Protokoll der Sitzung vom 09.02.2012

(Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Zum Ausbau der erneuerbaren Energien: Mit Freude habe ich in einer Hochglanzbroschüre der CDU gelesen, dass die CDU jetzt einen Anteil der erneuerbaren Energien von 35 % will. Das erkenne ich erst einmal an. Auch den Kursschwenk in Sa chen Windenergie, Herr Kollege Zimmermann, erkenne ich durchaus an. Aber trotzdem: Hochglanz schützt vor Unsinn nicht.

(Zuruf des Abg. Andreas Glück FDP/DVP)

Ich will einmal deutlich machen, warum ich das sage. Wenn man einfach nur sagt: „Wir wollen auch 10 % Windenergie, nämlich 5 % an Land und 5 % offshore“, Herr Kollege Lu sche, berücksichtigt man nicht, dass in der Energiewirtschaft in Deutschland noch das sogenannte Territorialprinzip gilt. Ostsee und Nordsee gehören meines Wissens nicht zu BadenWürttemberg. Die EnBW wird hoffentlich Baltic 2 realisie ren: Ob sie aber Baltic 2 dann auf Dauer hält, wissen Sie nicht und weiß ich nicht. Es kann gut sein, dass sie es in ein paar Jahren an einen Pensionsfonds verkauft. Und dann? Zählt es dann noch zu Baden-Württemberg oder nicht?

(Abg. Winfried Mack CDU: Ihre Argumentation ist ja Unsinn! – Zurufe der Abg. Andreas Glück FDP/ DVP und Tanja Gönner CDU)

Nächster Punkt, Frau Kollegin Gönner: Wenn man schon den Offshorebereich dazurechnet, dann frage ich einmal: Rechnet man dann Lippendorf, eines der größten Braunkohlekraftwer ke in Mitteleuropa, an dem die EnBW beteiligt ist – das Kraft werk steht in Ostdeutschland –, auch dazu oder nicht? Rech net man das Steinkohlekraftwerk Bexbach, an dem die EnBW mehrheitlich beteiligt ist – das steht im Saarland –, auch da zu oder nicht?

(Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Ich warne Sie vor einer solchen Herangehensweise und bitte Sie einfach, bei den Fakten zu bleiben, die heutzutage in der Energiewirtschaft gelten – das ist das Territorialprinzip –, und nicht 5 % Offshorewindkraft bei uns hinzurechnen zu wollen. In unserem Konzept sind die 5 % Offshorewindkraft zwar ent halten, allerdings unter der Rubrik Stromimport, und da ge hören sie hin.

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Ändern Sie das.

Zum nächsten Punkt – auch hier kann ich das Vorgehen nicht nachvollziehen –: Sie wollen den Anteil der Solarenergie an der Stromerzeugung von derzeit 3 % bis zum Jahr 2020 auf 8 % hochschrauben. Das liegt leicht unter unseren Berechnun gen; wir gehen im Moment davon aus, dass hier ein Anteil von 11 bis 12 % erreicht wird. Das sei aber jetzt einmal dahinge stellt. Die von Ihnen angestrebten 8 % oder die von uns ange strebten 11 bis 12 % erreichen wir aber nur, wenn Sie einige Herren einmal an den Ring legen, nämlich Bareiß, Pfeiffer, Rösler und wie sie alle heißen, die sich in Berlin, im Bund, dafür stark machen, der Solarförderung insgesamt „den Rost runterzumachen“ und die Förderung auf 1 000 MW bundes weit zu begrenzen. Allein in Baden-Württemberg hatten wir im vergangenen Jahr einen Zubau in dieser Größenordnung. So macht man sich zum Totengräber der Fotovoltaik in Deutschland.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Lassen Sie mich noch ein paar Punkte ansprechen, die wir jetzt konkret im Haushalt haben und bei denen wir neue Ak zente setzen.

Zunächst zum Thema Energieeffizienz, um einmal von der Frage der erneuerbaren Energien wegzukommen:

(Abg. Ulrich Lusche CDU: Endlich!)

Wir stellen hierfür in diesem Haushalt 2,5 Millionen € zur Ver fügung, die L-Bank steuert noch eigene Mittel bei. Mit die sen Mitteln werden wir zukünftig ein Darlehensprogramm in Sachen Gebäudeenergieeffizienz auflegen, das man zusätzlich zu dem entsprechenden Programm der KfW in Anspruch neh men kann. Auch da wiederum kann ich Sie nur bitten, uns da rin zu unterstützen, dass die Bundesregierung die Mittel, die sie einmal für das KfW-Programm zugesagt hat, auch tatsäch lich bereitstellt. Zugesagt waren 1,5 Milliarden €. Seit eini gen Tagen reden wir nur noch über 900 Millionen €. Warum? Weil die Herrschaften gemerkt haben, dass die Zertifikatsprei se beim Emissionshandel verfallen, und weil sie die Finanzie rung des Gebäudesanierungsprogramms auf die Preise der Zertifikate gestützt hatten.

