Protokoll der Sitzung vom 15.02.2012

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es!)

auf irgendetwas zu verzichten. Dann haben Sie plötzlich Ihre Position zum ersten Mal korrigiert, Herr Ministerpräsident, und haben erklärt: Mit einer Perspektive von drei Jahren wol len wir jetzt in Verhandlungen eintreten. Am nächsten Tag hat sich dann herausgestellt: Auch diese Verhandlungen werden von den Nehmerländern nicht gewünscht. Dann haben Sie plötzlich festgestellt – ich zitiere –, das System sei „absolut bescheuert“ und dieses System müsse ganz weg.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Da hat er recht!)

Der Bund solle künftig für den Länderfinanzausgleich sorgen.

Am nächsten Tag hat Sie dann Ihr Finanzminister zurückge pfiffen

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Kann der pfeifen?)

und hat erklärt, der Vorschlag mit dem Bund sei nicht zielfüh rend. Dann haben Sie erklärt, das sei ja nur so ein Vorschlag gewesen und eigentlich nicht ganz ernst zu nehmen.

Meine Damen und Herren, auf diese Art und Weise bekom men wir mit Sicherheit keine Veränderung beim Länderfinanz ausgleich hin.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: An Sprunghaftigkeit nicht zu überbieten!)

Mit einem solchen sprunghaften Wackelkurs machen wir uns höchstens bei denen lächerlich, bei denen wir etwas erreichen wollen. Die werden sagen: Baden-Württemberg ist ein zahn loser Tiger; da können wir mindestens bis 2019 sicher sein, dass nichts passiert.

Ich kann an dieser Stelle wieder nur eindringlich an Sie ap pellieren: Gehen Sie den Weg mit Bayern und Hessen zusam men. Gehen Sie den Weg der Klage. Denn das ist die einzige Möglichkeit, dass sich an diesem bescheuerten System, wie Sie es zu Recht nennen, etwas verändert, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Zuruf: Richtig!)

Dort, wo Sie konsolidieren, ist es schwer nachvollziehbar, dass in Zeiten wie diesen die Beamten die einzige Gruppe sind, bei der gespart werden soll. Insbesondere ist das auch nicht glaubwürdig, denn bei den kleinen Beamten wird ge spart, während Sie selbst die Zahl der Stellen bei den Häupt lingen massiv ausweiten. Jede Woche wird wieder ein neuer Fall bekannt,

(Zurufe der Abg. Thomas Blenke und Dieter Hille brand CDU)

bei dem jemand auf irgendeiner Position vom Land BadenWürttemberg künftig alimentiert wird.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Regierungspräsident! – Zuruf des Abg. Thomas Blenke CDU)

Sie weiten die Zahl der Stellen im Bereich der B-Besoldung aus, und die kleinen Beamten im Bereich der A-Besoldung, für die Sie eine Fürsorgepflicht haben, dürfen das ausbaden. Ihr Verhalten erinnert an einen Alkoholiker, der seinen Kin dern ans Sparschwein geht, damit er neuen Schnaps kaufen kann.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Ingo Rust SPD: Das taugt noch nicht einmal für Fasching! – Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Im Übrigen sparen Sie auch noch zulasten des ländlichen Raums. Sie wollen eine Polizeireform durchführen, Sie wol len einen Nationalpark einrichten, den keiner will. Sie sparen

im Bereich des Straßenbaus, indem Sie den Haushaltsansatz von 105 Millionen € auf 100 Millionen € reduzieren. Gleich zeitig behaupten Sie, Sie hätten in diesem Bereich zusätzliche Mittel in den Haushalt eingestellt.

(Zuruf des Abg. Ingo Rust SPD)

„Wenn Herr Ramsauer mir mehr Geld gibt, baue ich mehr Straßen.“ Auch da wurde die Frage aus der vergangenen Wo che, was das für den Landesstraßenbau bedeutet, noch immer nicht beantwortet. Gilt diese Aussage nur für den Bereich der Bundesautobahnen? Gilt sie nur für den Bereich des Bundes straßenbaus, zu dem Sie sagen: „Herr Ramsauer soll bezah len, und wenn es uns selbst nichts kostet, machen wir mit“? Oder gilt diese Aussage auch für den Bereich des Landesstra ßenbaus und bedeutet, dass Sie bereit sind, da in künftigen Jahren vielleicht etwas mehr zu tun?

