Meine Damen und Herren! Ich darf Sie bitten, Ihre Plätze einzunehmen. Ich eröffne die 42. Sit zung des 15. Landtags von Baden-Württemberg.
Aus dienstlichen Gründen entschuldigt haben sich Herr Mi nisterpräsident Kretschmann bis ca. 11:30 Uhr, Herr Minister Gall, ebenfalls bis ca. 11:30 Uhr, und Herr Minister Stickel berger.
Am 3. Juli 2012 haben Sie, verehrter Kollege Burger, die Mandatsnachfolge für Frau Kollegin Tanja Gönner angetre ten, die wir in der letzten Plenarsitzung verabschiedet haben. Ich möchte Sie, Herr Kollege Burger, herzlich in dieser Run de begrüßen und wünsche Ihnen alles Gute. Ich freue mich auf eine gute Zusammenarbeit. Herzlich willkommen!
Jetzt hätte ich gern Herrn Minister Dr. Schmid zum Geburts tag gratuliert, aber er ist gerade nicht da. Wir werden jedoch sicher Gelegenheit haben, die Glückwünsche nachzuholen.
Aktuelle Debatte – Konsequenzen aus dem Filderdialog – Chancen für die Filderregion nutzen durch einheitliche Positionierung der Landesregierung – beantragt von der Fraktion der FDP/DVP
Wir haben uns dazu im Präsidium auf eine Gesamtredezeit von 40 Minuten geeinigt. Darauf wird die Redezeit der Re gierung nicht angerechnet. Für die einleitenden Erklärungen der Fraktionen und für die Redner in der zweiten Runde gilt jeweils eine Redezeit von fünf Minuten.
Mit Blick auf § 60 Absatz 4 unserer Geschäftsordnung möch te ich daran erinnern, dass es uns gemeinsam ein wichtiges Anliegen ist, die Aktuellen Debatten mit der notwendigen Le bendigkeit zu führen und daher die Aussprache in freier Re de zu führen.
Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Jedes Jahr im Dezember mache ich zu sammen mit meinem Sohn einen Orientierungslauf.
(Vereinzelt Beifall – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Sehr gut! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Das ist gut für den Jungen! – Abg. Andreas Stoch SPD: Das ist für Kinder gut und für die FDP!)
Wer das nicht kennt, dem möchte ich dies erläutern: Sie müs sen bei diesem Wettbewerb von einer Geländekarte selbst Zie le übertragen, die Sie dann im Gelände ablaufen. Wenn Sie da nicht gut vorbereitet sind und nicht konzentriert wirken, dann laufen Sie sozusagen wie im Blindflug.
Das Stichwort Blindflug beschreibt das Gefühl, das ich im Verlauf des Filderdialogs hatte: das Gefühl, dass die Organi sation teilweise wie im Blindflug vorgenommen wurde.
Ich möchte jetzt gar nicht auf die Details dieser Organisation eingehen. Nur so viel: Wenn die „Stuttgarter Nachrichten“ schon von einer „unheilvollen Entwicklung“, von „einer un heilvollen Mischung aus Naivität, Unkenntnis, und Dilettan tismus“ sprechen, dann hat dieser Filderdialog – das muss man sagen – nicht mit der Stärke starten können, wie es notwen dig gewesen wäre.
Wenn – wie es Frau Staatsrätin Erler hat organisieren lassen – am 14. Mai für einen zwei Wochen später stattfindenden Ter min – es war noch dazu der Freitag vor Pfingsten – 250 Bür ger zufällig ausgewählt werden in der Hoffnung, dass davon 80 teilnehmen, dann wird das eben auch schwierig. – Nur so viel dazu.
Der zweite Punkt betrifft die Organisation und die Durchfüh rung. Wenn die Voraussetzungen des Filderdialogs nicht rich tig festgelegt werden, kommt im Ergebnis natürlich auch nicht das heraus, was man sich vorstellt. Unser Verkehrsminister ist Feuer und Flamme bei der Anbindung der Gäubahntrasse an den Tiefbahnhof. Damit hätten wir hier eine vertragswidrige Variante und eine Missachtung des Ergebnisses der Volksab stimmung zu Stuttgart 21 vorliegen.
Diese Varianten – da ist dann noch die Neckar-Alb-Variante von Horb über Tübingen dazugekommen – wurden nicht mit den Projektpartnern abgestimmt. Bei diesen Varianten wur den Vorgaben gemacht, die relativ oberflächlich waren und bei denen die Machbarkeit nicht nachhaltig entwickelt war.
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Na, na, na! – Gegenruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: „Süd deutsche Zeitung“!)
waren dann die Gutachten, die in der letzten Woche im Ver kehrsausschuss in der Diskussion sozusagen herausgekitzelt wurden. Denn das Verkehrsministerium hatte ein Gutachten für den Gäubahn-Kehrtunnel gemacht. Ich sage dazu nur: Für mich ist das, was hier gemacht wurde, eine Verschwendung von Steuergeldern. Lieber Herr Verkehrsminister, beenden Sie dieses Stand-by-Management in Sachen Stuttgart 21 für eine sinnvolle Lösung bei diesem Filderdialog.
