Die grün-rote Landesregierung hat für die Jugendarbeit viel versprochen, meiner Meinung nach aber bisher zu wenig ge halten.
Es ist nun Ihre Chance, zu sagen, wie es weitergeht. In der ge meinsamen Anhörung des Landesjugendrings zum Entwurf des 44. Landesjugendplans, die der Bildungsausschuss ge meinsam mit dem Sozialausschuss durchgeführt hat, haben die Vorsitzende des Landesjugendrings und die anwesenden Vertreter der Bündnispartner unseren, aber auch meinen per sönlichen Eindruck bekräftigt, dass es mit der Jugendpolitik von Grün-Rot nicht so weit her ist und dass der Stillstand und das Ausruhen auf dem von der vorherigen Landesregierung Erreichten die Handlungsdevise Ihrer Politik ist – und das al les, obwohl wir Ihnen, wie ich nochmals betonen möchte, un sere Zusammenarbeit angeboten haben.
Setzen Sie das Bündnis doch einfach fort. Es herrscht doch Konsens zwischen den jugendpolitischen Sprechern aller Fraktionen, dass das „Bündnis für die Jugend“ fortgeschrie ben werden muss. Für uns ist selbstverständlich, dass die Ju gendverbände Planungssicherheit brauchen, dass sie jetzt ei ne Entscheidung von Ihnen brauchen und nicht erst in vielen Monaten.
Deshalb bitte ich Sie heute ganz einfach: Legen Sie endlich ein Konzept zur Fortführung des „Bündnisses für die Jugend“ vor. Treffen Sie zeitnah die notwendigen Entscheidungen für die Einstellung von Mitteln in den Doppelhaushalt – weil wir Ihnen das entsprechende Angebot gemacht haben und weil ich schon hoffe, dass Ihr Bekenntnis zum „Bündnis für die Ju gend“ und Ihre Rhetorik – im Ausschuss äußern Sie sich da zu lobend – mehr sind als nur ein Lippenbekenntnis.
Ich bitte Sie hier im Landtag von Baden-Württemberg: Neh men Sie dieses Angebot an. Wir, die CDU, stehen für ein ech tes Bündnis mit der Jugend in diesem Land.
Wir haben auf der Zuhörertribüne offenbar eine ganz junge Besucherin, die sich gerade bemerkbar gemacht hat. Um sie wird es zukünftig natürlich auch gehen.
Herr Kollege Schreiner, so viel Opposition hätte es jetzt nicht bedurft; denn Sie wissen ganz genau, dass wir in Bezug auf die Jugendarbeit und die Jugendbildung in Baden-Württem
berg in einem dialogischen Beratungsprozess unter Beteili gung genau der Verbände und Dachorganisationen sind, die Sie schon genannt haben: die Baden-Württembergische Sport jugend, die Landesarbeitsgemeinschaft Offene Jugendbildung, der Landesjugendring, die Landesvereinigung Kulturelle Ju gendbildung und die Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbän de in Baden-Württemberg.
Diese Verbände sind sich alle einig – hier besteht ein kleiner Unterschied zu dem, was Sie gerade vorgetragen haben –: Es geht eben nicht einfach um ein „Weiter so!“. Deshalb reden wir auch nicht mehr vom „Bündnis für die Jugend“ – das ist nicht nur ein Etikett, so, wie Sie den Begriff „Bündnis für die Jugend“ in Ihrem Antrag verwenden –, sondern vom „Zu kunftsplan Jugend“. Denn dieses „Bündnis für die Jugend“ hat nicht verhindert, dass die Mittel in diesem Bereich über viele Jahre hinweg real gesunken sind.
Die Neuaufstellung hat jetzt länger gedauert, als sich dies ei nige Akteure erhofft hatten. Das ist ein Kritikpunkt, den Sie zu Recht angeführt haben. Aber das liegt natürlich zum einen an den neuen Aufgabenstellungen und an den sich hieraus als notwendig ergebenden Abstimmungsprozessen zwischen ei ner Vielzahl unterschiedlicher Akteure untereinander, mitein ander und mit uns. Es liegt zum anderen aber auch daran, dass wir nach dem Regierungswechsel keine Vorarbeiten für eine zeitgemäße Vereinbarung vorgefunden haben, geschweige denn eine mittelfristige Finanzplanung – dies ganz nebenbei bemerkt.
