Sehr geehrter Herr Abg. Bullinger, meine Damen und Herren! Herzlichen Dank für die Fragen. Es ist richtig, das Thema „Nationalpark im Nordschwarzwald“ wird federführend vom Ministerium für Ländlichen Raum und Ver braucherschutz koordiniert, und Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass es sich um ein Projekt handelt, zu dem zen trale Vorarbeiten noch aus der Zeit der Vorgängerregierung stammen.
Wir haben, beginnend mit der Übernahme der Landesregie rung durch die Koalitionspartner von Grünen und SPD, in der Region einen Diskussionsprozess angestoßen, haben die vor handenen Vorplanungen, die vorher von der schwarz-gelben Regierung in den Schubladen gehalten wurden, öffentlich ge macht, sie nicht nur den Landräten und dem Oberbürgermeis ter, sondern auch der breiten Bevölkerung vorgestellt. Jetzt haben wir eine relativ breite Diskussion in der Raumschaft. Wir haben der Region, den Landräten der potenziell betroffe nen Landkreise Calw, Freudenstadt, Ortenaukreis und Rastatt sowie dem Oberbürgermeister von Baden-Baden den Vor schlag unterbreitet, den Prozess anhand eines Gutachtens zu versachlichen, voranzubringen.
Der Sachstand ist der, dass wir nach einer sehr intensiven Be fragung der Bevölkerung zu den bereits vor Ort diskutierten Maßnahmen die 120 000 Haushalte in der Region angeschrie ben haben. Wir haben sie um Anregungen, Fragen und die Be nennung kritischer Punkte gebeten wie auch eine Reihe von Fachveranstaltungen mit unterschiedlich betroffenen Grup pen in den Bereichen Naturschutz bis Holzwirtschaft und na türlich mit den Gemeinden, aber auch anderen Interessierten durchgeführt, was bis hin zu der von Ihnen zu Recht genann ten Akademieveranstaltung in Bad Wildbad reichte, in die wir breit – auch in Arbeitsgruppen – sowohl kritisch als auch po sitiv und neutral positionierte Institutionen eingebunden ha ben.
Die daraus entstandenen Fragen sind nun Bestandteil des Gut achtens. Wir sind hinsichtlich des Gutachtens bei folgendem Stand des Vergabeverfahrens: Wir haben eine europäische Ausschreibung gewählt. Das bedeutet, es gab ein Interessenbekundungsverfahren. Das Gutachten wurde sowohl im „Staatsanzeiger“ als auch – wie rechtlich vorgegeben – im EU-Supplement ausgeschrieben. Daraufhin haben sich eine Reihe von Firmen gemeldet, die eines der vier Lose überneh men wollen.
Los 1 ist das Gesamtgutachten, die Koordination des Gutach tens. Dabei geht es um den Hauptgutachter, der zum Schluss dieses Gutachten präsentiert.
Los 2 sind im Kern die volkswirtschaftlichen, die regional wirtschaftlichen Fragestellungen. Dabei geht es um wirtschaft liche Vor- und Nachteile, um die Auswirkungen, beispielswei se auf das Cluster Holz, aber auch auf den Tourismus und auf andere Bereiche der Regionalwirtschaft sowie auf die Infra struktur. Hierzu waren insbesondere von den Gemeinden vie le Fragen gekommen.
Los 3 betrifft die gesamte Waldwirtschaft. Hier geht es also um Fragestellungen bezüglich des Waldumbaus. Wir reden ja über einen Entwicklungsnationalpark, in dem über einen Zeit raum von 30 Jahren weiterhin reguläre Holzwirtschaft betrie ben wird.
Es geht dabei übrigens um ein kleines Gebiet mit einer Flä che von 10 mal 10 km; alles davon ist Staatswald. Zentral ist dabei natürlich auch die Frage des Borkenkäfermanagements. Dies ist für viele in der Region eine wichtige Frage, wenn es um den Nationalpark geht.
