Protokoll der Sitzung vom 08.11.2012

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Das Wort zur Begrün dung des Antrags Drucksache 15/2349 erteile ich Herrn Kol legen Raufelder für die Fraktion GRÜNE.

Frau Präsidentin, mei ne Damen und Herren! Ich denke, es ist gut, dass wir heute einen gemeinsamen Antrag einbringen. Ich glaube, es ist wich tig, dass wir – wie es vorhin schon einmal erwähnt worden ist – die Stuttgarter Erklärung gemeinsam in die Diskussion ein bringen, auch in die Diskussion auf Bundesebene.

Mich hat bei der Diskussion besonders gefreut, dass auch die Schweizer Kolleginnen und Kollegen, auch die dortige grüne Fraktion, auf den Punkt gebracht haben, was dieser neue Staatsvertrag bedeutet. Die Schweiz ist nicht daran interes siert, eine Erhöhung der Kapazität ihres Flughafens vorzuneh men. Deswegen wurde bei der Auslegung dieses Vertrags sehr deutlich – die Parteien in der Schweiz haben deutlich darauf hingewiesen –, dass diese Kapazitätserhöhung nicht im Sin ne der Schweiz ist. Die Beteiligten in der Schweiz, auch die dortige grüne Fraktion, haben auch – das finde ich sehr gut – auf die Stuttgarter Erklärung hingewiesen und darauf, dass der südliche Bereich von Baden-Württemberg sehr stark be troffen ist.

Deswegen sehe ich hier auch Anknüpfungspunkte mit der Schweiz. Lesen Sie die Presseberichte. Dort waltet auch die Vernunft, und die Lärmschutz- und die Schadstoffkonzentra tionen, die durch den Flughafen in der Schweiz verursacht werden, sollen reduziert werden.

Noch ein Nebensatz: Für uns ist auch interessant, dass ande re Verkehrsmittel wie die Bahn ausgebaut werden sollen. Es ist natürlich auch unser Wunsch, dass der innerschweizerische und innerdeutsche Flugverkehr reduziert werden soll.

Zu der Stuttgarter Erklärung insgesamt: Ich denke, wir soll ten deutlich machen, dass wir die Stuttgarter Erklärung hier gemeinsam unterstützen. Die Zahl von 80 000 Anflügen über Deutschland pro Jahr ist sehr hoch. Nach meinem Dafürhal ten sind das sehr viele Anflüge. Wenn ein Zugeständnis über bis zu 120 000 Anflügen pro Jahr gemacht würde, dann wäre dies für die Gemeinden in Südbaden einfach nicht tragbar.

(Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der CDU und der SPD)

Wie die Vertreter der SPD-Fraktion waren auch wir vor Ort. Wir waren in Donaueschingen und in anderen Ortschaften in Südbaden. Wir haben mit den Befürwortern und Gegnern in dieser Region sehr viele Gespräche geführt. Lassen Sie mich dazu bitte eine Anmerkung machen: Wir sollten die Bürgerin nen und Bürger, die eine kritische Haltung zu bestimmten Punkten einnehmen, nicht als Bedrohung sehen, sondern wir sollten ihre Einwände aufnehmen und mit ihnen Diskussio nen führen. Wir sollten dabei von unserer Seite offene und klare Positionen vertreten, aber wir sollten auch die Gegen seite berücksichtigen.

Daher bitte ich, die Diskussion nicht so zu führen, wie sie oft in der Presse geführt worden ist – auch der Bundesverkehrs minister hat die Diskussion in dieser Richtung geführt –, dass der Eindruck erweckt wird, dass von den Bürgerinnen und Bürgern eine Bedrohung ausgeht. Wir sollten es als Zukunfts aufgabe ansehen, dass wir die Bürgerinnen und Bürger in die

Diskussion einbinden. Ich denke, mit Beschluss des vorlie genden Änderungsantrags wir es gelingen, den Bürgerinnen und Bürgern zu zeigen, dass wir für ihre Interessen einstehen, aber auch mit der Schweiz in Verhandlungen treten wollen und die Verhandlungen zu einem guten Abschluss führen wol len – im Sinne der Stuttgarter Erklärung. Das wird kommen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Hier zeigt sich tatsächlich der Kritikpunkt an der Diskussion, die geführt worden ist: Die Stuttgarter Erklärung ist immer wieder angeführt worden, aber die darin enthaltenen Forde rungen sind im Endergebnis, im Staatsvertrag nicht in der Form sichtbar, wie wir es uns gewünscht haben und wie es jetzt notwendig ist, um den Schutz der Bürgerinnen und Bür ger zu gewährleisten.

Deswegen sind Nachverhandlungen notwendig. Bis dahin darf der Vertrag nicht ratifiziert werden. Daher ist auch wichtig, dass dieses Zeichen von unserer Seite den Bundestagsabge ordneten bzw. nach Berlin gegeben wird.

Ich glaube, wir sind auf einem guten Weg. Die Landesgrup pen der verschiedenen Bundestagsfraktionen haben schon si gnalisiert, dass sie diesen Aufforderungen unserer Fraktion bzw. des Landtags von Baden-Württemberg Rechnung tragen würden. Das ist ein sehr gutes Zeichen, ein Zeichen, dass tat sächlich auf dem Verhandlungsweg weiter vorangeschritten werden soll.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Unser Landesverkehrsminister hat sehr wohl schon gleich nachdem diese Verhandlungen stattfanden deutlich gemacht, dass Nachverhandlungen notwendig sind, ebenso die Staats sekretärin. Da zeigt sich schon sehr deutlich, dass klar war, dass nach der Erklärung der Schweiz, wie sie diesen Staats vertrag auslegt, auch wir eine Auslegungsphilosophie bzw. Auslegungsmöglichkeiten darstellen müssen.

