Protokoll der Sitzung vom 18.07.2012

Die einstimmige Verabschiedung der Änderung des § 18 LHO im Jahr 2007, also die Einführung eines Schuldendeckels und

einer Schuldenbremse, war ein richtiger und wichtiger Schritt. Das Land verpflichtete sich mit dieser Regelung einer nach haltigen Haushaltspolitik. Diese Regelung wurde aber vor den Ergebnissen der Föderalismuskommission II und vor der Fi nanzkrise beschlossen.

Jetzt stellt sich die Frage, ob sie noch den heutigen Anforde rungen vor allem im Hinblick auf die grundgesetzliche Schul denbremse gerecht wird. Im Gutachten der Hertie School of Governance wird deutlich, dass die LHO diesen Anforderun gen nicht mehr gerecht wird und deshalb geändert werden sollte. Zitat:

Ab diesem Zeitpunkt

gemeint ist das Jahr 2020 –

wird § 18 LHO in der jetzigen Form nicht mehr aufrecht zuerhalten sein, weil dessen Kombination aus Schulden deckel... und antizyklischen Elementen... mit der „Schul denbremse“ des Grundgesetzes... teilweise unvereinbar ist.

Mit der Verfassungsänderung und dem Ziel eines verbindli chen Abbaupfads liegen wir übrigens mit dem Rechnungshof auf einer Linie. Auch der Rechnungshof hat in seiner Denk schrift 2012 empfohlen, die Landesverfassung zu ändern. Ich zitiere aus dem Wegweiser zur Denkschrift 2012:

Ein wichtiger Meilenstein für die Haushaltskonsolidie rung wäre es, die bisher nur in der Landeshaushaltsord nung enthaltene Schuldenbremse in der Landesverfassung zu verankern.

Der Rechnungshof betont, dass die Regelungen der Landes haushaltsordnung bisher nicht die gebotene Wirkung entfal tet haben. Ich zitiere aus der Denkschrift:

Die Landeshaushaltsordnung hat nur einfachgesetzliche Qualität. Änderungen der Landeshaushaltsordnung sind mit einfacher Mehrheit des Landtags möglich.

Deshalb forderte der Rechnungshof schon 2006 und 2008, ein Verschuldungsverbot in der Landesverfassung zu verankern. In dieser Zeit hatten Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU und der FDP/DVP, die Verantwortung und sind der Empfehlung des Rechnungshofs nicht gefolgt.

(Abg. Peter Hauk CDU: Wir haben uns doch daran gehalten! Das war gar nicht notwendig!)

Wir nehmen die Empfehlung des Rechnungshofs und das be reits zitierte Gutachten ernst und wollen die Schuldenbremse in die Landesverfassung aufnehmen.

(Abg. Andreas Deuschle CDU: Zum spätestmögli chen Zeitpunkt!)

Ihr Ansinnen, die LHO vor einer Verfassungsänderung zu än dern, ist dagegen völlig unsinnig. Wenn wir dem Gesetzent wurf heute zustimmen würden, würde der Schwanz mit dem Hund wedeln. Sie von der Opposition sollten sich Ihrer Ver antwortung bewusst sein und sich aktiv an der Verfassungs änderung beteiligen.

Tatsache ist doch, dass wir eine Zweidrittelmehrheit brauchen, um die Landesverfassung zu ändern. Wir wollen dies in einem

fraktionsübergreifenden Dialog, zu dem der Finanzminister die Vorsitzenden aller Fraktionen im Landtag bereits eingela den hat, klären.

(Abg. Peter Hauk CDU: Zunächst einmal hat er zi tiert!)

Er hat eingeladen.

(Abg. Peter Hauk CDU: Jetzt hat er eingeladen, vor her hat er zitiert!)

Nach der Verfassungsänderung, die wir hoffentlich gemein sam auf den Weg bringen, können wir uns dann gern gemein sam um die Landeshaushaltsordnung kümmern. Ein verbind licher Pfad zum Abbau des strukturellen Defizits ist nachhal tiger und wirkungsvoller, als Forderungen nach einer punktu ellen Nullneuverschuldung zu stellen. Das strukturelle Defi zit von 2,5 Milliarden €, das wir von der Vorgängerregierung geerbt haben, lässt sich aber nicht von einem auf den anderen Tag abbauen.