Los 4 betrifft die Frage des naturschutzrechtlichen Mehrwerts, also etwa die Auswirkungen auf die Biodiversität, sowie an dere Fragen, die sich in diesem Zusammenhang stellen.
Alle vier Lose wurden ausgeschrieben. Wir haben hierzu zahl reiche Interessenbekundungen bekommen und haben darauf hin gemeinsam mit den Landräten, den Oberbürgermeistern und den beiden Regierungspräsidenten – so, wie ich es neu lich in der Aktuellen Debatte bereits dargestellt habe – geklärt, welche der Firmen wir in dem regulären, vom europäischen Recht vorgeschriebenen Vergabeverfahren zur Abgabe eines Angebots auffordern. Dazu sind inzwischen Angebote einge gangen. Wir befinden uns jetzt in der Schlussphase der Ver gabe in den vier Losen, die bis zum Ende dieses Monats er folgt sein wird. So wie im Vergaberecht vorgesehen, werden wir nach Unterschrift und Vergabe Sie im Landtag, aber na türlich auch die Öffentlichkeit darüber informieren, wer ge nau die Gutachter sind.
Das Gutachten ist in der Auftragsvergabe so angelegt, dass die Ergebnisse bis Ende dieses Jahres vorliegen sollen. Es ist mit allen Beteiligten klar verabredet und ist auch Sinn des Verfah rens, dass wir, sobald das Gutachten vorliegt, gemeinsam in eine Auswertungsdiskussion gehen. Auch da werden wir ana log zu dem Verfahren, wie es in der Fachakademie in Bad Wildbad durchgeführt wurde, und zu den vielfältigen Veran staltungen, die wir in der Region durchgeführt haben, mit dem Gutachten wieder in die Region gehen; wir werden dabei wie derum in die Diskussion und in die Auswertung gehen. Da dies ein Gutachten ist, das in der Analyse sehr breit angelegt ist, werden wir schauen, wie viel Zeit wir brauchen. Auch das werden wir wieder gemeinsam mit den Vertretern der Region klären, und wir werden schauen, wie lang dieser Diskussions prozess sein wird.
In der Abwägung der Ergebnisse des Gutachters entscheidet sich dann, ob das Vorhaben überhaupt in eine Entscheidungs phase geht und wie diese gegebenenfalls aussehen kann. Klar ist: Eine Entscheidung für einen Nationalpark in Baden-Würt temberg muss nach dem geltenden Bundesnaturschutzgesetz wie auch nach dem Landesnaturschutzgesetz durch den Lan desgesetzgeber, also durch Sie als Landtag, getroffen werden. Ein entsprechender Beschluss muss in dem dafür vorgesehe nen verfassungsrechtlichen Rahmen erfolgen.
Das ist der Rahmen, innerhalb dessen wir dann, wenn die Dis kussion vor Ort über die Ergebnisse des Gutachtens abge schlossen ist, prüfen, ob seitens der Landesregierung ein ent sprechender Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht wird. Es ist ja auch nicht auszuschließen, dass der Landtag selbst eine solche Gesetzesinitiative auf den Weg bringt; das wäre sein gutes Recht.
Dies ist der Verfahrensstand, wie er sich momentan darstellt. Selbstverständlich stehen wir, das Ministerium, weiterhin für Diskussions- und Informationsveranstaltungen vor Ort zur Verfügung.
Ich muss Ihnen sagen: Ich nehme die Debatte vor Ort im Mo ment als sehr sachlich wahr und teile nicht Ihre Einschätzung, dass es dort im Moment wütende Proteste gibt. Wir erleben eine interessierte Diskussion, die sich im Gegensatz zu der Si tuation von vor einem halben Jahr sehr viel stärker an der Sa che und an der Frage orientiert, welches die Vor- und Nach teile sind.
