Protokoll der Sitzung vom 23.05.2012

In der Tat! Ich habe vorher von „unsinnigen Ergebnissen“ ge sprochen. Man möchte dies fast für Realsatire halten, wenn es nicht so ernst wäre.

Für den großen Bereich, in dem ich wohne, wird das Präsidi um künftig in Aalen sein. Die Verkehrspolizeidirektion wird in Kirchberg an der Jagst sein,

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Der Vorschlag ist ja nicht neu!)

und die Kriminalpolizeidirektion wird in Waiblingen sein. Al so, lieber Herr Sckerl, das können Sie auch nicht mit der de mografischen Entwicklung erklären. Das ist schlicht und ein fach Unsinn.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Haben Sie schon einmal etwas von Polizeipräsenz in der Fläche gehört?)

Ich glaube, man darf und sollte auch nicht sagen, dass das ei ne Reform der Polizei in dem Sinn ist, dass sie aus der Poli zei kommt. Ich finde, dass man das schon nicht mehr sagen darf, wenn von zwei einflussreichen Gewerkschaften der Po lizei eine sagt: „Wir halten diese Reform für schlecht.“ Noch einen draufgesetzt hat in diesen Tagen in nicht zu überbieten der Deutlichkeit der bekannte frühere Polizeifunktionär Die ter Berberich, der die Polizeireform als „irrwitzig“ bezeich net hat. Ich will nicht in Einzelheiten gehen, aber wenn wir z. B. den Rhein-Neckar-Kreis betrachten – –

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Sieben Jahre weg von der Polizei und glänzender Kenner? Das sind Ih re Kronzeugen?)

Ich mache nichts anderes als – –

(Zuruf des Ministers Reinhold Gall – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Zwischenrufe von der Regie rungsbank! – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Frau Präsidentin! – Abg. Heribert Rech CDU: Seit wann sind Zwischenrufe von der Regierungsbank er laubt?)

Verzeihung! Ich lege Wert darauf, dass ich in dieser Debat te nichts anderes mache, als Leute zu zitieren, die eigentlich etwas davon verstehen – das wird niemand leugnen – und die eine völlig andere Meinung vertreten als Sie, wenn Sie sagen, es sei eine Reform der Polizei.

Übrigens, Herr Sckerl, Sie kommen ja auch aus diesem Be reich. Sie müssen doch einräumen, wie kläglich der Ertrag dieser Reform ist. Ich kann es Ihnen noch einmal für den Rhein-Neckar-Kreis sagen. Da sind es im Moment etwa 1 380 Beamte, und es werden vom personellen Ertrag 20 Stellen mehr, könnte man sagen. Für 20 Stellen findet diese gesamte Reform statt. Dafür würde ich doch nicht die gesamte Land schaft umschaufeln.

(Zurufe von der SPD)

Ich komme zu einem zweiten Punkt.

(Dem Redner wird das Ende seiner Redezeit ange zeigt.)

Frau Präsidentin, gemessen an der Redezeit des Herrn Vor redners, der auch fünf Minuten hatte,

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Toleranz!)

und gemessen daran, dass ich jetzt einige Male gestört wur de, würde ich den zweiten Teil gern auch noch ausführen, es sei denn, Sie wollten es halt nicht hören.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Doch, doch!)

Der Punkt, den ich jetzt anspreche, wird unterschätzt. Sie wol len aus der Führungsspitze der Polizei, aus den Präsidien die Juristen eliminieren.

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Genau! – Abg. Mar tin Rivoir SPD: Was ist das für eine Wortwahl?)

Das halten Sie für einen Fortschritt. Ich halte das für einen Riesennachteil,

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Abg. Thomas Blenke CDU: Und die Frauen!)

zunächst deswegen, weil die einzigen weiblichen Kandidaten

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Da haben Sie die Zeitung heute ganz falsch gelesen!)

auf der Strecke bleiben.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Beide Präsidentinnen!)

Sie werden auch künftig, wenn Sie diese Linie fortsetzen, die offenkundig ist – dass Sie sagen: „Wir wollen da keine Juris ten mehr“ –, dieses Problem konservieren. Denn Sie haben natürlich mit den Juristinnen von den Universitäten ein viel, viel größeres Reservoir für Ihre Führungskräfte, als Sie es bei denen haben, die über die Polizeilaufbahn kommen. Das heißt, Sie schaffen strukturell ein Frauenführungsproblem.