Zeitlos ist sicherlich – da sind wir uns wahrscheinlich wieder einig – die grundsätzliche Bedeutung der offenen Jugendar beit und der Jugendbildung. Sie vermittelt Schlüsselqualifika tionen und Schlüsselkompetenzen, übrigens auch für Kinder aus bildungsfernen Familien. Sie gestaltet Ferien und Freizei ten mit pädagogisch wertvollen Angeboten. Viele von uns ha ben dies erlebt und in ihrer Jugend erfahren, manche, wie ich, im Rahmen der kirchlichen Jugendarbeit, bei den Pfadfindern oder bei der Jungschar, andere etwa im Sport.
Der Wert solcher Angebote ist zeitlos. Es kommt aber darauf an, dass sowohl die Quantität als auch die Qualität stimmen, im Sinne einer demokratischen Kultur, die auf Freiwilligkeit, Partizipation und Selbstorganisation basiert.
Die Leistungen der Jugendarbeit und der Jugendbildung wur den – das hat man nachrechnen können – zwischen 2000 und 2010 um 20 % gesteigert. Die Finanzierung folgte dem aber nicht, im Gegenteil. Laut Professor Dr. Rauschenbach hat Ba den-Württemberg hier mit die geringsten Pro-Kopf-Ausgaben im Bundesvergleich. Wir wissen, dass das problematisch ist, denn Jugendliche brauchen verlässliche professionelle Struk turen, um auch an ehrenamtliches Engagement herangeführt zu werden. Diese Quelle darf nicht ausgebeutet werden, son dern muss immer wieder neu erschlossen und gepflegt wer den. Denn auch heute noch lernen Kinder und Jugendliche au ßerhalb der Schule in der Summe mehr als innerhalb.
Die offene Jugendarbeit ist eine unabhängige und wichtige Sozialisationsinstanz für junge Menschen, die in Baden-Würt temberg zu Recht Verfassungsrang hat. Sie ist außerdem eine wichtige Maßnahme im Sinne von § 11 des Kinder- und Ju gendhilfegesetzes. Jeder hier gut investierte Euro rentiert sich an anderer Stelle mehrfach.
Umso wichtiger ist es, dass wir uns gemeinsam neuen Her ausforderungen stellen, nämlich dem demografischen Wan del, der sich verändernden Bildungslandschaft, den neuen Me dien und einem veränderten Freizeitverhalten, die dazu füh ren, dass Kinder und Jugendliche heute schwerer zu erreichen sind, weil sie sich weniger im öffentlichen Raum aufhalten. Darüber und über die damit zusammenhängenden Probleme wurde in diesem Landtag – ich habe die Plenarprotokolle ge nau gelesen – nach dem Amoklauf von Winnenden zu Recht viel und ernsthaft nachgedacht. Wir haben jetzt die Aufgabe, verbindliche und verlässliche Förderstrukturen zu schaffen. Dazu haben wir uns im grün-roten Koalitionsvertrag auch be kannt. Dabei geht es um Angebote im ländlichen wie im ur banen Raum, nicht zuletzt auch um die notwendigen Bil dungsreferentenstellen.
Demokratie entwickelt sich eben vor allem dadurch, dass sie erlebt wird und erlebbar gemacht wird. Deshalb wollen wir die Potenziale der Kinder- und Jugendarbeit auch als Demo kratiewerkstatt nutzen, ebenso die Bildungspotenziale von der Alltagskompetenz bis zur Gesundheitsbildung. Wir brauchen neue Kooperationen zwischen Schule und Jugendarbeit, aber ohne falsche Vermischung. Denn ganz zentral für die Wirk samkeit der offenen Jugendbildung und Jugendarbeit ist, dass sie ein unabhängiger Erfahrungsraum bleibt und auch als sol cher wahrgenommen wird. Die Stärkung der außerschulischen Erfahrung ist ein Beitrag zur Bildungsgerechtigkeit, denn die dort erworbenen Fähigkeiten und das darin gewonnene Selbst vertrauen wirken sich selbstverständlich auch auf den weite ren Berufs- und Bildungsweg aus. Diese Bedeutung besteht nicht zuletzt – auch das sind eben neue Themen – im Hinblick auf neue Milieus und die notwendige interkulturelle Öffnung der Angebote.
