Protokoll der Sitzung vom 18.04.2012

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Peter Hauk CDU: Das ist ja der Hammer!)

Mir liegen keine weiteren Wortmel dungen vor. Damit ist die Aktuelle Debatte beendet.

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Jugendbegleiterprogramm II – einen geeigneten Rahmen für die Kooperation von (Ganztags-) Schulen mit außerschulischen Partnern schaffen – bean tragt von der Fraktion der FDP/DVP

Es wurde wiederum eine Gesamtredezeit von 40 Minuten mit den soeben praktizierten Modalitäten festgelegt.

Das Wort für die Fraktion der FDP/DVP darf ich Herrn Kol legen Dr. Kern erteilen.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Ich darf Sie um etwas mehr Aufmerksamkeit bitten.

Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Erfreulicherweise setzt Grün-Rot den Ausbau der Ganztagsschulen fort. Denn die Ganztagsschule war und ist der FDP/DVP stets ein wichtiges Anliegen. Ohne Zweifel gehört der Ganztagsschule die Zukunft. Das hat zum einen wirtschaftliche Gründe – Stichwort Arbeitskräftebedarf –, aber auch bildungspolitische Gründe. Denn wollen wir ei nen größeren Teil eines Jahrgangs noch weiter gehender qua lifizieren als in der Vergangenheit, dann spielen Ganztags schulangebote eine entscheidende Rolle. Hierbei geht es um

ein echtes Mehr an Bildungschancen gerade für die Kinder und Jugendlichen, die von Haus aus nicht viel Förderung mit bekommen haben.

Vermutlich wäre es zum Zweck der Entkopplung von Her kunft und Bildungserfolg sinnvoller, Grün-Rot würde sich mehr dem Ganztagsschulausbau widmen, als die knappen Mit tel für die Gemeinschaftsschulen und andere Experimente ein zusetzen, deren Mehrwert bislang weder nachgewiesen noch plausibel dargelegt werden konnte.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr rich tig!)

Ferner muss man sich der Tatsache bewusst sein, dass mit dem Übergang zur Ganztagsschule als der regulären Schulform auch entsprechende gesellschaftliche Veränderungen einher gehen. So werden unsere Kinder noch mehr Zeit in der Schu le verbringen und folglich weniger Zeit zu Hause in den Fa milien und in den Vereinen. Das bedeutet für die Familien ei ne erhebliche Umstellung. So wird nicht nur die gemeinsame Zeit mit den Kindern neu bewertet und entsprechend anders gestaltet werden, sondern auch die Erziehungspartnerschaft zwischen Eltern und Lehrern erhält eine neue Qualität.

Denn die gemeinsame Verantwortung für die Erziehung der Kinder hört ja nicht mit der Ganztagsschule auf. Zumindest stellen wir Liberalen uns Ganztagsschule nicht wie einen mo nolithischen Block vor, der in sich geschlossen und isoliert in seiner Umgebung steht, sozusagen als rein staatlicher Bereich, völlig losgelöst von jeglichem gesellschaftlichen Zusammen hang. Für uns Liberale ist die Ganztagsschule in den gesell schaftlichen Zusammenhang eingebunden.

Damit Ganztagsschule kein monolithischer Block wird, der Monokultur hervorbringt, ist ein Rahmen erforderlich, der die Kooperation mit engagierten Eltern, mit Vertretern aus Kir chen, Sport- und Musikvereinen, von lokalen Institutionen und Vereinen sowie aus der Kultur, der Wirtschaft und dem öffentlichen Leben und nicht zuletzt auch aus der Jugendar beit zuverlässig ermöglicht.

Das Jugendbegleiterprogramm hat bei der Kooperation von Schule und außerschulischen Partnern gute Erfolge vorzuwei sen. 1 269 Schulen nahmen zum Schuljahr 2010/2011 an dem Programm teil. Mittlerweile sind es wohl rund 1 500.

Deshalb wollen wir von der grün-roten Landesregierung wis sen: Wie halten Sie es mit dem Jugendbegleiterprogramm? Unsere Sorge ist nicht unbegründet. Denn in der Vergangen heit haben sich Grüne und SPD teilweise sehr kritisch über den Einsatz Ehrenamtlicher an den Schulen geäußert.

Ich will die Äußerungen der damaligen Oppositionsvertreter keineswegs pauschal verurteilen, denn letztlich ging es auch Ihnen um Qualität. Das ist auch das wesentliche Anliegen der FDP/DVP im Bildungsbereich. Uns ist es aber an dieser Stel le wichtig, festzustellen, dass für uns Qualität im Bildungsbe reich nicht nur gegeben ist, wenn Schule rein staatlich orga nisiert ist. Für uns ist selbstverständlich, dass gerade auch bür gerschaftliches Engagement ein ebenso hohes Maß an Quali tät hervorzubringen vermag, z. B. wenn ein Chorsänger mit Musikmentorenausbildung die Schüler durch seine Begeiste rung entsprechend mitreißt.

