Protokoll der Sitzung vom 23.05.2012

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Ja!)

oder ist es dieser Teil des Plenums,

(Abg. Andreas Deuschle CDU: Da können wir ab stimmen! – Heiterkeit des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

der sagt: „Es gibt eine strukturelle Schieflage, weil die Studi enplätze nicht ausfinanziert sind“?

Wir können miteinander ein relativ einfaches Rechenbeispiel machen. Die Abschaffung der Studiengebühren nach dem völ lig richtigen, konsistenten Prinzip „Jeder Student und jede Studentin ist uns gleich viel wert“ bringt durch die Kompen sationsmittel einen gleichen Beitrag pro Kopf in jede Hoch schule. Es ist also kein Sparmodell, sondern es ist ein recht aufwendiges Modell, das einzelnen Hochschulen mehr Geld bringt als früher und anderen ein bisschen weniger.

In der Tat: Die Duale Hochschule ist die Hochschulart, die in dieser Relation zu den Verliererinnen gehört, weil sie beson ders wenige Studierende hatte, die früher von Studiengebüh ren freigestellt waren. Wir rechnen mit etwa 4 Millionen €, die die Duale Hochschule weniger einnimmt, als sie mit Stu diengebühren eingenommen hätte. Das ist relevant.

(Glocke des Präsidenten)

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Deuschle?

Wenn ich meinen Satz zu Ende gebracht habe, können Sie gern fragen.

Gut.

Es ist also ein relevanter Faktor. Aber schauen wir uns einmal im Vergleich dazu an, wie viel Geld der Dua len Hochschule dadurch verloren geht, dass sie diesen exor bitanten Ausbau seit 2005 nicht korrekt bezahlt bekommen hat. Denn ein in der Grundlast finanzierter Studienplatz an der

Dualen Hochschule ist ungefähr mit 12 000 € zu veranschla gen – ohne Unterbringungskosten. Für einen Studienplatz, der im Rahmen des Ausbauprogramms finanziert wurde, gibt es aber nur 8 000 €.

Das heißt, wir haben pro Studienplatz in einem Ausbaupro gramm eine Lücke von 4 000 €. Das bedeutet, der gesamte Ausbau über das Ausbauprogramm bringt der Dualen Hoch schule einen Verlust von 16 Millionen €, überschlägig gerech net. Das sind 4 Millionen € Rückgang aufgrund der Abschaf fung der Studiengebühren, 16 Millionen € aufgrund der struk turellen finanziellen Unterausstattung, die die damalige Lan desregierung in ihrem Programm angelegt hatte. Ich glaube, man braucht nichts mehr dazu zu sagen, woher die strukturel len Probleme der Dualen Hochschule wirklich kommen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Glocke des Präsidenten)

Kollege Deuschle, bitte.

Frau Ministerin, ich möchte Sie fragen, ob Sie mir recht in der Annahme geben, dass die Studenten der Dualen Hochschule zum Großteil ihren Beitrag zu den Studiengebühren gar nicht selbst geleistet haben, son dern die Ausbildungsbetriebe für die Studiengebühren aufge kommen sind.

Ich muss zurückfragen: Gehe ich recht in der In terpretation Ihrer Frage, dass Sie eine Regelung bevorzugt hät ten, nach der die Studiengebühren nur für die anderen Hoch schularten abgeschafft und für die Duale Hochschule beibe halten worden wären?

Der Kern meiner Frage ist der: Wenn Sie einen theoretischen Ansatz nehmen und sagen, die se durch viel Hirnschmalz ausgerechneten 280 € je Studieren den an Kompensationsmitteln seien gerecht, dann mag das in der Theorie stimmen. Aus meiner Sicht ist die Praxis aber ei ne andere. Deshalb frage ich Sie, ob Sie mir in Bezug auf die Praxis an der Dualen Hochschule recht geben, dass die Stu denten von den Eingriffen durch die Studiengebühren so gar nicht betroffen waren. Diese Frage hätte ich gern beantwor tet.

Ich versuche, dieses Anliegen nach vorn zu wen den, und sage: Wenn in der Dualen Hochschule die Studieren den zu einem relevanten Teil die Studiengebühren gar nicht zahlen mussten und die Unternehmen diese übernommen ha ben, dann lassen Sie uns mit den Unternehmen darüber reden, ob sie vielleicht auch in Zukunft die Bereitschaft zeigen, ei ne besondere Unterstützung zum weiteren Ausbau dieser in novativen Hochschulart zu leisten. Ich bin mir sicher: Wenn sie es bislang schon gemacht haben, werden sie es auch in Zu kunft tun.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Andre as Deuschle CDU: Damit haben Sie die Frage indi rekt beantwortet! – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Sehr guter Vorschlag!)