Ein letzter Punkt – dazu kann Herr Stickelberger manches sa gen –: In der Justiz ist es z. B. wichtig, dass die Strafverfol gungsbehörden nicht schlechter behandelt werden als die Ge richte, weil man auf gleiche Augenhöhe achtet. Daher halte ich es für einen Riesenvorteil, dass man bei der Polizeifüh rung in der Vergangenheit zum Teil gar nicht gewusst hat: Ist er jetzt Jurist, oder kommt er über die Laufbahn der Polizei? Das halte ich für einen ausgezeichneten Zustand, den wir da haben.

Diesen Zustand gefährden Sie bei gleichzeitiger Degradierung der Polizeifachhochschule. Denn was dort stattfindet, sollte man sich zumindest doch noch einmal anschauen. Können Sie sich vorstellen, dass ein Polizeipräsident Rektor einer Hoch schule ist? Das habe ich für einen schlechten Scherz gehalten. Dann dürften Sie an dieser Hochschule das Schild „Hochschu le“ abhängen, denn die Hochschule genügt den Ansprüchen nicht mehr.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Glocke der Präsidentin)

Herr Abgeordneter, ich bitte Sie, zum Ende zu kommen. Sie haben Ihre Redezeit um zweieinhalb Minuten überzogen.

Aber gleichzeitig wollen Sie auf die Juristen verzichten. Oder wollen Sie die Juristen im Ministerium haben und in den Präsidien dann die Nichtjuris ten? Auch das wird sehr ungute Zustände zutage fördern.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Der Minister wird es Ihnen erklären!)

Frau Präsidentin, ich bedanke mich für den Zusatz. Er hat mir Gelegenheit gegeben, einen eher verdeckten Aspekt dieser Re form, der sich aber verhängnisvoll auswirken wird, zur Spra che zu bringen. Deswegen bin ich heute mehr denn je der Überzeugung, dass diese Reform nicht nur für die Fläche schädlich ist. Sie ist auch für die Spitze der Polizei schädlich.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Innenminister Gall das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, werte Kolleginnen, werte Kollegen! Ich habe normaler weise einen Blutdruck von 110 : 70.

(Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Das ist aber gut! – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Er ist viel zu niedrig!)

Davon träumen viele von Ihnen. Das ist schon deshalb gut, weil die Diskussion, die ich gerade erlebt habe, eigentlich eher dazu taugt, den Blutdruck erheblich nach oben zu treiben. Denn das muss ich nun wirklich einmal sagen: Wir diskutie ren jetzt seit ein paar Wochen über das Thema Polizeireform. Wir haben viele Diskussionen vor Ort geführt, wirkliche Dis kussionen, im Gegensatz zu den Veranstaltungen, die Sie vor Ort anbieten.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Da waren Sie gar nicht dabei!)

Wir haben strittig, wir haben heftig diskutiert. Aber so viel Unsinn, wie ich heute von Ihnen, der Opposition, gehört ha be, habe ich wirklich selten gehört. Das will ich einmal in al ler Deutlichkeit sagen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Herr Dr. Goll, insbesondere eines nehme ich Ihnen wirklich übel: Wenn Sie Formulierungen verwenden wie „Da elimi niert man Juristen“ und Ähnliches, dann finde ich dies schlicht und ergreifend nicht in Ordnung. Denn da wird niemand eli miniert in dem Sinne, wie Sie es gesagt haben,

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

sondern wir machen deutlich, dass wir Spitzenpositionen in der Polizei ausschließlich nach fachlichen Kriterien besetzen. Es soll mir doch niemand unterstellen, ich sei in dem Glau ben, dass juristischer Sachverstand auch in den neuen Einhei ten nicht mit an vorderster Stelle platziert sein müsse. Wir al le wissen doch – da sollten wir uns gegenseitig nichts Schlech tes unterstellen –, dass gerade auch in der Polizeiarbeit juris tischer Sachverstand natürlich von außerordentlicher Wich tigkeit ist.

Ich sage Ihnen, was wir machen werden – das haben Sie bis her, in Ihrer Regierungszeit, nämlich nicht gemacht –: Wir werden dafür sorgen, Grün-Rot wird dafür sorgen, dass zu künftig Juristinnen und Juristen – gerade auch Frauen – inner halb der Polizei viel schneller als bisher in entsprechende Füh rungsfunktionen gelangen können.

(Zurufe von der CDU – Unruhe)

Denn ich werde die Option eröffnen, dass zukünftig auch Ju ristinnen und Juristen über eine Zusatzausbildung in Hiltrup in entsprechende Führungsfunktionen der Polizei gelangen können. Das haben Sie nämlich bisher nicht gemacht – um das einmal ganz deutlich zu sagen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Meine Damen und Herren, ich habe von Ihnen bis heute und auch am heutigen Tag keine Antworten auf die Fragen gehört,...

(Glocke der Präsidentin)