Protokoll der Sitzung vom 26.09.2012

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Dass diese Abschaffung der Studiengebühren aber für die Hochschulen aufkommensneutral erfolgt ist, dass Kompensa tionsmittel in den Haushalt eingestellt werden, ist meines Er achtens in diesen finanziell harten Zeiten ein großer finanzi eller Kraftakt des Landes.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Schulden finanziert!)

Diese Mittel kommen direkt den guten Studienbedingungen an unseren Hochschulen zugute.

(Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Weil ich gerade den Einwurf gehört habe, die Verwaltungsge bühren würden im kommenden Semester angehoben: Meine Damen und Herren, wer den Studiengebühren in Höhe von 500 € immer noch nachtrauert und sogar deren Wiedereinfüh rung fordert, dem spreche ich einfach das Recht ab, zu kriti sieren, dass wir nun die Verwaltungsgebühren ab dem nächs ten Semester um 20 € anheben.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Dies ist ein Vorgang, den auch wir nicht toll finden, der aber im Rahmen der allgemeinen Haushaltslage, wegen des Schul denbergs, den Sie uns hinterlassen haben, einfach notwendig ist.

(Abg. Peter Hauk CDU: Ihr erhöht den Schulden berg!)

Weniger einen finanziellen Aufwand, dafür aber einen enor men Zugewinn an Demokratie innerhalb unserer Hochschu len bedeutet die Einführung der Verfassten Studierenden schaft. Endlich, meine Damen und Herren, ist auch an unse ren Hochschulen in Baden-Württemberg eine zeitgemäße, de mokratisch legitimierte Mitbestimmung möglich.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Kollege Schmidt-Eisenlohr hat ausführlich darauf hingewie sen, dass gute Rahmenbedingungen für Studierende trotz schwie riger Finanzlage auch dann geschaffen werden, wenn die so zialen Rahmenbedingungen an unseren Hochschulen stim men. Die Forderung nach guten Arbeitsbedingungen auch im Verantwortungsbereich des Landes wird von uns sehr ernst genommen. Deshalb werden wir – es wurde schon ausführ lich dargelegt – dafür sorgen, dass eine beachtliche Zahl von Befristungen bei den Arbeitsverträgen im nicht wissenschaft lichen Bereich aufgehoben werden.

Meine Damen und Herren, es lässt sich auch nicht gut studie ren, wenn es in den Hörsaal hineinregnet. Über 2,5 Milliar den € beträgt der Sanierungsstau im Hochschulbereich, den wir von Ihnen übernommen haben.

(Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE: So ist es!)

Wir haben zielgerichtet damit begonnen, diesen Sanierungs stau abzubauen. Gern würden wir in diesem Bereich noch mehr investieren; die Haushaltslage lässt dies jedoch nicht zu.

(Zuruf: Ihr habt doch Milliarden Mehreinnahmen!)

Aber eines ist auch Tatsache: Noch nie hat eine Landesregie rung so viel Geld für die bauliche und energetische Sanierung an den Hochschulen zur Verfügung gestellt wie diese Regie rung.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Meine Damen und Herren, das war ein kurzer Rückblick. Ich will einen kleinen Ausblick wagen, was trotz der schwierigen Finanzlage alles kommen wird. Die Verhandlungen über den dritten Solidarpakt werden bald beginnen. Dieser soll dann beiden Seiten, also dem Land wie den Hochschulen, weiter hin finanzielle Planungssicherheit geben. Auch muss – auch das wurde bereits angesprochen – das unter der alten Regie rung nicht einmal ansatzweise gelöste Problem der Finanzie rung des Ausbaus der Masterstudiengänge angegangen wer den. Hier steht den Hochschulen nach diesem Programm „Hoch schule 2012“ ein neuer Kraftakt bevor. Das Land wird sich hier nicht drücken, aber wir sind der Meinung, dass auch der Bund hier in der Verantwortung ist.

Eine Novelle des Landeshochschulgesetzes steht an. Neben vielen Punkten, die hier neu geregelt werden sollen, ist uns wichtig, dass die Führungsstrukturen der Hochschulen arbeits fähig bleiben und sich im Konfliktfall nicht gegenseitig blo ckieren. Wir sehen die wichtige Rolle der Hochschulräte und wollen, dass die Mitarbeit in diesen Hochschulräten weiter hin attraktiv bleibt und unseren Hochschulen weiterhin wert volles Know-how zur Verfügung steht.

Abschließend, meine Damen und Herren: Es ist klar, dass es unter den gegenwärtigen Haushaltsbedingungen auch für die Universitäten, die Hochschulen und den gesamten Hochschul bereich keine goldenen Zeiten gibt, aber verlässliche Bedin gungen. Unsere grundsätzliche Bereitschaft, die Hochschulen und Universitäten als wissenschaftliche Einrichtungen zu be greifen und eben nicht als anonyme, Absolventen ausstoßen de Betriebseinheiten zu betrachten, das alles hat neues Ver trauen in die baden-württembergische Hochschulpolitik wach sen lassen.

Meine Damen und Herren, wir sind auf einem guten Weg.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Für die Fraktion der FDP/DVP spricht Kollege Dr. Kern.

Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Als ich am Montag den Titel dieser Aktuellen Debatte erfahren habe, bin ich kurz zusammenge zuckt,

(Zurufe von der SPD: Was?)

weil ich gedacht habe: Huch, haben wir irgendetwas Entschei dendes verpasst?

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Ich vermute es einmal! – Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE: Das war schon so!)

Hat die Landesregierung irgendein Programm oder irgendei ne Initiative oder irgendeine Maßnahme ergriffen, um z. B. den schmerzhaften Verlust der Exzellenz an den Universitä ten in Freiburg und Karlsruhe zu thematisieren? Ist da seitens der Grünen oder der SPD irgendetwas passiert? Ich habe mich noch einmal umgeschaut: Nichts! Gar nichts!

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Deshalb fragt man sich schon: Warum diese Aktuelle Debat te? Ich habe den leisen Verdacht, dass von Missgeschicken,

die zu Beginn dieser neuen Legislaturperiode passiert sind, abgelenkt werden soll. Wir hätten, wie ich finde, durchaus ak tuelle Themen hier im Parlament zu diskutieren gehabt. Bei spielsweise hätten wir über Ihren mutigen Haushalt diskutie ren können

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Kommt noch! Keine Sorge! Kommt Zeit, kommt Haushalt!)

oder über die reibungslose Polizeireform. Wir hätten auch den grandiosen Start der Kultusministerin thematisieren können. Aber Sie wollen ablenken.

Die einzigen Maßnahmen, die Sie in der Vergangenheit im Hochschulbereich verwirklicht haben, sind zum einen die Ab schaffung der Studiengebühren und zum anderen die Einfüh rung der Verfassten Studierendenschaft.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Da haben Sie tat sächlich vieles verpasst! Sie haben vieles verpasst, Herr Dr. Kern!)

Von Ihnen, Herr Dr. Schmidt-Eisenlohr, haben wir zu beidem nichts gehört. Deshalb möchte ich kurz auf das eingehen, was Kollege Rivoir angesprochen hat, nämlich die Abschaffung der Studiengebühren. Dafür wollen Sie sich ja heute ein Stück weit feiern lassen.

Warum – kurz zur Erinnerung – halten wir nach wie vor die Abschaffung der Studiengebühren für eine grundfalsche Wei chenstellung?

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE)

Sie ist vor allem im Hinblick auf die Zukunft eine grundfal sche Weichenstellung. Zwar – Sie haben es gesagt – kompen sieren Sie natürlich in der Höhe von 130 Millionen €, aber an dieser Stelle könnte man auch schon einmal die Frage stellen: Was hätte man mit diesen 130 Millionen € zusätzlich im Hochschulbereich alles machen können? Wir haben den dop pelten Abiturjahrgang, und die Studienplatzkapazitäten wur den stark ausgebaut. Aber diesen Stand gilt es ja auch für die Zukunft zu halten.

Wenn die Hochschulen keine dauerhaften Überlasten fahren sollen, werden sie auch in Zukunft noch viele Finanzmittel für die Personalausstattung und für eine angemessene Entlohnung der Wissenschaftler benötigen. Gleiches gilt für die Hoch schulgebäude und die Studentenwohnheime.

Wir halten die Abschaffung der Studiengebühren auch des halb für sozial ungerecht, weil – wenn man es zuspitzt – die Kinderkrankenschwester und der Kfz-Mechaniker mit ihren Steuern auch dem Millionärssohn das Studium finanzieren. Das kann ja wohl nicht sozial gerecht sein.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE: Glauben Sie da selbst dran?)

Selbst Karl Marx, der nicht unbedingt als einer der Vordenker des Liberalismus gilt, hat davor gewarnt,

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Im 19. Jahr hundert!)

wegen der Umverteilungseffekte von unten nach oben auf Stu diengebühren zu verzichten.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Ärgerlich ist in diesem Zusammenhang, dass sich die grüne Wissenschaftsministerin entgegen ihrer eigenen Überzeugung nicht getraut hat, ein Modell mit nachlaufenden Studienge bühren einzuführen, wie es von der FDP gefordert wurde. Stattdessen sagt Frau Bauer, dass die Abschaffung der Studi engebühren ein wichtiges Symbol sei.

Frau Ministerin, Sie hätten weniger eine Symbolpolitik be treiben sollen, sondern ein vernünftiges und sozial gerechtes Studiengebührenmodell vorlegen sollen, das auch tragfähig ist. Nachlaufende Studiengebühren kann man auch sozial staf feln. Dagegen spricht überhaupt nichts. Die Gelder könnten wir sehr gut im Hochschulbereich gebrauchen. Das ist aber alles Geschichte.

(Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE: So ist es!)

Wir hätten hier aber auch etwas über tatsächlich aktuelle Din ge hören können. Wir hätten z. B. etwas zu dem aktuellen Ver halten der Landesregierung im Bundesrat hören können, als über das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern bei der Hochschulfinanzierung diskutiert wurde. Dazu haben wir von SPD und Grünen aber kein Wort gehört. Das wäre doch ein aktuelles Thema gewesen.