Zur kostendeckenden Finanzierung: Ich bin mir sicher – es wurde eben auch schon angesprochen –: Neben der kurzfris

tigen Lösung, die wir für dieses Studienjahr ermöglicht ha ben, ist es die große Aufgabe, die langfristige Finanzierung sicherzustellen und auf tragfähige Füße zu stellen. Das ist in Zeiten der Haushaltskonsolidierung keine leichte Aufgabe. Es ist aber im Grundsatz vollkommen unverzichtbar, dass wir die Grundlast auf ein vertretbares Niveau anheben, Verlässlich keit und Perspektive in die Finanzierung für die Duale Hoch schule bringen.

Ein weiterer Baustein einer tragfähigen, zukunftsfähigen Lö sung ist das Thema Bauen. Auch da haben wir beispielswei se in Stuttgart die Situation vorgefunden – das kann man beim besten Willen nicht mit der Abschaffung von Studiengebüh ren erklären –, dass die Duale Hochschule auf 22 Standorte verteilt ist. Das ist für die Studierenden nicht gut, das ist für denjenigen, der Hochschule organisieren muss, nicht gut, und das ist auch noch teuer. Dies zu organisieren ist ein riesiger Aufwand. Daher ist es überfällig und dringend notwendig, dass wir am Standort Stuttgart zu einer tragfähigen und auch konzentrierten neuen baulichen Lösung kommen. Hoher Hand lungsbedarf besteht auch in Mannheim. An beiden Standor ten sind wir im engen Gespräch mit allen Beteiligten, solche Lösungen voranzubringen.

Lassen Sie mich abschließend darum werben: Bei der Suche nach einer tragfähigen, zukunftsfähigen Lösung, die nicht kurzfristig und kurzsichtig agiert, werden wir die Unterstüt zung des gesamten Hauses brauchen. Wir dürfen dabei nicht aus dem Blick verlieren, dass auch die anderen Hochschular ten in den letzten Jahren in einer ähnlichen Weise gewachsen sind. Wir werden also ein Gesamttableau brauchen.

(Glocke des Präsidenten)

Frau Ministerin, es liegen zwei Zwi schenfragen vor, vom Kollegen Dr. Bullinger und vom Kol legen Dr. Birk.

Bitte zum Schluss. Ich bin aber zum Schluss ge kommen, von daher passt es jetzt.

Herr Abg. Dr. Bullinger.

Frau Ministerin, früher konnten an der Dualen Hochschule, der früheren Be rufsakademie, nur Abiturienten mit Betriebsausbildungsver trag studieren. Seit geraumer Zeit ist es auch möglich, dies mit der Fachhochschulreife, die an unterschiedlichen Schul arten erworben werden kann, zu tun. Das ist gut so, vor allem weil dadurch auch Menschen, die praktisch talentiert sind oder die zuvor schon im Beruf standen, diese Möglichkeit haben.

Anlässlich eines Besuchs, den ich in der letzten Woche der Außenstelle der Dualen Hochschule Mosbach in Bad Mer gentheim abgestattet habe, sowie auch mit Blick auf die Er fahrungen, die meine beiden Töchter an der Dualen Hoch schule gesammelt haben, habe ich folgende konkrete Frage: Gerade aufgrund der Vielfalt der Zugangsberechtigungen ist es insbesondere am Anfang des Studiums erforderlich, zusätz liche Aufbaukurse zum Angleichen des Leistungsstands an zubieten. Wie wollen Sie die hervorragende Möglichkeit, dass auch diese Talente eine solche Zusatzförderung am Anfang ihres Studiums bekommen, finanziell unterstützen?

Meines Erachtens muss man am Anfang ein Zusatzangebot machen, um gleich beim Start die Unterschiede ausgleichen zu können. Dabei entsteht ein Bedarf an Unterrichtsstunden und auch ein entsprechender Personalbedarf. Wie wollen Sie von Ihrem Haus aus die Duale Hochschule unterstützen?

Herr Abg. Dr. Bullinger, die Aufgabe, mit der Vielfalt und Verschiedenheit von Studierenden und deren Vo raussetzungen umzugehen, betrifft alle unsere Hochschulen. Wir müssen in der Tat dafür Sorge tragen, dass entsprechen de zusätzliche Unterstützungsangebote entwickelt werden. Es gibt dazu auch erste Modellvorhaben sowie Finanzierungs möglichkeiten für diese Modellvorhaben, etwa um in unter schiedlichen Geschwindigkeiten studieren zu können. Dabei geht es darum, den notwendigen Ausgleich der Unterschiede zu finanzieren. Das wird auch für die Duale Hochschule gel ten. Alle Hochschulen haben sich der Aufgabe zu stellen, da entsprechende kluge pädagogisch-didaktische Angebote zu machen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Kommt da nicht zusätzliche Unterstützung aus Ihrem Haus?)