Wir haben diese Aktuelle Debatte bewusst auch als Chance des Filderdialogs tituliert, weil wir es auch als Chance sehen – wenn wir jetzt diese Variante, die nicht vertragskonform ist, weglassen –, über die Variante zu diskutieren, die die Filder region betrifft. Da geht es zum einen um das Thema Lärm schutz an der S-Bahn-Strecke nach Leinfelden-Echterdingen. Der zweite wichtige Punkt ist die Gestaltung des Flughafen bahnhofs und in diesem Zusammenhang der Vorschlag, den Flughafenbahnhof so zu gestalten, dass er unterhalb der Flug hafenstraße errichtet wird. Diese Chance sollte man jetzt nut zen.
Uns würde deswegen interessieren, wie sich die Landesregie rung am Freitag bei dem Abschlussgespräch mit den Projekt partnern positioniert. Das ist das, was wir heute gern wissen wollen. Deswegen haben wir auch die Aktuelle Debatte bean tragt. Wir wollen vermeiden, dass es dann womöglich so läuft, wie wir es bei der Volksabstimmung hatten, dass man näm lich als „Häuptling der gespaltenen Zunge“ mit zwei Meinun gen in dieses Abschlussgespräch geht.
Wir wollen eine klare Positionierung im Hinblick auf die Ver träge und auf die Volksabstimmung zu Stuttgart 21. Das ist das, was wir heute gern hören wollen. Diese Chance sollten wir, glaube ich, nutzen.
Da appelliere ich auch an den Ministerpräsidenten, von sei ner Richtlinienkompetenz Gebrauch zu machen. Geben Sie ihm das bitte weiter. Ich appelliere hier an ihn, keine Laisserfaire-Politik zu machen, sondern sich klar zu positionieren und die Verhinderungspolitik des Verkehrsministers zu been den.
Herr Präsident, meine sehr geehr ten Damen und Herren! Wie interpretiert die Landesregierung das Ergebnis des Filderdialogs? Frau Staatsrätin Erler beant wortete diese Frage am Samstag:
Sie wissen doch, was geht oder was nicht geht. Grüne und SPD bleiben in aller Freundschaft bei zwei Meinungen.
Stimmt, Frau Staatsrätin! Wir wissen, was geht und was nicht geht – vor allem beim Filderdialog –, aber vor allem wissen wir auch, was politisch zumutbar ist. Dass eine Regierung in aller Freundschaft bei zwei Meinungen bleibt, das ist ganz ge wiss nicht zumutbar.
Diese Antwort bringt die gesamte Spaltung dieser Koalition zum Ausdruck. Der eine Teil echauffiert sich, weil Stuttgart 21 nicht rundläuft – dank des Koalitionspartners –, und der andere leidet unter seiner Projektförderungspflicht und der ei genen Zerrissenheit. Denn Sie waren angetreten, Stuttgart 21 zu verhindern, und sind am Willen des Volkes gescheitert. Der Filderdialog sollte das glänzende Modell für Bürgerbeteili gung werden, und Sie sind – Zitat „Stuttgarter Nachrichten“; der Kollege hat es schon gesagt – an „einer unheilvollen Mi schung aus Naivität, Unkenntnis und Dilettantismus“ geschei tert.
Sie, Herr Minister Hermann, wollten Ihre eigene Gäubahnva riante mit Umstieg in Stuttgart-Vaihingen diktieren und mit allen Mitteln durchsetzen. Gescheitert sind Sie an fachlichen Fehlern und vor allem an geltendem Recht. Was für eine Bi lanz, meine lieben Kolleginnen und Kollegen.
Wir haben großen Respekt vor dem Engagement der Men schen im Filderdialog. Aber wenn Frau Staatsrätin Erler heu te Morgen in dpa schon verlauten lässt, es würde natürlich Frustrationen geben, dann ist das blanker Hohn den Menschen gegenüber, die sich engagiert haben. Sie verhöhnen diejeni gen, die den Fehler gemacht haben, Ihnen zu vertrauen. Das, meine Damen und Herren, ist Volksverdummung schlechthin.
Denn eines ist immer klar gewesen: Der Filderdialog muss sich im Rahmen der Volksabstimmung und der geschlossenen Verträge bewegen. Das hat auch der Verkehrsausschuss mit den Stimmen von Grün und Rot beschlossen. Dass dazu eine umsteigefreie Anbindung der Gäubahn an den Flughafen und die Messe mit Durchbindung nach Norden gehört, dass dies die Grundlage für das positive Votum der Menschen an der Gäubahn und in Ostwürttemberg
war und dass der Vertrag von Lugano einzuhalten ist, all das war nie verhandelbar. Das haben die Projektpartner auch im
mer deutlich gesagt. Das haben auch Sie von der Landesre gierung immer gewusst. Jetzt dieser Versuch, Frau Staatsrä tin – – Wo ist sie denn?