Mittel in die sem Bereich um 800 000 € aufzustocken

(Unruhe)

Frau Präsidentin, würden Sie bitte für Ruhe sorgen? –,...

(Glocke der Präsidentin)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist zu laut.

... damit wir beim Aufbau eines flächendeckenden Netzes von Angeboten zur Betreuung von Demenzkranken im häuslichen Umfeld weiterkommen. Ich bin davon überzeugt, dass wir mit den Mitteln, die wir zur Verfügung stellen können, einen wesentlichen Teil dazu bei tragen können, die hilfe- und pflegebedürftigen Menschen bei ihrer eigenen Lebensgestaltung zu unterstützen.

Wenn ich beim Thema Pflege bin, will ich noch einige Worte zu den Mehrgenerationenhäusern sagen, weil Sie, Herr Klenk, sie angesprochen haben. Wir hätten die Mehrgenerationen häuser gern weiter gefördert, aber wenn der Bund aus der För derung aussteigt,

(Zuruf der Abg. Tanja Gönner CDU)

kann das Land nicht ohne Weiteres in die Förderung einstei gen. Sie können nicht das, was Sie auf der einen Seite kriti sieren, bei einem anderen Thema wieder einfordern. Entwe der ich bin stringent dagegen, oder ich bin dafür – eines von beiden.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Tanja Gönner CDU: Andere Schwerpunktsetzung!)

Zweiter Punkt: Pflegestützpunkte. Bis jetzt gibt es in 42 der 44 Stadt- und Landkreise Pflegestützpunkte. In zwei Land kreisen fehlen sie noch. Das wird oft auch mit den Widerstän den begründet, die es vor Ort gibt. Ich möchte Sie auffordern, gemeinsam mit uns daran zu arbeiten, dass es uns im ersten Schritt gelingt, in allen Stadt- und Landkreisen Pflegestütz punkte zu etablieren. Wir werden die Arbeit der Pflegestütz

punkte im Jahr 2012 evaluieren. Eines scheint sicher zu sein: Der Bedarf an Beratung wird sich nicht verringern, sondern er wird sich erhöhen. Da wird das Land auch in Zukunft ge fordert sein.

Weiter haben Sie, lieber Kollege Klenk, in zeitlicher Hinsicht eine Ankündigung „Eckpunkte Landesheimgesetz“ eingefor dert. Da bleibe ich bei meiner Aussage vom Herbst 2011: ers tes Quartal 2012. Dieses Quartal läuft ja noch ein bisschen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Jetzt muss ich noch einige Worte zu der Frage des Behinder tenbeauftragten sagen, weil auch dieses Thema angesprochen wurde. Es wurde erstens bemängelt, dass der Behindertenbe auftragte nicht behindert sei. Ich würde einmal so sagen: Je der von uns läuft vielleicht ohne sichtbare Handicaps herum. Das bedeutet aber noch nicht, dass er nicht welche hat.

(Vereinzelt Heiterkeit – Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Welche ha ben Sie denn?)

Nächster Punkt: Für uns war es wichtig, dass der Landesbe hindertenbeauftragte fachlich qualifiziert und unabhängig ist. Deswegen ist er auch nicht ein Beauftragter des Sozialminis teriums, sondern er ist in seiner Tätigkeit unabhängig. Da muss ich sagen: Anstatt zu kritisieren, dass er nicht behindert ist, wäre es vielleicht auch einmal überdenkenswert, wie Sie es in der Zeit gehandhabt haben, in der Sie die Landesregie rung gestellt haben. Da war die Wahrnehmung der Aufgaben des Landesbehindertenbeauftragten ein Job, den ein haupt amtlich tätiger Staatssekretär nebenher erfüllt hat. Das kann zumindest so, wie Sie das heute inhaltlich begründen,

(Abg. Rita Haller-Haid SPD: Ein Handicap!)

ein großes Handicap sein – genau, vielen Dank.

(Beifall des Abg. Florian Wahl SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, einen Punkt möch te ich noch ansprechen. Die kalte Jahreszeit bringt mich zu ei nem weiteren Schwerpunkt. Derzeit erfrieren in ganz Europa Menschen. Davon sind wir Gott sei Dank verschont geblie ben. Das liegt sicherlich auch an unseren gut funktionieren den Hilfesystemen. Doch wir haben nicht überall im Land pas sende Angebote für wohnungslose Menschen. Da gilt es zu helfen. Deshalb haben wir für die Investitionsförderung in der Gefährdetenhilfe eine Erhöhung der Fördermittel von bislang einer halben Million auf 2 Millionen € vorgesehen.

Wir haben dabei besonders Regionen im Auge, die bisher kei ne oder nur wenig Angebote für Wohnungslose zur Verfügung stellen. Dabei ist es uns wichtig, das bestehende Förderkon zept neu auszurichten, natürlich im Dialog mit den Kommu nen und der Wohlfahrtspflege. Ich denke, dass wir für woh nungslose Menschen in ihrer schwierigen Situation einiges tun können und damit auch einiges zum Besseren wenden können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich könnte noch ganz viele Themenbereiche ansprechen. Denn in der Tat ist es so, dass das Sozialministerium für alle Lebenssituationen zustän dig ist,

(Abg. Manfred Lucha GRÜNE: Von der Wiege bis zur Bahre!)

von der Schwangerschaftskonfliktberatung bis hin zur Fried hofsordnung. Ich denke aber, alle diese Themenbereiche an zusprechen würde den heutigen Rahmen sprengen.

Deswegen lassen Sie mich sagen: Der Haushalt 2012 ist ein Haushalt des Wandels. Das gilt insbesondere für den Sozial haushalt. Die Sozialpolitik ist der Kern unserer Politik und da her unverkennbar auch ein Schwerpunkt der Landesregierung.

Ich kann Ihnen versichern: Nach der Aufbauarbeit wird 2013/2014 die Phase des Ausbaus und der Vertiefung kom men müssen. In diesem Sinn bildet der Ihnen vorliegende Ent wurf des Sozialhaushalts 2012 eine hervorragende Grundla ge, auf der sich in diesem Land zum Wohle der Menschen si cher arbeiten lassen wird.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Frau Abg. Gönner das Wort. Frau Kollegin, Sie ha ben noch zwei Minuten und 26 Sekunden Redezeit.