Sehr geehrter Herr Minis ter Bonde, habe ich Sie insofern richtig verstanden, als Sie sich, wenn es nach dieser umfangreichen Information und Be teiligung der Bevölkerung in den betroffenen Gemeinden, bei spielsweise Freudenstadt, Loßburg, Baiersbronn oder ande ren Gemeinden, zu Bürgerbegehren oder Bürgerentscheiden kommt und sich dort eine deutliche Mehrheit gegen die Ein richtung eines Nationalparks aussprechen sollte, trotzdem vor stellen könnten, dass der Gesetzgeber bzw. die Landesregie rung einen Nationalpark einrichtet?
Sehr verehrter Herr Abg. Kern, die Ge meinde Loßburg ist nicht Teil des Suchraums. Vielleicht eini gen wir uns darauf, da Sie es schon mehrfach an diesem Bei spiel thematisiert haben.
Aber ein entscheidender Punkt Ihrer Frage ist: Das Gesetzge bungsverfahren hier im Landtag richtet sich nach der Verfas sung des Landes Baden-Württemberg. Das bedeutet, dass Sie als Landtagsabgeordneter und die Mehrheit des Landtags das Recht haben, im Rahmen Ihrer Kompetenz Gesetze zu be schließen und zu verabschieden. Das ist der Hinweis, den ich hier gegeben habe. Alles andere, was Sie hineininterpretiert haben, ist Ihre Interpretation und nicht meine Position, die ich formuliert habe.
Wir sind jetzt in einem Stadium, in dem wir eine breite Betei ligung in der Frage des Identifizierens von Vor- und Nachtei len eines Nationalparks haben, eine Debatte, zu der ich alle einlade, sich dort einzuklinken. Ich bin sehr froh, dass das auch Mitglieder Ihrer Partei vor Ort tun, und zwar sehr diffe renziert tun, auch in Abweichungen zu der Position, die Sie als Landtagsfraktion einnehmen. Das ist die Phase, in der wir uns befinden.
Die Frage, ob es einen Gesetzentwurf gibt oder nicht, ist eine Frage, die sich zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt nicht stellt, sodass sich auch Verfahrensfragen an dieser Stelle höchstens im Bereich von Mutmaßungen bewegen können.
Zum Schluss wird es ein Landesgesetz geben oder auch nicht. Die Fragen bis dahin werden wir zu einem gegebenen Zeit punkt gemeinsam diskutieren. Zu Ihrem Hinweis auf die Ge meindeordnung muss ich allerdings sagen, dass nach Aussa ge aller Juristen, von denen ich bisher Äußerungen dazu ken ne, diese Fragestellung nach der Gemeindeordnung nicht bür gerentscheidsfähig ist.
Eine kurze Frage, die Sie mit Ja oder Nein beantworten können: Sie haben vorhin die In halte der Lose vorgestellt. Sind in einem dieser Lose auch die
energiewirtschaftlichen Komponenten enthalten? Weil Sie das vorhin nicht explizit erwähnt haben, würde es mich interes sieren.
Die Frage der energetischen Nutzung, die Frage Energieholz, ist natürlich Bestandteil der Untersuchun gen volkswirtschaftlicher Auswirkungen, worunter auch Aus wirkungen auf die Holzwirtschaft und nachgelagerte Berei che fallen.
Ich möchte sicher gehen, weil ich es nicht ganz nachvollziehen konnte. Sie sag ten, es könnte durchaus sein, dass bei den beteiligten Gemein den vor Ort eine Ablehnung erfolgt, dass Sie sich jedoch vor stellen könnten, dass man es trotzdem landesweit beschließt, es also darüberstülpt. Können Sie sich so etwas vorstellen?
Herr Abg. Bullinger, diese Frage ist er neut eine Unterstellung. Es geht im Moment um einen Dis kussionsprozess, in dem wir gemeinsam mit der Region die Vor- und Nachteile eines Nationalparks diskutieren und klä ren. Es gibt eine Reihe von Annahmen, weshalb wir von der Landesregierung her überzeugt sind, dass es ein Vorteil ist. Aber auch diese unterwerfen wir dem neutralen Gutachten, und auch dies ist Bestandteil der Diskussion – so wie auch Annahmen, die Sie öffentlich machen, überprüft werden. Das ist der Stand, auf dem wir jetzt diskutieren.