Ich meine, das ist doch wie Lotto, was sie da treiben. Man kann doch nicht die Finanzierung eines so wichtigen Pro gramms von den Zertifikatspreisen beim Emissionshandel ab hängig machen. Da möchte ich Sie einfach bitten, mit uns da für zu sorgen, dass die zugesagten 1,5 Milliarden € auch be reitgestellt werden. Noch einmal: Wir stellen 2,5 Millionen € plus L-Bank-Mittel zur Verfügung. Nach unseren Berechnun gen und nach Berechnungen der L-Bank heißt das: Wir lösen damit ein Darlehensvolumen in Höhe von 500 Millionen € hier im Land aus. Ich kann Sie wirklich nur bitten, uns dabei zu unterstützen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Noch ein Punkt zum Thema Energieeffizienz: Wir nehmen noch einmal 2,5 Millionen € in die Hand – auch da bekom men wir zusätzliche L-Bank-Mittel –, um das neue Darlehens programm „Energieeffizienz bei kleinen und mittleren Unter nehmen“ aufzulegen, bei dem es darum geht, Anreize zu set zen, um Stromeinsparpotenziale bei Elektromotoren, bei Pum pen usw., die es in erheblichem Umfang in diesen Unterneh men gibt, in den kommenden Jahren zu realisieren. Nach un seren Berechnungen kommen wir hier auf ein Darlehensvo lumen von etwa 150 Millionen €.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Eigener Nutzen! Das ist in ihrem eigenem Interesse, zu bera ten!)

Von Ihnen war in diesem Bereich bislang nichts zu sehen. Wenn Sie hier einfach nur sagen: „Wir wollen noch mehr“, dann machen Sie es sich – es tut mir leid – meines Erachtens wirklich ein bisschen einfach.

Wir kommen zu einem anderen Bereich. Ich habe das von meiner Vorgängerin eingeführte Programm „KlimaschutzPlus“ immer gelobt und für richtig gehalten. Das ist ein gutes Programm. Zu Recht wird dieses Programm bundesweit ge lobt, und zwar der ganze Ansatz. Das Problem in der Vergan genheit war immer – das wissen Sie auch –, dass die Förder periode relativ kurz war, irgendwann das Geld ausgegangen ist und die Anträge dalagen und nicht bearbeitet werden konn ten.

(Abg. Winfried Mack CDU: Deswegen wollen wir mehr Geld geben!)

Im allgemeinen Teil des Programms haben wir die Mittel um 2,7 Millionen € aufgestockt, also 2,7 Millionen € zusätzlich eingebracht. Im kommunalen Teil halten wir das Niveau, das wir bislang haben. Die Probleme, die es in der Vergangenheit gegeben hat, bestanden vor allem im allgemeinen Teil des Pro gramms „Klimaschutz-Plus“. Wir können hiermit zukünftig eine Reihe von Projekten fördern, insbesondere im kirchli chen Bereich, aber auch bei Vereinen und anderen Einrichtun gen.

Ich möchte kurz auf ein paar andere Themen zu sprechen kommen.

Ich komme zunächst zum Thema Wasserstoffinfrastruktur. Ich habe es schon angedeutet: Wir bringen zusätzlich 1,4 Millio nen € ein, womit wir weitere Wasserstofftankstellen in diesem Jahr fördern wollen. Ende dieses Jahres wird Baden-Württem berg das dichteste Wasserstofftankstellennetz unter allen Bun

desländern haben. Wir werden dann fünf bis sechs Wasser stofftankstellen haben. Im Vergleich mit anderen Bundeslän dern ist das mit Abstand die beste Situation. Das heißt, man kann sich in diesem Land dann mit Wasserstofffahrzeugen be wegen. Es geht darum, das Netz weiter auszubauen. Andere Bundesländer hinken hier noch erheblich hinterher.

Wir werden in diesem neuen Haushalt für 2012 1,5 Millio nen € für ein Forschungsprogramm für Energiespeichertech nologien und für neue technische Lösungen zur Speicherung von Strom und Wärme zur Verfügung stellen.

Ein weiteres Thema habe ich vorhin schon kurz angerissen. Wofür ich sehr dankbar bin,...

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist zu laut.

... sind die Mittel für das ganze Themenfeld „Ressourceneffiziente Technologien, Umwelttechnik“, die mit dem Antrag, den die beiden Koalitionsfraktionen hier einge bracht haben, bereitgestellt werden. Dadurch wird es in Zu kunft möglich sein, dass wir einen Wettbewerb „Ressour ceneffiziente Technologien in Baden-Württemberg“ durchfüh ren und auch hier Anreize schaffen, Baden-Württemberg bei diesem Thema in eine Spitzenposition zu bringen.

