Protokoll der Sitzung vom 14.11.2012

(Staatssekretär Ingo Rust: Ja!)

Das ist der entscheidende Punkt. Der Haushalt besteht aus zwei Hälften: den Isteinnahmen und den Istausgaben, und zwar jeweils bereinigt. Wenn Sie uns vorhalten, wir hätten so viele Steuermehreinnahmen und könnten jetzt locker die Null verschuldung erreichen – sogar schon im Jahr 2013 –, dann müssen Sie uns den Beleg führen, welche Istausgaben Sie denn antasten wollen,

(Staatssekretär Ingo Rust: Richtig!)

um dies zu erreichen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Volker Schebesta CDU: Sie müssen auch die Landeshaushaltsordnung einhalten!)

Dann gibt es nur noch Ja oder Nein. Dann müssen Sie kon kret werden. Sie sind aber die ganze Zeit über noch nicht kon

kret geworden. Insofern verstehe ich, dass Sie den Beratun gen im Finanzausschuss ausweichen wollen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Wenn Sie konkret Stellung beziehen wollten, dann müssten Sie sagen, ob Sie für den Instrumentenkasten Personal sind, insbesondere für die Einsparungen bei der Besoldung und bei der Beihilfe. Sind Sie dafür, ja oder nein? Sind Sie für das Lehrerstellengesamtkonzept, für den Abbau von Lehrerstel len bis zum Jahr 2020, ja oder nein?

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Es gibt doch gar kein Konzept!)

Sind Sie für die Einigung mit den kommunalen Landesver bänden, ja oder nein? Sehen Sie die LBBW in den nächsten Jahren als Gewinnbringer oder als dauerhaften Verlustbringer für den Landeshaushalt, ja oder nein? Stehen Sie zum Auslau fen des Landeserziehungsgelds, ja oder nein?

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Nein!)

Stehen Sie zur Grunderwerbsteuererhöhung, ja oder nein?

(Zurufe von der CDU: Nein!)

Davon höre ich nichts. Damit sind Sie in Ihrer Haushaltspo litik unglaubwürdig.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

In der Haushaltspolitik und in der Politik allgemein mache ich mir immer einen wichtigen Satz von Pierre Mendès France zum Grundsatz. Dieser lautet: „Gouverner, c’est choisir.“ Re gieren heißt, Entscheidungen zu treffen. Wir haben entschie den. Sie entscheiden nichts.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Lachen bei Abgeordneten der CDU und der FDP/DVP)

Diesem Entscheidungszwang können Sie auch nicht auswei chen, indem Sie den Haushalt ganz anders darstellen, als er Ihnen real in der gedruckten Fassung vorliegt. Sie können den Zahlen nicht ausweichen. Ansonsten müssten Sie auch be haupten, die Erde sei eine Scheibe. Ich bin aber der Auffas sung: Die Erde ist rund, sie ist eine Kugel. Der Haushalt ent spricht dem Grundsatz der Haushaltswahrheit und Haushalts klarheit. Insofern müssten Sie uns anhand konkreter Stellen im Haushalt belegen, dass wir den Haushalt angeblich nicht richtig wiedergegeben haben.

Sie haben sich bei der Analyse der Grunddaten des Haushalts dreifach geirrt – bei den Einnahmen wie bei den Ausgaben. Ich fürchte, wenn es bei den Haushaltsberatungen ins Detail geht, wird es nur noch schlimmer.

(Abg. Winfried Mack CDU: Beifall!)

Gleichzeitig haben Sie den bemerkenswerten Spagat geschafft, Mehrforderungen in Millionenhöhe einzubringen. Ich muss mir anhören, was man alles tun sollte: noch mehr für die Ener giewende, noch mehr für Forschung, noch mehr für die Ver kehrsinfrastruktur, noch mehr für Bildung bzw. weniger strei chen bei der Bildung. Gleichzeitig lehnen Sie jeden konkre

ten Vorschlag ab, mit dem wir strukturell sparen wollen. Die se Rechnung geht nicht auf. Diese Rechnung wird Ihnen von den Wählerinnen und Wählern auch wieder zurückgesendet.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Wenn wir über strukturelle Einsparungen reden, dann muss eingeräumt werden, dass es leider nicht ganz gereicht hat mit dem zweiten Abbauschritt, mit den 850 Millionen €.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Sehr euphe mistisch formuliert!)

