Protokoll der Sitzung vom 10.02.2012

Meine Damen und Herren! Ich eröff ne die 26. Sitzung des 15. Landtags von Baden-Württemberg.

Krankgemeldet ist Frau Abg. Schneidewind-Hartnagel.

Aus dienstlichen Gründen entschuldigt hat sich für heute Vor mittag Herr Minister Stickelberger.

Dienstlich verhindert sind Herr Minister Friedrich, Herr Mi nister Bonde und Herr Minister Hermann.

Meine Damen und Herren, Herr Kollege von Eyb hat heute Geburtstag. Im Namen des Hauses gratuliere ich Ihnen sehr herzlich, lieber Herr Kollege, und wünsche Ihnen alles Gute.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Fortsetzung der Zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz über die Feststellung des Staats haushaltsplans von Baden-Württemberg für das Haus haltsjahr 2012 (Staatshaushaltsgesetz 2012 – StHG 2012)

Wir kommen zunächst zum Buchstaben a:

Einzelplan 04: Ministerium für Kultus, Jugend und Sport

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Fi nanzen und Wirtschaft – Drucksache 15/1104

Berichterstatter für den Bereich Kultus: Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei

Berichterstatter für die Bereiche Jugend und Sport: Abg. Jörg Fritz

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Beratung des Einzelplans 04 – Ministerium für Kultus, Jugend und Sport – eine Grundredezeit von 15 Minuten je Fraktion fest gelegt, wobei gestaffelte Redezeiten gelten.

Wünscht einer der Berichterstatter das Wort? – Das ist nicht der Fall.

In der Allgemeinen Aussprache erteile ich Herrn Abg. Wacker für die CDU-Fraktion das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, mei ne sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir uns den Einzelplan 04 – Ministerium für

Kultus, Jugend und Sport – anschauen, stellen wir auf den ers ten Blick fest, dass es sich hierbei um einen unauffälligen Haushaltsentwurf handelt, der offensichtlich wenige Verän derungen gegenüber dem Vorjahr aufweist.

Auf den zweiten Blick allerdings müssen wir schon feststel len, dass politische Entwicklungen erkennbar sind, die auf ne gative Veränderungen in unserer Bildungslandschaft hinwir ken.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Mäßiger Beifall! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Alles Vorurteile!)

Ich möchte mit dem allerwichtigsten Thema beginnen: der frühkindlichen Bildung. Wir sind uns in diesem Hohen Haus immer darüber einig, dass es in der frühkindlichen Bildung besonders wichtig ist, besondere Qualitätsmaßstäbe anzule gen. Aber um der besonderen Qualität Rechnung zu tragen, wäre es richtig, das Erfolgsprojekt „Singen – Bewegen – Spre chen“ uneingeschränkt fortzusetzen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Das tun Sie, meine Damen und Herren, gerade nicht. Bei dem Projekt „Singen – Bewegen – Sprechen“ handelt es sich nicht nur um ein frühmusikalisches Projekt, sondern es werden auch andere wichtige Kompetenzen der Kinder gefördert: die Fein- und die Grobmotorik, natürlich auch die Sprachentwicklung. Das heißt, es handelt sich um ein ganzheitliches wichtiges Bil dungsprogramm, das Sie jetzt an einer ganz entscheidenden Stelle beschneiden, nämlich wenn es um den Übergang in die Grundschule geht. Das ist nicht verantwortbar, und das hat wenig mit Qualität in der frühkindlichen Bildung zu tun. Des wegen bedauern wir dies, und wir fordern Sie auf, dennoch einen Schritt in die Richtung zu tun, dass „Singen – Bewegen – Sprechen“ auch eine Fortsetzung in der Grundschule erfährt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Zweitens ist unklar, welche Bedeutung die musikalische Bil dung in den Kindergärten zukünftig haben wird. Durch die Wahlmöglichkeit, entweder Sprachförderung zu betreiben oder das Projekt „Singen – Bewegen – Sprechen“ fortzuset zen, besteht die Gefahr, dass dieses Projekt nach und nach brö ckelt. Deswegen plädieren wir dafür, dies als eigenständiges Programm fortzusetzen. Das würde zur Planungssicherheit für alle Projektpartner führen.

Meine Damen und Herren, Sprachförderung und „Singen – Bewegen – Sprechen“ führen zu einer besseren ganzheitlichen Bildung in unseren Kindergärten.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Hel mut Walter Rüeck CDU: Sehr gut!)

Ich möchte einen zweiten Teilbereich ansprechen. Kurz vor Weihnachten hatten wir die Gelegenheit, im Bildungsaus schuss im Rahmen einer Anhörung die Jugendverbände zur Aufstellung des Landesjugendplans zu hören. Wir alle waren sehr darüber erstaunt, mit welcher massiven Kritik sich die Vertreter des Landesjugendrings darüber beklagt haben, dass überhaupt keine Handlungsempfehlung aus dem Bündnis für die Jugend im Einzelplan 04 für das Haushaltsjahr 2012 ei nen Niederschlag findet.

Meine Damen und Herren, es kann nicht sein, dass über meh rere Jahre hinweg Arbeitsgruppen mit großer Energie ihren Ideenreichtum einbringen, dies zum Ende der letzten Legis laturperiode auch zu einem Abschluss gebracht haben und Sie einfach mit einer Null reagieren.