Schließlich – das habe ich vorhin vergessen – komme ich auf die Nachhaltigkeitsstrategie zu sprechen. Sie wurde von der Vorgängerlandesregierung aufgelegt. Die Finanzierung ist En de 2011 ausgelaufen. Wir haben entschieden, diese Nachhal tigkeitsstrategie weiterzuentwickeln, und haben im Kabinett bereits beschlossen, wie wir sie weiterentwickeln. Aus Zeit gründen kann ich nicht näher darauf eingehen.

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Oh!)

Ich denke aber, dass es in Ihrem Sinn ist, wie wir das weiter entwickeln: Wir konzentrieren uns hier auf Kernthemen, wir verbinden entsprechende Programme damit, dass wir zukünf tig Indikatoren haben werden, mit denen man auch die Erfol ge messen kann, und wir implementieren einen Nachhaltig keitsbeirat, der den Ministerpräsidenten bei der Umsetzung berät. Außerdem haben wir beschlossen, in diesem Haushalt 2,5 Millionen € für die Umsetzung dieser neuen, weiterentwi ckelten Nachhaltigkeitsstrategie zur Verfügung zu stellen. Wir führen die Strategie also auf dem gleichen Niveau wie bei der Vorgängerlandesregierung fort.

Vorhin wurde von mir schon das Stichwort Hochwasserschutz genannt. Wir setzen zusätzlich 15 Millionen € für den Hoch wasserschutz bei Gewässern I. Ordnung ein. Das ist – ich sa ge es noch einmal – in einem Land, in dem die Hochwasser problematik einen besonderen Stellenwert hat, aus meiner Sicht völlig richtig und ein ganz wichtiger Investitionsschwer punkt. Die Mittel dafür kommen dankenswerterweise aus der Sanierungsrücklage, die wir im letzten Jahr gebildet haben. Wir können mit diesen Mitteln in den kommenden Jahren na türlich auch eine Reihe von Dammsanierungen angehen, ins besondere im Rheinbereich und im Rheineinzugsbereich, die über viele Jahre hinausgezögert worden sind.

Erwähnt habe ich auch bereits die Maßnahmen zur Umset zung der EU-Wasserrahmenrichtlinie. Mit 2 Millionen € zu sätzlich können wir hier wichtige Maßnahmen angehen, die bisher unterfinanziert waren, und sie in den kommenden Jah ren umsetzen.

Ferner stellen wir 5 Millionen € für die Altlastensanierung be reit. Darauf möchte ich jetzt nicht näher eingehen. Es ist na türlich gerade für das Land Baden-Württemberg, in dem der Flächenverbrauch ein zentrales Thema ist, ein wichtiger Bei trag meines Hauses, wenn wir über diese zusätzlichen Mittel zur Altlastensanierung Flächen im Innenbereich von Kommu nen und Städten wieder verfügbar machen, und zwar sowohl für Industrieansiedlungen als auch für zukünftige Wohnbe bauung.

Ich habe erwähnt, dass wir zusätzlich 2 Millionen € im Bud get haben, um damit die LUBW wieder arbeitsfähig zu ma chen. Das ist insbesondere vor dem Hintergrund wichtig, dass es neue Themenfelder gibt. Denken Sie einmal an das ganze Themenfeld Windenergie, bei dem uns die LUBW mit der Aufarbeitung wichtiger inhaltlicher Fragen, z. B. der Arten schutzproblematik, unterstützt.

Zum Schluss: Ich denke, es ist klar geworden, dass die neue Landesregierung mit diesem Haushalt neue wichtige Schwer punkte setzt. Dem Umweltministerium kommt bei dieser Schwer punktsetzung der Landesregierung eine wichtige Bedeutung zu. Mit dem Entwurf des Einzelplans 10 stellen wir die Wei chen in Richtung Zukunft. Ich bitte daher auch Sie vonseiten der Opposition um Zustimmung zu diesem Haushaltsplanent wurf.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Glocke der Präsidentin)

Herr Minister Unterstel ler, es liegen drei Nachfragen der Kollegen Glück, Lusche und Dr. Bullinger vor.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Schlussfragen!)

Vielleicht sind ja die – –

(Zuruf des Abg. Ulrich Lusche CDU)

Genau. – Herr Glück, hat sich Ihre Frage erledigt?

(Abg. Andreas Glück FDP/DVP: Er hat nicht mehr die Möglichkeit, zu antworten! – Gegenruf des Abg. Johannes Stober SPD: Er hat noch Redezeit!)

Dann verfahren wir jetzt so: Zunächst spricht nun Herr Kol lege Lusche für die CDU-Fraktion.

Herr Minister – ich nehme an, die Redezeit läuft nur, wenn die Aufmerksamkeit gegeben ist –, eines ist mir noch einmal ganz wichtig: Wir können uns in Berlin über alles Mögliche unterhalten. Das ist alles schön und gut. Aber wir reden hier über den Haushalt des Landes Ba den-Württemberg.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. An dreas Glück FDP/DVP)