Meine Damen und Herren, die grün-rote Koalition hat für die Verankerung der Schuldenbremse in die Landesverfassung und für den Abbau des strukturellen Defizits in unserem Land einen klaren Fahrplan. Wir freuen uns über jede Unterstützung auf diesem Weg, denn wir wollen beim Sparen Brücken bau en und nicht einreißen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Hierfür bedarf es eines Konsenses, möglichst eines Konsen ses über die Fraktionsgrenzen hinweg, damit die Herausfor derungen der Konsolidierung auch den Bürgerinnen und Bür gern gut vermittelt werden können. Wir laden Sie ein, diesen Weg konstruktiv mit uns gemeinsam zu gehen und Ihrer Ver antwortung für Baden-Württemberg gerecht zu werden.

Zum Schluss möchte ich noch zwei, drei Anmerkungen zum Beitrag von Herrn Herrmann machen. Herr Herrmann, Sie wissen, dass im Ausschuss die Debatte deutlich sachlicher ist. Ich weiß: Das hier ist irgendwie ein bisschen Show. Deshalb verstehe ich auch Ihr Ansinnen.

(Abg. Peter Hauk CDU: Sie machen doch eine Show!)

Moment. Ich mache hier keine Show. Wenn Sie ernsthaft an der Sache interessiert wären, hätten Sie den Gesetzentwurf zunächst einmal zurückgestellt, hätten den Dialog abgewar tet, und wenn sich dann nichts ergeben hätte, hätten Sie Ihren Weg weiterverfolgen können.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Wieso denn? Das Ini tiativrecht ist doch bei uns!)

Sie führen auf, dass Sie in 58 Jahren Regierungszeit zwei Jah re ohne Aufnahme neuer Schulden ausgekommen sind.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Jetzt geht das schon wieder los! – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Die sen Spruch kann ich nicht mehr hören! – Abg. Win fried Mack CDU: Abschalten!)

Das ist eine „große“ Leistung. Ich gratuliere Ihnen dazu ganz herzlich.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Wir regieren gerade einmal 15 Monate. Wir haben 2011 kei ne neuen Schulden aufgenommen.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Wir haben 2012 keine neuen Schulden aufgenommen, und wir haben investiert.

(Abg. Bernd Hitzler CDU: 5 Milliarden € mehr Ein nahmen! – Abg. Peter Hauk CDU: Die Erblast kommt dann 2013 wieder! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Ab 2013 gilt dann wieder die Erblast! 2011 und 2012 sind es Ihre eigenen Leistungen! Für wie blöd halten Sie die Leute? – Gegenruf: Ruhe!)

Ich halte die Leute gar nicht für blöd,

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Offensicht lich doch!)

im Gegensatz zu Ihnen. Die Leute sind sehr viel klüger, als Sie hier manchmal tun. Ich habe großen Respekt vor den Wäh lerinnen und Wählern. Diese werden schon die richtige Ent scheidung finden.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP. Dann wür den Sie nicht so daherreden! – Zuruf von der CDU: Dann zeigen Sie es bitte!)

Mir ist nur wichtig: Diese Landesregierung hat nicht gegen die LHO verstoßen, auch wenn Sie es immer wieder erwäh nen.

(Abg. Peter Hauk und Abg. Andreas Deuschle CDU: Natürlich!)

Wir haben uns im Gegensatz zu Ihnen verfassungskonform verhalten.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Maier das Wort.

(Abg. Andreas Deuschle CDU: Jetzt kommt Sach lichkeit! – Abg. Winfried Mack CDU: Ein berühm ter Name! – Gegenruf des Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Aber der war aus Schorndorf!)

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es war beeindruckend, wie Herr Herrmann aufgeführt hat, wie die damalige Landesregierung gespart hat.

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Guter Mann!)

Lieber Herr Herrmann, wenn Sie das 50 Jahre lang so gemacht hätten, dann hätten wir keinen Schuldenberg von 43,3 Milli arden €.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Klaus Herrmann CDU: Nach 20 Jahren wäre abgebaut! – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Wie sieht es eigentlich in Ihrer Kommune aus? – Gegenruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Von dort ist er ge flüchtet!)