(Zuruf des Abg. Ingo Rust SPD)

Gilt weiterhin das hermannsche Verdikt: „Wir sanieren bes tenfalls, Neubauten gibt es nicht“?

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Das stimmt doch überhaupt nicht!)

Oder sind Sie bereit, auch neue Landesstraßen zu bauen? Das sollten Sie, meine Damen und Herren, einmal sehr eindeutig bekunden.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Ingo Rust SPD)

Völlig unklar bleibt auch Ihre Energiewende, meine Damen und Herren. Zur Energiewende fallen Ihnen immer nur drei Wörter ein: Windkraft, Windkraft, Windkraft. Das ist aber kei ne Energiewende.

(Abg. Beate Böhlen GRÜNE: Ach!)

Sie behaupten, Sie würden die Ängste der Wirtschaft ernst nehmen. Da spricht beispielsweise die IHK Region Stuttgart eine andere Sprache.

(Abg. Walter Heiler SPD: Ja, ja!)

Es wird deutlich: Diese Energiewende wird im Land BadenWürttemberg zunehmend zu einem Standortproblem.

(Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE: Sind Sie dagegen?)

Ich bin nicht gegen diese Energiewende. Nur muss man deutlich machen, wie man sich diese Energiewende vorstellt.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es! – Zurufe der Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE und Karl Zimmermann CDU)

Es genügt eben nicht, 50 % der Stromerzeugung in BadenWürttemberg vom Netz zu nehmen und dann zu erklären: „Wir schaffen es vielleicht, 10 % durch Strom aus Windkraft zu substituieren.“

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Zu wenig! – Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE: Wollen Sie die Windräder nicht? Finden Sie 1 % Windkraftanteil, wie jetzt, besser?)

Sie müssen schon deutlich machen, was Sie sich vorstellen, meine Damen und Herren.

Da nützt es auch nichts, wenn Umweltminister Untersteller sagt, wir würden im Moment Strom nach Frankreich expor tieren. Das mag schon sein, Herr Untersteller.

(Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Das ist so! – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Aber wenn wir Atomstrom, den wir momentan noch produ zieren, nach Frankreich exportieren,

(Zuruf des Abg. Daniel Renkonen GRÜNE)

hilft uns das bei unserer Energiewende relativ wenig.

(Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE: Sie entkräften Ihr Argument! – Unruhe)

Vielmehr müssen Sie schon deutlich machen, wie Sie die Stromversorgung in Baden-Württemberg künftig sicherstel len wollen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Zuruf der Abg. Beate Böhlen GRÜNE)

Ähnlich ist der Zickzackkurs im Bereich der EnBW. Ich darf Sie, Herr Finanzminister, mit einer Äußerung aus der vergan genen Woche sinngemäß zitieren: Wer über die Veräußerung von Landesanteilen öffentlich redet, der gefährdet das Rating. Herr Minister Schmid, sagen Sie das Ihrem Ministerpräsiden ten. Er ist es doch gewesen, der erklärt hat, er könne sich al les vorstellen, er könne sich auch vorstellen, an ausländische Finanzinvestoren zu veräußern, weil ja Geld nicht stinkt – „pe cunia non olet“, so war das Zitat. Herr Minister, sagen Sie das Ihrem Ministerpräsidenten. Oder reden Sie in der Regierung nicht über diese Dinge?

Herr Ministerpräsident, es hilft relativ wenig, uns im Zusam menhang mit dem Haushalt vorzuwerfen: „Ihr fordert eine Rückzahlung der Schulden. Aber gleichzeitig wollt ihr, dass die Kapitalerhöhung bei der EnBW, die 400 Millionen € aus macht, auch noch über den Haushalt finanziert wird; dann schaffen wir es gar nicht.“

Herr Ministerpräsident, glauben Sie im Ernst, dass es keine Schulden sind, wenn Sie über Neckarpri finanzieren? Glau ben Sie im Ernst, daraus entstehen keine Belastungen? Es wird schon deutlich: Mit reiner Symbolpolitik und mit einem Zick zackkurs werden Sie dem Unternehmen nicht gerecht. Viel mehr wird das Image dieses Unternehmens von Ihnen weiter in den Keller geredet, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU)

Nun zum Bildungsbereich. Ihr Prestigeprojekt Einheitsschu le geht zulasten der beruflichen Bildung. Im Bereich der be ruflichen Bildung sind Sie in keiner Weise bereit und in der Lage, zu tun, was notwendig ist. Sie haben die richtigen Ent wicklungen im Bereich des Klassenteilers wieder zurückge dreht.