Protokoll der Sitzung vom 26.05.2011

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Soziale Selektion! – Gegenruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Oje!)

Deshalb muss auch beim Ausbau der Ganztagsschulen für die Eltern in unserem Land die Freiheit bestehen, ein Angebot zu wählen oder eben auch nicht zu wählen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Wenn ein Vater oder eine Mutter den Umfang einer Berufstä tigkeit reduziert oder sie ganz aufgibt, um die Betreuung des

Kindes oder der Kinder zu übernehmen, dann soll er oder sie das tun können.

(Zuruf von der SPD)

Wer im Gegenzug sein Kind professionell betreuen lassen möchte, muss auch hierfür Angebote vorfinden.

(Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE: Aber die fehlen!)

Die Aufgabe des Staates besteht eben darin, Rahmenbedin gungen zu schaffen, innerhalb derer sich verschiedene Ange bote ausbilden können, aus denen dann auch gewählt werden kann.

(Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE: Aber genau das ist bisher nicht der Fall! – Gegenruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Jetzt kommt wieder die Splett!)

Sie hingegen wollen eine Staatsvollversorgung unserer Bür gerinnen und Bürger von der Wiege bis zur Bahre, für die Sie das Geld mit der Gießkanne ausschütten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Anstelle von Freiheit und Wahlfreiheit für mündige Bürger sagen Sie den Menschen, was sie nicht dürfen oder was sie tun müssen. Sie beginnen damit auch den Weg in eine Ver botsrepublik.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Lachen bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Jetzt kommt der ganz schlechte Teil der haukschen Mär chenstunde!)

Auch die Freiräume der Autofahrer sollen zukünftig massiv eingeschränkt werden. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Natürlich müssen alternative Antriebsformen weiter ausge baut und vorangetrieben werden. Wir waren und sind Vorrei ter gerade für die Elektromobilität. Dennoch gilt: Unsere Bür gerinnen und Bürger müssen selbst entscheiden können, wo sie leben und arbeiten und wie sie morgens zur Arbeit kom men.

Das gilt vor allem auch für den ländlichen Raum, der gerade für Baden-Württemberg eine große Bedeutung hat. Durch Ih re Pläne, Herr Ministerpräsident, machen Sie den starken länd lichen Raum eher zu einer abgehängten Region.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Denn unabhängig von der Antriebsform werden Sie auch in der Zukunft Trassen brauchen, Straßen brauchen, wo genau diese Automobile – wie auch immer sie angetrieben werden – letztlich auch fahren.

Die gute Verzahnung von ländlichen Räumen und Ballungs räumen im Land findet auch in der wirtschaftlichen Lage ih ren Ausdruck. Wir haben eben keine abgehängten ländlichen Räume mit hoher Arbeitslosigkeit und geringer Wertschöp fung. Ich nenne nur einmal Biberach, Ravensburg, Hohenlo he,

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Schwäbisch Hall!)

Schwäbisch Hall, um darzustellen, welche Wirtschaftskraft hinter diesen Räumen steckt. Diese ländlichen Räume brau chen Mobilität.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Mobilität ist der ganz entscheidende Punkt für dieses Flächen land, damit die Wirtschaftskraft erhalten bleibt, damit die Menschen weiterhin Arbeit finden und auch dort arbeiten kön nen, wo sie leben. Vor allem darf es am Ende nicht zu einer Entvölkerung gerade in der Fläche kommen.

(Zuruf der Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE)

Aber zum Thema: Sie sprachen von neuen, verbesserten Mo bilitätskonzepten, dem Erfolgsschlager des Landes BadenWürttemberg. So in etwa haben Sie sich gestern ausgedrückt. Verraten Sie doch einmal das Geheimnis! Sie wollen keinen Ausbau der Straßen, obwohl wir nicht erst in der Zukunft, son dern bereits heute Staus haben, obwohl wir bereits heute Lärmbelästigungen haben, gerade bei Bundesstraßen, die durch Orte hindurchführen. Sie wollen keine neuen Ortsum fahrungen. Sie verschließen sich einem Ausbau der Bahntras sen, jedenfalls der Schnellbahntrasse. Diese hat aber nicht nur die Funktion einer Hochgeschwindigkeitstrasse, sondern sie beschleunigt und verbessert vor allem auch die Regionalver kehre in diesem Land erheblich. Sie verschließen sich einem Ausbau des Neckars, was die Schleusenlänge betrifft, obwohl wir dort ein fünffaches Potenzial für den Gütertransport ha ben. Vom Luftverkehr wollen Sie am Ende auch nichts wis sen.

