Protokoll der Sitzung vom 18.04.2012

Deshalb ist es notwendig, dass auch in diesem Land endlich etwas geschieht. Wir haben auch im Bildungsausschuss eine breite Diskussion geführt. Sie können dies im Protokoll nach lesen.

(Abg. Georg Wacker CDU: Genau!)

Sie können es nachlesen, lieber Kollege Wacker. Den ent scheidenden Satz haben Sie natürlich verschwiegen: Der Städtetag begrüßt grundsätzlich die Einführung dieser neuen Schulart.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Claus Schmiedel SPD: Sehr gut! – Abg. Georg Wacker CDU: Aber das war es auch schon, Herr Kollege! Das war das Einzige!)

Sie erinnern sich sicherlich auch daran, dass die einen von vorherein gern mehr Geld gehabt hätten und manche den Pro zess insgesamt gern etwas schneller durchlaufen würden, wäh rend andere, wie beispielsweise Sie, meinen, dass wir viel zu schnell vorgehen. Wir werden es nun so machen, dass wir den eingeschlagenen Weg „schnelllangsam“ weiterbeschreiten,

(Abg. Georg Wacker CDU: Largo, Adagio, Allegro moderato, Allegro, Presto, Prestissimo!)

damit alle Beteiligten zufrieden sind. – Ja, ja, das machen wir genau so. „Schnelllangsam“ ist für uns die Lösung. Wir ma chen uns auf den Weg.

Lassen Sie mich an dieser Stelle noch eines kurz anmerken: Wenn unser – gerade in unserem Wahlkreis, Kollege Wacker – geschätzter Carl Benz sich damals Zeit gelassen hätte, als er das Automobil erfunden hat, und gewartet hätte, bis auch das Automatikgetriebe und die Servolenkung zur Verfügung standen, weil man damit bequemer hätte nach Pforzheim tu ckern können,

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und den Grünen – Zuruf von der CDU: Da gab es ja noch den Kaiser!)

dann müssten wir uns, Herr Kollege Wacker, wahrscheinlich drei Tage vorher von Weinheim aus auf den Weg machen, um rechtzeitig zur Plenarsitzung zu kommen.

Wir fangen mit der Gemeinschaftsschule an. Ich sehe die Ge meinschaftsschule in einem Entwicklungsprozess. Wir haben in diesem Gesetz jetzt die Leitplanken festgelegt. Alle Betei ligten sind froh, dass endlich begonnen wird.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Abschluss im ersten Durchgang noch eine Frage formulieren: Haben Sie ei

gentlich alle schon einmal eine dieser Schulen, die sich auf den Weg gemacht haben, von innen gesehen? Das wäre natür lich ganz interessant.

(Zuruf des Abg. Walter Heiler SPD)

Doch, das haben sie schon. Das weiß ich. Das habe ich ja auch unterstellt, lieber Kollege Heiler.

Lassen Sie mich abschließend den Bundespräsidenten bei sei ner Vereidigungsrede zitieren. Er hat gesagt:

Wir dürfen nicht dulden, dass Kinder ihre Talente nicht entfalten können, weil keine Chancengleichheit existiert.

Meine Damen und Herren, auch die Opposition sollte das zur Kenntnis nehmen. Herr Gauck ist schließlich jetzt unser ge meinsamer Präsident.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Für die Fraktion der FDP/DVP spricht Kollege Dr. Kern.

Herr Präsident, meine Da men und Herren! Es war schon bemerkenswert: Die SPD will „schnelllangsam“ losgehen, und die grüne Kollegin produ ziert hier vorn so viel heiße Luft, dass ich schon Angst hatte, dass sich das Dach hier allmählich hebt.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Georg Wacker CDU: Wie in einer klassischen Sinfonie! – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Tageslicht für den Landtag! – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Es wird immer schlimmer! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Das hätte auch der Rülke sagen können! Das passt! – Gegenruf der Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE: Die glei chen sich allmählich an!)

In einigen Bundesländern haben verschiedene Streitparteien in den letzten Monaten sogenannte Schulfrieden geschlossen. Da waren stets auch Vertreter Ihrer Parteien dabei, verehrte Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen. Jedenfalls hatte sich wohl bei allen Beteiligten die Einsicht durchgesetzt, dass ein Schulkampf um die Frage, wer mit seiner Schulideo logie gerade Oberwasser hat, herzlich wenig mit der Siche rung und Entwicklung von Qualität in Schule und Unterricht zu tun hat.

