Protokoll der Sitzung vom 10.02.2012

Wenn wir sehen, dass wir in den nächsten Jahren einen Fach kräftemangel in Baden-Württemberg haben, kann dies nicht so stehen bleiben,

(Beifall bei der CDU)

zumal Sie ohne Not auf 117 Millionen € in diesem Jahr ver zichten, 117 Millionen €, die bei einer Deckungslücke von über 2,5 Milliarden € noch zusätzlich auf den Haushalt drauf gesattelt werden, 117 Millionen €, Frau Ministerin, die nicht einmal gerecht auf die Hochschulen verteilt sind.

(Zuruf von den Grünen: Was? – Glocke des Präsiden ten)

Kollege Dr. Birk, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Lehmann?

Derzeit nicht. Ich möchte gern fortfahren.

(Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE: Was ist denn bei Ihnen gerecht?)

Bei der Verteilung dieser 117 Millionen € werden die Hoch schulen unterschiedlich behandelt. So stehen unserer Dualen Hochschule in Baden-Württemberg allein in diesem Haus haltsjahr 2,5 Millionen € weniger und im nächsten Jahr 5 Mil lionen € weniger zur Verfügung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte an die ser Stelle aus einem Schreiben der Dualen Hochschule Mos bach an die Ausbildungsbetriebe zitieren. Es ist doch Hohn, Frau Ministerin, was hier im Land derzeit abläuft. Die Duale Hochschule schreibt:

Ab 1. April 2012 entfallen in Baden-Württemberg die ge setzlichen Studiengebühren von zweimal 500 €, gleich 1 000 € pro Student und Jahr. Leider muss die DHBW ab dem 1. April 2012 voraussichtlich mit weniger als ca. 200 € pro Student und Jahr rechnen. Bei knapp 3 000 Stu denten bedeutet dies eine ganz erhebliche Reduzierung, da nur ein Teil des Ausfalls vom Land ersetzt wird.

Sehr geehrte Frau Ministerin, was bedeutet das? Das bedeu tet letztendlich, dass für die Lehre an der Dualen Hochschu le in Baden-Württemberg weniger Geld zur Verfügung steht.

Sie sind die stellvertretende Vorsitzende im Aufsichtsrat der Dualen Hochschule Baden-Württemberg. Ich sage Ihnen: Kom men Sie Ihrer Fürsorgepflicht gegenüber den Studierenden in diesem Jahr und in den nächsten Jahren nach. Sorgen Sie da für, dass die Ausstattung der Lehre an der Dualen Hochschu le im Jahr 2012 nicht verschlechtert, sondern mindestens in der gleichen Höhe wie in den Jahren zuvor gehalten wird, sonst können Sie nicht davon sprechen, dass die Studienge bühren durch den Landeshaushalt voll kompensiert werden.

Dieser Brief widerlegt Sie eindeutig. Deshalb bitten wir Sie, zu diesem Thema hier Stellung zu nehmen und sich dafür ein zusetzen, dass diese Ungleichbehandlung beendet wird.

(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisen lohr GRÜNE: Das stimmt doch nicht!)

Meine Damen und Herren, Sie von den Regierungsfraktionen hätten unserem Antrag zustimmen können. Wir haben den An trag eingebracht, dass die Duale Hochschule in diesem Jahr eine Sonderzahlung von 2,5 Millionen € bekommen soll. Mit der Regierungsmehrheit haben Sie sich arrogant darüber hin weggesetzt.

(Abg. Martin Rivoir SPD: Das sagen die Richtigen!)

Sie können es heute korrigieren, indem Sie unserem Antrag zustimmen.

(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisen lohr GRÜNE: Flickschusterei!)

Ebenso gilt dies bei den kirchlichen Hochschulen mit über 3 000 Studierenden. Die werden in Zukunft natürlich nicht mehr die Studiengebühren verlangen können. Da sagen Sie: Na ja, die könnten das; rein rechtlich müssen sie mit den Pri vathochschulen gleichgestellt und genauso behandelt werden.