Umso wichtiger ist es, dass wir im Rahmen der Haushalts strukturkommission wirklich alle Posten in allen Bereichen auf den Prüfstand stellen, damit wir für diesen wichtigen Po litikbereich die notwendigen Mittel bereitstellen. Ich freue mich deswegen, dass die Verbände mit uns nicht nur über Geld reden, sondern auch über Inhalte und Wirkungen.
Wir wollen den „Zukunftsplan Jugend und Jugendbildung“ noch in diesem Jahr auf den Weg bringen. Über die Inhalte und Ergebnisse soll in der Mitte der Wahlperiode eine Aus wertung stattfinden, mit Debatten in den zuständigen Aus schüssen und im Plenum. Zum Ende der Wahlperiode, recht zeitig vor dem Auslaufen der Vereinbarung – diesmal recht zeitig –, soll es eine gemeinsame Endauswertung mit An schlussperspektive geben. So, meine Damen und Herren, ge stalten wir ganz unaufgeregt einen Prozess, der wirklich sinn voll ist.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die grün-rote Koalition hat mit der Regierungsüber nahme einen „Zukunftsplan Jugend“ in Aussicht gestellt,
der dem erfolgreichen „Bündnis für die Jugend“ nachfolgen soll. Die Kooperation von Land und Kommunen und den Trä gern der Kinder- und Jugendarbeit soll damit fortgesetzt, wei terentwickelt und langfristig gestärkt werden.
wenn Sie an dieser Stelle drängen, es würde nicht schnell ge nug gehen, aber uns letztendlich in vielen Bereichen jugend politisch ein Entwicklungshilfeland hinterlassen haben.
Deswegen ist dieser Zukunftsplan noch in Arbeit. Er wird im Laufe des Jahres mit den Bündnispartnern vereinbart werden. Insofern bleibt die genaue thematische und finanzielle Ausge staltung dem politischen Prozess vorbehalten. Ich denke, da werden wir alle gemeinsam dafür sorgen, dass wir etwas Gu tes auf die Reihe kriegen. Aber wir können uns nach einem Jahr Grün-Rot nicht nachsagen lassen, dass wir für die Jugend nichts gemacht hätten. Denn auch außerschulische Jugendbil dung ist Bildungsarbeit. Das ist wohl das zentrale Thema der Landesregierung. Wir arbeiten mit großem Einsatz und enor men finanziellen Anstrengungen an der Verbesserung unserer Bildungslandschaft, insbesondere im Hinblick auf sozial be nachteiligte Menschen.
Zu diesem zentralen Politikfeld gehören auch die außerschu lische Bildungsarbeit und nicht zuletzt die Kooperation von Schule und außerschulischer Bildung. Diesem Thema müssen wir viel Aufmerksamkeit widmen. Aber wir dürfen es auch nicht isoliert betrachten.
Auf der Zuhörertribüne sitzen bei unserer heutigen Debatte einsam und verlassen, weil wir das Thema heute so spät be raten, Vertreter von außerschulischen Bildungseinrichtungen.
(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Ihr habt doch die Mehrheit im Präsidium! – Zuruf des Abg. Felix Schreiner CDU)
Der offene Dialog, der partnerschaftliche Austausch ist dieser Koalition wichtig. Dies möchte ich an dieser Stelle – –
Wir haben beschlossen, die Haushaltsstellen, die das „Bünd nis für die Jugend“ betreffen, auf gleichem Niveau zu halten, bis wir an dieser Stelle eine Lösung gefunden haben. Wir be finden uns seit längerer Zeit in Verhandlungen mit verschie denen Ministerien und Vertretern der außerschulischen Ju gendarbeit.
Ich möchte noch eines sagen: Im Koalitionsvertrag steht eini ges. Aber er ist auf fünf Jahre angelegt. Das Ziel ist ambitio niert, und es kann an manchen Stellen – das gehört zur Ehr lichkeit dazu – nur schrittweise umgesetzt werden.
Im Koalitionsvertrag gibt es auch ein Kapitel „Nachhaltiges Haushalten“. Es wäre doch ein Hohn, wenn wir anfingen, die Förderung der Jugendbildung auf Schulden zu finanzieren, die die nächste Generation belasten.