Protokoll der Sitzung vom 10.02.2012

(Abg. Walter Heiler SPD: Genau!)

Wir unterstützen damit die Kommunen, die hier bereits in den vergangenen Jahren ein Engagement gezeigt haben, und bie ten endlich Anreize für die Kommunen, die es bisher nicht ge tan haben, in die U-3-Betreuung einzusteigen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Darüber hinaus hat die Landesregierung die Beteiligung an der Schulsozialarbeit mit einem Drittel der Kosten zugesagt und beschlossen. Nicht 13 Millionen €, nicht 14 Millionen €, sondern 15 Millionen € fließen in diese wichtige Investition.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Warum nicht 12 Millionen €?)

Dies bedeutet einen wesentlichen Beitrag zur Stärkung der Schulgemeinschaften und der Kollegien.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Dass Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, die Finanzierung der Schulsozialarbeit im Haushalt kürzen wol len und uns gleichzeitig vorwerfen, wir würden die Kommu nen im Stich lassen, kann wohl widersprüchlicher nicht sein.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Uns als Regierungsfraktion ist sehr bewusst, wie wichtig die Schulsozialarbeit für die Schulen, die Lehrer, die Eltern und die Schüler ist und welch wertvollen Beitrag die Schulsozial arbeiter leisten, indem sie als Ansprechpartner zur Verfügung stehen und bei Problemen Hilfestellung bieten. Für uns ist die Schulsozialarbeit ein wesentlicher Bestandteil der Schulorga nisation, der eine wichtige Entlastung für die Lehrer bietet.

Dieses Angebot kann aber nur dann umgesetzt werden, wenn die Finanzierung gesichert ist und unterstützt wird. Wir leis ten diesen Beitrag an die Kommunen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Für ein wirtschaftsstarkes Baden-Württemberg ist es unab dingbar, dass Unternehmen und Handwerksbetriebe in BadenWürttemberg den Fachkräftebedarf mit gut qualifizierten Schü lerinnen und Schülern abdecken können. Derzeit haben wir die Situation, dass wir zwar eine enorm niedrige Arbeitslo senquote zu verzeichnen haben, aber auf der anderen Seite die Fachkräfte fehlen, um offene Stellen tatsächlich besetzen zu können. Initiativen, die im Ausland Fachkräfte akquirieren sollen, sind die Folge, weil viel zu lange versäumt wurde, die Fachkräfte, die bereits im Land sind, entsprechend zu quali fizieren und weiterzubilden.

Unser Ziel ist daher, mehr Menschen zur Ausbildungsreife zu führen. Dieses Ziel verfolgen wir mit der Perspektive, jedem Schüler am Ende den bestmöglichen Bildungserfolg in Aus sicht zu stellen. Etliche Jugendliche verlassen leider noch heu te die Schulen mit mangelnden Deutsch-, Englisch- und Ma thematikkenntnissen. Daher stärken wir die Kernfächer an der neuen Werkrealschule und bieten die Möglichkeit, den Haupt

schulabschluss auch nach der zehnten Klasse abzulegen, was für viele einen enormen Schritt bedeutet, um hier auch noch ihren Abschluss zu machen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Wir setzen hier auch auf das breite Angebot der beruflichen Schulen, die für viele Jugendliche eine wichtige Alternative auf ihrem Weg zum Schulabschluss bieten. Darüber hinaus werden wir die individuelle Förderung an allen Schularten stärken. Wir wollen den Lehrerinnen und Lehrern die Freiräu me bieten, um individuelle Förderung zu ermöglichen und an ihren Schulen neuer Lehr- und Lernkultur Raum zu geben. So erhalten beispielsweise die fünften und sechsten Klassen an den Gymnasien wieder eine zusätzliche Poolstunde, die Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, gestrichen hat ten. Dies bedeutet aber eine wichtige Maßnahme, um den ge steigerten Anforderungen am Gymnasium gerecht zu werden und die achtjährige Schulzeit am Gymnasium schrittweise zu verbessern.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Die Realschulen werden wir ebenfalls mit Poolstunden aus statten, um Differenzierung und individuelle Lernangebote einbringen zu können. Mit der Einführung der Kompetenz analyse unterstützen wir die Realschulen zusätzlich, um die Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler für ihre berufliche Orientierung zu analysieren und zu stärken.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das ist ja nichts Neues!)