(Beifall bei der CDU)

Das geht nicht, meine Damen und Herren, zumal wir genau wissen, dass die Jugendverbände im Rahmen des Gesamtbil dungskonzepts ein wichtiger Partner für die Schule sind, wenn es um den weiteren Ausbau von Ganztagsschule geht. Auch Sie wollen mehr Ganztagsschulen. Deswegen ist es unver ständlich, dass Sie die Jugendverbände im Zusammenhang mit diesem Bündnis in diesem Haushalt überhaupt nicht be rücksichtigen.

Meine Damen und Herren, die Privatschulfinanzierung holt uns wieder ein. Auch hier sind wir uns im Grundsatz wie im mer einig: Privatschulen sind wichtige Ergänzungen zum öf fentlichen Schulwesen, und in der Qualität stehen sie den öf fentlichen Schulen überhaupt nicht nach.

Natürlich geht es dabei um eine angemessene Finanzausstat tung. Auch da sind wir uns über weite Strecken einig gewe sen. Das Bruttokostenmodell wurde als eine neue Berech nungsgrundlage entwickelt. Dann wurde das Bruttokostenmo dell als eine verbindliche Berechnungsgrundlage im Privat schulgesetz verankert. Dann hat sich der Landtag in der ver gangenen Legislaturperiode mehrmals auf einen verbindli chen Stufenplan zur Anhebung der Kostendeckungsgrade in Richtung 80 % verständigt. Es gibt sogar einstimmige Be schlüsse dieses Hohen Hauses, die dies dokumentieren.

Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, haben vor der Landtagswahl großmundig die Einführung ei nes solchen Stufenplans gefordert. Sie haben das in Ihren Wahlprogrammen und in Ihrem Koalitionsvertrag festgeschrie ben. Nun fallen Sie mit Ihrem wachsweichen Entschließungs antrag, der uns heute vorliegt, sehr deutlich hinter das zurück, was Sie viele Jahre lang von uns eingefordert haben.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen darf ich sagen: Früher haben Sie versucht, uns mit diesem Thema zu treiben, und heute haben Sie mit diesem Thema Ihre Unschuld verloren.

(Oh-Rufe von Abgeordneten der SPD – Abg. Walter Heiler SPD: Was?)

Kritik dürfen Sie in diesem Zusammenhang nicht mehr an bringen.

(Beifall bei der CDU)

Wir, die CDU-Fraktion, werden heute einen Antrag vorlegen, mit dem wir einen Einstieg – mit einer moderaten Erhöhung der Kostendeckungsgrade für alle sogenannten Kopfsatzschu len – fordern, ohne dabei die Verschuldung des Landes zu er höhen.

Meine Damen und Herren, damit komme ich zu einem Haupt bereich, nämlich den Unterrichtsressourcen. Wir wissen – wenn wir uns den Einzelplan 04 anschauen, sehen wir es –, dass die Personalausgaben der größte Bereich sind und im We sentlichen den Einzelplan 04 bestimmen.

Zunächst einmal begrüßen wir, dass Sie in diesem Haushalts jahr – das haben Sie auch für die Restlaufzeit dieser Legisla turperiode erklärt, und ich hoffe, Sie halten auch Kurs – kei ne Einsparungen vorsehen, was den Lehrerbestand in unseren Schulen betrifft. So weit, so gut.

Aber Sie belasten durch den Ausbau Ihrer ideologisch moti vierten Projekte bestehende weiterführende Schularten auf lei sen Sohlen und Schritt für Schritt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Das ist ja unglaublich!)

Meine Damen und Herren, Sie führen unsinnigerweise das G-9-Modell ein und bezeichnen das als einen Schulversuch. Sie tun so, als hätten wir in Baden-Württemberg überhaupt keine Erfahrungen mit G 9. Sie tun ferner so, als wäre die Maßnahme im Grunde völlig kostenneutral zu finanzieren.

Natürlich werden Sie am Anfang kaum zusätzliche Ressour cen brauchen, wenn Sie zunächst an 22 Schulstandorten mit einer Jahrgangsklasse 5 beginnen. Aber nach und nach wer den Sie einen Ausbau von G 9 vornehmen und dabei auch die Unterrichtsversorgung von G 8 belasten.

Das, meine Damen und Herren, darf nicht sein, zumal auch davon auszugehen ist, dass es nicht weniger Eingangsklassen bei den G-8-Schulen geben wird, wenn Sie G 9 einführen, und Sie überhaupt nicht wissen, wie Sie G 9 pädagogisch umset zen wollen. Sie lösen das Problem einfach damit, dass binnen kürzester Frist die entsprechenden Antragsteller ein pädago gisches Konzept für diese Schulform vorlegen sollen. Darauf, wie das funktionieren soll, sind wir gespannt. An anderer Stel le werden wir noch Gelegenheit haben, uns sehr ausführlich damit auseinanderzusetzen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. An dreas Glück FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, bei Ihrer sogenannten Gemein schaftsschule erleben wir das Gleiche.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Was heißt hier „sogenannt“? – Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Es ist eine Gemeinschaftsschule! – Gegenruf des Abg. Pe ter Hauk CDU: Sagt doch Einheitsschule!)