Am Ende des Prozesses kann ein Gesetzgebungsprozess des Landtags stehen. Sie als Abgeordneter wissen, was da die ver fassungsrechtliche Basis ist. Damit – mit Verlaub – geht Ihre Frage auch ins Leere, wenn Sie mich ansprechen, weil ich als Mitglied der Landesregierung nach der Verfassung des Lan des nicht entscheide, ob dieser Landtag hier ein Gesetz be schließt oder nicht, wie er es beschließt und welche Schritte er vorher vorsieht. Insofern ist das eine Frage, die in einer Re gierungsbefragung völlig ins Leere geht. Das ist eine Frage an das Parlament und seine Mehrheit.
Danke, Frau Präsidentin. – Ich habe eine Frage an den Finanz- und Wirtschaftsminis ter. Dieser ist jedoch wieder flüchtig. Ich bin aber auch zufrie den, wenn der zuständige Staatssekretär mir eine Antwort gibt.
Es geht um den Verkauf der LBBW-Immobilien, den Verkauf von 21 000 Wohnungen. In diesem Zusammenhang haben Sie
den Mietern und Mitarbeitern der Gesellschaft eine Zusiche rung gegeben. Sie haben das auch in Ihrem Koalitionsvertrag niedergelegt. Ich darf daraus zitieren:
Wir setzen uns dafür ein, dass die Auflage der EU-Kom mission zum Verkauf der von der LBBW-Immobiliengrup pe gehaltenen Wohnungsbestände sozial verantwortlich und mit dem Ziel nachhaltiger Bewirtschaftung umgesetzt wird. Wichtig ist uns in diesem Zusammenhang der sozi ale Schutz der Mieter und der Beschäftigten vor betriebs bedingten Kündigungen. An potenzielle Käufer haben wir die Erwartung, dass sie bereits Erfahrungen auf den ba den-württembergischen Wohnungsmärkten gesammelt und sich als verlässliche Partner der Kommunen engagiert haben.
Nun sieht die Wirklichkeit anders aus, obwohl der Minister präsident auch aus Jeremias Brief an die Weggefährten in Ba bel zitierte, um dieser Zusicherung einen biblischen Unterbau zu geben.
Ich frage Sie, nachdem der bayerische Wirtschaftsminister im Beihilfeverfahren zur Bayerischen Landesbank Gespräche mit der EU-Kommission geführt hat: Welche Gespräche hat der Finanz- und Wirtschaftsminister mit der EU-Kommission ge führt? Was war das Ergebnis? Der Sozialplan, den uns der Fi nanz- und Wirtschaftsminister hier als Mieterschutz verkauft hat, ist eigentlich nicht der Rede wert, weil er nur bis zum Jahr 2016 gilt. Das zu sagen hat der Minister vergessen.
Mich interessiert primär: Was waren die Ergebnisse, und was waren die Unterschiede im Vergleich zur bayerischen Lösung? Warum sieht die bayerische Lösung deutlich besser aus als das baden-württembergische Ergebnis?
Lieber Kollege Löffler, ich kann Ihnen die Frage leider nicht beantworten. Ich kann Ihnen nicht sagen, welche Gespräche der Minister mit der EU-Kommis sion wann geführt hat und welche Ergebnisse diese gegebe nenfalls hatten – das tut mir herzlich leid –, weil wir – das darf ich anmerken – die vielleicht etwas schwierige Situation ha ben, die sich aus der Geschäftsordnung ergibt, dass wir das Thema dieser Frage nicht vorher erfahren haben. Ich hätte Ih nen Ihre Frage gern sofort beantwortet, werde aber Ihre Fra ge gern schriftlich beantworten.