(Zuruf des Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE)

Sie sprechen davon, dass Ihnen alle Studierenden gleich viel wert sind. Nein, das ist nicht der Fall. Die kirchlichen Hoch schulen werden ab diesem Jahr schlechtergestellt. Auch dazu haben wir einen Antrag eingebracht und bitten Sie herzlich, diesem zuzustimmen. Wir dürfen nicht zulassen, dass hier im Land mit zweierlei Maß – hier die staatlichen Hochschulen, deren Mittel sozusagen kompensiert werden, dort die priva

ten und kirchlichen Hochschulen, die in der Zukunft deutlich schlechtergestellt sind – gemessen wird.

(Zuruf von der CDU: So ist es!)

Meine liebe Frau Ministerin, so kann die Arbeitsteilung für die gute Ausbildung in unserem Land in Zukunft nicht ausse hen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Im Einzelplan 14 gibt es einen deutlichen Stellenzuwachs: 531 Stellen, davon 27 mit k.w.-Vermerk, und weitere 200 Stellen sollen jetzt dazukommen. Sie, SPD und Grüne, sind sich noch nicht einig, wie Sie in dem Bereich, der den größten Anteil des Landeshaushalts ausmacht, bei den Personalkosten, künf tig einsparen wollen. In einem sind Sie sich jedoch einig, näm lich darin, dass die Zusatzbelastungen in den nächsten Jahren deutlich wachsen werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist keine Vorsor ge in der Haushaltspolitik. Wenn Sie uns vorwerfen, in der mittelfristigen Finanzplanung hätten wir zu wenig eingestellt, frage ich Sie: Wo sind Ihre Beiträge für die Zukunftsvorsor ge in den nächsten Jahren? Sie haben munter neue Stellen oh ne k.w.-Vermerk eingestellt, mit allen Pensionsverpflichtun gen, mit allen weiteren Verpflichtungen, die auf uns zukom men.

Frau Ministerin, was antworten Sie, wenn die Qualitätssiche rungsmittel in den nächsten Jahren zurückgehen, wenn diese 117 Millionen € nicht mehr zur Verfügung stehen, die Stellen aber eingestellt sind? Dann müssen Sie in einem anderem Be reich des Hochschulwesens umso mehr kürzen. Davor kann ich nur warnen. Ausbildung muss in Baden-Württemberg auch zukünftig Vorfahrt haben. Bitte beherzigen Sie das.

(Beifall bei der CDU)

Liebe Frau Ministerin, bislang haben Sie wenig Kontur vor gegeben, sodass nicht deutlich wird, wo Sie eigentlich neue Schwerpunkte setzen wollen und was Sie anders machen wol len. Bei einem Punkt, über den in dieser Woche auch in der Zeitung zu lesen war, sind wir aber sehr hellhörig geworden: Sie wollen sich vom Leitbild der unternehmerischen Hoch schule verabschieden.

(Abg. Martin Rivoir SPD: Genau! Das ist aber schon länger bekannt! – Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Das ist erst jetzt angekommen!)

Damit wir uns klar sind: Wir wollen keine Hochschule, die wie ein Unternehmen geführt wird. Baden-Württemberg ist bei der Hochschulgesetzgebung immer an der Spitze gewe sen. Unser Credo war, den Hochschulen so viel Eigenverant wortung wie möglich, so viel Profilbildung wie möglich und so viel klare Aufgabenkompetenz im Hochschulrat, im Senat und im Rektorat wie notwendig zu geben, damit das Gesamt werk Hochschule funktionieren kann.

Präzisieren Sie deshalb endlich Ihre Vorschläge. Präzisieren Sie, wie die neue Organisationsform der Hochschule ausse hen soll. Außer ein paar Ankündigungen, Schlagworten und Schlagzeilen sind Sie bislang vieles schuldig geblieben.

(Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE: Wir wol len das mit den Betroffenen besprechen! Das ist der Unterschied!)

Wenn Sie anfangen wollen, die Hochschulräte zu beschrän ken, wenn Sie darauf verzichten wollen, externen Sachver stand aus der Wirtschaft, aus den Verbänden und vielen ande ren Bereichen einzubeziehen, wenn Sie den Sachverstand der Vertreter aus der Wirtschaft und anderen Bereichen, die heu te Verantwortung für die Hochschulen tragen, nicht mehr ein binden wollen, dann ist dies ein deutlicher Rückschritt für die Hochschullandschaft in Baden-Württemberg.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: So ein Quatsch!)

Wir setzen darauf, dass die Wirtschaft, die Verbände, die So zialverbände auch in Zukunft sehr stark in das Hochschulwe sen in Baden-Württemberg einbezogen sind. Nur dadurch kann gute Hochschule gelingen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: So ein Quatsch!)

Deshalb, Frau Ministerin: Es sind einige Fragen gestellt. Die Antworten darauf sind bislang ausgeblieben. Wir betreiben keine Fundamentalkritik, aber an den Stellen, an denen wir es für nötig erachten, zu korrigieren, werden wir eingreifen. Wir laden die Regierungsfraktionen herzlich ein, unseren Anträ gen zuzustimmen, damit sich die Hochschullandschaft in Ba den-Württemberg weiterhin gut entwickeln kann.

(Beifall bei der CDU – Abg. Andreas Schwarz GRÜ NE: Das ist aber nett! – Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Was ist das, wenn keine Fundamentalkritik?)

Für die Fraktion GRÜNE spricht Herr Kollege Dr. Schmidt-Eisenlohr.

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Jetzt aber!)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, meine Damen und Herren, Frau Ministerin! Ich bin über die Vehemenz der Argumenta tion überrascht. Insofern muss ich ein Stück weit darauf ein gehen, auch wenn ich natürlich gehofft habe, dass wir mehr über die positiven Highlights dieses Haushalts für 2012 spre chen können.

Hochschule und Wissenschaft müssen die gesellschaftliche Entwicklung erkennen und Lösungen entwickeln; das haben Sie auch schon richtig erkannt. Vor allem ist wichtig, dass die se Lösungen und Ideen an die jungen Menschen und auch an die mittlerweile vielen Älteren an den Hochschulen weiterge geben werden.

Für die Hochschul- und Forschungslandschaft in Baden-Würt temberg haben wir hier grundsätzlich gute Voraussetzungen. Ich denke, das haben wir nie bestritten.

Die Frage ist nun, wie man mit diesen Voraussetzungen um geht: Was macht man daraus? Herr Dr. Birk, mit dem, was Sie gerade gesagt haben, und mit den Anträgen, die Sie gestellt haben, haben Sie gezeigt, dass Sie eine komplett andere He rangehensweise haben als wir.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Immerhin schon et was!)

Das sieht man sehr deutlich. – Wir analysieren die Sachver halte. Bei den Studiengebühren nenne ich Ihnen gleich noch ein Beispiel. Wir schauen uns den Kern des Problems an.

(Heiterkeit der Abg. Manfred Kern GRÜNE und Dr. Timm Kern FDP/DVP)

Was muss man eigentlich tun? Welche Herausforderung be steht? Wir versuchen, eine klare und strukturierte sowie vor allem nachhaltige Lösung zu finden. Sie dagegen – das zeigt sich nicht nur bei diesem Haushalt, sondern das zeigte sich in den letzten zwei Tagen der Beratung an vielen Stellen – sehen irgendwo ein Feuer brennen und versuchen es dann irgendwie zu löschen. Sie suchen immer irgendeinen Topf, aus dem et was finanziert werden soll. Was in den letzten Jahren von Ih nen gemacht wurde, ist in den meisten Fällen leider überhaupt nicht nachhaltig, auch nicht im Hochschulbereich. Das war Flickschusterei, nicht mehr.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)