Es ist sehr deutlich geworden, dass die Stuttgarter Erklärung vonseiten der Landesregierung nie in Zweifel gezogen wor den ist. Das halte ich für ein sehr gutes Zeichen. Ich äußere mich da auch sehr klar und deutlich. Ich finde es sehr gut, dass die Aussage der Landesregierung in die Richtung gegangen ist: Die Stuttgarter Erklärung gilt für uns, gilt für das Land Baden-Württemberg und soll auch in dieser Form umgesetzt werden. Dafür bin ich sehr dankbar.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Das Wort zur Begrün dung des Antrags Drucksache 15/2484 erteile ich Herrn Kol legen Schreiner für die CDU-Fraktion.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Guter Mann!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Situation erinnert etwas an 2002. Damals gab es ebenfalls einen Staatsvertrag. Der damalige Bundesver kehrsminister gehörte der SPD an. Der damalige Staatsver trag – da sind wir uns auch einig – war genauso schlecht wie der heutige.

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Wir sind uns einig, dass wir diesen Staatsvertrag, wie er vor liegt, ablehnen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Aber, Herr Drexler, der Unterschied zu damals ist, dass der damalige Ministerpräsident – er hieß Erwin Teufel – diesen Staatsvertrag öffentlich zu Fall gebracht hat, damals auch ge gen die Bundesregierung.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Die Schweiz hat ihn ab gelehnt!)

Meine Damen und Herren, das ist schon ein Unterschied.

(Zurufe von der SPD – Gegenruf von der CDU: Zu hören!)

Wir, die CDU, haben uns ganz klar positioniert. Wir haben uns gegen den Staatsvertrag positioniert. Nach dem, was ich in den letzten Wochen gelesen habe, ist es schon so, dass der Ministerpräsident – ich war gemeinsam mit den Kollegen Winkler und Wolf mit ihm auf Staatsbesuch in der Schweiz – aus dem Jubel über diesen Vertrag gar nicht mehr herauskam.

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Das stimmt über haupt nicht!)

Auch die grün-rote Landesregierung war bei diesen Verhand lungen dabei; das muss man einfach sagen, weil es auch zur Wahrheit gehört.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Verhand lungsführer ist der Bund!)

Ich komme noch darauf zurück.

Meine Damen und Herren, zweieinhalb Monate nach dem Ver handlungsabschluss, vier Wochen nach Vertragsunterzeich nung fällt dem Verkehrsminister des Landes ein: Wir haben noch Klärungsbedarf. Nun gut, jetzt ist das Ultimatum, das der Ministerpräsident gestellt hat, abgelaufen. Mich würde in teressieren – darauf werden wir nachher noch kommen –, wel chen Klärungsbedarf Sie noch sehen. Aus unserer Sicht gibt es viel Klärungsbedarf. Ich gebe zu, dass – das ist das Schlim me an diesem Staatsvertrag – von der Stuttgarter Erklärung wirklich wenig übrig geblieben ist. Deshalb ist es wichtig, dass wir, der Landtag, uns heute gemeinsam positionieren.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP sowie Abge ordneten der Grünen)

Herr Kollege Drexler, Sie haben vorhin die von Herrn Schmie del initiierte Veranstaltung in Stuttgart angesprochen. Gestat ten Sie mir dazu persönlich ein Wort. Ich habe mich gefreut, als ich über dpa erfahren habe, dass ich von Herrn Schmiedel bald eine Einladung zu diesem Termin nach Stuttgart bekom me.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: So war es auch!)

Eine Woche später war die Einladung auch da. Sie haben vor hin gesagt, der CDU-Landesvorsitzende konnte nicht teilneh men, weil er keine Zeit hatte. Sie hätten den Termin auch ab

stimmen können, wenn es Ihnen wirklich wichtig gewesen wäre, dass die CDU dabei gewesen wäre.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Ich habe mich deshalb gefreut, weil ich dachte, Herr Schmie del wolle ein Bündnis aller Parteien im Landtag schmieden.

(Zuruf von der CDU: „Schmiedeln“!)

Hinterher hat sich herausgestellt: Er wollte eher ein Bündnis „schmiedeln“, weil die Pressemitteilung zu diesem Termin schon im Vorfeld herausgegeben wurde.

Ich möchte Ihnen deshalb sagen: Es gab den Schulterschluss im Landtag bereits zu Beginn dieses Jahres. Es gibt die Stutt garter Erklärung. Es waren übrigens – so wurde mir gesagt – zu dieser Veranstaltung keine Bürgerinitiativen eingeladen.

Ich möchte, wenn wir heute einen Antrag beschließen, deut lich machen, dass ich – nach Ihrer Veranstaltung war ich schon über den Kommentar von Nils Köhler im „Südkurier“ erstaunt – auch der Meinung bin: Fluglärm hat keine Farbe. Jawohl, es war ein CSU-Minister, der die Federführung für diesen Staatsvertrag hatte. Es war aber auch eine grün-rote Landes regierung, die aus dem Jubeln überhaupt nicht mehr heraus kam.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Was? Wer hat da gejubelt?)

Deshalb sollten wir jetzt gemeinsam, miteinander, alle auf ih ren Ebenen, für die Ablehnung dieses Staatsvertrags sorgen. Am besten kommt er gar nicht zur Behandlung in den Bun destag.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)