Protokoll der Sitzung vom 15.02.2012

Nun zum Bildungsbereich. Ihr Prestigeprojekt Einheitsschu le geht zulasten der beruflichen Bildung. Im Bereich der be ruflichen Bildung sind Sie in keiner Weise bereit und in der Lage, zu tun, was notwendig ist. Sie haben die richtigen Ent wicklungen im Bereich des Klassenteilers wieder zurückge dreht.

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Zurückgedreht?)

Sie wollen die Entwicklung zurückdrehen, die wir eingelei tet haben.

Entscheidend ist, wie gut Bildung und Betreuung sind. Ihre ständigen ideologischen Schulstrukturdiskussionen sind der falsche Weg, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Sie feiern sich für das, was Sie im Bereich der Privatschulför derung getan haben. Doch dabei werden Sie den Anforderun gen Ihres eigenen Koalitionsvertrags, geschweige denn Ihrem Wahlprogramm in keiner Weise gerecht, meine Damen und Herren.

Herr Ministerpräsident, in der vergangenen Woche haben Sie der Opposition vorgeworfen, sie habe keine Alternativen auf gezeigt

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Haben Sie auch nicht!)

und keine Sparvorschläge gemacht. Meine Damen und Her ren, auf der Regierungsbank hat man entweder ein Hör- oder ein Konzentrationsproblem. Wir – sowohl die CDU-Fraktion als auch die Fraktion der FDP/DVP – haben sehr deutlich ge macht, was unsere Alternativen sind. Diese sind an der einen oder anderen Stelle durchaus unterschiedlich. Man kann aber nicht behaupten, dass es keine Alternativen gebe.

Wir haben sehr deutlich gemacht, dass wir die neuen Stellen, die Sie geschaffen haben, nicht wollen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: 7 Millionen €!)

Wir haben sehr deutlich gemacht, dass wir gegen die Abschaf fung der Studiengebühren sind.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: 137 Millionen €!)

Wir haben sehr deutlich gemacht, dass wir nicht für die Stre ckung, sondern für die Fortführung des Stellenabbaupro gramms sind, das wir Ende 2010 beschlossen haben. Wir ha ben sehr deutlich gemacht, dass wir für flexible Lebensarbeits zeitkonten sind. Wir haben sehr deutlich gemacht, dass wir Ihre schwarze Kasse der Sanierungsrücklage nicht haben wol len,

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Das ist doch ein Unsinn! – Unruhe bei den Grünen und der SPD)

mit der Sie im Endeffekt irgendwelche Wohltaten verteilen können, die dem Parlament verborgen bleiben.

Außerdem wollen wir Ihre Prestigeprojekte im Bildungsbe reich nicht. Wir wollen – darin sind wir uns mit Ihnen durch aus einig – eine Pkw-Maut. Ich sage allerdings sehr deutlich, dass wir uns eine Vignette wünschen, aber kein elektronisches System, mit dessen Hilfe Bewegungsprofile erstellt werden können.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es! Das ist der Datenschutz!)

Wir haben sehr deutlich gemacht – dabei sind wir offensicht lich zumindest partiell der gleichen Meinung wie der Minis terpräsident, wenn auch nicht derselben Meinung wie der Fi nanzminister –, dass wir uns vorstellen können, EnBW-Lan desanteile an Stadtwerke oder regionale Energieversorger zu veräußern.

Wir haben auch sehr deutlich gemacht, dass wir zumindest mittelfristig nach der Konsolidierungsphase, wobei Sie durch die Veräußerung des Wohnungsbestands der LBBW an die Pat rizia AG möglicherweise einen Beitrag dazu geleistet haben – – Im Übrigen hätte ich nicht gedacht, dass Sozialdemokraten, die Mitglied im entsprechenden Aufsichtsrat sind, dem zustim men.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Ich kann mir lebhaft vorstellen, was wir uns – wenn wir noch in der Regierung und Sie noch in der Opposition wären – hät ten anhören dürfen, wie Sie dagegen gewettert hätten, den Wohnungsbestand einer solchen Heuschrecke auszuliefern und den Wohnungsbestand nicht im Land Baden-Württem berg zu belassen. Herr Schmiedel, ich kann mir vorstellen, wie Sie von dieser Stelle aus in unsere Richtung getobt hätten. Jetzt wird erklärt, das sei das Normalste der Welt, und es sei ganz klar, dass man dem zustimmen könne.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Was kritisieren Sie denn eigentlich?)

Ich kritisiere Ihre Doppelmoral, Herr Schmiedel. Das ist der Punkt.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Wenn die Konsolidierung der EnBW abgeschlossen ist, kön nen wir uns durchaus eine Veräußerung des Landesanteils vor stellen.

Wenn Sie dies alles zusammenzählen, meine Damen und Her ren, dann können Sie vielleicht behaupten, unsere Vorschläge seien falsch. Sie können behaupten, unsere Vorschläge seien nicht die Ihren. Aber Sie können doch nicht ernsthaft behaup ten, Herr Ministerpräsident, die Opposition unterbreite zur Konsolidierung des Haushalts keine Vorschläge.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Im Fazit endet das Märchen vom „Hans im Glück“

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: „Nils im Glück“!)

vom „Nils im Glück“ – so, dass Nils im Moment noch Glück hat, aber am Ende ebenso wie der Hans alles verspielt haben wird. Dann heißt es am Ende eben nicht „Nils im Glück“, son dern „Baden-Württemberg im Pech“. Deshalb lehnen wir die sen Haushalt ab, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Karl Zimmermann CDU: Hervorragend! – Abg. Dr. Fried rich Bullinger FDP/DVP: Sehr gut!)