Die FDP/DVP ist der Auffassung, dass die Leistungen ehren amtlich engagierter Bürgerinnen und Bürger nicht hoch ge nug eingeschätzt werden können. Das darin steckende Poten zial sollten wir für ein anspruchsvolles und das gesellschaft liche Leben integrierendes Ganztagsschulangebot nutzbar ma chen. Ich glaube, dass wir – Regierung und Opposition – uns auf einen gemeinsamen Nenner einigen können, und dieser gemeinsame Nenner heißt: Qualität durch Ehrenamt.

Sicherlich haben alle Fraktionen aus Gesprächen mit Verbän den aus den Bereichen Musik, Sport, Kirchen, Kunst und Kul tur sowie aus der Jugendarbeit mitgenommen, dass diese sich eine noch weiter gehende Verzahnung von Ganztagsschule und außerschulischen Partnern wünschen.

Nach der überwiegenden Auffassung geht das Jugendbeglei terprogramm dabei grundsätzlich in die richtige Richtung. Aber es wird angemahnt, den Rahmen für die Kooperation zu verbessern. Eine Weiterentwicklung des Jugendbegleiterpro gramms sollte deshalb aus unserer Sicht an drei Punkten an setzen:

Erstens: Es muss einen unbürokratischen und praktisch zu handhabenden Rahmen für die Kooperation abgeben. Das Budgetprinzip, das die christlich-liberale Landesregierung hierbei eingeführt hat, weist in die richtige Richtung. Noch immer klagen einige Schulen aber über den hohen Verwal tungsaufwand als der größten Schwierigkeit im Zusammen hang mit dem Jugendbegleiterprogramm.

Zweitens: Es muss überprüft werden, inwieweit die Entloh nung der außerschulischen Partner ausreicht, wenn wir gleich zeitig eine hohe Qualität verlangen. Wenn wir das Mitglied einer Laienschauspielgruppe mit theaterpädagogischer Qua lifizierung für ein Theaterangebot an einer Schule nachmit tags gewinnen wollen, dürften die hierfür in der Mehrzahl der Fälle bisher bezahlten 8 € pro Stunde kaum angemessen sein. Ich lade Sie hierbei ein, nicht in den altbekannten Reflex zu verfallen, nach dem Grüne und SPD zu FDP/DVP und CDU sagen: „Hättet ihr das in den Jahren eurer Regierung ge macht!“, während die Opposition sagt: „Ihr habt so viel ver sprochen, jetzt beweist euch!“ Der Blick in den Rückspiegel führt uns auch hier nicht weiter. Das Argument steigender Kosten muss man, längerfristig betrachtet, anders beurteilen. Wenn wir jetzt beim weiteren Ausbau der Ganztagsbetreuung darauf achten, dass das Potenzial aus dem Ehrenamt für ein qualitativ hochwertiges Angebot eingebunden wird, spart uns das unter dem Strich eine ganze Menge.

Drittens: eine breit angelegte Werbeoffensive zur Gewinnung von Jugendbegleitern. Wie die Evaluationen zum Jugendbe gleiterprogramm zeigen, gibt es eine sehr starke Nachfrage seitens der Schulen nach Kooperationspartnern. 70 % wün schen sich einen Kooperationspartner aus dem Bereich des Sports, 40 % aus dem Bereich Soziales, 35 % aus der Kultur, 34 % aus der Musik, 30 % aus der Jugendarbeit, 21 % aus der Wirtschaft, 16 % aus dem Bereich Umwelt, 11 % aus der Kir che und 10 % aus den Hilfsorganisationen.

Fazit: Wir Liberalen fordern die Landesregierung auf, mit den betroffenen Verbänden und Institutionen sowie mit den kom munalen Landesverbänden über eine Fortsetzung und Weiter entwicklung des Jugendbegleiterprogramms zu sprechen und verbindliche Vereinbarungen zu treffen. Sollte es zu einer in

terfraktionellen Initiative kommen, würde die FDP/DVP das begrüßen und aktiv mitwirken, sofern Konsens darüber be steht, dass Ehrenamt und Vereine wesentlich zum Gelingen eines Ganztagsangebots beitragen können und auch sollten.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Für die CDU-Fraktion spricht die Kollegin Dr. Stolz.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Jugendbegleiterprogramm ist eine kleine Er folgsgeschichte. Es ist vor sechs Jahren eingeführt worden. Mehr als ein Viertel der Schulen bedienen sich dieses Pro gramms. Es ist erprobt, es ist evaluiert. Es hat sich als Chan ce erwiesen, dass die Schulen geöffnet werden. Qualifiziertes Ehrenamt von Verbänden und Vereinen wird einbezogen.