Individuelle Förderung ist aber am besten durch ein gutes Ganztagsangebot und durch rhythmisierten Unterricht um setzbar. Wir setzen daher für die Zukunft stark auf die Ganz tagsschule, weil sie Schülern und Lehrern Freiräume und ei ne Entlastung bietet und weil sie Familien dadurch stärkt, dass mehr Zeit für Gemeinsamkeit bleibt, wie die StEG-Studie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung 2010 ein drucksvoll nachgewiesen hat. Sie verbessert zusätzlich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, was wir dringend benö tigen, um Eltern die Rückkehr an ihren Arbeitsplatz zu erleich tern.

Die Einführung der Gemeinschaftsschule ist zudem ein wich tiger Beitrag, um den Schulen und Schulträgern ein umfas sendes Schulangebot zu machen, das auf die Heterogenität von Klassen setzt und dies als Chance sieht.

Das Gesetz hierzu befindet sich derzeit in der Anhörungspha se und trifft auf eine breite Unterstützung über alle Verbände hinweg. Dass Sie die Gemeinschaftsschule regelmäßig in ein schlechtes Licht rücken wollen, wird am Ende auf Sie zurück fallen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: So ist es!)

Nehmen Sie sich doch einfach einmal die Zeit und besuchen Sie eine der Starterschulen, gehen Sie nach Külsheim, Ber gatreute oder Villingen-Schwenningen und lassen Sie sich er klären, wie eine gute Schule auch funktionieren kann. Sie sind jetzt doch mit Ihrem krampfhaften Festhalten am dreigliedri gen Schulsystem völlig isoliert. Setzen Sie sich endlich kon

struktiv mit der Gemeinschaftsschule auseinander, statt stän dig mit billiger Polemik daherzukommen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf von den Grünen: Bravo! – Zuruf von der CDU: Einheitsbrei!)

Meine Damen und Herren, um am Ende all diese Angebote auch wirklich zu ermöglichen, braucht man verlässliche Un terrichtsangebote. Daher haben wir ein weiteres Mal die Zahl der Krankheitsvertretungsstellen aufgestockt, weil diese Quo te in Baden-Württemberg bisher eine der schlechtesten im Bundesvergleich war. Wir haben derzeit eine Quote von Krank heitsvertretungsstellen von 1,5 %. Wir haben uns das Ziel ge setzt, diese Quote schrittweise auf 2,5 % aufzustocken; denn nur wenn das Grundangebot gesichert ist, können weitere Maßnahmen angeboten werden.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir benötigen ein Schulsystem, das niemanden im Stich lässt, sondern jedem Kind und Jugendlichen den bestmöglichen Bildungsabschluss bietet. Wir haben aber auch die Menschen im Blick, die sich im außerschulischen Bereich fort- und weiterbilden wollen. Wir stärken sie unter dem Stichwort „Lebenslanges Lernen“, wofür wir ebenfalls zusätzliche Haushaltsmittel einstellen konnten. So wird das Nachholen des Hauptschulabschlusses ebenso gefördert wie weitere Initiativen, mit denen Menschen ihre Qualifikation und Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbes sern. Bildung hat nicht nur den Arbeitsmarkt zum Ziel, son dern stärkt den Menschen im Ganzen und bietet darüber hin aus gesellschaftliche Teilhabe.

Es gibt viele weitere Punkte im Bildungshaushalt, die man po sitiv hervorheben kann. Dies sind beispielsweise die Mittel für die Jugendkunstschulen, die ein wichtiger Bestandteil für eine qualitativ hochwertige Ganztagsbildung sind und zudem die Kreativität stärken. Die Ergebnisse der Arbeit der Enquete kommission „Fit fürs Leben in der Wissensgesellschaft – be rufliche Schulen, Aus- und Weiterbildung“ zur Stärkung un serer Jugendlichen werden wir weiter konsequent Schritt für Schritt umsetzen.