Seitens der CDU-Fraktion wurde da rum gebeten, dass Frau Kollegin Razavi noch vor den Spre

chern der Regierung zum Antrag Drucksache 15/1262-1 zum Thema Bundesfernstraßenbau spricht. Der Minister ist damit einverstanden.

Bitte schön, Frau Abg. Razavi.

Herr Präsident, meine sehr geehr ten Damen und Herren! Wir haben schon in der vergangenen Woche bei der Beratung des Haushalts des Verkehrsministe riums im Plenum intensiv über den Straßenbau debattiert. Trotzdem will ich noch ein paar Sätze dazu sagen.

Erstens: Frau Aras, mit Ihrem Credo zum Thema „Wahrheit und Klarheit“ bewegen Sie sich auf ziemlich dünnem Eis. Der Investitionsrahmenplan des Bundes ist eine grün-rote Erfin dung; das habe ich bereits in der letzten Woche gesagt.

Zweitens: Sie verweigern bis heute die Priorisierung beim Ge neralverkehrsplan.

Drittens: Wir werden in den nächsten Tagen nachschauen, wie viele Anträge in den letzten Jahren und Jahrzehnten von den Grünen zur Aufstockung der Mittel beim Straßenbau einge bracht worden sind. Ich glaube, Frau Aras, da brechen Sie durchs dünne Eis.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Dass wir uns heute einig sind, dass wir beim Thema Bundes fernstraßenbau dringenden Nachholbedarf haben und vom Bund mehr Geld brauchen, ist ein positives Signal. Noch bes ser ist, dass wir das in einem gemeinsamen Antrag formulie ren. Das ist ein klares Signal an den Bund, dass Baden-Würt temberg Nachholbedarf hat und dringend mehr Mittel für die Bundesfernstraßen und Autobahnen braucht.

Aber Papier ist geduldig. Diesen Worten müssen jetzt drin gend Taten folgen. Es darf nicht bei einem bloßen Lippenbe kenntnis der Landesregierung bleiben, weil die Regierungs fraktionen mit diesem Antrag auch Verantwortung übernom men haben. Sie haben sich verpflichtet, alles zu tun, um beim Bund für mehr Mittel zu werben.

(Zuruf der Abg. Muhterem Aras GRÜNE)

Das erfordert beim Bund und vor allem bei den Grünen, lie be Frau Aras, ein komplettes Umdenken. Es reicht nicht aus und ist falsch, dass Sie, Herr Minister Hermann, bei den Bau programmbesprechungen in Bonn bisher keine Maßnahmen angemeldet haben.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Berlin!)

Es ist eben falsch, dass Sie nur 2 Millionen € aus den über das Infrastrukturbeschleunigungsgesetz bereitgestellten Mitteln für Baden-Württemberg eingefordert haben. Zum Glück ha ben wir 102 Millionen € bekommen. Und – das ist das Ent scheidende – Sie müssen zunächst einmal bei Ihren grünen Kollegen in Berlin für diesen Meinungsumschwung werben, weil diese das Infrastrukturbeschleunigungsgesetz komplett abgelehnt haben. Ich kann Ihnen versprechen: Wenn Ihnen das gelingt, haben Sie unsere volle Unterstützung.

Vom Bund zu fordern reicht nicht aus. Sie müssen auch aktiv werden. Die Forderung nach mehr Mitteln vom Bund reicht

aber auch aus zwei weiteren Gründen nicht aus – deswegen haben wir einen zweiten Antrag eingebracht, einen Antrag der CDU und der FDP/DVP –: Wir alle wissen, dass für den Inf rastrukturausbau insgesamt zu wenig Mittel zur Verfügung stehen. Jetzt haben wir genau zwei Möglichkeiten: Entweder wir sind bereit, insgesamt mehr Mittel in den Haushalt einzu stellen – das würde auch bedeuten, an anderer Stelle zu kür zen, weil der Kuchen nur einmal zu verteilen ist –,

(Abg. Peter Hauk CDU: Durch Wachstum!)

oder aber wir brauchen einen kompletten Systemwechsel. Das wiederum würde bedeuten: weg von der Haushaltsfinanzie rung und der Abhängigkeit von der Höhe der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel hin zu einer Nutzerfinanzierung. Das bedeutete aber auch, dass diese Mittel dann 1 : 1 in den Infrastrukturausbau fließen müssten.

Es gibt noch einen zweiten Grund, warum wir einen weiteren Antrag gestellt haben. Sie haben sich von neuen Planungen für neue Maßnahmen verabschiedet. Das halten wir grund sätzlich für falsch. Wir hätten in den vergangenen Jahren von den Konjunkturprogrammen des Bundes nicht profitieren kön nen, hätten wir nicht Planungen in der Schublade gehabt. Das heißt, wenn Sie die Planungen einstellen, stehen wir in ein paar Jahren vor der völlig paradoxen Situation, dass wir Geld vom Bund bekommen könnten, es jedoch nicht abrufen kön nen, weil wir keine Planungen haben.