Ich glaube, die beste Unterstützung, die wir der Dualen Hochschule geben können, damit sie diese Aufgabe – eine Aufgabe, die alle Hochschulen haben – schultern kann, ist ei ne gescheite Finanzierung in der Grundlast.

Kollege Dr. Birk.

Frau Ministerin, Sie haben zu Recht festgestellt, dass das Wachstum der Dualen Hochschu le in den letzten zehn Jahren so stark war, dass sich die Zahl der Studienplätze verdoppelt hat. Das liegt vor allem an dem sehr guten Ausbildungsmodell der Verbindung von Theorie und Praxis.

Sie wissen auch, sowohl durch die Ausschussberatung als auch durch die Beratung hier im Plenum, dass die CDU-Frak tion einer deutlichen Erhöhung der Grundlast nicht abgeneigt ist.

Deshalb habe ich konkret folgende Fragen an Sie:

Sie haben vor einiger Zeit in einem Interview angekündigt, dass Sie über die Erhöhung der Grundlast in Verhandlungen mit dem Finanzministerium stehen. Wie weit sind diese Ver handlungen gediehen? Wir haben dazu nichts gehört. Eigent lich waren wir davon ausgegangen, dass Sie in der heutigen Debatte einen ersten Schritt benennen können.

Ganz konkret heißt das: Sie haben den Betrag von 16 Millio nen € angesprochen, um den Sie die Grundlastfinanzierung erhöhen wollen. Wir nehmen Sie beim Wort und würden Sie hierbei seitens der CDU-Fraktion auch gern unterstützen. Wie weit sind Sie in den Verhandlungen mit dem Finanzministe rium? Bis wann können Sie uns Ergebnisse dazu mitteilen?

Die zweite Frage: Auch die anderen Hochschulen in BadenWürttemberg leiden darunter, dass sie von der Grundlast her nicht so stark ausgestattet sind, wie es aufgrund des starken Wachstums, auch im Zuge des Ausbauprogramms 2012, not wendig wäre. Auch hier besteht Nachsteuerungsbedarf. Sind Sie bereit, auch bei den anderen Hochschulen – Universitäten und Fachhochschulen – die Grundlast zu erhöhen? Wenn das

nicht der Fall ist: Aus welchen Gründen sind Sie dazu nicht bereit? Wie nehmen Sie dabei die Priorisierung zwischen den Hochschulen vor?

Eine weitere Frage: Sind Sie nicht auch der Meinung, dass es, gerade weil wir eine durchaus prekäre Situation bei der Dua len Hochschule im Bereich der Grundlast haben, besser ge wesen wäre, die Studiengebühr nicht schon in diesem Jahr ab zuschaffen, sondern, wenn überhaupt, erst zu einem späteren Zeitpunkt? Denn diese Mittel sind in der Tat – Kollege Deuschle hat gerade darauf hingewiesen – der Dualen Hoch schule noch zusätzlich entzogen worden, womit eine Ver schlechterung der Qualität der Lehre an der Dualen Hochschu le in Kauf genommen worden ist.

Wie wollen Sie dies kompensieren? Dabei geht es im nächs ten Jahr um immerhin 5 Millionen €.

Meine letzte Frage: Bis wann können wir uns darauf einstel len,

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Wieso haben Sie nicht selbst geredet, Herr Birk? Das ist ja ein Kore ferat!)

dass wir die Pläne bezüglich eines Neubaus der Dualen Hoch schule in Stuttgart hier im Landtag entscheidungsreif vorlie gen haben? Die Zahl von 22 Standorten ist in der Tat nicht op timal; das hatte auch schon die Vorgängerregierung erkannt. Wir hatten allerdings auch eine Prioritätensetzung beim Staat lichen Hochbau.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Wird da eigentlich die Zeit gemessen? – Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Das waren inzwischen schon fünf Minuten Redezeit!)

Deshalb meine Frage – denn auch dies wollen wir gern unter stützen –: Bis wann können Sie mit diesbezüglichen Plänen auf uns zukommen?

Noch ein Punkt: Herr Kollege Schmiedel, wir wünschen uns eine lebendige Debatte. Deshalb muss es auch möglich sein, diese Fragen bei einem so wichtigen Thema zu stellen.

(Beifall bei der CDU)