Protokoll der Sitzung vom 26.05.2011

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Genau! So ist es! Jeder hat seine Chance in Baden-Württemberg!)

Das bleibt bei Ihnen stets ausgeklammert, um Ihre ideologi sche Bildungsposition durchsetzen zu können. Sie werden feststellen, dass all das, was Sie vorhaben, nicht zu größerer, sondern zu geringerer Bildungsgerechtigkeit führt, meine Da men und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es!)

Im Werkrealschulbereich wollen Sie beispielsweise gegen das ausdrückliche Votum des Handwerkstags die Kooperation mit den Berufsfachschulen kippen. Sie erklären, der Zugang zur akademischen Bildung dürfe nicht an finanziellen Hürden scheitern; trotzdem verweigern Sie sich nachlaufenden Studi engebühren. Sie vergrößern die Bürokratie im Hochschulbe reich, beispielsweise durch dieses seltsame bundesweite Ser viceverfahren, das zur „Studentenlandverschickung“ ange kündigt wurde.

(Heiterkeit des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Sie haben die Abschaffung von Obergrenzen bei Master- und Bachelorstudiengängen vor, was dazu führt, dass wir in Ba den-Württemberg wieder mehr Langzeitstudenten bekommen. Sie werden eine Verwirrung zwischen G 8 und G 9 schaffen, wenn ein Gymnasium einen G-8- und einen G-9-Bildungs gang vorhalten soll, was organisatorisch zu einer Katastrophe wird und zu einer Zweiklassengesellschaft an den Gymnasi en führen wird.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Wenn Sie die „Zwangsganztagsschule“ und die Einheitsschu le einführen, dann werden Sie in diesem Land nicht mehr Bil dungsgerechtigkeit erreichen, sondern dann werden diejeni gen, die es sich leisten können, ihre Kinder auf die Privatschu len schicken, und dann haben Sie genau diese Bildungsunge rechtigkeit und die Zweiklassengesellschaft, die Sie angeb lich verhindern wollen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Dann haben Sie alle möglichen Schulmodelle, alle möglichen Schultypen nebeneinander. Es wurde schon auf die Gefahr ei nes Flickenteppichs aufmerksam gemacht und darauf hinge wiesen, dass man, wenn man innerhalb Baden-Württembergs umzieht

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Innerhalb der Gemeinde!)

möglicherweise innerhalb der Gemeinde –, Schwierigkei ten bekommen kann, einen vernünftigen Schultyp für die Kin der zu finden. Das alles ist unausgegoren. Ich kann Ihnen nur sagen: Lassen Sie ab von diesen Bildungsplänen!

(Zuruf: Teufelszeug!)

Schließen Sie sich an das an, was in Baden-Württemberg über Jahrzehnte erfolgreich gewesen ist, nämlich das gegliederte Schulsystem, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Abschließend kann man zu diesem Koalitionsvertrag, kann man zu dieser Regierungserklärung nur sagen: Als Oppositi onspolitiker kann man sich freuen. Sie liefern eine Steilvor lage nach der anderen.

(Zuruf: Aber Sie nutzen sie nicht!)

Wer sich aber nicht darüber freuen kann, meine Damen und Herren, das sind die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land. Ich hoffe sehr, dass diese Regierung besser wird als die Re gierungserklärung und besser wird als Ihr Koalitionsvertrag.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das Wort erhält nun Herr Ministerpräsident Kretschmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

(Unruhe)

Entschuldigung: Frau Präsidentin.

(Heiterkeit)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich danke dem Hohen Haus für die lebendige und muntere Debatte zur Re gierungserklärung: den Koalitionsfraktionen für die Unter stützung, den Oppositionsfraktionen für die kritische Würdi gung.

Herr Kollege Hauk, Sie haben gesagt, eigentlich bestehe in den Zielen Einigkeit: nachhaltige Politik, Chancengerechtig keit, Haushaltssanierung. Über die Wege müssen wir dann dif ferenziert diskutieren. Ich finde, das ist eine ganz gute Grund lage, um im Spiel von Regierung, Regierungskoalition und Oppositionsfraktionen gemeinsam produktiv in die Zukunft zu wirken. Ich kann mir auf dieser Grundlage eigentlich eine gute Auseinandersetzung vorstellen. Das hat mir gut gefallen.

(Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPD – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU)

Wir sind jetzt 14 Tage an der Regierung. Da kann noch nicht alles rundlaufen. Das ist ein harter Job; das merken wir. Aber auch Sie haben sicher gemerkt: Auch das Opponieren ist nicht so einfach, wie man denkt.

(Heiterkeit – Beifall bei den Grünen und der SPD)

Ich möchte Ihnen da jetzt keine großen Ratschläge erteilen.

(Heiterkeit – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Bloß nicht! – Zurufe von der CDU)

Jeder macht Opposition so, wie er es für richtig hält. Ich kann nur sagen: Davon, es so zu machen, wie Sie es heute gemacht haben, habe ich meiner Fraktion, solange ich noch in der Op position war, abgeraten.

(Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Aber irgendwie ist die Fraktion nicht gefolgt!)

Immer nur ein bisschen herumzumäkeln und herumzubohren, das kann man schon machen, aber dafür ist noch lange Zeit. In den Zielen haben Sie aber im Großen und Ganzen Einig keit mit uns bestätigt, und das habe ich in der Regierungser klärung auch formuliert.

(Unruhe)

Aber ich habe eigentlich nicht erkannt, welche anderen Wege Sie gehen wollen. Sie haben jetzt zwar unseren Weg im De tail kritisiert, aber ich habe nicht erkennen können, was Ihr anderer Weg ist, den Sie gehen wollen, um dieses Land zum Erfolg zu führen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Ich möchte einfach noch einmal sagen: Das wünsche ich mir. Es tut diesem Parlament und dem Land gut, wenn wir uns über unterschiedliche Wege streiten. Ich hoffe, dass dies in der Zu kunft noch etwas klarer und präziser wird.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU und Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Wir auch!)

Lassen Sie mich zu ein paar Dingen etwas bemerken. Sie müs sen erst einmal sehen: Wir nehmen die Frage, ob unser Wirt schaftsmodell und unsere Wirtschaftspolitik mit dem Erhalt unserer Lebensgrundlagen vereinbar sind, ernst.

(Zuruf des Abg. Manfred Lucha GRÜNE)

Sie rückt mit dieser Regierung in den Mittelpunkt des Regie rungshandelns. Von dieser Politik der Nachhaltigkeit werden wir uns von niemandem abbringen lassen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

In der Tat halte ich ein Wirtschaftsmodell, das z. B. die Atmo sphäre als kostenlose Deponie für CO2 betrachtet – mit den gravierenden Folgen, die das für unseren Planeten hat –, für einen geliehenen Wohlstand. Daran halte ich in der Tat fest. Davon werde ich mich auch nicht abbringen lassen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Dieter Hillebrand CDU)

Das, meine Damen und Herren, ist keine grüne Spielwiese. Es ist eine Verpflichtung für uns alle, und es ist eine Jahrhun dertaufgabe. Wir werden uns ihr stellen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Wir sind glücklicherweise dazu in der Lage, weil wir jetzt in der Tat – da haben Sie völlig recht – ein starkes Bundesland regieren, ein Bundesland mit einer starken Wirtschaft,

(Abg. Joachim Kößler CDU: Prima!)

mit einem starken Mittelstand

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Sehr gut!)