Deshalb appelliere ich heute ein weiteres Mal an Sie, meine Damen und Herren von Grün-Rot: Noch ist es nicht zu spät. Stoppen Sie den sinnlosen Schulkampf in Baden-Württem berg,

(Unruhe)

den Sie mit der kompromisslosen Einführung der Gemein schaftsschulen anzetteln.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Dass Sie einen Verdrängungskampf gegen das gegliederte Schulwesen führen, können Sie im Ernst doch nicht bezwei feln. Führende Vertreter Ihrer Parteien geben das ja ganz of

fen zu. Da ist der Ministerpräsident, der offen zugibt – Zitat –: „Die Einführung der Gemeinschaftsschule ist der erste Schritt weg vom gegliederten Schulsystem.“ Der SPD-Frak tionsvorsitzende Claus Schmiedel spricht öffentlich in der Presse über die Gemeinschaftsschule, die nach dem Willen der Regierung in rund zehn Jahren die Schullandschaft in Ba den-Württemberg dominieren soll.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Ja, selbstverständlich!)

Genau dies ist der Unterschied zwischen linker Schulpolitik und liberaler Schulpolitik. Sie meinen zu wissen, welche Schulart für unsere Schülerinnen und Schüler die beste ist.

(Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE: Das machen doch Sie!)

Wir Liberalen aber wollen in Baden-Württemberg keine ein seitige Dominanz gleich welcher Schulart, sondern wir wis sen, dass die Menschen unterschiedliche Begabungen und auch unterschiedliche Motivationen haben.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE: Warum ha ben Sie dann nicht die Verbindlichkeit der Grund schulempfehlung aufgehoben? – Glocke des Präsi denten)

Kollege Dr. Kern, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Lehmann?

Wenn der Kollege Lehmann seinen Einfluss in seiner Fraktion dahin gehend nutzt, dass wir einmal eine zeitneutrale Lösung finden, dann gern.

Genau aus diesen guten und wohlüberlegten Gründen halten wir Liberalen am differenzierten, leistungsgerechten Schul system fest und werden in aller Klarheit die Menschen in un serem Land über Ihre wahren Motive aufklären. Sie wollen mittelfristig nur noch eine einzige Schulart in Baden-Würt temberg haben. Nur fehlt Ihnen – bislang jedenfalls – der Mut zur Ehrlichkeit, das auch offen zuzugeben.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Sie haben gar nichts kapiert!)

Dass Ihre ideologische Schulpolitik nicht nur einseitig ist, son dern auch organisatorisch geradezu mangelhaft bis ungenü gend durchgeführt wird, haben Ihnen vor den Osterferien so wohl der Städtetag als auch der Gemeindetag in teilweise dras tischen Worten ins Stammbuch geschrieben. Ich erlaube mir, nur ein paar Begrifflichkeiten aus den Stellungnahmen aufzu greifen: „pädagogischer Dampfhammer“, „grobe Fouls und ein Affront gegen die Kommunen“ und notabene „Hütchen spielertricks“. Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, man muss es sich einmal auf der Zunge zergehen lassen: Für die kom munalen Landesverbände wird die baden-württembergische Bildungspolitik von Hütchenspielern gemacht – wobei ich an dieser Stelle den kommunalen Landesverbänden ausdrücklich widersprechen muss. Denn soweit ich informiert bin, muss bei richtigen Hütchenspielern wenigstens unter einem Hüt chen auch tatsächlich etwas liegen.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP/DVP und Abge ordneten der CDU)

Bei der Landesregierung ist aber selbst bei grundlegenden Or ganisationsfragen nichts zu finden. Beispiel Lehrerfortbildung. Die FDP/DVP-Fraktion hat hierzu einen Antrag gestellt: Die Landesregierung möge zum Thema Gemeinschaftsschule be richten,

bis zu welchem Zeitpunkt die Bildungspläne fertiggestellt sein sollen und ab welchem Zeitpunkt die auf dieser Grundlage notwendige Lehrerfortbildung durch Multipli katoren und anschließend in der Fläche vorgesehen ist.

Die Stellungnahme der Landesregierung lautete:

Nach derzeitiger Planung soll die Weiterentwicklung der Bildungspläne für die allgemeinbildenden Schulen in Ba den-Württemberg im Juli 2015 abgeschlossen sein.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Aha!)

Maßnahmen der Lehrerfortbildung sind für den Zeitraum ab Herbst 2014 vorgesehen, zunächst für Multiplikatoren und anschließend für Lehrkräfte.

Das heißt nichts anderes, als dass die Gemeinschaftsschulen im Herbst dieses Jahres starten, ohne dass es eine einzige Fort bildungsstunde für die Lehrer gegeben hätte, und Bildungs pläne gibt es ebenfalls nicht.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Hört, hört, hört!)

Meine Damen und Herren, jetzt ist es heraus: Bei den Hüt chenspielern von Grün-Rot sind alle Hütchen leer.

(Abg. Martin Rivoir SPD: Besser als wenn die Köp fe leer sind!)