Ziehen wir aber einmal Bilanz. Herr Hauk, Sie haben selbst gesagt, in der vergangenen Legislaturperiode hätten Sie 500 Millionen € strukturell eingespart. A la bonne heure! Ich sa ge Ihnen, wir haben in den ersten eineinhalb Jahren Weichen gestellt

(Abg. Winfried Mack CDU: Ja genau!)

für strukturelle Einsparungen, die sich bis zum Jahr 2020 auf 860 Millionen € aufsummieren werden.

(Abg. Peter Hauk CDU: Das ist die neue Mathema tik! Eine Summationsmathematik!)

Das sind die Lehrerstellen, die bis zum Jahr 2020 abgebaut werden, das sind die Personalkosteneinsparungen, die sich aufbauen werden, das ist das Auslaufen des Landeserzie hungsgelds. Das ist ein Paket, mit dem wir im Vergleich zu den strukturellen Veränderungen im Landeshaushalt, die Sie in einer gesamten Legislaturperiode vorgenommen haben, schon jetzt besser dastehen.

Jetzt müssen Sie entweder andere Vorschläge machen oder sich dazu bekennen, dass das der richtige Weg ist. Sie müssen sich aber entscheiden, sehr verehrte Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Winfried Mack CDU: Das glauben Sie doch selbst nicht!)

Sie haben darauf hingewiesen, dass wir § 18 LHO ändern wol len.

(Zuruf von der CDU: Wir übernehmen gern wieder!)

§ 18 LHO werden wir ändern, und zwar mit der Zweiten Be ratung des Haushaltsentwurfs, also vor der Verabschiedung des Doppelhaushalts in Dritter Beratung.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Sie streichen die Schul denbremse!)

Damit wird § 18 LHO angepasst an die wirtschaftliche und fi nanzwirtschaftliche Realität

(Zuruf des Abg. Volker Schebesta CDU)

sowie an die Vorgaben der grundgesetzlich vorgeschriebenen Schuldenbremse. Wir werden den Haushalt 2013/2014 geset zeskonform verabschieden, meine sehr verehrten Damen und Herren. Gleichzeitig werden wir ihn verfassungskonform ver abschieden.

(Zurufe von der CDU)

Wir werden zum ersten Mal seit Jahrzehnten einen Haushalt rechtzeitig vor Jahresende in diesem Parlament

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

endgültig beraten haben. Sie haben in der Vergangenheit im mer die Verfassung gebrochen. Wenn ich daran denke, wie Sie mit dem EnBW-Deal umgegangen sind, dann wäre ich ganz vorsichtig mit Aussagen dazu, wer hier auf der Seite der Ver fassung steht und wer nicht.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Es ist richtig: Wir werden diese nächsten Konsolidierungs schritte nur hinbekommen, wenn wir die Einnahmeseite ver bessern. Sie erkennen das ja indirekt an, indem Sie uns auf fordern, diesem vermaledeiten Steuerabkommen mit der Schweiz zuzustimmen. Damit wollen Sie ja wohl auch die Einnahme seite verbessern.

Ich sage Ihnen bloß eines: Dieses Steuerabkommen mit der Schweiz bietet so viele Schlupflöcher, dass es ungerecht ist, ungerecht gegenüber den ehrlichen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern. Dieses Steuerabkommen mit der Schweiz ist auch nicht dazu geeignet, den Haushalt strukturell zu konso lidieren. Es ist eine garantierte Einmalzahlung von 2 Milliar den Schweizer Franken geplant. Auf Baden-Württemberg ent fällt davon umgerechnet ein niedriger dreistelliger Millionen betrag. Ich frage mich, wie Sie, Herr Rülke, zu der Behaup tung kommen, dass wir durch das Steuerabkommen einmalig 1 Milliarde € für Baden-Württemberg erhielten. Das ist nun wirklich eine Milchmädchenrechnung und durch keinerlei Be lege untermauert.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Der einzige strukturelle Effekt des Steuerabkommens mit der Schweiz ist, dass wir eine Abgeltungsteuer von Schweizer Banken bekommen, die in der strukturellen Wirkung für den Landeshaushalt einen niedrigen zweistelligen Millionenbe trag pro Jahr ausmachen wird. Das ist richtig. Bloß: Schaut man sich einmal an, wie sich die Schweizer Banken nach Me dienberichten verhalten haben, dann hat man doch erhebliche Zweifel, ob die Schweizer Banken für das Einziehen dieser Quellensteuer die richtigen Partner des deutschen Fiskus sind, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Abg. Peter Hauk CDU: Das ist ja unglaublich!)

Deshalb sage ich Ihnen eines: Dieses Abkommen hat so vie le Schlupflöcher, dass es schwierig ist, es jetzt als Grundlage für eine solide Haushaltsplanung zu nehmen.