Werden Sie doch konkret, Herr Ministerpräsident, und sagen Sie, wo diese neuen Mobilitätskonzepte liegen. Mit dem Fahr rad wird der Biberacher nicht nach Stuttgart kommen können, um hier zu arbeiten.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Sie schaffen Rahmenbedingungen, die mit den Themen Frei heit und Wachstum nicht mehr allzu viel zu tun haben, wenn Sie sich dazu bekennen, Straßen nur noch zu erhalten und viel leicht noch zu sanieren, aber jeglichen Ausbau solcher Tras sen rundherum ablehnen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie setzen, schön verpackt, planwirtschaftliche Maßstäbe.

(Widerspruch bei der SPD)

Das war eigentlich ganz interessant. Ihnen geht es nicht um das, was der Weltmarkt will und braucht, sondern Ihnen geht es um das, was in Ihr ideologisches Wirtschaftskonzept à la Kretschmann passt. Sie zitieren Bosch und Daimler, verlieren aber kein Wort über den starken Mittelstand und das Hand werk im Ländle.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Sie bezeichneten – nicht gestern, aber in einem Interview in den letzten Tagen – die Definition von Wachstum über das Bruttoinlandsprodukt als eine „richtungslose Beschreibung“.

(Lachen des Abg. Winfried Mack CDU)

Herr Ministerpräsident, auch kraft Ihres Amtes werden Sie keine volkswirtschaftlichen Wahrheiten außer Kraft setzen können. Eines muss klar sein: Wachstum sichert Beschäfti gung, sichert Arbeit für die Menschen. Wachstum garantiert unsere Wettbewerbsfähigkeit.

(Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE: Ideologie!)

Nur mit Wachstum ist die Voraussetzung für das Grundrecht auf Arbeit überhaupt gegeben. Wachstum sichert Innovation. Sie können, um in Forschung zu investieren, nur vom Wachs tum, auch vom Gewinnwachstum, entsprechend abzweigen. Wachstum sichert auch die Deckung externer Kosten. Man kann sich darüber unterhalten, wie hoch diese sind. Aber nur wenn Wachstum vorhanden ist, ist es überhaupt möglich, dass für Kosten, die betriebswirtschaftlich nicht eingepreist sind, am Ende über Steuern oder andere Rahmenbedingungen auf gekommen werden kann.

Deshalb, Herr Ministerpräsident, brauchen wir nicht weniger, sondern wir brauchen im Verhältnis zu anderen Ländern mehr Wachstum, wenn wir all dies, was Sie – zum Teil zu Recht – bezüglich der umweltpolitischen Zielsetzungen gesagt haben, umsetzen und bezahlen wollen, wenn wir dabei nicht unsere Wettbewerbsfähigkeit aufs Spiel setzen wollen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Wer also mehr Umweltschutz, mehr Nachhaltigkeit, mehr In novation, mehr Wettbewerbsfähigkeit will, wer mehr Staat zur Zahlung externer Kosten will – im Bereich des Umweltschut zes und anderswo –, der ist zweifelsohne auf höheres Wachs tum angewiesen.

(Zuruf von den Grünen)

Meine Damen und Herren, nun spricht der Ministerpräsident von einer „neuen Gründerzeit“ und sagt,

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das war gut, oder? – Heiterkeit)

die Menschen seien damals innovativ, kreativ und offen für Neues gewesen, hätten aber auch den Mut gehabt, unkonven tionelle Wege zu gehen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: So sind wir! – Zuruf von den Grünen: Das sind wir auch!)

Mit den Ideen, die Sie für unsere Wirtschaft ansetzen, hat die ser Gründergedanke nichts zu tun. Wodurch soll unsere Frei heit zukünftig noch beschnitten werden? Welchen Stellenwert hat unsere Wirtschaft für Grün-Rot wirklich? Hoch kann er nicht sein, wenn Sie sogar das Wirtschaftsministerium ab schaffen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Wenn Sie weiter mit Ideologie Politik betreiben, dann gibt es in Baden-Württemberg nicht nur einen Politikwechsel, son dern wohl auch einen Wohlstandswechsel.

(Zurufe von der SPD)

Ich kann mir nicht vorstellen – um beim Beispiel Automobil zu bleiben –, dass es die Chinesen sonderlich interessiert, wel che Autos Sie, Herr Ministerpräsident, gern bauen würden.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Doch, das wird kommen!)