Wir, die die Regierung tragenden Fraktionen, die Fraktion GRÜNE und die Fraktion der SPD, verbessern die Bildung, aber auf seriöser finanzieller Grundlage.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Wir stellen die notwendigen Schritte und Vorhaben zur Ver besserung von Bildungschancen mit diesem Haushalt auf ei ne solide Grundlage und lösen so auch unser Versprechen ein, nachhaltig zu investieren. Dafür brauchen wir auf der einen Seite einen ausgeglichenen Haushalt und auf der anderen Sei te Mittel, die für ein leistungsstarkes Bildungssystem notwen dig sind; denn unsere Kinder und Jugendlichen brauchen für eine gute Zukunftsperspektive beides, nämlich qualitativ hoch wertige Bildung als Eintrittskarte in eine erfolgreiche Zukunft und ausgeglichene öffentliche Haushalte als Garant dafür, dass auch den kommenden Generationen Startchancen geboten werden können. So, wie Sie in den vergangenen Jahren Haus haltspolitik betrieben haben, könnte doch kein Unternehmen existieren.

(Widerspruch bei der CDU und der FDP/DVP)

Es gab ständig neue Kosten, die nicht durchfinanziert waren. Ihnen hat der Weitblick bis zum nächsten Haushalt, geschwei ge denn in die Zukunft völlig gefehlt, meine Damen und Her ren.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Die Zeiten des Gießkannenprinzips nach dem Motto „Viel hilft viel“ sind vorbei. Statt sich mit auf Pump finanzierten Projekten zu verzetteln, folgt unsere Bildungspolitik einer an deren Maxime, nämlich der Maxime von Nachhaltigkeit und Zielgenauigkeit.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Wir setzen dem Auftürmen immer neuer Schuldenberge da her eine Grenze. Wir lassen aber trotz des Schülerrückgangs Lehrerstellen im System. So wird die demografische Rendite im Wert von 180 Millionen € zur Bildungsrendite und zur Bil dungsinvestition, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Wir haben in den kommenden Haushalten noch Maßnahmen vor uns, die bisher leider versäumt wurden. Eines unser wich tigsten gesellschaftlichen Ziele in der Zukunft wird die Inklu sion sein. Bisher wurde es versäumt, zum Erreichen dieses Ziels wesentliche Weichenstellungen vorzunehmen. Für Kin der mit Beeinträchtigungen war und ist die Möglichkeit des Besuchs der Regelschule eine seltene und oft hart umkämpf te Ausnahme.

Unser Ziel ist eine Bildungslandschaft, in der jeder dazuge hört.

(Zuruf: So ist es!)

Kinder mit Behinderungen sollen künftig an den allgemeinen Schulen willkommen sein und unabhängig vom Förderort ein qualitativ hochwertiges Lern- und Förderangebot vorfinden.

Gemeinsam mit Betroffenen, mit Verbänden, mit Schulen und mit Lehrkräften werden wir Möglichkeiten und Lösungen er arbeiten, die den Ansprüchen und Anforderungen der Betei ligten gerecht werden. Dies wird ein langer Weg sein; denn wir stehen in Baden-Württemberg beim Thema Inklusion lei der vielerorts noch am Anfang. Viele engagierte Lehrer und Schulen haben in Einzelprojekten und aus eigenem Engage ment heraus sehr gute Angebote geschaffen, die aber leider noch weit entfernt sind von einem flächendeckenden Ange bot. Wir wollen dieses Engagement aufgreifen und zusam menführen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Machen Sie ein mal!)

Unser politisches Ziel ist eine Gesellschaft, die niemanden ausgrenzt, sondern allen die gleichberechtigte Teilhabe ermög licht. Ich fordere Sie gern auf, sich dazu an dieser Diskussion und an diesem Diskurs zu beteiligen

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das machen wir gern!)

und konstruktive Kritik zu üben.

(Abg. Peter Hauk CDU: Keine Sorge!)