Das Jugendbegleiterprogramm deckt ein breites Angebots spektrum ab. Die Jugendbegleiter und die Schulen werden un terstützt. Die Jugendbegleiter werden qualifiziert. Das Pro gramm ist durch verschiedene Maßnahmen qualitätsgesichert. Es ist nach einer Evaluation weiterentwickelt worden. Den Schulen wurde mehr Autonomie zugesichert. Berufliche Schu len wurden einbezogen. Dieses Programm wächst dynamisch und mobilisiert in der Tat breite Schichten der Bevölkerung. Der Schüleranteil liegt bei knapp 40 %. Das heißt, viele älte re Schüler übernehmen Verantwortung für die jungen Schü ler und erwerben Sozialkompetenz. Das Jugendbegleiterpro gramm ist häufig auch fester Bestandteil des Schulprofils.

Es ist also eine kleine Erfolgsgeschichte. Wenn ich mich er innere – es macht wenig Sinn, aber ich mache das trotzdem –, wird mir noch einmal deutlich, dass in den ersten Bemerkun gen auch vonseiten der damaligen Opposition von einem „Rohrkrepierer“ die Rede war. Mittlerweile ist das nicht mehr nur eine kleine Erfolgsgeschichte, sondern eine große Erfolgs geschichte.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Wir können im Prinzip jetzt, bei allen Bedürfnissen, dass so etwas auch weiterentwickelt werden muss, froh sein, dass die derzeitige, grün-rote Regierung bei all dem Chaos, das hier in der Schulpolitik angerichtet wird,

(Zurufe von der SPD: Oi! – Abg. Peter Hofelich SPD: Na, na! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Jetzt bitte sach lich bleiben! Das ist doch völlig unsachlich! – Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

bei diesem Thema nicht holzt. Da können wir froh sein. Wir können im Prinzip auch nicht nur froh sein, sondern auch dankbar sein – im Interesse der Schüler, die von diesem Pro gramm profitieren.

Selbstverständlich ist der Schulbegleiter ein wesentlicher Be standteil eines Ganztagsschulprogramms, und deshalb warten wir natürlich auf das „Ganztagsschulprogramm, das diesen Namen auch verdient“. So ist es im Koalitionsvertrag formu liert. Wir befürchten, dass bei allem Herzblut, das in die Dis kussion um die Gemeinschaftsschule – um 40 Gemeinschafts schulen – gesteckt wird, die unter den geplanten Vorausset

zungen, sage ich jetzt einmal, scheitern werden, ein Ganztags schulprogramm, das wir dringend brauchen, eine Weiterent wicklung der Ganztagsangebote in allen Schulformen, unter den Tisch fällt. Deswegen warten wir noch immer auf dieses angekündigte wunderbare „Ganztagsschulprogramm, das die sen Namen auch verdient“.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Für die Fraktion GRÜNE spricht Frau Kollegin Boser.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Wir haben hier derzeit dank der FDP/DVP eine absolut „ak tuelle“ und „herausragende“ Debatte. Bei Herrn Dr. Kern ha be ich absolut die freie Rede vermisst. Ich vermisse auch die Aktualität bei diesem Thema. Wir haben derzeit überhaupt keine Debatte über das Jugendbegleiterprogramm.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Wir hatten das bei der FDP/DVP schon bei der letzten Aktu ellen Debatte; damals ging es um das – was war noch einmal das Thema? – Spekulationsverbot im kommunalen Haushalts recht.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Frei reden!)

Ich darf nachschauen, was Sie beim letzten Mal auf die Ta gesordnung zu bringen versucht haben, Herr Rülke.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Wer schon im ersten Satz anderen Vorwürfe macht, muss sich das selbst auch gefallen lassen!)

Ich werde meine Rede frei halten, Herr Dr. Rülke. Da brau chen Sie sich keine Sorgen zu machen.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Zum Thema!)

Ja, zum Thema: Das Jugendbegleiterprogramm existiert. Es wurde von der vorherigen Landesregierung eingeführt und be steht seither fort.

Meine Damen und Herren, das, was die Fraktion GRÜNE in der vergangenen Legislaturperiode kritisiert hat, kritisiere ich heute auch. Denn das Jugendbegleiterprogramm hat leider nicht dazu geführt, dass beispielsweise im Ganztagsschulan gebot eine zusätzliche Qualität innerhalb der Ganztagsschul betreuung entsteht. Die Kritik am Jugendbegleiterprogramm existiert von Beginn an. Wir haben es dabei nicht geschafft – –