Protokoll der Sitzung vom 09.02.2012

Lieber Herr Schmiedel, ich sage Ihnen an dieser Stelle ganz klar: Die Landräte sind für mich noch immer viel vertrauens würdigere Garanten für den ländlichen Raum, als es eine Re gierung ist, die von zwei Parteien getragen wird, die sich tra ditionell eher an den Großstädten orientieren.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Tho mas Blenke CDU: Sehr gut! Bravo! – Abg. Hans-Ul rich Sckerl GRÜNE: Beklatscht euch einmal nicht zu früh! – Abg. Claus Schmiedel SPD: FDP – „Fast Drei Prozent“!)

Das ist immer das, was Ihnen am Schluss einfällt. Abgerech net wird in Zukunft wieder bei den Wahlen.

(Zurufe der Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE und Claus Schmiedel SPD – Unruhe)

Aber es ist klar: Das ist das, was Ihnen am Schluss immer ein fällt, wenn Sie sonst kein Argument mehr haben.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Dr. Goll, gestatten Sie ei ne Zwischenfrage des Herrn Abg. Dr. Mentrup?

Ja, bitte.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Ist der noch im Par lament? – Abg. Klaus Herrmann CDU: Auch einer aus der Großstadt!)

Sehr geehrter Herr Goll, ver stehe ich Sie richtig, dass Sie die FDP als Partei der Landwir te und Forstarbeiter einstufen würden?

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Das ist ja noch dümmer! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: So ein dummes Geschwätz! Das reicht noch nicht einmal zum OB in Karlsruhe! – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Ich bitte Sie, zur Ruhe zu kommen.

Auch über diese Frage kann man nur staunen, weil sie in umwerfender Art klarmacht, dass Ihnen zum Thema nichts einfällt.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es!)

Ich darf und soll aber zum Schluss allmählich die Kurve krie gen. Sie sagen, es sei eine Reform aus der Polizei. Da sage ich noch einmal: Die Vorbereitung der Reform ist wirklich res pektabel. Es ist respektabel, dass Sie Polizeibeamte in dieser intensiven Weise an der Reform beteiligt haben. Ich habe mich umgehört. Es handelt sich natürlich um eine Zufallsauswahl – wie bei jedem von uns. Die Stimmen aus der Polizei sind in Wirklichkeit sehr, sehr unterschiedlich.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Ja!)

Sie haben aber auch gesagt, es solle eine Reform für die Bür ger, für die Betroffenen werden. Ich setze meine Hoffnung da rauf, dass Sie in Zukunft auch die Betroffenen hören und da ran denken, dass es letztlich eine Reform für die Polizei, aber vor allem auch für die Bürger, für die Menschen in diesem Land ist. Ich hoffe, dass Sie dann auch die Stimmen der Be troffenen ernst nehmen.

Lieber Herr Sckerl, Sie haben gestern gesagt: „Wir werden diese Geschichte durchziehen.“ Ich hoffe, Sie ziehen sie nicht durch, ohne zuzuhören. Zuhören haben Sie sich auf Ihre Fah nen geschrieben.

(Zuruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

Wenn z. B. jemand von „Mindestgröße der Präsidien“ spricht, wenn man neue Formen der Kooperation zwischen den Ein heiten ausprobiert, ist das alles in Ordnung. Aber warum soll man dann nicht sagen: „Wir belassen es so, dass es größere

und kleinere Einheiten gibt“? Das ist übrigens auch gut für die Entwicklung der Führungskräfte. Sie müssen nämlich nicht alle ihr Leben lang in möglichst gleich großen Städten sitzen.

Kurzum: Wir empfehlen dringend eine konkrete Korrektur. Sie wollen jetzt zwölf neue Polizeipräsidien schaffen und da mit die bisherige Zahl der Direktionen auf ein Drittel reduzie ren. Wenn Sie sagten: „Wir lassen es bei einer Reduktion auf zwei Drittel“, dann hätten wir eine gute Grundlage für die wei tere Diskussion.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Blenke.

Herr Präsident, werte Kollegin nen und Kollegen! Die baden-württembergische Polizei ist „Marktführer“ unter den deutschen Polizeien. Das ist belegt. Das hängt auch damit zusammen, dass sie kontinuierlich fort entwickelt wurde.

Die CDU ist bereit, sinnvolle Fortentwicklungen bei der Po lizei entlang ihrer Aufgaben – nicht zuerst entlang ihrer Struk tur – vorzunehmen.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der CDU: Ja wohl!)

Wie sind Sie vorgegangen, Herr Minister? Sie haben eine fachlich hoch qualifizierte Projektgruppe eingesetzt;

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Aha!)

diese nehmen wir sehr ernst.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Endlich!)

Aber sie hatte eine politische Erwartungshaltung. Lesen Sie im Eckpunktepapier das Kleingedruckte:

Schaffung effizienter Strukturen mit... regionalen Dienst stellen... unter Überprüfung der Hierarchiestufen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Was ist daran falsch?)

Regionale Dienststellen, das war die Vorgabe.

Stellen Sie sich die Polizei einmal ein bisschen wie ein Lego haus vor: drei Etagen, im Erdgeschoss 37 Fenster mit gutem Blick in die nähere Umgebung. Was machen Sie, Herr Minis ter?

(Zuruf von den Grünen: Fischer-Technik!)

Sie zerschlagen das Legohaus in Einzelteile, geben die Stein chen der Projektgruppe und sagen: Baut einmal neu, eine Eta ge weniger, untenherum wenige Fenster. Das war, bildlich dar gestellt, Ihre Vorgabe. Und wenn Sie schon so munter am Zer schlagen sind, geht es weiter: Landespolizeidirektionen, so gar die Bereitschaftspolizei und die Ausbildungsstruktur.

Was wollen Sie denn damit erreichen? Ich darf mit Erlaubnis des Präsidenten ein paar Aussagen von Ihnen, Herr Minister Gall, zitieren:

Wir bringen mit der Reform mehr Beamte in die Fläche, damit die Reviere künftig sogar mehr Streifen... einset zen können.... An... den Standorten der 146 Polizeirevie re und 356 Polizeiposten rütteln wir nicht.

Mir fehlt der Glaube daran – aber okay, ich lasse es einmal so stehen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Sie sind ja auch in der CDU!)

Weiter sagen Sie:

Ich bin sicher, dass sich die... errechneten... Verstär kungspotenziale von rund 650 Stellen des Polizeivollzugs dienstes... erreichen lassen.

Das klingt auch gut.

Dieses Potenzial werde 1 : 1 der Polizei erhalten bleiben, damit

jetzt kommt’s –

die Streifen- und Ermittlungsdienste der Polizeireviere und Polizeiposten vor Ort gestärkt und Freiräume für die Kriminalpolizei... geschaffen werden können.

(Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Sehr gut!)

Das klingt gut. Wie soll das erreicht werden? 650 Stellen für Kriminalpolizei und Schutzpolizei. Die eine Hälfte der Kri minalpolizei holen Sie vor Ort weg – aus den Polizeidirekti onen, aus den Kriminalpolizeien vor Ort. Die andere Hälfte, 325 Schutzbeamte, Uniformierte, verteilen Sie auf die 500 Dienststellen, die in der Pressemitteilung des Innenministers genannt werden. Selbst wenn ich es auf die Streifendienste – nicht auf die Polizeiposten – beschränke, dann kommt eine mickrige Verstärkung von gerade einmal einer halben Stelle pro Schicht heraus. Dafür werfen Sie die ganze Struktur über den Haufen.